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Auf

Am 2. Juni 1896 starb in Godesberg bei Bonn nach längerem Leiden der Afrikareisende Gerhard Rohlfs, M. A. N. (vergl. Leop. pag. 94). Schon seit 1885 hatte Rohlfs Afrika fern bleiben und sich zuletzt auch ganz der wissenschaftlichen Arbeit begeben müssen. Rohlfs hat viel zur Erforschung Afrikas, besonders zur Kenntniss der Nordhälfte des Erdtheils beigetragen und die zahlreichen Werke, die er über seine Reisen veröffentlichte, haben seinen Namen in den weitesten Kreisen bekannt gemacht. Im Jahre 1831 zu Vegesack geboren, studirte Rohlfs in Göttingen Medicin und nahm dann 1855 in Algier bei den französischen Truppen als Arzt Dienste. vielen Kreuz- und Querzügen in fünfjähriger Kriegszeit lernte er Land und Leute Nordafrikas so gründlich kennen, dass er es wagen durfte, in der Verkleidung des Mohammedaners unerkannt umherzuziehen. Nach der Lösung seines französischen Vertrages ging Rohlfs 1860 zunächst nach Marokko. Dann unternahm er eine Reihe grösserer Reisen. 1862 erforschte er als erster Europäer die Oase Tafilet. 1863 ging er über den grossen Atlas nach der Oase Tuat. 1865 ging er von Tripolis bis zum Tsadsee. Er durchzog Bornu, Mandara, Sokoto, erreichte den Benue bei Loko, fuhr den Strom abwärts bis Lokodscha und den Niger aufwärts bis Rabba und ging schliesslich durch Joruba nach Lagos an der Guineaküste. Zwei Jahre später sehen wir Rohlfs in Nordostafrika. Er nimmt an der abessinischen Expedition der Engländer theil. Später widmete Rohlfs geraume Zeit seine Arbeit der Erforschung Aegyptens. 1873 und 1874 leitete er im Auftrage des Chedive eine wissenschaftliche Expedition durch die libysche Wüste, bei der Ascherson, Jordan, Zittel und andere mit thätig waren. Mittlerweile hatte nach der Gründung des Deutschen Reiches das Interesse an der Afrikaforschung bei uns allmählich und beträchtlich zugenommen. In der deutschen afrikanischen Gesellschaft war eine Centralstelle für alle Bestrebungen zu Gunsten der Auskundung Afrikas entstanden. Im Auftrage dieser und mit Unterstützung der deutschen Reichsregierung unternahm Rohlfs 1878 eine neue Reise. Er zog zusammen mit Stecker von Tripolis nach der Oase Sokna, dann über Dschalo nach der den Europäern noch unbekannten Oase Kufra. Beabsichtigt war, bis Wadai vorzudringen. Die Feindseligkeit der Eingeborenen

zwang aber zur Umkehr. Die Beziehungen, die Rohlfs mittlerweile zum deutschen Auswärtigen Amte gewonnen, trugen ihm 1880 einen diplomatischen Auftrag ein. Er wurde mit einer Botschaft zum König von Abessinien gesandt. Später (1884) übertrug man dem ehemaligen französischen Legionär sogar eine dauernde Stellung im diplomatischen Dienste. Mit dem Titel als Generalconsul wurde er als Reichscommissar nach Sansibar entsandt. Aber bereits 1885 trat er in den Ruhestand. Fortan lebte Rohlfs ganz seinen Studien, zuerst in Weimar, und seit 1890 in Godesberg. Seine reichen Erfahrungen und Beobachtungen hat Rohlfs ausser in vielen Journalaufsätzen in einer Reihe selbständiger Werke veröffentlicht. Besonders hervorzuheben sind: „Reise durch Marokko" (1865), „Im Auftrage Seiner Majestät des Königs von Preussen in Abessinien" (1869), ,,Land und Volk in Afrika" (1870), „Von Tripolis nach Alexandria" (1871), „Mein erster Aufenthalt in Marokko" (1873), „Quer durch Afrika" (1874/75),

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Drei Monate in der libyschen Wüste" (1875/76), „Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Afrikas" (1876 und 1881), „Kufra“ (1881), „Meine Mission nach Abessinien" (1883), „Quid novi ex Africa" (1886). Besonders hervorgehoben sei noch eine Seite des Schaffens Rohlfs', sein thatkräftiges Eintreten für die Pflege der medicinischen Geographie. Gerade jetzt, wo diesem Zweige wieder mehr Beachtung geschenkt wird, ist es billig, an Rohlfs' Verdienst darum zu erinnern. Gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich Rohlfs, einem Medicinhistoriker von Ruf, begründete Gerhard Rohlfs 1878 das „Deutsche Archiv für Geschichte der Medicin u. medicinische Geographie", die zeitlich erste Zeitschrift dieser Art in Deutschland.

Im Juni 1896 starb in London George Johnson, ein Kliniker Vou Ruf und Verdienst. 1818 zu Gouchurst in der Grafschaft Kent geboren, erlernte Johnson zuerst die Wundarzneikunde als Lehrling eines Chirurgen in Cranbrook. 1839 bezog er zum wissenschaftlichen Studium der Heilkunde das Kings College zu London. Hier erwarb er 1842 für eine Schrift über die Bedeutung der Auscultation und Percussion für die Erkennung innerer Krankheiten einen Preis. Die Bedeutung der von dem Kings College in den Druck gegebenen Preisschrift beruht darauf, dass damals die physikalischen Untersuchungsmethoden im Ganzen noch wenig geübt wurden. Die Preisschrift trug Johnson zunächst eine Repetenten-, später eine Hilfsarztstelle beim Hospital des Kings College ein. 1844 erwarb er bei der Londoner Universität den Doctorgrad. 1850 wurde er Fellow am Royal College. Später wurde ihm die

Professur für Arzneimittellehre am Kings College übertragen. Er vertauschte sie nachmals mit dem Lehrstuhle der klinischen Medicin. Von Johnson's wissenschaftlichen Leistungen sind an erster Stelle seine Studien zur Lehre von den Nierenkrankheiten zu erwähnen: Er hat der Erforschung dieser fast während seiner ganzen Schaffenszeit obgelegen. Sein 1852 erschienenes Lehrbuch der Nierenkrankheiten erschien 1854 in einer deutschen, von B. Schütze besorgten Ausgabe. Anzuschliessen sind seine Vorlesungen über die Bright'sche Krankheit vom Jahre 1873 und seine Studie über latente Eiweissausscheidung vom Jahre 1879. Eine seiner letzten Arbeiten hat die Veränderung der kleinsten Arterien bei chronischen Nierenleiden zum Gegenstande. Ein anderes Hauptstück der klinischen Medicin, das Johnson mit Erfolg bearbeitet hat, ist die Lehre von der Cholera. Er hat über die Erscheinung und Behandlung dieser und über Magendarmkrankheiten, wie den Brechdurchfall, die zumal früher mit der Cholera in Zusammenhang gebracht wurden, in den sechziger und siebziger Jahren eine ganze Reihe von Studien veröffentlicht. Ein besonderes Verdienst hat Johnson noch um die Einbürgerung des Kehlkopfspiegels in Grossbritannien. Nachdem der von Garcia erfundene Kehlkopfspiegel durch Czermak und Türck in die ärztliche Technik zunächst in Deutschland eingeführt war, übernahm es Johnson 1864 in einer kleinen Schrift den britischen Aerzten den Gebrauch und Nutzen des Kehlkopfspiegels zu erläutern. Besonders zu erwähnen ist noch eine Schrift Johnson's, in der er gegen Scalci in Rom Harvey's Recht an der Entdeckung des Blutkreislaufes vertheidigt.

Auf der Heimreise starb der ordentliche Professor der allgemeinen Therapie und Diagnostik an der militär-medicinischen Akademie zu St. Petersburg, wirklicher Staatsrath Dr. J. T. Tschudnowski.

In Modena starb der ordentliche Professor der Anatomie Dr. Eug. Giovanardi.

In Athen starb der Generalarzt Dr. Bernhard Ornstein, M. A. N. (vergl. Leop. pag. 78).

In St. Louis starb der Professor der Chemie am dortigen Missouri Medical College Dr. Curtmann im 69. Lebensjahre.

In Penlyne-Court (Wales) starb der Nestor der englischen Aerzte, Dr. Salmon, im Alter 106 Jahren.

von

Der bekannte englische Algologe Th. Buffham ist gestorben.

Abgeschlossen den 30. Juni 1896.

In Philadelphia starb der Professor am dortigen. Medico-chirurgischen College Dr. H. Ernest Goodman.

Dr. Joseph Maurovich, k. k. Sanitätsrath in Görz, ist gestorben.

Dr. G. Wallerstein, Kurarzt in Meran, ist in Wien gestorben.

Dr. Luton, Professor für innere Medicin an der medicinischen Facultät in Rheims, ist gestorben. Dr. Ramakers, Professeur suppléant für Anatomie und Physiologie an der Ecole de médecine in Algier, ist gestorben.

In Moskau starb Anatol Bogdanow, Professor der Anthropologie an der dortigen Universität, der seit den sechziger Jahren die Seele aller Bestrebungen auf dem Gebiete der Anthropologie in Russland war und Hervorragendes für die Organisation der anthropologischen Forschung geleistet hat. Bogdanow hatte die wissenschaftliche Bearbeitung der Materialien des anthropologischen Museums übernommen, das die Gesellschaft der Freunde der Naturkunde, der Anthropologie und Ethnologie in Moskau gegründet hatte. Die Arbeiten Bogdanow's sind ausgezeichnet durch Genauigkeit der Messungen. Von seinen sehr zahlreichen Einzelstudien sind zu erwähnen: Ueber die Meri in anthropologischer Hinsicht", Ueber die Schädel aus den kaukasischen Dolmen und Kurganen", Ueber die Schädel alter Nowgoroder", Ueber die Kurganenbewohner des Landes Mordwa und Kasimow", "Schädel aus den Kirchhöfen des nördlichen Russlands", „Ueber litthauische und südrussische Schädel aus Kurganen und alten Kirchhöfen“, „Die prähistorischen Bewohner von Twer“, „Die Menschen aus der Zeit der Kurganen im Lande Twer", „Die alten Kiewer“, „Schädel der Samojeden, Ostjaken, Jakuten", „Die Schädel der Skythen".

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Naturwissenschaftliche Wanderversamm

lungen.

Die Eröffnung des III. internationalen Congresses für Psychologie in München findet. am Dienstag 4. August 1896 Vormittags 10 Uhr in der grossen Aula der königlichen Universität statt.

Die XXI. Versammlung des deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege findet in den Tagen vom 10. bis 13. September 1896 in Kiel statt.

Die 68. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte wird vom 21. bis 26. September in Frankfurt stattfinden.

Buchdruckerei der Dr. Güntz'schen Stiftung vormals E. Blochmann & Sohn in Dresden.

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NUNQUAM

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OTIOSUS.

LEOPOLDINA

AMTLICHES ORGAN

DER

KAISERLICHEN LEOPOLDINO-CAROLINISCHEN DEUTSCHEN AKADEMIE

DER NATURFORSCHER

HERAUSGEGEBEN UNTER MITWIRKUNG DER SECTIONSVORSTÄNDE VON DEM PRÄSIDENTEN

DR. K. v. FRITSCH.

Heft XXXII. Nr. 7.

Juli 1896.

Halle a. S. (Margarethenstr. Nr. 3.) Inhalt: Amtliche Mittheilungen: Ergebniss der Wahl eines Vorstandsmitgliedes der Fachsection (1) für Mathematik und Astronomie. Veränderungen im Personalbestande der Akademie. Beiträge zur Kasse der Akademie. Beiträge zum Unterstützungsverein der Akademie. Heinrich Ernst Beyrich. (Nekrolog.) Sonstige Mittheilungen: Eingegangene Schriften. Brandes, G.: Ueber den Einfluss veränderter Ernährung auf die Structur des Vogelmagens. Plan für eine deutsche Expedition zur Durchforschung der Süd-Polar-Region. Naturwissenschaftliche Wanderversammlungen. Die 3. Abhandlung von Band 67 der Nova Acta. - Lieferung 7 des Kataloges der Akademie-Bibliothek.

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Ergebniss der Wahl eines Vorstandsmitgliedes der Fachsection (1) für Mathematik und

Astronomie.

Die nach Leopoldina XXXII, p. 94 unter dem 16. Juni 1896 mit dem Endtermine des 9. Juli 1896 ausgeschriebene Wahl eines Vorstandsmitgliedes der Fachsection für Mathematik und Astronomie hat nach dem von dem Herrn Notar Justizrath Theodor Herold in Halle a. S. am 11. Juli 1896 aufgenommenen Protokoll folgendes Ergebniss gehabt:

Von den 98 gegenwärtig stimmberechtigten Mitgliedern der Fachsection für Mathematik und Astronomie hatten 66 ihre Stimmzettel rechtzeitig eingesandt, von denen

lauten.

40 auf Herrn Professor Dr. Georg Cantor in Halle und

26 auf Herrn Professor Dr. Hugo Seeliger in Bogenhausen

Es ist demnach, da mehr als die nach § 30 der Statuten nothwendige Anzahl von Mitgliedern an der Wahl Theil genommen haben,

Herr Professor Dr. Georg Cantor in Halle

mit absoluter Majorität zum Vorstandsmitgliede gewählt worden.

Derselbe hat diese Wahl angenommen und erstreckt sich seine Amtsdauer bis zum 10. Juli 1906.
Halle a. S., den 20. Juli 1896.
Dr. K. v. Fritsch.

Veränderungen im Personalbestande der Akademie.

Gestorbene Mitglieder:

Am 5. Juli 1896 zu Eisenach: Herr Dr. Johann Georg Bornemann in Eisenach.

Aufgenommen den

1. März 1864.

Leop. XXXII.

13

Am 9. Juli 1896 zu Berlin: Herr Geheimer Bergrath Dr. Heinrich Ernst Beyrich, Professor der Mineralogie an der Universität in Berlin. Aufgenommen den 15. October 1845; cogn. v. Hoff.

Am 31. Juli 1896 zu Karlsruhe: Herr Geh. Hofrath Dr. Ludwig Christian Wiener, Professor der darstellenden
Geometrie und graphischen Statik an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. Aufgenommen
den 12. October 1888.
Dr. K. v. Fritsch.

Beiträge zur Kasse der Akademie.

Juni 30. 1896. Von Hrn. Dr. E. Weiss in Frankfurt a. M. Jahresbeiträge für 1894, 1895

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Beiträge zum Unterstützungsverein der Kaiserl. Leop.- Carol. Deutschen Akademie der
Naturforscher.

Juni 30. 1896. Von Hrn. Geheimen Rath Professor Dr. Hensen in Kiel
Geheimen Regierungsrath Professor Dr. Reinke in Kiel

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Heinrich Ernst Beyrich.

Rmk. Pf. 5

5

Dr. K. v. Fritsch.

(Geboren zu Berlin am 31. August 1815, Mitglied der Kais. Leop.-Carol. Deutschen Akad. d. Naturf. seit dem 15. October 1845, gestorben zu Berlin am 9. Juli 1896.)

Unsere Akademie ist stolz darauf, dass ihr fast 51 Jahre lang der ausgezeichnete Geologe und Paläontologe angehört hat, dessen Hinscheiden uns mit Schmerz erfüllt.

Beyrich's Einfluss und seiner Bedeutung ist es hauptsächlich zu verdanken, dass die Geologen aller Staaten der Erde seit ihrer ersten Vereinigung in Bologna ein greifbares, gemeinnütziges nächstes Ziel ins Auge gefasst haben.

Die Ausführung dieser ersten gemeinsamen Aufgabe übertrugen sie in allseitiger Würdigung der Verdienste unseres Dahingeschiedenen und des mit ihm seit vielen Jahren erfolgreich zusammenwirkenden Herrn Geh. Ober-Bergrathes Dr. Hauchecorne vertrauensvoll der königlichen geologischen Landesanstalt zu Berlin. Und wie sehr das Vertrauen gerechtfertigt war, zeigte sich darin, dass schon 1895 die erste Lieferung der geologischen Uebersichtskarte von Europa, dieses grossen gemeinsamen Werkes, in den Händen der Fachgenossen sich befand.

Beyrich's Bedeutung ist begründet durch die ausserordentliche Sorgfalt, die er der Lösung jeder der vielen von ihm behandelten Aufgaben zugewandt hat, und durch die ungewöhnliche Vielseitigkeit und Tiefe seiner Kenntnisse, durch die Lauterkeit seines ganzen Wesens. Seine Abhandlungen über die mannigfachsten Gebiete sind meisterhaft; das trat schon in seinem ersten Aufsatze hervor und weit mehr noch in seiner Doctor-Dissertation, wie auch in jeder seiner späteren Schriften. Auf das gewissenhafteste erwog er alle seine Darlegungen. Daher konnten Andere auf den vom ihm gegebenen Grundlagen weiter bauen und noch lange werden seine bahnbrechenden Untersuchungen und Leistungen den Ausgangspunkt neuer Forschungen bilden. Auf seinen Arbeiten fusst namentlich alle Kenntniss der Tertiärbildungen Norddeutschlands; über deren Verbreitung und Gliederung stellte er schon in den Jahren 1846 bis 1858 tief eingehende Beobachtungen an und kennzeichnete die Thierwelt dieser Schichtenreihe nach vielen der wichtigsten Formen, hauptsächlich der Mollusken. Hierbei ergab sich die Nothwendigkeit, einen Abschnitt der Tertiärzeit gesondert zu behandeln, Beyrich nannte ihn den oligocänen. Die Wichtigkeit dieser Unterscheidung ist durch die vielen neueren Forschungen über Tertiärablagerungen der verschiedensten Weltgegenden bestätigt worden und nicht minder durch die immer eingehenderen Untersuchungen über die zeitliche Entwickelung der einzelnen Klassen und Ordnungen der Lebewesen; die geognostische wie die palaontologische Wissenschaft hat die Einführung des Begriffes Oligocän" als einen bedeutenden Fortschritt zu rühmen.

Beyrich hat früh erkannt, dass es nothwendig ist, geologische Schlüsse hauptsächlich auf die sorgfältige Beobachtung ganzer Flächen des Erdbodens zu begründen; er lehrte, in wie hohem Grade die kartirende Geognosie berufen ist, die bloss profilirende, längs einzelner Wanderungswege ihre Wahrnehmungen sammelnde, zu berichtigen. Die Ueberzeugung, dass durch gute geognostische Karten, namentlich durch solche in grossem Maassstabe, nicht allein die Wissenschaft befördert wird, sondern dass dadurch Bedürfnissen der Bergleute, der Erbauer von Strassen und Eisenbahnen, der Land- und Forstwirthe entsprochen werden kann, hat besonders Beyrich vertreten. Und seinem Wirken vorzüglich verdanken wir in Deutschland die allgemeine Einführung der geognostischen Specialkarten, insbesondere die Errichtung der königlich preussischen geologischen Landesanstalt. Es ist als ein Glück zu preisen, dass Beyrich's Bemühungen befördert und unterstützt wurden durch ausgezeichnete, einflussreiche Männer, die zum Theil, wie Heinrich v. Dechen, schon vor ihm in gleichem Sinne zu schaffen bemüht waren, theils mit ihm Hand in Hand das Ziel erreichen konnten.

Das Zusammenwirken mit den Männern, die gleich ihm der Geologie und Paläontologie dienten, hat Beyrich von jeher eifrigst befördert und gepflegt. Daher ist er es gewesen, der ganz besonders bei der Begründung der deutschen geologischen Gesellschaft im Jahre 1818 thätig war und der dieser Gesellschaft unendlich viel Mühe und Hingabe widmete. Er belebte die Sitzungen und gerade in den kurzen Berichten darüber finden wir viele für alle Zeiten werthvolle Mittheilungen von ihm über geologische Verhältnisse oder paläontologische Funde im Harz, in Thüringen, in Schlesien, in den Alpen und in vielen anderen Gegenden.

Auch an anderen wissenschaftlichen Vereinigungen, so ganz besonders an den Zusammenkünften der königlichen Akademie, nahm Beyrich einen sehr regen Antheil, aber gerade die Sitzungen der deutschen geologischen Gesellschaft sind es, die Mancher sich kaum denken kann, ohne den von Freunden, von dankbaren Schülern und Zuhörern umgebenen Meister, der bei seinen Vorträgen die klaren Forscheraugen mit den Lidern zu bedecken pflegte, um ganz unbeirrt von äusseren Vorgängen sich völlig seinem Gegenstande hingeben zu können.

Eine grosse Schaar von Schülern arbeitet in seinem Sinne und sein Geist wirkt in ihnen fort. Er war es, der sie anregte und zu immer eindringenderer, schärferer Beobachtung antrieb, dessen Tadel sie fürchteten, dessen Anerkennung aber ihnen um so werthvoller war. Gegen sich selbst sehr streng, forderte Beyrich auch von Anderen die besten Leistungen; sein Tadel konnte zuweilen daher schroff und hart erscheinen. Die Erinnerung aber an solche Schärfe, die auch verdienten Forschern gegenüber zuweilen hervorgetreten ist, verlischt um so früher, je mehr die Dankbarkeit für die reiche Fülle des Trefflichen, was Beyrich geleistet hat, in ihre Rechte eintritt. Als ihrem Lehrer, Berather und Freunde bewahren ungemein zahlreiche Fachgenossen ihm über das Grab hinaus die treueste Verehrung und Anhänglichkeit und die Nachwelt wird ihm noch lange Dank und Ehre zollen.

Ueber die Lebensschicksale des Entschlafenen sei es gestattet, hier nur Einiges kurz mitzutheilen, obgleich ein vollständiges Lebensbild nicht gegeben werden kann.

Schon als Knabe ungewöhnlich begabt, konnte Beyrich nach kaum vollendeten sechzehnten Lebensjabre im September 1831 am Berliner Gymnasium das Reifezeugniss erlangen und seine Universitätsstudien in der Vaterstadt beginnen. Die gewaltig anregende Kraft von Weiss lenkte ihn von der anfangs bevorzugten Botanik ab und wandte ihn den mineralogischen Lehrfächern zu. Im sechsten Studienhalbjahre, von Ostern 1834 an, siedelte er nach Bonn über und gab sich vorzugsweise unter der Leitung von Goldfuss der Petrefaktenkunde hin. Ueberzeugt, dass er nur durch ausgedehnte Naturanschauung sein erhabenes Ziel erreichen könne, liess er der vorgeschriebenen Lehrzeit von drei Jahren Universitätsstudium zwei Wanderjahre folgen. Zu Fuss durchzog er, meist in Begleitung des um vier Jahre älteren Freundes Jul. Wilh. Ewald fast ganz Deutschland und viele Gebiete Frankreichs, überall forschend und sammelnd, beobachtend und lernend. Im oberen Breuschthale in den Vogesen bei Framont fand er im Brauneisenerze das merkwürdige Vorkommen von Phenakit, das ihm den Gegenstand zu seiner ersten Druckschrift (in Poggendorf's Annalen, 34. Bd.) bot.

Die im heinischen Gebiete gesammelten Goniatiten bearbeitete er in seiner L. v. Buch gewidmeten Schrift, auf Grund deren er a am 12. April 1837 promovirte. Kurze Zeit später trat er zum ersten Male einem Gelehrtenbunde bei, er wurde am 13. Juni Ehrenmitglied der Gesellschaft naturforschender Freunde.

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