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und Seiner Durchlaucht dem Fürsten Reuß älterer Linie, Seiner Durchlaucht dem Fürsten Reuß jüngerer Linie, Seiner Durchlaucht dem Fürsten von Schaumburg-Lippe, Seiner Durchlaucht dem Fürsten zur Lippe, dem Senate der freien und Hansestadt Lübeck, dem Senate der freien Hansestadt Bremen, dem Senate der freien und Hansestadt Hamburg, mit dem zu diesem Zwecke berufenen Reichstage vereinbart worden, ist dieselbe in dem ganzen Umfange des Norddeutschen Bundesgebietes, wie folgt:

Verfassung

des

Norddeutschen Bundes.

Seine Majestät der König von Preußen, Seine Majestät der König von Sachsen, Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach, Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg-Strelit, Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Oldenburg, Seine Hoheit der Herzog von Braunschweig und Lüneburg, Seine Hoheit der Herzog von Sachsen-Meiningen und Hildburghausen, Seine Hoheit der Herzog zu Sachsen-Altenburg, Seine Hoheit der Herzog zu Sachsen-Koburg und Gotha, Seine Hoheit der Herzog von Anhalt, Seine Durchlaucht der Fürst zu Schwarzburg - Rudolstadt, Seine Durchlaucht der Fürst zu SchwarzburgSondershausen, Seine Durchlaucht der Fürst zu Waldeď und Pyrmont, Ihre Durchlaucht die Fürstin Reuß älterer Linie, Seine Durchlaucht der Fürst Neuß jüngerer Linie, Seine Durchlaucht der Fürst von Schaumburg-Lippe, Seine Durchlaucht der Fürst zur Lippe, der Senat der freien und Hansestadt Lübeck, der Senat der freien Hansestadt Bremen, der Senat der freien und Hansestadt Hamburg, jeder für den gesammten Umfang ihres Staatsgebietes, und Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen und bei Rhein, für die nördlich vom Main belegenen Theile des Großherzogthums Hessen, schließen einen ewigen Bund zum Schuße des Bundesgebietes und des innerhalb desselben gültigen Rechtes, sowie zur Pflege der Wohlfahrt des Deutschen Volkes. Dieser Bund wird den Namen des Norddeutschen führen und wird nachstehende Verfassung haben.

I. Bundesgebiet.

Artikel 1. Das Bundesgebiet besteht aus den Staaten Preußen mit Lauenburg, Sachsen, Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Streliß, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-CoburgGotha, Anhalt, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck, Reuß älterer Linie, Reuß jüngerer Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe, Lübeck, Bremen, Hamburg, und aus den nördlich vom Main belegenen Theilen des Großherzogthums Hessen.

II. Bundesgesetzgebung.

Artikel 2. Innerhalb dieses Bundesgebietes übt der Bund das Recht der Gesetzgebung nach Maaßgabe des Inhalts dieser Verfassung und mit der Wirkung aus, daß die Bundesgefeße den Landesgesehen vorgehen. Die Bundesgesetze erhalten ihre verbindliche Kraft durch ihre Verkündigung von Bundes wegen, welche vermittelst eines Bundesgeseßblattes geschieht. Sofern nicht in dem publizirten Gesetze ein anderer Anfangstermin seiner verbindlichen Kraft bestimmt ist, beginnt die lettere mit dem vierzehnten Tage nach dem Ablauf desjenigen Tages, an welchem das betreffende Stück des Bundesgesehblattes in Berlin ausgegeben worden ist.

Artikel 3. Für den ganzen Umfang des Bundesgebietes besteht ein gemeinsames Indigenat mit der Wirkung, daß der Angehörige (Unterthan, Staatsbürger) eines jeden Bundesstaates in jedem anderen Bundesstaate als InTänder zu behandeln und demgemäß zum festen Wohnfit, zum Gewerbebetriebe, zu öffentlichen Aemtern, zur Erwerbung von Grundstücken, zur Erlangung des Staatsbürgerrechts und zum Genusse aller sonstigen bürgerlichen Rechte unter den, selben Voraussetzungen wie der Einheimische zuzulassen, auch in Betreff der Rechtsverfolgung und des Rechtsschußes demselben gleich zu behandeln ist.

In der Ausübung dieser Befugniß darf der Bundesangehörige weder durch die Obrigkeit seiner Heimath, noch durch die Obrigkeit eines anderen Bundesstaates beschränkt werden.

Diejenigen Bestimmungen, welche die Armenversorgung und die Aufnahme in den lokalen Gemeindeverband betreffen, werden durch den im ersten Absatz ausgesprochenen Grundsaß nicht berührt.

Ebenso bleiben bis auf Weiteres die Verträge in Kraft, welche zwischen den einzelnen Bundesstaaten in Beziehung auf die Uebernahme von Auszuweisenden, die Verpflegung erkrankter und die Beerdigung verstorbener Staatsangehörigen bestehen.

Hinsichtlich der Erfüllung der Militairpflicht im Verhältniß zu dem Heimathslande wird im Wege der Bundesgefeßgebung das Nöthige geordnet werden.

Dem Auslande gegenüber haben alle Bundesangehörigen gleichmäßig Anspruch auf den Bundesschuß.

Artikel 4. Der Beaufsichtigung Seitens des Bundes und der Gesetzgebung desselben unterliegen die nachstehenden Angelegenheiten:

1) die Bestimmungen über, Freizügigkeit, Heimaths- und Niederlassungsverhältnisse, Staatsbürgerrecht, Paßwesen und Fremdenpolizei und über den Gewerbebetrieb, einschließlich des Versicherungswesens, soweit diese Gegenstände nicht schon durch den Artikel 3. dieser Verfassung erledigt sind, desgleichen über die Kolonisation und die Auswanderung nach außerdeutschen Ländern;

2) bie Zoll- und Handelsgesetzgebung und die für Bundeszwecke zu verwendenden Steuern;

3) die Ordnung des Maaß-, Münz- und Gewichtssystems, nebst Feststellung der Grundfäße über die Emission von fundirtem und unfundirtem Papiergelde;

4) die allgemeinen Bestimmungen über das Bankwesen ;

5) die Erfindungspatente;

6) der Schutz des geistigen Eigenthums;

7) Organisation eines gemeinsamen Schußes des Deutschen Handels im Auslande, der Deutschen Schiffahrt und ihrer Flagge zur See und Anordnung gemeinsamer konsularischer Vertretung, welche vom Bunde ausgestattet wird;

8) das Eisenbahnwesen und die Herstellung von Land- und Wasserstraßen im Interesse der Landesvertheidigung und des allgemeinen Verkehrs;

9) der Flößerei und Schiffahrtsbetrieb auf den mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstraßen und der Zustand der letteren, sowie die Fluß- und sonstigen Wasserzölle;

10) das Post- und Telegraphenwesen;

11) Bestimmungen über die wechselseitige Vollstreckung von Erkenntnissen in Civilsachen und Erledigung von Requisitionen überhaupt,

12) sowie über die Beglaubigung von öffentlichen Urkunden;

13) die gemeinsame Gesetzgebung über das Obligationenrecht, Strafrecht, Handels- und Wechselrecht und das gericht- / liche Verfahren;

14) das Militairwesen des Bundes und die Kriegsmarine;

15) Maaßregeln der Medizinal- und Beterinairpolizei.

Artikel 5. Die Bundesgesetzgebung wird ausgeübt durch den Bundesrath und den Reichstag. Die Uebereinstimmung der Mehrheitsbeschlüffe beider Versammlungen ist zu einem Bundesgesetze erforderlich und ausreichend.

Bei Gesezesvorschlägen über das Militairwesen und die Kriegsmarine giebt, wenn im Bundesratbe eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, die Stimme des Präsidiums den Ausschlag, wenn sie sich für die Aufrechterhaltung der bestehenden Einrichtungen ausspricht.

III. Bundesrath.

Artikel 6. Der Bundesrath besteht aus den Vertretern der Mitglieder des Bundes, unter welchen die Stimmführung sich nach Maaßgabe der Vorschriften für das Plenum des ehemaligen Deutschen Bundes vertheilt, so daß Preußen mit den ehemaligen Stimmen von Hannover, Kurhessen, Holstein, Nassau und Frankfurt

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Artikel 7. Jedes Mitglied des Bundes lann so viel Bevollmächtigte zum Bundesrathe ernennen, wie es Stimmen bat; doch kann die Gesammtheit der zuständigen Stimmen nur einheitlich abgegeben werben. Nicht vertretene oder nicht inftruirte Stimmen werden nicht gezählt.

Jedes Bundesglied ist befugt, Vorschläge zu machen und in Vortrag zu bringen, und das Präsidium ist verpflichtet, dieselben der Berathung zu übergeben. Die Beschlußfassung erfolgt mit einfacher Mehrheit. Bei Stimmengleichheit giebt die Präsidialstimme den Ausschlag.

Artikel 8. Der Bundesrath bildet aus seiner Mitte dauernde Ausschiffe

1) für das Landheer und die Festungen;

2) für das Seewesen;

3) für Zoll- und Steuerwesen;

4) für Handel und Verkehr;

5) für Eisenbahnen, Post und Telegraphen;

6) für Justizwesen;

7) für Rechnungswesen.

In jedem dieser Ausschüsse werden außer dem Präfidium mindestens zwei Bundesstaaten vertreten sein, und führt innerhalb derselben jeder Staat nur Eine Stimme. Die Mitglieder der Ausschüsse zu 1. und 2. werden von dem Bundesfeldherrn ernannt, die der übrigen von dem Bundesrathe gewählt. Die Zusammensetzung dieser Ausschüffe ist für jede Session des Bundesrathes resp. mit jedem Jahre zu erneuern, wobei die ausscheidenden Mitglieder wieder wählbar sind. Den Ausschüssen werden die zu ihren Arbeiten nöthigen Beamten zur Verfügung gestellt.

Artikel 9. Jedes Mitglied des Bundesrathes hat das Recht, im Reichstage zu erscheinen und muß daselbst auf Verlangen jederzeit gehört werden, um die Ansichten seiner Regierung zu vertreten, auch dann, wenn dieselben von der Majorität des Bundesrathes nicht adoptirt worden find. Niemand kann gleichzeitig Mitglied des Bundesrathes und des Reichstages sein.

Artikel 10. Dem Bundespräsidium liegt es ob, den Mitgliedern des Bundesrathes den üblichen diplomatischen Schuß zu gewähren.

IV. Bundespräsidium.

Artikel 11. Tas Präsidium des Bundes steht der Krone Preußen zu, welche in Ausübung desselben den Bund völkerrechtlich zu vertreten, im Namen des Bundes Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und andere Verträge mit fremden Staaten einzugehen, Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen berechtigt ist.

Insoweit die Verträge mit fremden Staaten sich auf solche Gegenstände beziehen, welche nach Artikel 4. in den Bereich der Bundesgesetzgebung gehören, ist zu ihrem Abschluß die Zustimmung des Bundesrathes und zu ihrer Gültigkeit die Genehmigung des Reichstages erforderlich.

Artikel 12. Dem Präsidium steht es zu, den Bundesrath und den Reichstag zu berufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu schließen.

Artikel 13. Die Berufung des Bundesrathes und des Reichstages findet alljährlich statt, und kann der Bundesrath zur Vorbereitung der Arbeiten ohne den Reichstag, leßterer aber nicht ohne den Bundesrath berufen werden.

Artikel 14. Die Berufung des Bundesrathes muß erfolgen, sobald sie von einem Drittel der Stimmenzahl verlangt wird.

Artikel 15. Der Vorfiß im Bundesrathe und die Leitung der Geschäfte steht dem Bundeskanzler zu, welcher vom Präsidium zu ernennen ist.

Derselbe kann sich durch jedcs andere Mitglied des Bundesrathes vermöge schriftlicher Substitution vertreten lassen. Artikel 16. Das Präsidium hat die erforderlichen Vorlagen nach Maaßgabe der Beschlüsse des Bundesrathes an den Reichstag zu bringen, wo sie durch Mitglieder des Bundesrathes oder durch besondere von leyterem zu ernennende Kommissarien vertreten werden.

Artikel 17. Dem Präsidium steht die Ausfertigung und die Verkündigung der Bundesgefeße und die Ueberwachung der Ausführung derselben zu. Die Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidiums werden im Namen des Bundes erlassen und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt.

Artikel 18. Das Präsidium ernennt die Bundesbeamten, hat dieselben für den Bund zu vereidigen und erforderlichen Falles ihre Entlassung zu verfügen.

Artikel 19. Wenn Bundesglieder ihre verfassungsmäßigen Bundespflichten nicht erfüllen, so können sie dazu im
Wege der Exekution angehalten werden. Diese Exekution ist

a) in Betreff militairischer Leistungen, wenn Gefahr im Verzuge, von dem Bundesfeldherrn anzuordnen und zu
vollziehen,

b) in allen anderen Fällen aber von dem Bundesrathe zu beschließen und von dem Bundesfeldherrn zu vollstrecken. Die Exekution kann bis zur Sequestration des betreffenden Landes und seiner Regierungsgewalt ausgedehnt werden. In den unter a. bezeichneten Fällen ist dem Bundesrathe von Anordnung der Exekution, unter Darlegung der Beweggründe, ungesäumt Kenntniß zu geben.

V. Reichstag.

Artikel 20. Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor, welche bis zum Erlaß eines Reichswahlgesetes nach Maaßgabe des Gesezes zu erfolgen haben, auf Grund dessen der erste Reichstag des Norddeutschen Bundes gewählt worden ist.

Artikel 21. Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in den Reichstag.

Wenn ein Mitglied des Reichstages in dem Bunde oder einem Bundesstaat ein besoldetes Staatsamt annimmt oder

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im Bundes- oder Staatsdienste in ein Amt eintritt, mit welchem ein höherer Rang oder ein höheres Gehalt verbunden ist, so verliert es Siz und Stimme in dem Reichstag und kann seine Stelle in demselben nur durch neue Wahl wieder erlangen. Artikel 22. Die Verhandlungen des Reichstages find öffentlich.

Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffentlichen Sizungen des Reichstages bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.

Artikel 23. Der Reichstag hat das Recht, innerhalb der Kompetenz des Bundes Gesetze vorzuschlagen und an ihn gerichtete Petitionen dem Bundesrathe resp. Bundeskanzler zu überweisen.

Artikel 24. Die Legislaturperiode des Reichstages dauert drei Jahre. Zur Auflösung des Reichstages während derselben ist ein Beschluß des Bundesrathes unter Zustimmung des Präsidiums erforderlich.

Artikel 25. Jm Falle der Auflösung des Reichstages müssen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen nach derselben die Wähler und innerhalb eines Zeitraumes von 90 Tagen nach der Auflösung der Reichstag versammelt werden. Artikel 26. Ohne Zustimmung des Reichstages darf die Vertagung desselben die Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und während derselben Session nicht wiederholt werden.

Artikel 27. Der Reichstag prüft die Legitimation seiner Mitglieder und entscheidet darüber. Er regelt seinen Geschäftsgang und seine Disziplin durch eine Geschäftsordnung und erwählt seinen Präsidenten, seine Vizepräsidenten und Schriftführer.

Artikel 28. Der Reichstag beschließt nach absoluter Stimmenmehrheit. Zur Gültigkeit der Beschlußfassung ist die Anwesenheit der Mehrheit der gefeßlichen Anzahl der Mitglieder erforderlich.

Artikel 29. Die Mitglieder des Reichstages find Vertreter des gesammten Volkes und an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden

Artikel 30. Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen Aeußerungen gerichtlich oder disziplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.

Artikel 31. Ohne Genehmigung des Reichstages kann kein Mitglied desselben während der Sihungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der That oder im Laufe des nächstfolgenden Tages ergriffen wird.

Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden erforderlich.

Auf Verlangen des Reichstages wird jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied desselben und jede Untersuchungs- oder Civilhaft für die Dauer der Sizungsperiode aufgehoben.

Artikel 32. Tie Mitglieder des Reichstages dürfen als solche keine Besoldung oder Entschädigung beziehen.

VI. Zoll- und Handelswesen.

Artikel 33. Der Bund bildet ein Zoll- und Handelsgebiet, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze. Ausgegeschlossen bleiben die wegen ihrer Lage zur Einschließung in die Zollgrenze nicht geeigneten einzelnen Gebietstheile.

Alle Gegenstände, welche im freien Verkehr eines Bundesstaates befindlich sind, können in jeden anderen Bundesstaat eingeführt und dürfen in letterem einer Abgabe nur insoweit unterworfen werden, als daselbst gleichartige inländische Erzeugnisse einer inneren Steuer unterliegen.

Artikel 34. Die Hansestädte Lübeck, Bremen und Hamburg mit einem dem Zweck entsprechenden Bezirke ihres oder des umliegenden Gebietes bleiben als Freihäfen außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze, bis sie ihren Einschluß in dieselbe beantragen.

Artikel 35. Der Bund ausschließlich hat die Gesetzgebung über das gesammte Zollwesen, über die Besteuerung des Verbrauches von einheimischem Zucker, Branntwein, Salz. Bier und Taback, sowie über die Maaßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung der gemeinschaftlichen Zollgrenze erforderlich find.

Artikel 36. Die Erhebung und Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern (Art. 35.) bleibt jedem Bundesstaate,

soweit derselbe sie bisher ausgeübt hat, innerhalb seines Gebietes überlassen.

Das Bundespräsidium überwacht die Einhaltung des gefeßlichen Verfahrens durch Bundesbeamte, welche es den Zoll- oder Steuerämtern und den Direktivbehörden der einzelnen Staaten, nach Vernehmung des Ausschusses des Bundesrathes für Zoll- und Steuerwesen, beiordnet.

Artikel 37. Der Bundesrath beschließt:

1) über die dem Reichstage vorzulegenden oder von demselben angenommenen unter die Bestimmung des Art. 35 fallenden gesetzlichen Anordnungen einschließlich der Handels- und Schiffahrtsverträge;

2) über die zur Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung (Art. 35.) dienenden Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen;

3) über Mängel, welche bei der Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung (Art. 35.) hervortreten;

4) über die von seiner Rechnungsbehörde ihm vorgelegte schließliche Feststellung der in die Bundeskasse fließenden Abgaben (Art. 39.).

Jeder über die Gegenstände zu 1. bis 3. von einem Bundesstaate oder über die Gegenstände zu 3. von einem kontrolirenden Beamten bei dem Bundesrathe gestellte Antrag unterliegt der gemeinschaftlichen Beschlußnahme. Im Falle

der Meinungsverschiedenheit giebt die Stimme des Präsidiums bei den zu 1. und 2. bezeichneten alsdann den Ausschlag, wenn fie fich für Aufrechthaltung der bestehenden Vorschrift oder Einrichtung ausspricht, in allen übrigen Fällen ents scheidet die Mehrheit der Stimmen nach dem in Artikel 6. dieser Verfassung festgestellten Stimmverhältniß.

Artikel 38. Der Ertrag der Zölle und der in Art. 35. bezeichneten Verbrauchsabgaben fließt in die Bundeskasse. Dieser Ertrag besteht aus der gesammten von den Zöllen und Verbrauchsabgaben aufgekommenen Einnahme nach Abzug:

1) der auf Gesezen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften beruhenden Steuer-Vergütungen und Ermäßigungen; 2) der Erhebungs- und Verwaltungskosten und zwar:

a) bei den Zöllen und der Steuer von inländischem Zucker, soweit diese Kosten nach den Verabredungen unter den Mitgliedern des Deutschen Zoll- und Handelsvereins der Gemeinschaft aufgerechnet werden fonnten;

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b) bei der Steuer von inländischem Salze — sobald solche, sowie ein Zoll von ausländischem Salze unter Aufhebung des Salzmonopols eingeführt sein wird mit dem Betrage der auf Salzwerken erwachsenden Erhebungs- und Aufsichtskoften;

c) bei den übrigen Steuern mit funfzehn Prozent der Gesammteinnahme.

Die außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze liegenden Gebiete tragen zu den Bundesausgaben durch Zahlung eines Aversums bei.

Artikel 39. Die von den Erhebungsbehörden der Bundesstaaten nach Ablauf eines jeden Vierteljahres aufzuftellenben Quartalextrakte und die nach dem Jahres- und Bücherschlusse aufzustellenden Finalabschlüsse über die im Laufe des Vierteljahres beziehungsweise während des Rechnungsjahres fällig gewordenen Einnahmen an Zöllen und Verbrauchsabgaben werden von den Direktivbehörden der Bundesstaaten, nach vorangegangener Prüfung, in Hauptübersichten zusammengestellt und diese an den Ausschuß des Bundesrathes für das Rechnungswesen eingesandt.

Der Lehtere stellt auf Grund dieser Uebersichten von drei zu drei Monaten den von der Kasse jedes Bundesstaates der Bundeskaffe schuldigen Betrag vorläufig fest und seht von dieser Feststellung den Bundesrath und die Bundesstaaten in Kenntniß, legt auch alljährlich die schließliche Feststellung jener Beträge mit seinen Bemerkungen dem Bundesrathe zur Beschlußnahme vor.

Artikel 40. Die Bestimmungen in dem Zollvereinigungs-Vertrage vom 16. Mai 1865., in dem Vertrage über die gleiche Besteuerung innerer Erzeugnisse vom 28. Juni 1864., in dem Vertrage über den Verkehr mit Taback und Wein von demselben Tage und im Artikel 2. des Zoll- und Anschlußvertrages vom 11. Juli 1864., desgleichen in den Thüringischen Bereinsverträgen bleiben zwischen den bei diesen Verträgen betheiligten Bundesstaaten in Kraft, soweit sie nicht durch die Vorschriften der gegenwärtigen Verfassung abgeändert sind und so lange sie nicht auf dem im Artikel 37. vorgezeichneten Wege abgeändert werden.

Mit diesen Beschränkungen finden die Bestimmungen des Zollvereinigungs - Vertrages vom 16. Mai 1865. auch auf diejenigen Bundesstaaten und Gebietstheile Anwendung, welche dem Deutschen Zoll- und Handelsvereine zur Zeit nicht ans gehören.

VII. Eisenbahnwesen.

Artikel 41. Eisenbahnen, welche im Interesse der Vertheidigung des Bundesgebietes oder im Interesse des ge= meinsamen Verkehrs für nothwendig erachtet werden, können kraft eines Bundesgesetzes auch gegen den Widerspruch der Bundesglieder, deren Gebiet die Eisenbahnen durchschneiden, unbeschadet der Landeshoheitsrechte, für Rechnung des Bundes angelegt oder an Privatunternehmer zur Ausführung konzessionirt und mit dem Expropriationsrechte ausgestattet werden. Jede bestehende Eisenbahnverwaltung ist verpflichtet, sich den Anschluß neu angelegter Eisenbahnen auf Kosten der letteren gefallen zu lassen.

Die gefeßlichen Bestimmungen, welche bestehenden Eisenbahn - Unternehmungen ein Widerspruchsrecht gegen die Anlegung von Parallel- oder Konkurrenzbahnen einräumen, werden, unbeschadet bereits erworbener Rechte, für das ganze Bundesgebiet hierdurch aufgehoben. Ein solches Widerspruchsrecht kann auch in den künftig zu ertheilenden Konzessionen nicht weiter verliehen werden.

Artikel 42. Die Bundesregierungen verpflichten sich, die im Bundesgebiete belegenen Eisenbahnen im Interesse des allgemeinen Verkehrs wie ein einheitliches Neß verwalten und zu diesem Behuf auch die neu herzustellenden Bahnen nach einheitlichen Normen anlegen und ausrüsten zu lassen.

Artikel 43. Es sollen demgemäß in thunlichster Beschleunigung übereinstimmende Betriebseinrichtungen getroffen, insbesondere gleiche Bahnpolizei-Reglements eingeführt werden. Der Bund hat dafür Sorge zu tragen, daß die Eisenbahnverwaltungen die Bahnen jederzeit in einem, die nöthige Sicherheit gewährenden baulichen Zustande erhalten und dieselben mit Betriebsmaterial so ausrüsten, wie das Verkehrsbedürfniß es erheischt.

Artikel 44. Die Eisenbahnverwaltungen find verpflichtet, die für den durchgehenden Verkehr und zur Herstellung ineinander greifender Fahrpläne nöthigen Personenzüge mit entsprechender Fahrgeschwindigkeit, desgleichen die zur Bewältigung des Güterverkehrs nöthigen Güterzüge einzuführen, auch direkte Expeditionen im Personen- und Güterverkehr, unter Gestattung des Ueberganges der Transportmittel von einer Bahn auf die andere, gegen die übliche Vergütung einzurichten. Artikel 45. Dem Bunde steht die Kontrole über das Tarifwefen zu. Derselbe wird namentlich dahin wirken: 1) daß baldigst auf den Eisenbahnen im Gebiete des Bundes übereinstimmende Betriebsreglements eingeführt werden;

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