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II.

Drei Fälle von Haematokolpos.

Von

Dr. FRANZ T. B. FEST.

Plank Road, Mich.

Unter Haematokolpos verstehen wir die Ansammlung von Menstrualblut in der ausgedehnten Vagina in Folge von Verschluss der Vagina in Form von Atresia oder Stenosis. Erstere ist angeboren, letztere erworben durch Conglutination oder Narbenwülste. Die congenitale Atresia kommt zu Stande durch ein imperforirtes Hymen, retrohymenales Septum oder partielles Fehlen der Vagina. Bei dem erworbenen Haematokolpos sind entweder wulstige Narbenstränge und Ringe die Ursache des Verschlusses oder die Wände der Vagina haben sich durch förmliche secundäre Immediatvereinigung verlötet, indem die sich berührenden Flächen des Epitheliums beraubt waren, durch ihr Secret sich mit einander verklebten und durch Blutaustritt alsdann organisirten.

Die Stenosis in Folge der bereits erwähnten Narben-Wülste kann vollständig sein oder nur den Abfluss des Menstrualblutes erschweren: Dysmenorrhoea obstructiva. Die Oeffnung des Narbenstrangs kann so gering sein, dass das Blut nur in Tropfen abfliesst und oft tritt eine neue Periode ein, bevor alles Blut der vorherigen abgeflossen ist und es kommt zur Accumulation von Blut im oberen Vaginalraum und so zum wirklichen Haematokolpos (BRINKENHOFF1).

Die am meisten beobachteten Fälle von Haematokolpos sind solche, bei denen die Atresia nur durch ein dünnes Septum am Endstück der Vagina zu Stande kommt. Bisweilen nimmt auch das Hymen an solcher Atresie theil oder es selbst bildet den Verschluss. Meist aber kann das Hymen von dem Septum mehr oder minder deutlich unterschieden werden (SCHRÖDER2,) DUNCAN3). Einen Fall von echter Hymenal'Atresie zu sehen hatte der Schreiber Gelegenheit in der Privat-Praxis des Herrn Dr. A. DIENER in Dietendorf, während des Schreibers Aufenthalt in Deutschland 1893. Hierbei handelte es sich um ein ca. 15-16jähriges Landmädchen das in Folge von Retentionserscheinungen ärztliche Hülfe suchte. Das Mädchen war normal entwickelt, ebenso die äusseren Genitalien, nur fiel die Aehnlichkeit der Schleimhaut der Vulva mit Epidermis in Folge mangelhafter Secretion auf. Das Orificium vaginae war durch das Hymen vollständig verschlossen und wölbte sich beim Auseinanderziehen der Lefzen hervor. Vom Rectum aus war die Fluctuation deutlich wahrnehmbar. Leider bin ich nicht

1) D. H. BRINKERHOFF, Medical Review, XXIV., 3.

2) KARL SCHRÖDER, Handbuch der Krankheiten der Geschlechtsorgane. 3) MATTHEWS DUNCAN, Transactions Obstetrical Society, 1882.

in der Lage, den Verlauf zu berichten, da das Mädchen Unterkunft in einem Hospitale suchte.

Die Symptome, derentwegen die meisten Individuen dem Arzte zu Gesichte kommen, bestehen gewöhnlich in totaler Amenorrhoea und Retentionscomplikationen; wenn der Druck des angesammelten Blutes Reflexerscheinungen hervorruft; diese bestehen in Abdominal-Neuralgien, Intestinal-Obstruction, Polyuria, Indigestion und Cephalgia.

Erkenntlich ist der Haematokolpos an dem tumorartig ausgedehnten Unterleib bei Verschluss der Vagina. Mit Hülfe der Rectalpalpation ist man befähigt, die Fluctuation der Geschwulst zu erkennen und das etwaige Mitergriffensein des Uterus und der Adnexa, obwohl Haematometra und Haematosalpinx den Haematokolpos nur in sehr vorgeschrittenen Fällen compliciren. Aeusserlich erscheinen die Genitalien normal, nur ist bei Hymenal- und Retro-Hymenal-Atresie das Hymen oder das Septum vorgewölbt, fast wie die gespannte Fruchtblase einer Gebärenden.

Schwieriger ist die Diagnose bel doppeltem Genitaltractus, wenn nur eine Oeffnung verschlossen ist: Haematokolpos lateralis.

Der Verlauf des Haematokolpos ist, sich selbst überlassen, meist ein durchaus ungünstiger, denn nur in den wenigsten Fällen geschieht das Durchbrechen nach aussen, wohl aber erfolgt leicht der Durchbruch in die Bauchhöhle, und die Kranke erliegt einer Pyämie oder Peritonitis, oder auch durch Infection entsteht Pyokolpos mit dessen stets septikämischen Ausgange.

Der acquirirte Haematokolpos kann Gravidität oder Neubildung vortäuschen; allein eine exakte Untersuchung bringt sofort Aufklärung.

Die Behandlungs-Methoden sind verschieden. Mit Recht wird von der Evacuation vom Rectum oder der Blase aus kein Gebrauch mehr gemacht (SPIEGELBERG,') SIMON,*) SCANZONI,3) BAKER-BROWN,') BOYER,3), denn die Gefahren der Sepsis sind hierbei zu gross und der Misserfolge deshalb zu viele und die Methode bleibt nur auf solche Fälle beschränkt, in denen es unmöglich ist, eine künstliche Vagina zu schaffen. Ebenso verwerflich ist die blosse Punktion ohne nachfolgende Excision oder Erweiterung des Kanales; denn auch hier ist die Gefahr der Infection (DEFONTAINE 6) vorhanden und die Wunde verwächst zu leicht.

Die moderne Methode besteht bei Hymenal- und Retro-HymenalAtresie in Incision mit dem Bistouri, allmähligem Ausfliessen des accumulirten Blutes und nachheriger Excision des Hymens oder des Septums mit nachfolgender antiseptischer Irrigation und Tamponade.

1) SPIEGELBERG, Archiv für Gynäkologie.

2) SIMON, Berliner klinische Wochenschrift 1875.

3) SCANZONI, Krankheiten der weiblichen Sexualorgane.

4) BAKER BROWN, Surgical Diseases of Women.

5) ALEXIS BOYER, Maladies Chirugiques.

6) DEFONTAINE, Bulletin de la Société de Chirurgie, 1886. Un cas d'imperforation de l'hymen avec rétention du sang menstruel.

Statistik dieser Operation wurde aufgestellt von HEMENWAY 17). Die Operation geschieht in zwei Sitzungen: Evacuation in der ersten und Excision in der zweiten. Adoptirt und empfohlen wurde diese Methode von HEGAR') und KALTENBACH'), SEGOND 2), BREISKY 3), WINCKEL), Pozzi 3). Vielfach, besonders bei Hymenalatresia, geschieht die Abhülfe blos in Form eines Crucialschnittes und allmähliger Evacuation (VANDERVEER), DE SINETY 7), GROSS 8), BRAUN), BENTON 10), OWEN 11), MINARD 12), KAPELSKY 13), KENNEDY ).

Beim völligen oder partiellen Verschluss und Fehlen der Vagina geschieht die Bildung einer künstlichen Vagina. Die erste derartige Operation wurde von AMUSSAT 1) unternommen. An Stelle des Orificum vaginae wird eingeschnitten und ein Weg nach der Geschwulst zu mit Finger und Messer gebahnt. Die letzte Scheidung wird mit dem Trocar durchstochen. Alsdann wird der Kanal durch laterale Einschnitte mit dem Bistourie oder Breisky's Messer erweitert. Der Kanal wird offen gehalten und für Cohabitationszwecke mit Glas- oder Gummi-Dilatatoren erweitert.

Diesem Verfahren gegenüber, begründet auf einige fatale Ausgänge durch Infection (RHEINSTADTER, HEMENWAY"), empfiehlt der Schreiber seine Modification beruhend auf Anwendung einer besseren Antisepsis, obwohl er sie erst in nur ganz wenigen Fällen zur Anwendung bringen konnte..

Haematokolpos in Folge von imperforirtem Hymen, Retrohymenal-Atresie oder Fehlen der Vagina werden nach denselben Grundsätzen operirt. Zuerst werden Rectum und Blase entleert. Ein Finger liegt im Rectum; die Urethra wird durch Metallkatheter aus dem Wege gehoben, während durch mässigen Druck auf den Unterleib die Occlusionsstelle etwas hervorgetrieben, gespannt und dadurch das Operationsfeld gleichsam etwas vergrössert wird. Alsdann wird ein dicker Trocar durch die Atresia gestossen, wobei der Finger im Rectum

1) A. HEGAR und R. KALTENBACH, Die operative Gynäkologie.

2) SEGOND, Bulletin de la Société de Chirurgie, 1885.

3) BREISKY, Die Krankheiten der Vagina (Handbuch der Fraukh., VII.). 4) F. WINCKEL, Lehrbuch der Frauenkrankheiten.

5) SAMUEL Pozzi, Traité de Gynécologie.

6) J. R. VANDERWEER, New York Medical Journal, IX., 10, 1892.

7) DE SINÉTY, Traité pract. de Gynécologie.

8) F. GROSS, Trans. of the Philadelphia County Med. Soc., IX., 1889.

9) GUSTAV BRAUN, Wiener klinische Wochenschrift, 28, XI., 1889.

10) E. A. BENTON, Omaha Clinic, IX., 1889.

11) O. B. AVEN, British Medical Journal, 2, IX., 1889.

12) ELIZA MINARD, New York Medical Journal, IV, X., 1892.

13) KAPELSKY, Nowiny lekarske, Posen, 5, 1890.

14) Kennedy, University Medical Magazine, 1889.

15) AMUSSAT, Observations sur une opération de vagin artificial.

16) RHEINSTÄDTER, Centralblatt für Gynäkologie, 1890.

7) H. B. HEMENWAY, American Journal of Obstetrics, 1891.

zum Wegweiser dient. Der Trocar verdient den Vorzug vor dem Messer, weil Verletzungen durch ihn nicht so leicht möglich sind und die Wunde geschützt bleibt, so dass nicht ein Tropfen des möglicherweise septischen Blutes mit der Wunde in Contact kommt, sondern langsam durch die Kanüle abfliesst. Nachdem das Blut abgelaufen, wird ein Katheter durch die Kanüle gelegt und die Höhle so lange irrigirt, bis das Wasser klar zurückläuft. Hierzu ist es am besten, Acidum boricum zu gebrauchen oder Kali permanganatum, denn bei etwaiger Haematometra oder Haematosalpynx könnte Flüssigkeit in die Bauchhöhle eindringen und z. B. Sublimatlösung höchst unliebsame Symptome hervorrufen.

Nach gründlicher Irrigation wird sodann der Kanal erweitert, Hymen oder Septum excidiert und bei partiellem Fehlen der Vagina durch Einschnitte und Abtragen der Erhabenheit eine künstliche geschaffen. Hierbei soll womöglich sofort eine plastische Operation zum Bedecken der Wände vorgenommen werden, denn jetzt erlaubt die ausgedehnte Vagina einen bedeutenden Grad von Spannung und Verschiebung. Die Oeffnung kann durch Dilatatoren oder LEONARD'S Speculum vor Contractionen geschützt werden. Die ausgedehnte Abtragung des Verschlusses und die bedeutende Dilatation geschieht nicht nur um eine zur Cohabition, sondern auch zur Reproduction tüchtige Vagina zu schaffen.

Kräftiges und beleibtes

I. Fanny D. — Aet. 16. Mädchen. Hatte seit Jahresfrist regelmässig Congestion sempfindungen ohne jeden Fluss. Sie wollte zur Herbeiführung der Menses warme VaginalDouche zur Anwendung bringen und bemerkte dabei die Atresia.

Bei der Untersuchung ergab sich, dass das Mädchen normal und adipos entwickelt war. Bei der allgemeinen Stärke fiel die Extension des Unterleibs kaum auf. Mons veneris mit Haaren besetzt. Vulva normal; reichliche Secretion der Schleimdrüsen. Beim Auseinanderziehen der Lefzen und Druck auf das Abdomen erschien an Stelle des Orificium vaginae ein gewölbter Tumor; bei Druck legte sich das Hymen straff an; doch konnte es leicht mit der Pincette gefasst und gehoben werden. Durch das Rectum konnte die Fluctuation deutlich gefühlt werden und der harte Uterus unterschieden werden. Diagnose: Haematokolpos infolge retro-hymenaler Gynatresie.

Die Operation geschah nach der oben entwickelten Regel. Eine Quantität ziemlich flüssigen Blutes wird durch den Trocar abgelassen und die Cavität irrigirt; alsdann Hymen und Septum nach unten bis an die Fourchette gespalten, ebenso das Septum nach oben. Hymen und Septum zusammen entfernt mit der Scheere und die Ränder durch Seidennaht vereinigt und dick mit Bismuthum subgallatum bestreut. In die Scheide wurde ein kurzer Bozeman's Dilatator eingeführt, dessen vorderes Ende dicht vor die Wunde kam. Die so entstandene Höhle (dilatirter introitus vaginae) wurde mit Jodoform-Gaze gefüllt und ein T-Verband angelegt. Ruhe für einige Tage im Bett. Heilung erfolgte per primam intentionem. Keine Narbencontraktion.

Arbeiterin.

II. Mary P. Aet. 19. Schmächtiges Mädchen französischer Abkunft. Seit einigen Jahren nahm der Umfang des Leibes stetig zu, bis er zuletzt das Aussehen einer Gravida in der zweiten Hälfte erreichte. Unterleibsschmerzen, Constipation und Polyuria waren beständig vorhanden und nahmen periodisch zu. Appetitmangel und Indigestion beeinträchtigten die Ernährung. Seit langer Zeit hatte die Kranke der Reihe nach die volksthümlichen und geheimen Emmenagogica gebraucht bis der Leibesumfang rapide zunahm und Neuralgien im Bereich des Nervus obturatorius und Oedem der Knöchel ihren Zustand unerträglich machten, hiezu kam die geistige Depression erschwert durch die steten Zweideutigkeiten ihren Genossinnen.

Körper normal entwickelt. Schamhaare. Vulva normal. Unterleib durch weiche, elastische Geschwulst ausgedehnt.

Nähere Untersuchung zeigte an Stelle der Vagina einen ca. ein Zoll tiefen, engen cul-de-sac, dicht unter dem Orificium urethrae. Vom Rectum aus etwa 3 Zoll über dem After konnte eine fluctuirende Geschwulst wahrgenommen werden. Der Uterus konnte nicht erreicht werden. Diagnose: Haematokolpos infolge Gynatresia durch partielles Fehlen der Vagina.

Operation nach beschriebener Methode. Das Blut war dick und theericht und verlangte reichliche Irrigation. Durch Palpation durch den Kanal konnte bemerkt werden, dass der Verschluss an der vorderen Wand geringer war. Seitliche Einschnitte vom Kanal aus und Abtragung der erhabenen Lappen schaffte eine weite Oeffnung mit glatten Rändern. Der obere Ring wurde mit dem unteren vernäht. Das Herabziehen der Vaginalwand an der vorderen Seite machte nur wenig Schwierigkeit, während die hintere Wand nur nach einem der Abtragung parallelen Schnitte herabgezogen werden und vernäht werden konnte. Die Wunde wurde dick mit Bismuthum subgallatum bestreut und ein Leonard's Speculum eingeführt, das zugleich die Vagina dilatirt erhielt und der Behandlung zugängig machte. Die Heilung erfolgte ohne Unterbrechung und eine geräumige, brauchbare Scheide ist das Resultat; allerdings ist durch den bedeutenden Substanzverlust an der hinteren Wand und durch die plastische Bekleidung eine starke Spannung auf das Perineum ausgeübt worden und die Fourchette erscheint etwas in die Höhe gehoben. Dieses jedoch beeinflusst die Function des Rectums in keiner Weise und dürfte auch kaum den Sexual- und Reproductionsfunctionen ein Hinderniss ent gegenstellen. Reflex-Symptome verschwanden.

III. Mrs. Anna B., alt 32. Zwei Kinder, jüngstes 14 Monate zur Zeit der Operation. Frei von venerischer Geschichte. Die Frau klagte über Blutabgang aus den Genitalien. Hat seit der Geburt des jüngsten Kindes nicht menstruirt, doch glaubte sie sich in Folge zunehmenden Leibes umfanges schwanger. Hatte vor einiger Zeit beim Lüften eines Waschfasses Abgang von Blut bemerkt und blutet nun seit einigen Tagen tropfenweis. Da ihre erste Schwangerschaft durch

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