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hat von der äussersten Rechten bis zur äussersten Linken, die Sozialdemokratie eingeschlossen, ohne jeden Dissens. Man wird zugeben müssen, dass der deutsche Reichstag in der Gesamtheit der Verhandlungen über die auswärtige Politik seinen fünfundzwanzigjährigen Traditionen treu geblieben ist. Die Verhandlungen brachten deutlich zum Ausdruck den allgemeinen Wunsch, den Frieden zu pflegen durch Festhalten am Dreibund, durch gute Beziehungen zu England und zu Russland und durch eine konservative, vertragstreue Politik überall, wo deutsche Interessen in Frage kommen, auch in Süd-Afrika. Eine solche Politik ist ein guter und fester Rückhalt, und sie ist populär bei allen Parteien in Deutschland.

Ein Deutscher aber wird berechtigt sein, seine Befriedigung darüber auszudrücken, dass die parlamentarische Vertretung unseres Volkes und die Regirung ohne Meinungsverschiedenheit mit schlichter Deutlichkeit fest zu einem Programm stehen, das allein segensvolle Früchte der civilisirten Menschheit zeitigen kann.

Nach dem ich diese Dokumente für die aufrichtig friedliche Tendenz der deutschen Politik beigebracht habe, komme ich nunmehr doch nicht in Versuchung, ausgiebige Beweise dafür anzuschliessen, dass Deutschland nicht aus Furcht friedlich gesinnt sei, und dass es sich auch nicht durch einige Drohungen, gedruckt mit schwarzen Lettern auf Zeitungspapier, oder durch ein paar Reden hat einschüchtern lassen. Solche Annahme ist eine Phantasie. Papier und Reden sind am Ende aller Enden keine realen Machtfaktoren, und die Bismarcksche Realpolitik hat uns gelehrt auf diese allein zu blicken.

Wir glauben in Deutschland mit nüchterner Ruhe und ohne prahlerische Illusionen, dass wir in einem Notfalle, den wir nicht herbeiwünschen, unsere internationale Stellung wol bewahren könnten, und man traut uns das auch im Allgemeinen in ler Welt zu. Darum reden wir über diesen Punkt nicht viel.

Aber hat sich denn überhaupt die internationale Stellung Deutschlands ungünstig umgestaltet ?

Ernste Schwierigkeiten in Süd-Afrika erwarten wir durchaus nicht, denn erstens war die offizielle Haltung der englischen

Regirung im Verkehr mit der deutschen bisher in jedem Stadium der Verwicklungen durchaus correct, wie aus dem englischen Blaubuch hervorgeht, und die Haltung der BuerenRepublik war es gleichfalls. Aber auch für die Zukunft ist schwerlich eine Aenderung dieser Haltung zu erwarten.

Die Verhandlungen zwischen Mr. Chamberlain und dem Präsidenten Krüger mögen vorübergehend sich ungünstig gestalten, wie das aus den Erörterungen des englischen Unterhauses am 14. Februar sich ergibt ; so ungünstig werden sie aber schwerlich verlaufen, dass die diplomatische Note aufhören sollte, das Mittel der Auseinandersetzung zu bleiben.

England hat genügende Sorgen in allen Weltteilen, um klüglich eine Entwicklung zu vermeiden, die die sehr reale Macht des holländischen Elementes in ganz Süd-afrika in Harnisch und die gegen 30,000 Buren unter die Waffen bringen würde. Mit solchen Möglichkeiten spielt man umso weniger, da die Stimmung der süd-afrikanischen Bevölkerung selbst durchaus einer Gewaltpolitik feindlich ist.

Das englische Blaubuch enthält in dieser Beziehung interessante Zugeständnisse.

Sir Hercules Robinson telegraphirte in der Neujahrsnacht nach London :

"Jameson's action is condemned throughout all South Africa; not a voice is raised in his support."

Und am 1. Januar depeschirte der britische Agent bei der süd-afrikanischen Republik an Mr. Chamberlain :

"More than half the Johannesburg people, English as well as other foreigners, are against the revolutionary movement, and will probably side with the Government in every way. The feeling here is intense indignation at British South Africa Company's force invading this country. . . ."

Es ist hierbei zu bemerken, dass auch ein grosser Teil der Engländer in Johannesburg von der Revolution nichts wissen. wollte. Die ganze Agitation stellt sich also mehr und mehr dar als das Unternehmen interessirter Finanzgruppen.

Mit nur solchem, für eine ernste politische Aktion kraftlosen Rückhalt wird jede vorsichtige Regirung sich wol hüten, die Dinge auf die Spitze zu treiben. Und es gibt überdies durchaus keinen Anhalt dafür, dass die englische Regirung einer solchen Politik zuzuneigen beabsichtigt.

In Süd-Afrika will man Ruhe, Sicherheit, Geld verdienen, so lauten auch die deutschen Nachrichten daher. Man will, dass weder England, noch Deutschland, noch ein anderes Reich dort Grossmacht-Politik treibe. Die politischen Agitationen in ihrer bisherigen Form stellen sich somit zum überwiegenden Teile dar als eine künstlich gross gezogene und innerlich marklose Spekulantenmache.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die süd-afrikanischen Verhältnisse doch noch auf Europa zurückwirken, schwindet daher mehr und mehr. Und diese Rückwirkung zu vermeiden liegt am Ende aller Enden ein um so grösserer Anreiz vor, weil es ein Irrtum wäre anzunehmen, dass nur Deutschland durch die dortigen Verhältnisse sich wesentlich berührt fühlen würde. Es ist freilich bisher als nützlich erachtet worden alle Pfeile nur gegen den deutschen Rücken abzuschnellen. Aber der Hinweis auf eine Tatsache genügt, um zu zeigen, dass auch andere Mächte sich für die Transvaalfrage interessiren. In schneller Aufeinanderfolge errichten. Italien und Frankreich-vielleicht folgt auch Russland-in Transvaal Consulate; und Frankreichs Politik entspräche es gewiss nicht für Nichts und wieder Nichts die Kolonialmacht Englands zu stärken; man müsste denn hierbei auf eine bleibende Entzweiung zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich spekuliren und erwarten, dass England in die gestellte Falle hineingeht, dass es sich in SüdAfrika unbedenklich grosse Schwierigkeiten auf den Hals zu ziehen bereit ist, sich lahm legt für andere wichtige Aufgaben in anderen Weltteilen und in Europa, sagen wir, die Entfremdung Deutschlands in den Kauf nimmt.

Alles spricht vielmehr dafür, sowol die kluge Besonnenheit des Präsidenten Krüger wie die in Handlungen bisher bewiesene klare Voraussicht von Mr. Chamberlain, dass fü Süd-Afrika in dem jetzigen Stadium der Entwicklung nu Tinte fliessen wird, und deshalb verlieren die Einzelheiten der Besprechung zwischen dem Präsidenten Krüger und Mr. Chamberlain für die internationale Politik zur Zeit auch wesentlich an Bedeutung.

Niemand wird dort Neigung haben die Dinge zu forciren. Das Resultat für die internationale Politik bleibt, dass die

Stimmung zwischen England und Deutschland sich verschlechtert hat; und wenn man nun den Niederschlag dieser Stimmung in England nicht in flüchtigen Zeitungsartikeln, sondern in den Reden verantwortlicher Politiker verfolgt, was ergibt sich dann ?

Die englische Thronrede in ihren zarten Pastellfarben deutet kaum an, was geschehen ist, und enthält mehr zwischen den Zeilen als auf den Zeilen.

Nur eine Nuance ist bemerkenswert. englischen Thronreden:

Hiess es sonst in

"Her Majesty's relations with foreign Powers continue friendly ”—, so heisst es diesmal :

"I continue to receive from other Powers assurances of friendly sentiments."

Ob diesen Versicherungen zu glauben, bleibt ungesagt.

Thronreden pflegen solchen vieldeutigen Charakter zu haben, und die Ereignisse müssen sehr drohend sein, wenn diesse Aeusserungen, die im Namen des Staatsoberhauptes ergehen, in greller Deutlichkeit sich vernehmen lassen.

Was alles zwischen den Zeilen dieser massvollen und friedfertigen Thronrede steht, werden die Debatten im englischen Parlament noch weiter ergeben.

Für diese Debatten sind die bisher gehaltenen Reden von Ministern, Parlamentariern und Politikern die Ouverture gewesen.

Als typisch für eine bestimmte politische Richtung in England können die Reden, die Sir E. Ashmead-Bartlett in Eccleshall hielt und die Sir Michael Hicks-Beach in Leeds vortrug, gelten. Der eine ist Parlamentsmitglied, der andere bekanntlich Chancellor of the Exchequer.

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Sir E. Ashmead-Bartlett sagte unter anderem :

England has faced her open enemies and her doubtful friends with the same calm and dauntless resolve that her people showed in the days of Philip of Spain and the First Napoleon. (Cheers.) That clear, brave spirit has taught the world a great and most useful lesson. . . . It has impressed Foreign Governments and peoples with a convincing sense of the real strength of the English race and the immense resources of the British Empire. It has won universal admiration, and, what is more, universal respect. (Cheers.)"

Es sind nicht gerade schwache Worte, die das genannte Mitglied des englischen Parlamentes gebraucht, und man

fragt sich einigermassen verwundert, welcher Vergleich sich zwischen den augenblicklichen Verhältnissen und der Zeit Philipps von Spanien und der des ersten Napoleon ziehen lässt? Man fragt sich auch, welche Massregel gerade jetzt England universal admiration und universal respect eingebracht hat? Vielleicht die Mobilisirung des " "fliegenden Geschwaders," von der Mr. Goschen, First Lord of the Admiralty, zu East Grinstead, in einer Rede sagte:

"There was no country against which a menace was meant by the formation of the flying squadron . . ."

Von einem Mitglied des Kabinetts muss man voraussetzen, das seine Worte besonders vorsichtig gewält sind. Nun liess Sir Michael Hicks-Beach sich folgendermassen ver

nehmen:

"The same spirit which animated our Army and our Navy in those days, when they believed that one Englishman was a match for, he would not say how many natives of other countries, animated those services still. In these days we had not degenerated from that spirit of our fathers, and if the day should ever come when foreign nations-aye, any number of foreign nations, (hear)-should attack this country, Great Britain would be a match for them, as she was before."

Es liegen eine ganze Reihe ähnlicher Aeusserungen vor; aus all diesen mag man nur die eine Einzelheit noch hinzunehmen, dass ein anderes Mitglied des Kabinetts, Mr. Chamberlain, Deutschlands Inferiorität dadurch in einer Rede zu erhärten suchte, dass er hervorhob, Queensland sei dreimal so gross wie das Deutsche Reich, was gewiss eine interessante Bemerkung für Geographen ist, sicher weniger interessant für Politiker.

Solchen Worten möchte ich gegenüberstellen, was Lord Salisbury in der Guildhall im letzten November sagte-man hätte auch zurückgreifen können auf seine bekannte Rede im August-und was er alsdann bei dem Bankett der Nonconformisten äusserte; ich folge damit zum Teil einer Ausführung, die schon John Morley bei seinem jetzigen Walfeldzug und dann Lord Rosebery im Oberhaus gemacht hat. Lord Salisbury sagte:

"I believe that the European Powers are thoroughly resolved to act together upon everything that concerns the Ottoman Empire. They may be weary of the .cry of suffering that goes up in their ears, and may find some other arrangement that is a substitute for that arrangement

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