Imágenes de páginas
PDF
EPUB

Vor allem hat C. Wurster1) über solche Versuche Mittheilungen gemacht. Er will jugendliche, gesunde Respirationsschleimhaut des Menschen durch das wenige Stunden fortgesetzte Einathmen der Verbrennungsproducte des Leuchtgases nicht nur zur Entzündung gebracht, sondern auch kleine Blutergüsse erzielt haben, die nach 24 Stunden oder erst viel später als eitriger Schleim erschienen. Er will öfters durch dreitägiges Einathmen solcher Gasluft die feinen Ergüsse bis in die Bronchien hineingetrieben haben. Die kleinen Blutergüsse machten sich bei jungen, vollblütigen Menschen rascher bemerkbar, dagegen bei Schleimhäuten, die schon erkrankt, dauernd mit zähem, dickem Schleim belegt seien, trete die Einwirkung nicht so lästig hervor; doch finde sie gleichwohl in den Lungen statt, wo die eitrigen Schleimmassen oft lange Zeit unbemerkt liegen blieben. W. nimmt dann an, dass die salpetrige Säure, der er alle diese Wirkungen zuschreibt, in Gegensatz zu schwefliger und Salzsäure die Schleimhaut nicht reize, sondern die Nervenelemente dauernd lähme und tödte, ohne einen Beweis dieser Behauptung anzutreten.

Cramer) glaubt auf seine eignen Versuche hin, die Angaben Wurster's in Zweifel ziehen zu können. Er athmete selbst die Luft eines Zimmers, in dem mehrere Gasflammen brannten, durch den Freiluftathmer, dessen Schlauch durch die durchbohrte Thür geführt war, um die Wirkung von Wärme und Wasserdampf auf den Körper auszuschliessen. Er athmete die Luft nur kurze Zeit ein, um das Geruchsorgan nicht abzustumpfen. Die salpetrige Säure resp. Untersalpetersäure wurde immer zuerst unangenehm empfunden. Cramer hatte das Gefühl der Trockenheit in der Nase, wie bei beginnendem Schnupfen. Sehr bald stumpft sich das Geruchsorgan gegenüber der Wirkung der Säure ab, und man kann die Luft stundenlang weiterathmen ohne Symptome.

Dann setzte Cramer ein Meerschweinchen in eine Glocke,

1) a. a. O. Die Temperaturverhältnisse der Haut u. ihre Beziehungen zu Erkältung u. Katarrh. Berlin. 1887. p. 15.

2) a. a. O.

Archiv für Hygiene. Bd. XV.

16

in die aus dem Abzugsrohr des Blechcylinders (s. o.), in welchem die Leuchtstoffe brannten, die Verbrennungsgase zuströmten. Die Luft war sehr stark verunreinigt. Cramer versuchte, dieselbe zu athmen. Doch musste er sofort von dem Vorhaben abstehen, weil ihn die höchst unangenehme Empfindung auf der Nasenschleimhaut dazu zwang. Am ersten Tage ertrug das Thier ohne andere Symptome als die einer frequenten Athmung die Einwirkung der Verbrennungsgase. Eine ungenügende Zufuhr von O oder CO2-Vergiftung kann durchaus nicht in Frage kommen. Nachts wurde das Thier aus der Glocke genommen und bekam zu fressen. Am zweiten Tage wurde das Thier unruhig, am dritten starb es. Bei der Section zeigte sich beiderseits eine Entzündung der Lungen, »die jedoch nicht weit genug fortgeschritten war, um den Tod zu erklären. Ein anderes Meerschweinchen, das an 5 Tagen immer eine Reihe von Stunden den Verbrennungsgasen ausgesetzt war, wurde getödtet. Es fand sich beginnende lobuläre Pneumonie. Ein drittes, das ebenso mehrere Tage 10 bis 12 Stunden die Gase athmete, blieb gesund, so dass es oft noch zu anderen Versuchen verwendet werden konnte.

Aus den Versuchen Cramer's scheint uns eins mit grosser Deutlichkeit sich zu ergeben: dass in den Verbrennungsproducten des Leuchtgases die salpetrige Säure das hauptsächlich schädliche Element darstellt. Denn bei den beiden Kaninchen, die Cramer secirt hat, zeigen die Veränderungen in den Lungen grosse Aehnlichkeit mit denen, welche man bei Vergiftungsfällen und Thierversuchen mit salpetriger Säure fand. Leider hat Cramer, wie es scheint, das Blut der Thiere nicht auf Methämoglobin untersucht. Jedenfalls ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Blutbefund die mangelnde Erklärung für den Tod des ersten Thieres hätte liefern können.

Wenn nun Cramer, gestützt auf seine Erfahrungen bei jenen Versuchen, die Gasbeleuchtung für relativ unschädlich erklärt, so glaube ich doch, auf die Thatsache hinweisen zu müssen, dass unter dem Einfluss der N Oxydationsproducte eine Schädigung der Respirationsschleimhäute stattfindet, daneben aber höchst wahrscheinlich Methämoglobin im Blute gebildet wird.

Es ist nun nicht anzunehmen, dass diese Einwirkungen, besonders wenn sie sich oft wiederholen, spurlos am Organismus vorübergehen. Es ist vielmehr sehr gut denkbar, dass die Alterirung der Lungenschleimhaut durch die geringen Mengen der salpetrigen Säure, wie sie in den Verbrennungsproducten der Leuchtstoffe sich finden, ein Glied in der Kette der praedisponirenden Momente für die Ansiedlung von Mikroorganismen bildet. Nicht unmöglich ist ferner, dass mit der Methämoglobinbildung eine Minderung der Widerstandskraft des Blutes gegen dieselben Elemente Hand in Hand geht.

Zum Schlusse ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Prof. Dr. Emmerich für die Zuweisung des Themas, wie auch für die liebenswürdige Unterstützung mit Rath und That meinen wärmsten Dank auszusprechen.

Prüfung der ärztlichen Thermometer.

Seit 1885 gibt es im Deutschen Reich eine amtliche Prüfung der ärztlichen oder sogenannten Fieber-Thermometer. Als man sie einführte, wollte man der grossen Unzuverlässigkeit entgegentreten, unter welcher diese wichtigen Instrumente litten, und welche leider zum Theil auch heute noch nicht ganz beseitigt ist. Eine recht stattliche Höhe erreicht die Zahl der Thermometer, welche bei der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt zu Charlottenburg und bei der unter technischer Controle der letzteren stehenden Grossherzoglich sächsischen Prüfungsanstalt für Thermometer in Ilmenau alljährlich zur Prüfung gelangen. Um so bedauerlicher aber ist es, dass selbst heute noch zahlreiche Aerzte über das Wesen dieser amtlichen Prüfungen wenig unterrichtet sind, und diese Unkenntnis es manchen Verfertigern und Händlern von Thermometern ermöglicht, diese gemeinnützige Einrichtung zum eigenen Vortheil in ungehöriger Weise auszunutzen. Die amtlichen Prüfungsstellen versehen nämlich nicht nur die von ihnen untersuchten Instrumente mit einer Aetzstempelung, sondern geben ihnen auch Prüfungsscheine bei, welche durch das aufgedruckte Stempelzeichen des Reichsadlers deutlich als amtliche gekennzeichnet werden. Es kommen aber zahlreiche Thermometer in den Handel, welche einer amtlichen Prüfung nicht unterlagen und gleichwohl mit Prüfungsscheinen versehen sind, nur dass letztere in der Regel vom Verfertiger selbst herrühren, welcher weder die erforderliche Unparteilichkeit, noch auch meistens die für solche Prüfungen nöthige Befähigung besitzt. Dabei wird aber, weil die meisten ärztlichen Thermometer von einem Zwischenhändler und nicht vom Verfertiger gekauft zu werden pflegen, die Scheine jedoch von letzterem ausgestellt sind, vielfach der Glaube erweckt, dass eine Nachprüfung von unbetheiligter Seite vorliegt. Häufig findet sich in den Bescheinigungen, um ihnen scheinbar grösseren Werth zu verleihen, auch die Angabe, die Controle sei mit einem von der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt oder der Kaiserlichen Seewarte oder einer anderen Behörde geprüften Normal ausgeführt worden. Um die Täuschung noch weiter zu treiben, hat sogar kürzlich ein Thermometerverfertiger den von ihm selbst ausgestellten Prüfungsbescheinigungen das genaue Format und die Anordnung der amtlichen Scheine gegeben, so dass der nicht aufmerksame oder wenig erfahrene Käufer leicht in den Glauben versetzt werden kann, einen Schein der letzteren Art vor sich zu haben.

Es liegt uns sehr fern, etwa für die ausschliessliche Benutzung amtlich geprüfter ärztlicher Thermometer hier eintreten zu wollen; wir wissen sehr wohl, dass die amtliche Prüfung eine Kostenerhöhung von wenigstens 50 bis 60 Pf. für das einzelne Instrument bedingt, und dass angesichts der leichten Zerbrechlichkeit der Thermometer ein solcher Mehrbetrag nicht als gering angesehen werden darf. Nur sind wir der Meinung, dass jeder Arzt mindestens ein geprüftes Thermometer besitzen solle, schon um die Richtigkeit der von seinen Patienten gebrauchten Fieber Thermometer controliren zu können. Dann aber ist es nöthig, dass er sich vor Täuschung über den Werth der Prüfungsscheine schützt, und deshalb halten wir es für angemessen, dem mit werthlosen Scheinen getriebenen Unfug entgegenzutreten und den Aerzten dringend anzuempfehlen, als geprüfte Thermometer nur solche zu kaufen, deren Prüfungsbescheinigungen von amtlicher Stelle ausgefertigt und mit dem Stempelzeichen des Reichsadlers versehen sind.

Physikalisch Technische Reichsanstalt, Abtheilung II, Charlottenburg.

Cholera-Studien.

I.

Ueber die intraperitoneale Cholerainfection der Meerschweine.

Von

Prof. Dr. Max Gruber und Reg.-Arzt Dr. Emil Wiener. (Aus dem hygienischen Institute der Universität Wien.)

Bereits auf dem vorjährigen internationalen Congresse für Hygiene und Demographie in London hat der eine von uns einige Mittheilungen über intraperitoneale Infection von Meerschweinchen gemacht'). Die betreffenden Versuche waren durch die bemerkenswerthen Mittheilungen von Hueppe, Hueppe und Wood und besonders von Hermann Scholl) veranlasst worden. Während die früheren Unternehmungen, das zur Erklärung der Krankheitserscheinungen bei Cholera postulirte specifische Gift zu gewinnen, ein recht mangelhaftes Ergebnis gehabt hatten, gelingt es nach den genannten Autoren, die Choleravibrionen durch Cultur in Eiern, also in genuinem Eiweiss und wie sie annehmen bei Luftabschluss, zu reichlicher Bildung heftiger Gifte zu veranlassen und Scholl will ein giftiges Globulin und ein giftiges Pepton aus der Eikultur isolirt haben, welche bei den vergifteten Thieren Symptome hervorrufen, die in hohem Maasse den bei Cholerakranken beobachteten entsprechen. Bei der hohen Wichtigkeit dieser Versuchsergebnisse für die Choleraätiologie schien es geboten, sich selbst von dem Sachverhalte zu überzeugen.

1) Siehe Centralbl. f. Bact. u. Parasitenk. 1892.
2) Prager med. Wochenschr. 1890. No. 44.

Archiv für Hygiene. Bd. XV.

17

« AnteriorContinuar »