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Herr Nägeli sprach:

1),,Ueber die Zwischenformen zwischen den Pflanzenarten",

und belegte seine Ansicht durch Vorzeigung von Exemplaren.

Es giebt viele Species im Pflanzenreiche, welche scharf von einander geschieden sind, wenn sie auch im Habitus und in den systematischen Merkmalen einander sehr nahe kommen. Unter den Kulturpflanzen bieten uns Apfelbaum und Birnbaum das bekannteste und schönste Beispiel. Unter den wildwachsenden nenne ich die gelben Hahnenfussarten der Ebene Ranunculus bulbosus Lin., R. repens Lin., R. polyanthemos Lin. (mit welchem R. nemorosus DC. als Varietät zu vereinigen ist), R. lanuginosus Lin., R. acris Lin., R. auricomus Lin.

Ebensoviele andere Pflanzenarten sind durch Zwischenformen verbunden, welche bald vereinzelte mittlere Bildungen (Mittelformen), bald auch Reihen von stufenweise oder allmählich in einander übergehenden Verbindungsgliedern (Uebergangsformen) darstellen. Beispiele dafür finden wir in den Gattungen Prunus (Pflaumenbaum und Zwetschenbaum), Rosa, Saxifraga, Cirsium, Hieracium, Verbascum, Digitalis, Salix und vielen andern.

Diese Zwischenformen haben die grösste Bedeutung für die Wissenschaft. Denn einerseits geben sie uns die deutlichsten Fingerzeige für die Verwandtschaften der Species. Anderseits finden wir in ihnen die stärksten Beweise für die Annahme, dass die Species nicht absolut von einander verschieden und dass sie daher aus einander oder aus einem gemeinsamen Ursprung hervorgegangen sind.

Trotzdem oder theilweise gerade desshalb ist den Zwischenformen von den Systematikern allzuwenig Beachtung

geschenkt worden. Der Sammler vernachlässigt sie aus Grundsatz, wenn er in ihnen nicht eine verwendbare Mittelart oder eine ausgeprägte Varietät erblickt. Im Uebrigen hält er sich an die charakteristischen Exemplare und wirft diejenigen wieder weg, welche den Typus der angenommenen systematischen Formen verläugnen.

Der Monograph aber, dem die Bewältigung des übrigen Materials schon Mühe genug macht, legt die unbequemen Zwischenformen, die ihm überdiess von den Sammlern nur spärlich zugehen, einfach bei Seite. Oder er sucht sie so gut als möglich in das hergebrachte Fachwerk von neben einander geordneten Species als Varietäten unterzubringen. Die letztere Behandlung wird der Bedeutung der Zwischenformen ebensowenig gerecht als das Ignoriren derselben. Manchmal werden sie als besondere Arten aufgeführt und den übrigen Species coordinirt; diess ist aber gleichfalls kein ausreichender Behelf, weil dabei die Zwischenformen (zwischen den neuen Arten) abermals vernachlässigt werden. Endlich erscheinen sie auch als Bastarde, und damit als anerkannte Uebergänge. Die letztere Behandlungsart ist unter den bisherigen in Bezug auf die systematische Bedeutung sicher die richtigste, wenn sie auch mit Rücksicht auf die hybride Natur sehr oft falsch sein mag.

Ich will zuerst untersuchen, durch welche Kriterien wir erkennnen können, ob eine Zwischenform hybriden Ursprungs sei oder nicht, und nachher die Bedeutung und die Behandlung der Zwischenformen in der Systematik besprechen.

Es giebt wohl keinen Punkt, über den die Systematiker so ungleicher Ansicht wären, wie über die Hybridität der wildwachsenden Pflanzen. Während einzelne in jeder auffallenden oder abweichenden Form einen Bastard vermuthen, giebt es wieder andere, die keinen solchen gelten lassen. Man könnte somit meinen, dass es zwei Parteien unter den Systematikern gebe, Hybridisten und Nichthybridisten, und

so stellt es Fries in der Epicrisis generis Hieraciorum dar, indem er die Schwindeleien der Hybridisten geisselt. Ich will hiegegen keine Einsprache erheben, denn ich muss sogar zugeben, dass ihre grössten Sünden in der genannten Gattung nicht einmal aufgedeckt wurden.

Sollen wir aber desswegen das Kind mit dem Bade ausschütten und eine Sache verdammen, weil sie missbraucht worden ist? Soll es gar keine Bastarde geben, weil leichtfertiger Weise mancher Irrthum rücksichtlich der Hybridität begangen wurde? Wenn wir so verfahren wollten, würde keine Lehre und keine Methode der Wissenschaft Gnade finden können, und wir müssten vor Allem das Hülfsmittel, dem die Botanik ihren Aufschwung verdankt, das Mikroskop und seine wissenschaftlichen Ergebnisse von uns weisen.

Nach meiner Ansicht haben wir nicht zwischen zwei Parteien, Hybridisten und Nichthybridisten unsere Position zu wählen, was manchem gewissenhaften und besonnenen Forscher schwer fallen möchte. Wie in der Politik, so giebt es auch in dieser wissenschaftlichen Frage nicht zwei, sondern vier Standpunkte, nach denen sich die Meinungen gruppiren, die äusserste Linke und die äusserste Rechte, das linke und das rechte Centrum. Die beiden Ultras sind die Hybridomanen und die Hybridophoben.

Die Hybridomanen nehmen mit allzugrosser Leichtigkeit Bastarde an. Eine etwas abweichende Form, die nicht sogleich an ihr Schema der Species passt, gilt als Bastard der nächsten besten, auf dem gleichen Standort vorkommenden Arten, und wenn es sich um getrocknete Exemplare handelt, zweier beliebiger ähnlicher Arten, wenn auch im erstern Falle die Merkmale, welche nach den Erfahrungen über die Bastardbildung dem hybriden Produkt zukommen sollten, im zweiten Falle die Merkmale und das Vorkommen widerstreben. Man hat selbst Pflanzen, die man weder frisch noch trocken gesehen, als Bastarde von Arten erklärt, die

gar nicht da vorkommen, wo der angebliche Bastard wächst. Die gröbsten Irrthümer begieng bekanntlich Linné; aber es war zu einer Zeit, wo man auf experimentellem Wege die vegetabilischen Bastarde noch gar nicht kannte, und wo von einer strengern Methode in physiologischen Dingen überhaupt noch keine Rede war.

Die Hybridophoben verhalten sich absolut verneinend. Sie verwerfen ohne weitere Untersuchung alle oder nahezu alle Bastarde; oder sie halten dieselben wenigstens, als zufällige und vorübergehende Bildungen, nicht werth einer besondern Beachtung und Erwähnung. Da nun aber die wirklichen Artbastarde ganz auszeichnete systematische Formen sind, so werden sie von den bastardscheuen Autoren theils als Varietäten, theils als Arten neben den wirklichen Varietäten und Arten aufgeführt.

Wir finden die Hybridomanen vorzüglich unter den Floristen, welche auf ihren zahlreichen Excursionen und beim Sammeln von vielen Exemplaren einen tiefen Eindruck von der Vielförmigkeit der Arten und von dem Vorhandensein mannigfaltiger Zwischenformen in sich aufgenommen haben,

die Hybridophoben eher unter den Monographen, welche das zu bearbeitende Material grösstentheils nur in getrockneten Exemplaren gesehen haben, und denen daher die wesentlichste Bedingung für die richtige Beurtheilung mangelt.

Zwischen diesen beiden Extremen giebt es zwei berechtigte Standpunkte für die Beurtheilung der Zwischenformen. Sie sind berechtigt, weil sie sich auf die Kenntniss der Thatsachen stützen, die man an den künstlichen Bastarden gewonnen hat, und weil sie beide die Gesetze der Bastardbildung für sich in Anspruch nehmen können. Ueber eine ganze Zahl von hybriden Formen müssen alle Beobachter, welche die Pflanzen und ihr Vorkommen genau kennen und denen die Lehre von der hybriden Befruchtung, wie sie sich auf experimentellem Wege ausgebildet hat, nicht fremd ist, [1866. I. 2.]

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übereinstimmen. Ueber eine andere grosse Menge von Zwischenformen lassen sich mit fast gleichem Rechte zwei Ansichten verfechten; man kann dieselben, ohne mit dem heutigen Stande der Wissenschaft in allzugrossen Widerspruch zu kommen, als hybrid oder als nicht hybrid bezeichnen. Die Anhänger der unveränderlichen Arten werden geneigt sein, der Hybridität eine grössere Ausdehnung zu geben, die Anhänger der Transmutationslehre werden sie dagegen mehr beschränken wollen. Jene sind mit Grund als Hybridisten diese als Nichthybridisten, beides in gutem Sinne, zu bezeichnen.

Ueber den Ursprung der Zwischenformen weiss man natürlich durch unmittelbare Beobachtung nichts. Nur aus wenigen Gattungen, nämlich Verbascum, Digitalis, Hieracium, Salix, Triticum mit Aegilops, hat man auf künstlichem Wege einzelne wenige Bastarde gezogen, die mit den im wilden Zustande vorkommenden identisch sind. In der grossen Mehrzahl der Fälle ist man darauf angewiesen, aus den Eigenschaften einer Pflanze und aus ihrem Vorkommen die Gründe zu entnehmen, warum man sie für hybrid oder nicht hybrid erklärt. Für die Bastardnatur einer wildwachsenden Pflanzenform gelten nach den Erfahrungen der künstlichen Befruchtung (vgl..die Mittheilungen vom 15. December und vom 13. Januar) folgende Normen.

1) Der Bastard ist in seinem ganzen vegetativen Aufbau sammt Blüthenstand und Blüthendecken, meistens auch in den Staubgefässen und Stempeln eine durchaus normale Erscheinung und unterscheidet sich in keiner Weise von allen übrigen Pflanzen. Wir können also einer Pflanze nicht unmittelbar ansehen, ob sie hybriden Ursprungs sei oder nicht.

Hierüber sind alle Experimentatoren, welche künstliche Bestäubungen ausgeführt haben, einstimmig; und Gärtner, der die meisten Bastarde beobachtete, hebt diess auch aus

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