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den Diphtherie und war acht Tage schwer krank. Eine fernere Beobachtung ist die, dass Kinder, welche öfter an Diphtherie erkrankten, auch in der krankheitsfreien Zeit eine mehr als normal geröthete Schleimhaut des Rachens darboten. Nach längerem Gebrauch der Nasenrachentoilette wurde und blieb die Schleimhaut blasser, als zuvor.

Das individuelle Schutzverfahren, welches nach meiner persönlichen Erfahrung praktisch ausführbar ist, wäre das Folgende: Kinder, welche in Gegenden wohnen, woselbst Diphtherie endemisch ist, sollten vom neunten Monate an zweimal täglich einen Theelöffel voll lauwarmer Kochsalz- oder Borsäurelösung mittelst Löffels bei offenem Munde in der Rückenlage in die Nase eingeträufelt bekommen. Je nach Indication können andere Flüssigkeiten benutzt werden. Bei sehr jungen Kindern scheint die Nasenrachentoilette wegen der Seltenheit der diphtheritischen Infection überflüssig.

Zur systematischen Reinigung des Rachens und der Mundhöhle eignet sich der Spray oder das Gurgeln; das frühzeitige Erlernen des Gurgelns ist für Kinder von Wichtigkeit. Forcirte Einspritzungen in die Nase sind zu verwerfen. Niemals habe ich Otitis media als Folge der von mir empfohlenen Massregel des Eingiessens in die Nase bei offen gehaltenem Munde beobachtet, ich neige sogar zu der Ansicht, dass die Nasenrachentoilette bei acuten Infectionskrankheiten die Gefahr einer Otitis media vermindert.

Bei Vorhandensein von cariösen Zähnen, adenoiden Vegetationen, sehr grossen Tonsillen, ist das prophylaktische Verfahren weniger zufriedenstellend, als bei Fehlen obiger Zustände. Cariöse Milchzähne der Kinder sollen deshalb extrahirt oder gereinigt und plombirt werden, und obstruirende Hypertrophien im Nasenrachenraum müssen operativ entfernt werden.

Nachträglich sind mir noch zwei Mittheilungen über die Prophylaxe der Diphtherie zu Gesicht gekommen, welche meine Schlussfolgerungen wesentlich bekräftigen und unterstützen. Dr. JOHANSEN berichtet in der St. Petersburger Med. Wochenschrift, dass er seit Jahren in seiner Praxis die prophylaktischen Einträufelungen von schwacher Kalihypermanganicum-Lösung bei Kindern empfehle. Er lässt die Lösung Abends vor dem Schlafengehen einträufeln und ist persönlich fest davon überzeugt, dass dieses Verfahren die diphtheritische Infection zu verhindern im Stande ist. Ferner ist mir eine populäre Schrift zu Gesicht gekommen,,Ueber die Verhütung der Diphtherie" von Dr. ZIEM in Danzig 1887, welcher behauptet, dass die Eiterung der Nasenschleimhaut zur Erkrankung des Rachens und der Mandeln die Veranlassung abgeben könne. Er sucht die Disposition zur Diphtherie in einer bestehenden Erkrankung des Nasenrachenraumes und empfiehlt als Prophylaxe der Diphtherie die operative Behandlung des Nasenrachen-Catarrhs oder die Durchspülung des Nasenrachenraumes mit unschädlichen Flüssigkeiten. Er giebt nicht an, welcher Art von Flüssigkeiten er sich bediente, sagt jedoch zum Schluss, dass er Beispiele aufführen könne, wo früher öfter aufgetretene Halsentzündungen nach

regelmässiger, Tag für Tag wiederholter Ausspülung und Säuberung der Nasenhöhle vollständig ausgeblieben waren.

Résumé.

1. Die Verhütung der diphtheritischen Infection lässt sich durch gewisse prophylaktische Massregeln praktisch durchführen.

2. Um dieses zu erreichen, ist die tägliche Inspection der Schulkinder erforderlich und ausführbar.

3. Bei der Unzulänglichkeit der municipalen Ueberwachung tritt die individuelle Local-Prophylaxe in den Vordergrund.

4. Eine gute und wirksame Prophylaxe besteht in einer regelmässigen, Tag für Tag fortgesetzten Nasenrachentoilette mittelst schwacher antiseptischer Lösungen. (Mechanische Antisepsis.)

5. Katarrhalische und hyperplastische Processe des Nasenrachenraums, sowie cariöse Zähne begünstigen die diphteritische Infection und erfordern energische Behandlung.

6. Die Nasenrachentoilette ist indicirt

1. bei gesunden Kindern nach dem 9. Monat, speciell bei Kindern, die der diphtheritischen Infection ausgesetzt sind, und

2. in jedem Fall von Nasenrachenkatarrh, Keuchhusten, Scharlach und Masern und vor und nach der Tonsillotomie.

185 2d Avenue.

II.

Ein Wort über Appendicitis acutissima!

Meine Herren!

Von

Dr. F. LANGE.

Eine kleine Abhandlung über Perityphlitis aus dem Jahre 1891 (März-Nummer der New Yorker Med. Monatsschrift) schliesse ich mit den Worten: „Hätten wir nur ein Mittel, die diffusen, septischen Fälle so früh zu differenziren, dass wir rechtzeitig dagegen einschreiten könnten, so würden wir der Krankheit in allen ihren Intensitätsgraden siegesgewiss entgegentreten können." Wenn wir dessen eingedenk bleiben, dass es sich in diesen extremen Fällen um Vergiftungszustände handelt, bei denen proportional der gesteigerten Aufnahme des Giftes die Gefahr für das Leben wächst, so wird es, theoretisch gedacht, einen Zeitpunkt geben, in welchem eine Operation die Lebensgefahr beseitigen kann, wenn sie die weitere Einverleibung des Giftes verhindert, und der operative Angriff an sich keine unmittelbar deletären Folgen hat. Es ist der Zweck der folgenden Demonstrationen und der sich daraus ergebenden Consequenzen, Ihnen die ganze Wichtigkeit der Wahrnehmung dieses richtigen Zeitpunktes darzulegen. Vielleicht werden Sie, gleich mir, die Ueberzeugung gewinnen, dass genaue und gewissenhafte Beobachtung und rechtzeitiges energisches Einschreiten uus doch oft in die Lage setzen kann, mit Erfolg diesen schweren Formen zu begegnen.

Fall I. Am 1. Februar erkrankte der bis dahin gesunde und kräftige 17-jährige Sohn unseres Collegen J. AscH mit Leibschmerzen in der Magengegend. Es bestand Brechreiz mit Würgebewegungen aber ohne eigentliches Erbrechen. Puls und Temperatur waren bis zum Abend normal. Man nahm eine einfache Indigestion als Ursache an.

Nachts um 4 Uhr Schüttelfrost, dabei Temperatur in recto 101,2, Puls 140. Nach einer Morphininjection Abfall des Pulses auf 100, wogegen die Temperatur auf 102 stieg. Gegen 9 Uhr früh abermals leichterer Schüttelfrost. Temperatur 103. Um 11 Uhr Vormittags, also 8 Stunden nach der ernsteren Erkrankung, sah ich den Patienten. Er hatte bei einer Temperatur von 103) einen Puls von 120. Die Gegend des Appendix und nach dem Rande des kleinen Beckens hin war sehr mässig druckempfindlich. Subjective Klagen sehr gering. Abdomen nicht aufgetrieben. Der Fall sah mir bedenklich aus und ich

Anmerkung. Nach einem mit Demonstrationen einschlägiger Präparate verbundenen Vortrage in der Sitzung der Deutschen Medicinischen Gesellschaft vom 5ten Februar 1894.

sah ihn eine Stunde später wieder. Die Temperatur war auf 104, der Puls auf 140 gestiegen. Seine Resistenz war bei mässig hoher und spitzer Welle minimal. Der Patient klagte fast gar nicht.

Die Laparotomie wird beschlossen und um 3 Uhr ausgeführt. Der Wurmfortsatz ist lang und verdickt, sehr prall. In seiner unmittelbarsten Umgebung einige Tropfen dünnen Eiters, sonst das Peritoneum überall trocken, aber soweit man es übersehen kann, überall hochroth injicirt und die Gefässe stark erweitert. Amputation des proc. vermif. in der üblichen Weise. Verkohlung des Stumpfes. Lockere Tamponade. Wunde ganz offen gelassen. (Nachtrag. Schluss der Secundärnaht am 5ten Tage nach Entfernung des Tampons. Vollständige Entfieberung am Sten Tage. P. nach Ablauf der dritten Woche ausser Bett und heil.)

Der entfernte Appendix zeigt sich mit übelriechendem Eiter gefüllt. Die Schleimhaut nur auf eine kleine Strecke von der Ligaturstelle erhalten, stark gelockert und geschwellt, im Uebrigen zerstört und offenbar in dem dicken Eiter zum Theil aufgegangen. Ausgedehnte Necrose der submucösen und serösen Schicht, an einzelnen Stellen ist letztere noch vascularisirt und anscheinend lebensfähig. Keine Perforation. Ins Klinische übersetzt heisst das: Schwere Sepsis kann ohne Perforation des Appendix eintreten. In einem Falle wie der vorliegende jedenfalls durch die nekrotische Wand hindurch. Die Operation wurde 11 Stunden nach dem initialen Schüttelfrost ausgeführt, welcher mit der septischen Infektion zusammenfällt. Schon am Tage vorher muss der pathologische Vorgang im Appendix in vollem Gange gewesen sein. Erst das Fortschreiten der Necrose auf die Serosa und die Möglichkeit der Giftwirkung durch diese leblose Wand hindurch führte dann zu ernsten Erscheinungen. Die Peritonitis war jedenfalls im ersten Beginn. Hätte sie von dem Appendix aus nur wenige Stunden länger Zündstoff bezogen, öder wäre es gar zu einer Perforation gekommen, welche gewiss drohte, so war der Patient aller Wahrscheinlichkeit nach verloren. Gerade die relative Schmerzlosigkeit bei einem Puls von 140 und Temperatur von 104 zeigte, dass ein schweres septisches Agens auf den Organismus wirkte, dessen Verbreitung zu verhindern eine sofortige Operation angezeigt war.

Fall II. Ein robuster Kaufmann von einigen dreissig Jahren, welcher nach der üblichen Landessitte viel an Verstopfung gelitten hatte, war am 28sten Dezember Abends noch wohl, erwachte aber am 29sten früh mit Leibschmerz, hatte Stuhldrang, konnte denselben aber nicht befriedigen. Der Schmerz wurde stärker. Um 11 und 3 Uhr wurde in Abwesenheit des Hausarztes, Dr. GLUECK, von Dr. STEIN Morphin subcutan gegeben. Um 9 Uhr fand Dr. GLUECK den Patienten mit heftigen Schmerzen rechts oberhalb des lig. Poupartii. Temperatur 102. Puls 96. Um 10 Uhr Frost. Temperatur 104). Puls 144. Tympanites. Schmerz mehr diffus. Ich werde consultirt und wir beschliessen sofortige Laparotomie. Familienrath, Testaments-Aufnahme etc. gestatteten die Operation erst gegen 12 Uhr. Der sehr aufgeregte

Kranke betonte wiederholt, dass er jetzt keinen Schmerz mehr habe. Verzweiflungsvolle Familienscenen.

Beim Anschneiden des Peritoneum entleeren sich einige Theelöffel trüben, serösen Eiters. Der Appendix ist enorm lang und dick, reicht bis ins kleine Becken, ist von eiterig seröser Flüssigkeit umgeben. Nirgends Adhäsion der Därme. Mesenteriolum sehr brüchig, sodass Ligaturen durchschneiden. Appendix dicht am Coecum abgetragen. Auch hier sieht das Gewebe krank aus. Die Untersuchung des Appendix ergab, dass die Schleimhaut in ganzer Ausdehnung abgestossen Sie war jedenfalls in dem eiterig pulpösen Inhalt aufgegangen, Nur in der äussersten Spitze war noch ein kleiner Schleimhautrest erhalten, welcher sich scharfrandig gegen den gangränösen Defekt absetzte. An dieser Grenze befindet sich eine ganz feine PerforationsOeffnung. Die ganze Serosa grau gesprenkelt, entsprechend der inselförmig sich durch die Dicke der Wandung markirenden Necrose.

war.

Nachtrag. Trotz complicirten Verlaufes, (nekrotisirender Stellen am caput coli, welche zu Kothfisteln führten und wiederholt Darmnath erforderten, mit übrigens nur theilweisem Erfolg, sehr allmäligem Abklingen der septischen Allgemein-Infection) ist Patient genesen. Auch die Kothfistel scheint sich definitiv geschlossen zu haben.

In diesem Falle wurde die Laparotomie etwa 18 Stunden nach dem Beginn lebhafterer Beschwerden ausgeführt. Der Schüttelfrost fiel wahrscheinlich zusammen mit der Perforation des gangränösen Appendix. Bei der Schwere der Symptome und dem zweifellosen Beginn eines diffusen peritonitischen Prozesses war sofortige Laparotomie indicirt. Dieselbe kam noch früh genug, um eine verhängnissvolle Ausbreitung des Prozesses zu verhüten. Sehr lästig war in den ersten Tagen nach der Operation häufiges Aufstossen und Erbrechen fast schwarzer Massen. Bei einer Magenspülung prolabirte eine grosse Darmschlinge trotz Tamponade der Wunde. Sie wurde prompt reponirt und ernstere Folgen hatte dieses Ereigniss nicht.

Fall III. Das sechsjährige Töchterchen meines Nachbarn Herrn H. wurde am 6. Januar von dem Hausarzte Dr. GLUECK gesehen. Es war Erbrechen dagewesen. Temperatur und Puls waren normal. Leib kaum empfindlich. Abends 6 Uhr Temperatur 101 Puls 96. Schmerz rechts in der regio coecalis. Abends 10 Uhr Temperatur 101. Allgemeinbefinden sehr gut. Am folgenden Morgen war die Temperatur normal, Puls kaum beschleunigt, trotz eines etwas lebhafteren Schmerzes in der rechten Lumbalgegend.

Um 4 P. M. werde ich consultirt. Die Temperatur war auf 102, Puls auf 112 gestiegen. Wir finden leichte Resistenz und Schmerz in der Gegend des Coecum und aufsteigenden Colon und diagnosticiren einen circumscripten peritonitischen Prozess, hauptsächlich an der Hinterfläche des aufsteigenden Colon. Uhr 5 Uhr trat Erbrechen ein, gefolgt von Collaps und einer ominösen Verschlechterung des kaum zählbaren Pulses. Laparotomie um 8 Uhr. Ganz rapide hatte sich ein Erguss entwickelt, wie vor der Operation festgestellt werden

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