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EDITORIELLES.

Von Brooklyn, der Stadt von der alle Proteste kommen, erhalten wir die Anzeige (Times, April 24, 1894), dass eine Missgeburt das Licht der Welt erblickte, genannt Anti-Compulsory Vaccination League of Brooklyn. Eine Dr. ALICE CAMPBELL, die übrigens im Medical Register 1893 nicht auffindbar ist, soll eine der thätigsten Organisatoren der Bewegung sein. In einem Interview lässt sich diese vortreffliche Dame dahin aus, dass das Vorgehen des Gesundheitsamtes den Grundsätzen der amerikanischen Constitution widerspräche, dass die Annahme der Wirksamkeit der Schutzpockenimpfung Sache des individuellen Geschmackes sei etc. Uebrigens sei es nicht richtig, dass nur Homoeopathen in dem Bunde seien, denn sie hätten auch Eclectiker. Tres faciunt collegium!

Besonders angeregt zur Opposition wurden diese Herrschaften durch das kürzliche Vorkommen zweier Todesfälle, die sie der Impfwirkung zuschreiben.

Es kann uns natürlich ausserordentlich gleichgültig sein, wie Leute von solchen Anschauungen und Auffassungsgabe die z. B. zugestandenermassen eine Volkssanitätsregel wegen zweier noch dazu ganz unsicherer Fälle (der Board of Health hat,,Bright's disease" als Todesursache angenommen) anfechten will, über Schutzpockenimpfung denken und wir würden sicher kein Wort darüber verlieren, wenn nicht derartige Bestrebungen von „,Aerzten" immerhin einen unheilvollen Einfluss haben würden auf einen Theil des Laienpublicums von ähnlicher Fassungsgabe. Die Gesundheitsbehörde findet schon ohne derartige thörichte Aufreizungen genügend Widerstand unter den Ungebildeten und Dummen.

Die Frage, ob die zwangsweise Impfung resp. Inhaftirung gesetzlich ist, ist eine ganz andere und wenn Justice Gaynor dieselbe für ungesetzlich erklärt in einem Testfalle (Times, May 6.) so wird das ja wohl richtig sein - aber dann ist es auch höchste Zeit, dass ein Gesetz betr. Zwangsimpfung eingeführt wird. In anderen Ländern, wo nicht ein so constanter Zulauf von Einwanderern aus allen möglichen Ländern mit deren Krankheiten stattfindet, hat es genügt, die Kinderimpfung und Militärimpfung zwangsweise einzuführen. In Deutschland haben Eltern etc., deren Kinder nicht zu den vorschriftsmässigen Zeiten geimpft worden, Geld- oder Haftstrafe verwirkt. Auf wirkliche Schwierigkeiten stossen die Impfbehörden selbst bei den ungebildeten Klassen nur äusserst selten. Dies ist begreiflich, wenn von 17,000 Aerzten im Deutschen Reiche 17 Impfgegner sich genannt haben. Der erzieherische Einfluss des Hausarztes ist hiebei entschieden nicht zu verkennen.

Nur wegen des möglichen verdummenden Einflusses, den impfgegnerische Veröffentlichungen von Seiten von Aerzten auf das Volk haben können, kann man sich nicht mit vollem Genuss den humoristischen Aeusserungen solcher Herren, wie H. BEYER, M. D., Stapleton, hingeben. Derselbe lässt sich im „Deutschen Staten Islander" (3. April '94) mit Weisheitsäusserungen vernehmen wie: „Das Gift (Blatterngift) bleibt dem Körper einverleibt, wird dann die Ursache

vieler chronischer Krankheiten und bedingt ein langes Siechthum geschweige des Elendes, welches durch Uebertragung in der Rose, der Scropheln, der Syphilis u. s. w., erzeugt wird.“

Oder a. a. O.:,Diejenigen, welchen das Wohl ihrer Mitmenschen am Herzen liegt und nicht durch Vorurtheile und Autoritätsglauben geblendet sind, sollten auch die Hand an das gute Werk legen und dazu beitragen, dass auch hier ein solcher oder ein Naturheilverein gegründet, und dass wir unsere Kinder in die öffentlichen Schulen senden können, auch ohne dem entsetzlichen Impfzwang unterworfen zu sein." Und schliesst, wenn auch nicht in sehr gutem Deutsch, so doch mit um so besserer Emphase und innerer gerechter Entrüstung:

,,Die Blatternimpfung, sowie die Tuberkulosenimpfung, die zum Fluche der Menschheit ausgefunden wurde, muss aufhören !"

Die am 8. Mai vollzogene Einweihung des neuen Gebäudes der New York Post-Graduate Medical School and Hospital an der 20ten St. und Zweiten Ave. bedeutet einen wichtigen Schritt der Entwickelung nicht nur für diese Schule selbst, sondern auch für das ganze Unterrichtswesen in diesem Lande. Hier wird es zum ersten Male ermöglicht, in grösserem Maasstabe wirklich klinischen Unterricht am Krankenbette zu geben, was dem Studenten an den medicinischen Colleges bekanntlich gar nicht oder nur in äusserst geringem Maasse geboten wird. So lange die eigentlichen medicinischen Unterrichtsanstalten nicht mehr leisten, sind die hier ausgebildeten Aerzte wirklich mehr oder weniger auf ähnliche Anstalten angewiesen, und jeder Fortschritt derselben nach aussen oder in der inneren Entwickelung muss deshalb von jedem mit Interesse und Freude begrüsst werden, dem die Ausbildung und die damit in geradem Verhältniss stehende Werthschätzung des ärztlichen Standes am Herzen liegt.

OTTO G. T. KILIANI,

REFERATE.

Augenheilkunde.-Referirt von Dr. E. FRIDEnberg.

1. Cocaine Poisoning. Report of a Case with alarming Symptoms. By Dr. Albert R. Barker. (American Journal of Ophthalmology, Nov. 1893.)

Behufs Operation einer Strictur des Ductus ad nasum wurden im Ganzen 8 Tropfen einer 6-prozentigen Cocainlösung, theils in das Auge, theils in den Thränensack eingeführt. Auf die letzten 3 Tropfen fing Patientin an zu deliriren und verlor bald unter klonischen Zuckungen der Extremitäten die Besinnung. Die Krämpfe hielten über 2 Stunden an. Athmung beschleunigt; Gesicht geröthet. Puls beschleunigt, unregelmässig, variirend, niemals sehr schwach. Salmiakgeist und Amylnitrit,,per nasum," Cognac subkutan ohne Wirkung. Besinnungslosigkeit wich und folgte maniakalisches Delirium, welches 6 Stunden anhielt und während welchem 3 Wärterinnen nöthig waren, um die Patientin zu bändigen. Sobald Patientin schlucken konnte, wurden Spts. Ammon, aromat. und starker Kaffee innerlich gegeben und Aetherinhalationen von Zeit zu Zeit angewendet. Die Patientin schlief wenig während der Nacht, befand sich aber am folgenden Morgen wohl.

2. The Spectacle Treatment of Hypermetropia. By Boerne Bettmann, M. D. (North American Practitioner.)

Nach Feststellung der latenten Hyperopie durch Atropin oder Homatropininstillation lehren gewisse Autoritäten, dass die ganze latente Weitsichtigkeit sofort durch ein passendes Glas zu korrigiren ist, während Andere ebenso dringlich darauf bestehen, dass nur die manifeste Weitsichtigkeit und ein Viertel der latenten zu korrigiren sind, oder die manifeste +0.5 D. Verfasser bekämpft (mit Recht) dieses Schematisiren und glaubt, dass der Comfort des Patienten die Richtschnur abgeben muss. Er verschreibt deshalb dasjenige Glas, das der Patient bequem verträgt, wenn nach dem Gebrauche eines Mydriaticums der Akkommodationsmuskel eben wieder seine Funktionsfähigkeit wiedergewonnen und der Patient feinen Druck auf 12 Zoll lesen kann.

,,Diese Methode," sagt er,,,ist zugleich human und praktisch. Der Weitsichtige wird mit einem Male von seinen Beschwerden befreit und kann mit seiner Arbeit fortfahren. Optiker, denen das Gesetz den Gebrauch von Atropin verbietet, verdanken gerade dieser Restriktion ihre vielen Erfolge in der Correction weitsichtiger Augen. Die Correction des manifesten Fehlers ist in 90 Procent aller Fälle der Totalcorrection vorzuziehen."

3. Affections of the Eye apparently dependent upon Uterine Derangement. By Richard H. Derby, M. D. (New York Eye and Ear Infirmary Reports, Vol. II, P. 1, p. 12.)

4 Fälle, in welchen der causale Zusammenhang zwischen Anomalien der genitalen Funktionen und Augenaffectionen, wenn auch nicht streng erwiesen, doch sehr nahe zu liegen erscheint.

a) Centrales Skotom bei einem 11jährigen, noch nicht menstruirten Mädchen. Nach 3 Wochen ausgesprochene Neuro-retinitis. In 3 Monaten restitutio ad integrum. Nach einem weiteren Monate erste Menses.

b) Bei einer 23jährigen Virgo, die während der Menstrualperiode durchnässt worden, entwickelt sich unter heftigem, andauerndem Kopfschmerz ein kleines Skotom in der Gegend des blinden Fleckes, welches ophthalucoscopisch auf eine Netzhauthemorrhagie zurückgeführt wird. Patientin bleibt nach der ersten Visite aus.

c) Arterielle Netzhautblutung dicht an und neben dem Sehnerveneintritte bei einem 22jährigen Mädchen, entstanden am Ende der 2ten Woche einer überaus lang andauernden und profusen Menstruation. Nach 2 Monaten complete Heilung.

d) Neuroretinitis und circumscripte Netzhautblutung bei einer 33jährigen Frau, während der Menses unter heftigen Kopf- und Augenschmerzen auftretend. Nach 2 Monaten centrale Sehschärfe normal, persistirendes Skotom.

4. Sudden Monocular Blindness Lasting Two Months Without Ophthalmoscopic Changes; Autopsy. By Peter A. Callan, M. D. (Ibidem, page 24.

Bei einer 52jährigen, anscheinend gesunden, stark nervösen Wittwe entwickelt sich im Sommer 1892 nach längeren heftigen Kopfschmerzen am rechten Auge eine partielle Netzhautablösung, während das linke Auge normale Sehkraft aufweist und ophthalmoskopisch keine Veränderungen darbietet. Am 21sten November wurde das linke Auge sehschwach, 4 Tage später blind. Ausser leichter Mydriasis keine

lokalen, ausser Nerviosität keine allgemeinen Störungen (trotz wiederholter Untersuchungen durch Neurologen). In den letzten Lebenswochen Retraktion der oberen Augenlider, beschleunigter Puls. Exitus Jan. 22, 1893, unter Symptomen von Lungenaffektion.

Die Untersuchung des Gehirns ergibt neben Zeichen alter Pachymeningitis an beiden Seiten, Verdickung des linken, Atrophie des rechten Nerven-Optikus 5 rundzellige Gliome, wovon zwei im Verfall begriffen, von der Grösse von „Hickory Nuts,“ und zwar einer im Gyrus Angularis und Cuneus, einer in der weissen Substanz unter dem Cortex, die GRATIOLET'schen Fasern unterbrechend, einer im oberen Seitenlappen, und der Grösste am Kleinhirn.

Bacteriologie.-Referirt von Dr. G. TROJE.

1. Microorganisms and their relations to Disease. By S. M. Mouser, M. D., San Francisco, Cal. Read before the San Francisco MedicoChirurgical Society. (Occidental Medical Times, February, 1894, p. 70 ff.).

Den Vortrag MOUSER'S liest der deutsche Arzt nicht ohne Interesse, weil er auf das Maass bacteriologischer Kenntnisse, die der Verfasser bei seiner Zuhörerschaft, der ,,San Francisco Medico-Chirurgical Society," voraussetzt, einen belehrenden Rückschluss gestattet. Offenbar taxirt der Autor dieselben gleich Null, da er das ABC der Bacteriologie in einer so oberflächlichen Form vorträgt, wie es in Deutschland ungerügt kaum einem Laienpublikum geboten werden könnte. Wohl um den Stoff selbst für eine in bacteriologischen Dingen kindlich ungeschulte Fassungskraft fasslicher zu machen, strotzt der Vortrag von Ungenauigkeiten und stützt er sich auf zum Theil unbewiesene, zum Theil widerlegte Ansichten. Auf Einzelheiten einzugehen erscheint der Mühe nicht werth. Erwähnt mag nur noch werden, dass Verf. am Schlusse seines im Uebrigen recht kritiklosen Aufsatzes sich doch als scharfer Kritiker entpuppt, indem er die pathogenetische Bedeutung der Malaria-Plasmodien in Zweifel zieht (!)

2. Serum or Phagocyte-which? By Henry E. Sanderson, Ph. B., M. D. Assistant to the Chair of Principles and Practice of Medicine, Cooper Medical College, San Francisco, Cal. Read before the San Francisco Medico-Chirurg. Society. (Occidental Medical Times, Febr. 1894, p. 78 ff.).

Dieser Vortrag steht im Ganzen auf einer etwas höheren Stufe als der soeben besprochene. Neue Fakten oder neue Gesichtspunkte bringt derselbe aber ebenfalls nicht bei. Zwischen der Phagocytenund Serum-Theorie entscheidet sich der Autor dahin, dass beide Recht haben. Ein zwar bequemer, aber mit den einander direct widersprechenden Ermittelungen der wissenschaftlichen Vertreter dieser Theorien schwer vereinbarer Standpunkt!

3. Association of Proteus vulgaris with Diplococcus lanceolatus in a Case of Croupour Pneumonia. By Walter Reed, M. D., Surgeon, U. S. A., Curator Army Medical Museum. Read before the John Hopkins Medical Society. (Bulletin of the John Hopkins Hospital, Vol. V., No. 38, March, 1894.)

Verf. berichtet über einen bei hohem Fieber abwechselnd unter Delirium und Stupor verlaufenden, in 8 Tagen zum Tode führenden Fall von Pneumonia cruposa bei einem 28jährigen Soldaten, von

dessen vom siebenten Krankheitstage stammendem Sputum er Deckglaspräparate gefärbt und ein Kaninchen subcutan geimpft, und von dessen hepatisirter Lunge er post mortem (die Section fand 17 Stunden nach dem Tode statt und Verf. erhielt ein excidirtes Stück des erkrankten Organs eine halbe Stunde später) ein Agar-Röhrchen beschickt und ebenfalls Deckglas-Ausstrichpräparate sowie nach Alkohol-Härtung Schnittpräparate angelegt hat. Das Kaninchen bekam an der Injectionsstelle einen Abscess, aus dessen Eiter er den Proteus vulgaris züchtete und auch das von der hepatisirten Lunge beschickte Agargläschen lieferte nach 24 Stunden eine üppige Proteus-Cultur. Ferner giebt Verf. an, nach langem Durchsuchen zahlreicher Schnittpräparate der Lunge vereinzelte Häufchen von Stäbchenbacterien von der Grösse des Proteus vulgaris gefunden zu haben (eine Eigenthümlichkeit des Proteus ist es doch gerade sehr verschiedene Grösse und Form- Unterschiede vom Kokkus bis zu langen Fäden im Verlauf seines Wachsthums aufzuweisen, welche Grösse meint also Verfasser?!)-In den Deckglaspräparaten des Sputums wie des Lungensaftes hatte er nur Diplokokken gefunden, ebenso hatte er zahlreiche Diplokokken in den Lungen-Schnittpräparaten angetroffen. Bei diesem Sachverhalt würde nun wohl ein einigermassen kritischer Beurtheiler ohne weiteres geschlossen haben, dass das zur Verimpfung gekommene Sputum sowohl als das übersandte Gewebsstückchen durch den so ubiquitären Fäulnissorganismus verunreinigt worden sei. Und wenn es sich bei den in den Schnittpräparaten aufgefundenen Bacillen, wie ja möglich, um Proteusansiedelungen handelte, so würde die Anordnung derselben in Häufchen an vereinzelten Stellen des Präparates dem Experten gesagt haben, dass dieselbe für ein post mortales Eindringen des betr. Mikroorganismus spräche. Dem gegenüber weiss der Verf. ganz andere hochinteressante Schlussfolgerungen aus seinen trivialen Funden zu ziehen. Er construirt sich eine merkwürdige Mischinfection zwischen Proteus und Pneumococcus und findet auch gleich in dem, wie erwähnt, im Verlauf der Krankheit auftretenden Stupor, der der gewöhnlichen Pneumonie nicht eigen sei, den klinischen Ausdruck für eine Vergiftung mit Proteus-Toxinen, indem er sich auf Beobachtungen von BooKER stützt, denen zufolge in Fällen von Cholera infantum mit Proteusbefunden im Darmkanal Stupor eins der hervorstechenden Symptome sei. Dass Proteusarten im Darmkanal des Menschen vorkommen und hier unter Umständen wie andere Saprophyten Toxine erzeugen können, die Intoxicationserscheinungen hervorrufen, ist wohl eine bekannte Thatsache. Doch zwischen ihr und dem Versuch des Verf. den Proteus vulgaris zum Infectionsträger für den Menschen zu stempeln, ist doch noch eine weite Kluft, die wohl auch die in Aussicht gestellten Experimental-Untersuchungen des Verf., auf die wir nach Obigem kaum sehr gespannt sein dürften, nicht zu überbrücken im Stande sein werden.

4. Two Cases of Rapidly Progressive Gangrene, in Which Pure Cultures of the Bacillus Pyocyaneus were Found. By George Ryerson Fowler, M. D., Brooklyn, Surgeon to St. Mary's Hospital and the Methodist-Episcopal Hospital. (New York Medical Journal, Feb. 10, 1894, p. 168 ff.)

Von den beiden von FOWLER mitgetheilten Fällen betrifft der eine eine beim Fischreinigen durch Schnitt in den Finger erfolgte Infektion, die zu starker Infiltration sämmtlicher Weichtheile des betreffenden Fingers bis hinauf zur Metacarpalgegend führend am zweiten Tage

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