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Körperstellen huldigt der Chirurg dem alten Spruche: Ubi pus, ib evacua! Mit Bezug auf den Prostataabscess hat er dies durchaus nicht gethan. Man verordnete und verordnet noch heute Blutegel, heisse Sitzbäder, Kataplasmen an den Damm. Man führte den SilberCatheter, oft in Narkose, an der entzündeten Drüse vorbei in die Blase, um so auf mechanischem Wege den Durchbruch des Abscesses nach der Harnröhre zu erzwingen. Man spaltete den sphincter ani und wartete nun ab, dass sich der Eiter nach dem Mittelfleisch hin Luft mache. Incidirte man, so geschah es meist und geschieht von vielen Chirurgen noch bis auf den heutigen Tag durch einen Einschnitt vom Mastdarm her. Es unterliegt nach meiner Ansieht keinem Zweifel, dass diese letztere Methode speciell in unsere heutige Zeit nicht mehr hineinpasst. Sie verträgt sich nicht mit den Lehren der antiseptischen Chirurgie. Um so mehr nicht, als die Spaltung der Mastdarmwand durchaus nicht ohne Gefahr ist. Sie schafft eine für den Abfluss des Eiters fast stets ungenügende Oeffnung, bedingt die Gefahr der Verletzung grösserer Gefässe, verhütet nicht einen zweiten Durchbruch des Abscesses nach der Harnröhre hin und lässt, wie schon bemerkt, vor allen Dingen die antiseptische Behandlung nicht zu. Die Methode ist mit einem Worte,,unsicher". Giebt es einen anderen, den Mastdarm vermeidenden, sichereren Weg, so muss er eingeschlagen werden. Nun, meine Herren, dieser Weg ist vorhanden. Er ist gebahnt und geebnet durch VON DITTEL in Wien. Schon im Jahre 1874 wies VON DITTEL in einem kurzen Aufsatze nach,*) dass mit Hilfe eines vor dem Mastdarm kurz vor und parallel mit den Fasern des Musc. sphinter ani externus geführten, halbkreisförmigen Schnittes das Vordringen nach der Vorsteherdrüse eine von dem Chirurgen verhältnissmässig leicht zu lösende Aufgabe sei. Doch seine Worte verhallten. Nicht eine Veröffentlichung von anderer Quelle besagt uns, dass sein Verfahren innerhalb der folgenden zehn Jahre allgemeinere Nachahmung fand.) Erst im Jahre 1885 befürwortete PAUL SEGOND in Paris, ein Schüler Guyon's, wie es scheint unabhängig von DITTEL, dieselbe Operation. Seine Begründung der Operation fusste auf den Lehren der Antisepis. Zwei auf diese Weise operirte und schnell geheilte Fälle hatten den Anstoss zu seiner Veröffentlichung gegeben. Sie wurde von der ,,Société nationale de chirurgie" äusserst beifällig aufgenommen und in die Denkschriften der Pariser chirurgischen Gesellschaft unter dem Titel: „,Des avantages de l'incision périnéale dans le traitement des suppurations prostatiques et périprostatiques," eingereiht. Im Jahre 1889 wies VON DITTEL abermals auf seine Methode hint) und zeigte ihre Vorzüge gegenüber den früheren Methoden an

*) Die Ablösung der vorderen Mastdarmwand. Wiener Med. Wochenschrift, 1874, No. 16.

†) Im Jahre 1877 schrieb Otto Stoll, ein Schüler Dittels, seine Dissertation: ,,Ueber die Pathologie und die Behandlung der Prostata-Abscesse und über ihre perineale Incision."

‡) Ueber Prostata-Abscesse. Wiener Klin. Wochenschrift, 1889, No. 21–23.

einer Anzahl glücklich operirter Fälle. Es folgte im vorletzten Jahre J. L. REVERDIN in Genf mit einem diesbezüglichen Aufsatze*) und ZUCKERKANDL mit seinem „,Beitrag zur chirurgischen Behandlung der Prostata-Abscesse" †) ebenfalls aus von DITTEL'S Klinik. In seiner und von Dittels letzter Publikation werden im Ganzen 19 mit typischem Prärectalschnitt operirte Fälle mitgetheilt. Alle Patienten genasen bis auf einen, und der eine starb an eitriger Cystopyelonephritis nach viele Jahre vorhanden gewesener Striktur. Von Dittel bezeichnet die Methode als Mastdarmablösung, weil die pars membranacea und prostatica urethrae durch Ablösung des untersten Mastdarmabschnittes freigelegt werden.

Die Operation ist verhältnismässig einfach und durchaus typisch. Nach gründlicher Vorbereitung des Patienten (Entleerung des Darmes, antiseptische Irrigation des Mastdarmes und hohes Einschieben eines Iodoformgaze-Tampons in denselben) und des Operationsfeldes wird in Narkose und Steinschnittlage, nach v. DITTEL, dicht vor dem anus ein halbkreisförmiger Schnitt durch Haut- und Unterhautzellgewebe geführt. Die Richtungslinie geht parallel den Fasern des äusseren Schliessmuskels. Der Zeigefinger der linken, supinirt gehaltenen Hand kann, wenn gewünscht, die Tiefe des Einschnittes vom Rektum aus kontrolliren. Nun durchtrennt das Messer die Fascia superficialis und in der Mittellinie noch die meist fibröse Vereinigung zwischen musculus sphincter ani und bulbo cavernosus (Rhaphe perinealis). Dann wird es bei Seite gelegt. Das weitere Vordringen geschieht stumpf — mit dem Skalpellstiel oder dem Finger. Oft fast spielend, meist ohne jede wesentliche Blutung, gelangt man, in dem Zellgewebe zwischen Mastdarm und pars membranacea urethrae nach oben hin vordringend, zur Kapsel der Prostata. Der Verlauf der Harnröhre wird am Besten durch ein vor Beginn der Operation durch sie in die Blase eingeschobenes Bougie kenntlich gemacht. Sie wird unter allen Umständen geschont. Den Zeigefinger der linken Hand im Mastdarm, den der rechten auf der Drüse, fühlt man nun bei grösseren Abscessen deutlich Fluktuation.‡) Ist man seiner Sache nicht ganz gewiss, so kann man von der Wunde aus unter Vordrängen der Drüse von hinten her erst noch aspiriren, sonst wird ein spitzes schmales Skalpell oder auch eine Hohlsonde oder eine Kornzange vorgestossen: der Eiter fliesst ab.

*) De l'incision périnéale dans la prostatite suppurée. Revue médicale de la Suisse romande. Janvier, 1891. Kurz davor hatte der jüngere Perrin einen mit Hülfe dieser Incision glücklich operirten Fall von schon in die Harnröhre perforirtem Abscesse in derselben Zeitschrift veröffentlicht. 1890, p. 431.

†) Wiener Klinische Wochenschrift, No. 28 und 29.

‡) Ist der Abscess einseitig, so verlege ich die Hauptlänge des Schnittes auf die eine Seite der Raphe und dringe auch seitlich von der Harnröhre auf die betreffende Hälfte der Prostata vor. Den Querschnitt selbst mache ich meist etwas flacher als v. Dittel. Die Richtungslinie entspricht etwa dem durch die beiden tubera ischii begrenzten Segmente. Die Eröffnung des Abscesses selbst betrifft die ganze Hälfte in senkrechter Richtung.

Die Oeffnung in der Prostata wird nun stumpf durch Aufsperren der Branchen der Kornzange oder mit Hilfe zweier hakenförmig eingesetzter Finger erweitert. Der durch dieselbe eingeführte Finger durchbricht die im Inneren noch stehenden Septa und hilft die bei der folgenden antiseptischen Irrigation der meist grossen Höhle fortgeschwemmten Trümmer der Drüse nach aussen befördern. Ein sanft geführter, grosser, scharfer Löffel leistet zu letzterem Behuf gleiche Dienste. Dann wird bis in die Tiefe der Höhle ein Drain eingelegt, darum herum locker mit Iodoformgaze tamponirt und ein nicht komprimirender antiseptischer Verband mit Hilfe einer T-Binde angelegt. Hatte man manuell alle Zwischenwände durchbrochen und so für primäre, völlige Entleerung der Abscesshöhle Sorge getragen, was dringend anzurathen ist, so fällt nun das Fieber schnell ab. Subjektive und objetive Symptome verschwinden mit einem Schlage. Nach vier oder fünf Tagen wird die Gaze entfernt und unter leichtem Offenhalten der äusseren Wunde mittels Gazestreifens ein feuchter, antiseptischer Verband applicirt. Allmählich kann dann das Drainrohr gekürzt werden. Zu Anfang der dritten Woche steht der Patient auf, nach vier, spätestens fünf Wochen ist Alles geheilt.

Als etwaige Complikationen im Wundverlauf führt Zuckerkandl an: Fortdauer des Fiebers durch Sekretretention oder Bildung eines neuen Abscesses in der Prostata; Abfluss von Harn durch die Wunde während des Urinaktes bei bestehender Kommunikation des Abscesses mit der Harnröhre und, wie in einem Falle beobachtet worden, Nachblutung. Ein neuer Abscess wird gewöhnlich nach der Wunde als dem Orte des geringsten Widerstandes durchbrechen. Wenn nicht, würde man in abermaliger Narkose die Höhle abtasten und unter Leitung des Fingers mit der Hohlsonde der weiteren Ansammlung Abfluss verschaffen. Ein Bespuelen der Wunde mit Urin ist schadlos. Der Seitenkanal wird mit fortschreitendem Schluss der Wunde versiegen.

Ich selbst habe innerhalb der letzten 18 Monate fünf Patienten wegen Prostata-Abscess auf die beschriebene Weise operirt. Davon hatte sich einer nach chronischer Gonorrhoe entwickelt, zwei waren idiopathisch entstanden, zwei betrafen tuberkulöse Patienten. Ich will sie in aller Kürze in chronologischer Folge hier anführen :

Fall 1. B. S., 27 Jahre alt, unverheirathet, hat nach einem wegen schwerer Erkältung spät am Abend des 15. Februar letzten Jahres genommenen heissen Bade Nachts tüchtig geschwitzt und im Laufe des folgenden (Sonntag) Morgens in Folge verschiedenen Besuches in dem einzigen von ihm bewohnten Zimmer keine Gelegenheit, seiner vollen Blase Erleichterung zu verschaffen. Als er endlich am Mittag aufsteht, ist er unfähig, zu uriniren. Nur ein paar Tropfen passiren unter grossen Schmerzen. Wiederholte spätere Versuche sind gleichfalls ohne Erfolg. Der alsbald hinzugerufene Arzt untersucht weiter nicht, verschreibt innerlich. Patient hütet nun das Bett. Urin läuft dauernd ab (Ischuria paradoxa); spannendes Gefühl im Leibe. Sechs Tage später Aufnahme auf die innere Abtheilung des Deutschen Hospitals.

Man konstatirt: Vorgeschichte bezüglich Gonorrhoe, Tuberculose, Lues negativ. Puls, Temperatur normal. In der unteren Hälfte des Abdomen eine median gelegene, den Nabel nach oben überschreitende, fluktuirende Schwellung, deren Natur durch den eingeführten Katheter schnell festgestellt wird. Mehr als zwei Quart Urin laufen ab. Wiederholte Blasenausspülungen werden angeschlossen, die Beschwerden dadurch aber nicht gemindert. Harndrang ist dauernd vorhanden. Ausstrahlende klopfende Schmerzen nach dem Mastdarm und Damm. Temperatur ab und zu bis 103°. Der in's Rektum eingeführte Finger fühlt die rechte Prostatahälfte stark geschwollen, weich, fluktuirend, auf Druck äusserst empfindlich. Bei sanftem Ausstreichen entleert sich aus der Harnröhre kein Sekret. Patient wird auf die chirurgische Abtheilung verlegt und am 27. Februar operirt. Steinschnittlage. Transversale Incision, mehr die rechte Seite einnehmend. Ein kleiner Längsschnitt in der Raphe wird hinzugefügt. Die Wunde ist dadurch umgekehrt ankerförmig. (Diese Anordnung des Schnittes hat sich in allen meinen Fällen sehr bewährt. Sie schafft trefflich Raum.*) Die senkrechte Incision wird zum Schluss der Operation wieder vernäht.) Nach der Spaltung der oberflächlichen Schichten, wie oben besprochen, stumpfes Vordringen zur rechten Seite der durch ein einge

*) Besonders hat sich mir diese Schnittführung bei zwei Fällen von perinealer Prostatotomie (Incision, Auskratzung, Tamponade) bewährt, die ich wegen chronischer, suppurativer, jedoch nicht abscedirender, mit nur geringer Vergrösserung einhergehender Prostatitis gonorrhoica in den ersten Monaten dieses Jahres ausführte. Es will mir scheinen, als könnte die DITTEL'Sche Operation für diese oft so langwierige und nicht selten arge Beschwerden machende Krankheit als radikales Mittel mit Vortheil verwandt werden. Einer der beiden eben erwähnten Fälle wurde auf diese Weise völlig geheilt. Bei ihm, einem jungen Manne von 26 Jahren, war immer eine circumscripte, bei rektaler Palpation etwa zeigefingerkuppengrosse, weiche Stelle an der hinteren Fläche des linken Prostatalappens auf Druck besonders schmerzhaft und, wie es schien, entleerbar. Bei der oben näher beschriebenen UntersuchungsMethode war das zuletzt gelassene Spülwasser leicht getrübt. Beim Einschnitt der Prostatakapsel fand sich jedoch kein Eiter in irgend erheblicher Menge; das Drüsengewebe aber war ausserordentlich weich, brüchig und leicht mit dem scharfen Löffel an einzelnen Stellen auszuräumen. In gewissen Fällen würde die gründliche Zerstörung des erkrankten Drüsengewebes mit dem Paquelin noch hinzugefügt werden können. Mein zweiter Fall ist mir bisher nicht wieder zu Gesicht gekommen. Dort hatte sich im Anschluss an die Operation (März 1892) eine sehr hartnäckige und schmerzhafte einseitige Epididymitis (recidiva) entwickelt, die entschieden Verdacht auf Tuberkulose erregte. Patient wollte von einem weiteren Eingriffe Nichts wissen. Wie ich vor Kurzem durch Zufall erfuhr, suchte er letzthin in einem der hiesigen Dispensaries Hülfe,, wegen Incontinenz".-Selbstredend würde die Indikation zu diesem Eingriffe bei der Prostatis chronica nur dann zu Recht bestehen, wern die Beschwerden sehr arg und zuvor mit allen anderen bekannten therapeutischen Mitteln versucht worden ist, die noch nicht zu einem grösseren Abscesse zusammengeflossenen, eiternden Drüsenschläuche zur Ausheilung zu bringen.

schobenes Bougie kenntlich gemachten Harnröhre. Die Prostata wird auf diese Weise schnell und ohne Blutverlust erreicht. Eine zum Ueberfluss unter Leitung des im Mastdarm befindlichen Fingers gemachte Punktion ergiebt Eiter. Ein spitzes Messer wird nun eingestochen und ein grosser Abscess entleert. Es folgt: Stumpfe Erweiterung der Oeffnung, Trennung der die Abscesshöhle in den verschiedensten Richtungen durchziehenden bindegewebigen Septa mit dem eingeführten Finger, bis eine glatte Höhle vorliegt. Keine Kommunikation des Abscesses mit der Harnröhre. Irrigation; Einlegen eines Drains; lockere Jodoformgaze-Tamponade; Verband. Verlauf ausgezeichnet. Noch am selben Abend kann Patient spontan uriniren. Erster Verbandswechsel am fünften Tage. Tampon entfernt. Drain wird langsam gekürzt. Am 1. April wird Patient mit geheilter Wunde vollkommen wiederhergestellt entlassen. Untersuchung am 7. April: Patient urinirt ohne Schmerzen. Harn klar. Rechter Prostatalappen klein, auf Druck nicht empfindlich. Auch der linke nicht vergrössert.

Fall 2. D. H., 57. Früher stets gesund; angeblich niemals gonorrhoisch oder spezifisch infizirt. Leidet schon seit circa 2 Jahren an zeitweiligen Beschwerden beim Wasserlassen, die sich unschwer auf eine vorhandene Prostatahypertrophie zurückführen lassen. Anfang März dieses Jahres, angeblich nach einem Trunke sehr kalten Bieres, plötzliche Unfähigkeit Wasser zu lassen. Vom Arzte Nachts katheterisirt. Am nächsten Tage dieselben Erscheinungen. Viele Schmerzen. Wegen weiter bestehender Retention Aufnahme ins St. Peter Hospital zu Brooklyn. Behandlung daselbst symptomatisch. Am 21. März Ueberführung ins hiesige Deutsche Hospital unter den Erscheinungen der Ischuria paradoxa. Prostata vergrössert, aber wenig schmerzhaft. Kein Fieber. Nach 9tägiger regelmässiger Blasenspülung urinirt Patient wieder selbst und wird auf Wunsch entlassen. Drei Tage später Wiederaufnahme wegen der alten Beschwerden. Es hat sich mässiges Fieber eingestellt. Prostata auf Druck deutlich empfindlich und elastisch, speziell in ihrer linken Hälfte, dabei entleert sich dünnflüssiger, missfarbener Eiter aus der äusseren Harnröhrenöffnung. Am 4. April Mastdarm-Ablösung in Narkose. Entleerung einer grossen Menge Eiter. Digitale Zerreissung der die Wundhöhle durchziehenden bindegewebigen Septa. Drainage und Tampon wie im vorigen Falle. Gaze erst nach 8 Tagen entfernt, um der zwischen Prostatahöhle und hinterer Harnröhre bestehenden Kommunikationsöffnung Gelegenheit zur Heilung zu geben. Es entleert sich sämmtlicher Harn per urethram. Ungestörter Wundverlauf. Am 5. Mai, vier Wochen nach der Operation, geheilt entlassen. - Untersuchung am 14. Mai: Linke Prostatahälfte entschieden kleiner als die rechte. Patient urinirt circa alle drei Stunden ohne Beschwerden, Nachts ein bis dreimal.

Fall 3. Herr S. E., 36, wurde von mir vor 9 Jahren an einer akuten prostatitis gonorrhoica behandelt. Dieselbe ging damals auf symptomatische Behandlung langsam zurück. Eine Striktur der pars mem

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