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Um also einen wirklich antiseptisch und aseptisch wirkenden Verband zu erhalten, wende ich, wie schon erwähnt, das Thymol pur und in ungelöster Form an. Der hinzutretende alkalische Speichel löst langsam, aber stetig das Medicament auf, und so befindet sich stets eine gesättigte Thymollösung an der kranken Pulpa. Brächte ich eine Thymollösung an die Pulpa, so ist es klar, dass der hinzutretende Speichel diese Lösung sehr bald zu sehr verdünnen und daher unwirksam machen würde.

Legt man ein Wattebäuschchen mit fein gestossenem Thymol in den sanft gereinigten Zahn, so lässt in den meisten Fällen der Schmerz in kurzer Zeit nach. Fällt die Watte heraus oder bleibt sie, nachdem das Thymol gänzlich gelöst, also nur noch ein nicht mehr hinreichend antiseptisches Agens oder gar keins mehr vorhanden ist, so tritt, da wieder neue Reize aller Art Einfluss haben, nach einiger Zeit wieder Schmerz auf, gleichgültig, ob die Entzündung schon ganz geheilt oder nur gebessert war ein Zeichen, dass die Entzündung sich wieder geltend macht.

Ich wende jetzt das Thymol ganz fein zerstossen an, da es grobkörnig sich zu wenig löst und die scharfen Kanten die Pulpa irritiren. Den Verband erneuere ich einige Tage hindurch täglich. Ist der Zahn bei gut sitzendem, täglich gewechseltem Verbande einige Tage ganz schmerzfrei geblieben, so überkappe ich die Pulpa und fülle den Zahn.

Zum Ueberkappen der Pulpa halte ich einen schlechten Wärmeleiter am geeignetsten und nahm früher hierzu thymolisirtes Papier, jetzt verwende ich, da ich einen anorganischen Stoff vorziehe, verfilzte Glaswolle. Dieselbe ist sehr elastisch,

unlöslich und kann nicht faulen.

Ich habe bereits bemerkt, dass Thymol die Pulpa nicht ,,tödtet", es ist demnach klar, dass man in allen Fällen den Zahn, wenn man ihn nicht solide füllen will, wenigstens mit Guttapercha u. s. w. verschliessen muss, um dauernd die schädlichen physikalischen, chemischen und bakteriologischen Einflüsse von der Pulpa abzuhalten.

Ist die Pulpa zum kleinern oder grössern Theile zerfallen, so ist es selbstverständlich, dass das Cavum pulpae von dem Detritus gut gereinigt und dann unter Anwendung von Thymol sorgfältig gefüllt werden muss. Ich fülle die Pulpahöhle gleichfalls

mit thymolisirter Glaswolle an. Eine eigentliche Amputation der Pulpa nehme ich demnach nicht vor, sondern beschränke mich lediglich darauf, die zerfallenen Gewebstheile sanft aber sorgfältig zu entfernen.

Bei vorgeschrittener eitriger Pulpitis, besonders wenn schon eine beginnende Periostitis zu constatiren war, habe ich bei Anwendung von Thymol zuweilen ein sehr rasches Eintreten von Abscessbildung beobachtet. Diese Abscesse sind nach künstlicher Oeffnung und Weiterbehandlung des kranken Zahnes mit Thymol stets überraschend schnell geheilt, worauf ich gefüllt habe. Recidive sind mir bisher nicht zur Kenntniss gekommen.

Der Geschmack des Thymols wird im allgemeinen ganz gut ertragen, besonders wenn ich auf die Ungiftigkeit des Mittels hinweise. Bei der Harmlosigkeit des Thymols pflege ich auch meinen auswärtigen Patienten eine kleine Portion Thymol mit zu geben, um es sich täglich bis zur Wiederkunft in die kranken Zähne zu stecken, mache sie jedoch darauf aufmerksam, nach der Application des Wattebäuschchens den Mund auszuspülen, damit die bei der Manipulation etwa auf die Zunge fallenden Thymoltheilchen nicht brennen und den Patienten ängstlich machen.

Auch empfehle ich bei sehr schmerzhaften Zähnen meinen Patienten, öfters lauwarmes Wasser in den Mund zu nehmen, weil dieses die Lösung des Thymols befördert und dann schneller Linderung eintritt.

Zuweilen macht sich nach dem Füllen nach überstandener Pulpitis ein etwas unbehagliches Gefühl geltend, das aber bald wieder verschwindet. Diese Erscheinung tritt nicht selten überhaupt nach sogenannten antiseptischen Füllungen auf.

Es ist wahrscheinlich, dass andere Antiseptica, welche gleich langsam löslich sind, sofern sie dieselben antiseptischen Eigenschaften in der nöthigen Stärke haben, ähnlich wirken werden, wie das Thymol.

Warum Jodoform nicht so wirkt, wage ich darauf zurückzuführen, dass es sich ganz anders verhält, als Thymol. Dieses hat eine unbestreitbare grosse Neigung, sich direct mit dem Blut zu verbinden, es löst ja die rothen Blutkörperchen auf. Es dringt also ins Gewebe ein. Jodoform dagegen verhält sich mehr passiv, es schützt den kranken Theil nach aussen, verhindert

das Eindringen äusserer septischer Stoffe, ist aber nicht so activ der Wunde gegenüber.

Es liegt auf der Hand, dass ich in Anbetracht der guten Erfolge, die ich bei Pulpitis mit dem Thymol hatte, es nicht unterliess, auch weitgehende Versuche bei Periostitis zu machen. Das Resultat war ein verschiedenes, wie dies bei Behandlung der Periostitis stets der Fall ist. Acute Periostitis als Folge von Pulpitis heilte meist rasch, und es war möglich, den Zahn zu füllen. Zuweilen trat auch hier Abscessbildung mit rascher Heilung ein. Bei Behandlung der chronischen Periostitis mit vorhandenen Zahnfleischfisteln zeigte sich auch Besserung. In solchen Fällen führe ich auch in die Fistelöffnung feines Thymol in Substanz ein, und mehrmals zeigte sich vollständige Heilung. War aber keine Zahnfleischfistel vorhanden und der Zahn schon gehoben, so dass man dass man auf eine dickgewucherte Wurzelhaut schliessen musste, so trat meist trotz der vorsichtigsten Anwendung von Thymol eine derartige Steigerung des Schmerzes ein, dass ich trotz aller verabreichten Narcotica zur Zange greifen musste; gewöhnlich zeigte sich dann der eitrige Appendix an der Wurzelspitze. In Zukunft werde ich, wenn angänglich, mit dem Troicar eine Oeffnung machen, um auch direct an die Wurzelhaut mit dem Thymol kommen zu können.

Ich brauche wohl nicht besonders zu betonen, dass ich das Thymol durchaus nicht als ein Universalmittel gegen jeglichen Zahnschmerz ansehe: ein solches giebt es nicht und wird es nie geben. Der Mensch ist keine Maschine, woran ein defectes Stück einfach durch ein neues ersetzt werden kann, sondern ein sehr complicirter, wenn auch wunderschön gebildeter Organismus, dessen krankhafte Veränderungen, wenn sie scheinbar noch so einfacher oder harmloser Natur sind, zu heilen nicht immer dem menschlichen Wissen und Können unterliegt, indem der Krankheitsprocess trotz der sorgfältigsten Ueberwachung und Pflege aus uns unbekannten Gründen, die nur durch die eigenartige Bildung des Organismus bedingt sein können, weiter fortschreitet, bis er entweder mit der Vernichtung oder Eliminirung eines Theiles oder des Gesammtorganismus endet.

Schmerzloses Nervtödten.

Von

Dr. Wm. Hirschfeld, deutscher Zahnarzt in Paris.

Sobald an uns die Nothwendigkeit herantritt, die Nerven cariöser Zähne zu zerstören resp. zu extrahiren, ist es gleichzeitig die Aufgabe des gewissenhaften Zahnarztes, diese dem Patienten wenig Vertrauen einflössende Operation soviel als möglich schmerzlos auszuführen. Die zu diesem Zwecke am meisten angewandten Mittel sind die Arsenikätzpasten, deren Wirkung zwar unfehlbar ist, indess aber verschiedene Uebelstände mit sich führt, die sich folgendermaassen specificiren lassen:

1) Mehr oder weniger langandauernde Schmerzen, hervorgerufen durch eine Ueberreizung der Blutgefässe der Pulpa durch die Einwirkung des Arseniks.

2) Nothwendigkeit sehr gewissenhafter Handhabung der Paste und genauer Verschluss der Cavität (besonders bei Approximalhöhlen) zur Verhütung von Entzündung des umgebenden Zahnfleischrandes.

3) Gefahr von Periostitis bei wiederholter Anwendung der Paste. Zur Vermeidung der Schmerzen, sowie Verhütung der Zahnfleischirritation empfiehlt Dr. Sachs 1) folgendes Verfahren beim Appliciren der Arsenpaste:

Anlegen des Speichelgummis, schonende Entfernung der cariösen Dentintheile, eventuelle Erweiterung des freiliegenden Pulpaherdes, sanfte Application der Paste in Verbindung mit Carbolsäure, Bedeckung der Application mit einer Papier- oder Metallkappe vor Verschluss der Höhle mit einer provisorischen Füllung. In dieser Weise angewandt, verursacht die Aetzpaste nur geringen oder keinen Schmerz und ermöglicht, nach einigen Tagen die abgestorbene Pulpa mit unbedeutender Empfindlichkeit zu entfernen.

Was sich hauptsächlich gegen dies Verfahren einwenden lässt,

1) Das Füllen der Zähne von Dr. Wm. Sachs, Breslau.

ist die Umständlichkeit der Methode für den Patienten, sowie auch für den Zahnarzt. In Fällen, wo uns der Patient nach mehrtägigem Leiden, hervorgerufen durch Pulpitis, consultirt, kann man denselben nicht noch mit Gummianlegen oder mit Excaviren der erweichten Dentinlagen quälen. Ferner giebt Dr. Sachs selbst zu, dass das Verfahren bei schwierig gelegenen Cavitäten (wie Distalflächen der Molaren) unmöglich correct auszuführen ist.

Es handelt sich also für uns darum, ein Mittel zum Nervtödten zu haben, das neben absoluter Schmerzhaftigkeit leichte Handhabung und Garantie gegen etwaige Periostitis bietet.

Alle diese Anforderungen finden sich in einem Präparate vereinigt, das unter dem Namen Thomas' Nervfibres von White fabricirt und in den Handel gebracht wird. Wir haben es bei diesem Medicamente nicht mit einer flüssig - breiigen Masse zu thun, sondern mit einer in Arseniklösung gesättigten Watte. ist von dunkelbrauner Färbung, trocken und so präparirt, dass jedes, auch das kleinste Partikel, genügend Aetzstoff enthält, um auf die Pulpa einwirken zu können. Ob die mit dem Gebrauch dieses Mittels verknüpfte absolute Schmerzlosigkeit der Gegenwart von Nelkenöl zuzuschreiben ist, was sich durch seinen specifischen Geruch leicht wahrnehmen lässt, will ich dahingestellt sein lassen; auf alle Fälle haben wir bei richtiger Anwendung dieser Fibres ein Mittel in Händen, das uns gestattet, dem Patienten mit absoluter Sicherheit eine schmerzlose Operation zu garantiren. Es sei zu diesem Zwecke ein Verfahren empfohlen, das ich nach längeren Beobachtungen schon seit Jahren mit bestem Erfolge anwende:

Ich theile die ganze Operation des Nervtödtens von der ersten Application der Arsenwatte an bis zur definitiven Füllung der Wurzel und des Zahnes in folgende Abtheilungen, die ebensovielen Visiten des Patienten entsprechen:

1) Befreiung des Patienten, sowie der Oberfläche der Pulpa von jeglichem Schmerzgefühl.

2) Entfernung des cariösen Dentins und Eröffnung der Pulpakammer.

3) Exstirpation der Kronenpulpa; Herstellung eines freien und geraden Zuganges zur Wurzelpulpa.

4) Exstirpation des Wurzelnerven; Füllung der Wurzel und des Zahnes.

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