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Richter aber von einem Verhältnisse Anzeige macht, welches seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder wenn aus anderer Veranlassung Zweifel darüber entstehen, ob ein Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen sei20).

§. 31. Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden auf Schöffen und Gerichtsschreiber entsprechende Anwendung 2).

Die Entscheidung über eine Ausschließzung oder Ablehnung von Schöffen erfolgt durch den Amtsrichter. Ueber die Ausschließung oder Ablehnung eines Gerichtsschreibers entscheidet das Gericht oder der Richter, welchem derselbe beigegeben ist.

§. 32. Die Bestimmung des §. 22 finden auf Geschworene Anwendung.

Vierter Abschnitt.

Gerichtliche Entscheidungen und deren Bekanntmachung.

§. 33. Die Entscheidungen des Gerichts werden, wenn sie im Laufe einer Hauptverhandlung ergehen, nach Anhörung der Betheiligten, wenn sie außerhalb einer Hauptverhandlung ergehen, nach erfolgter schriftlicher oder mündlicher Erklärung der Staatsanwaltschaft erlassen.

§. 34. Die durch ein Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen sowie diejenigen, durch welche ein Antrag abgelehnt wird, sind mit Gründen zu versehen.

§. 35. Entscheidungen, welche in Anwesenheit der davon betroffenen Person ergehen, werden derselben durch Verkündung bekannt gemacht. Auf Verlangen ist ihr eine Abschrift zu ertheilen.

Die Bekanntmachung anderer Entscheidungen erfolgt durch Zustellung.

Dem nicht auf freiem Fuße Befindlichen ist das zugestellte Schriftstück auf Verlangen vorzulesen.

§. 36. Entscheidungen, die einer Zustellung oder Vollstreckung bedürfen, sind der Staatsanwaltschaft zu übergeben, welche das Erforderliche zu veranlassen hat22). Auf Entscheidungen, die lediglich den inneren Dienst der Gerichte oder die Ordnung in den Sizungen betreffen, findet diese Bestimmung keine Anwendung 23).

Der Untersuchungsrichter und der Amtsrichter können Zustellungen aller Art sowie die Vollstreckung von Beschlüssen und Verfügungen unmittelbar veranlassen.

§. 37. Auf das Verfahren bei Zustellungen finden die Vorschriften der Civilprozeßordnung über Zustellungen24) entsprechende Anwendung.

§. 38. Die bei dem Strafverfahren betheiligten Personen, denen die Befugniß beigelegt ist, Zeugen und Sachverständige unmittelbar zu laden25), haben mit der Zustellung der Ladung den Gerichtsvollzieher zu beauftragen.

§. 39. Für das die öffentliche Klage vorbereitende Verfahren, für die

20) Vgl. §§ 22, 23.

21) Hinsichtlich der Ausschließung der Gerichtsvollzieher vgl. § 156 des Gerichtsverfassungsges. Nr. 1163 (S. 60), der Dolmetscher § 193 das. (S. 64), der Sachverständigen § 74 der Strafprozeßordnung. Für die Staatsanwaltschaft sind entsprechende Vorschriften überhaupt nicht gegeben. 22) Vgl. auch §§ 213, 221 Abs. 2.

23) Ferner nicht in den Fällen §§ 425 Abs. 2, 483 Abs. 3.

24) Vgl. §§ 152-190 der Civilprozeßordnung Nr. 1166 (S. 109 ff.).
25) Vgl. §§ 193, 219, 364, 426, 437, 466, 467 der Strafprozeßordnung.

Voruntersuchung und für das Verfahren bei der Strafvollstreckung können durch) Anordnung der Landesjustizverwaltung einfachere Formen für den Nachweis der Zustellung zugelassen werden.

§. 40. Kann eine Zustellung an einen Beschuldigten, welchem eine Ladung zur Hauptverhandlung 26) noch nicht zugestellt war, nicht in der vorgeschriebenen Weise im Deutschen Reich bewirkt werden, und erscheint die Befolgung der für Zustellungen im Auslande bestehenden Vorschriften2) unausführbar oder voraussichtlich erfolglos, so gilt die Zustellung als erfolgt, wenn der Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks durch ein deutsches oder ausländisches Blatt bekannt gemacht worden ist und seit dem Erscheinen dieses Blattes zwei Wochen 28) verflossen sind. Die Auswahl des Blattes steht dem die Zustellung veranlassenden Beamten zu.

War die Ladung zur Hauptverhandlung dem Angeklagten schon vorher zugestellt, so gilt eine weitere Zustellung an denselben, wenn sie nicht in der vorgeschriebenen Weise im Deutschen Reich bewirkt werden kann, als erfolgt, sobald das zuzustellende Schriftstück zwei Wochen an der Gerichtstafel des Gerichts erster Instanz angeheftet gewesen ist. Von Urtheilen und Beschlüssen wird nur der entscheidende Theil angeheftet.

§. 41. Zustellungen an die Staatsanwaltschaft erfolgen durch Vorlegung der Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks. Wenn mit der Zustellung der Lauf einer Frist beginnt, so ist der Tag der Vorlegung von der Staatsanwaltschaft auf der Urschrift zu vermerken.

Fünfter Abschnitt.

Fristen und Wiedereinsehung in den vorigen Stand.

§. 42. Bei der Berechnung einer Frist, welche nach Tagen bestimmt ist, wird der Tag nicht mitgerechnet, auf welchen der Zeitpunkt oder das Ereigniß fällt, nach welchem der Anfang der Frist sich richten soll.

§. 43. Eine Frist, welche nach Wochen oder Monaten bestimmt ist, endigt mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des lezten Monats, welcher durch seine Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, an welchem die Frist be= gonnen hat; fehlt dieser Tag in dem letzten Monate, so endigt die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so endigt die Frist mit Ablauf des nächstfolgenden Werktages.

§. 44. Gegen die Versäumung einer Frist) kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beansprucht werden, wenn der Antragsteller durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist. Als unabwendbarer Zufall ist es anzusehen, wenn der Antragsteller von einer Zustellung ohne sein Verschulden keine Kenntniß erlangt hat.

§. 45. Das Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muß binnen. einer Woche 28) nach Beseitigung des Hindernisses bei demjenigen Gerichte, bei

26) Vgl. § 215.

27) Vgl. §§ 182 ff. der Civilprozeßordnung Nr. 1166 (S. 114 ff.).

26) Vgl. § 43 der Strafprozeßordnung.

29) Hinsichtlich der Versäumung von Terminen vgl. §§ 234, 370, 431, 452.

welchem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre, unter Angabe und Glaubhaftmachung der Verjäumungsgründe angebracht werden.

Mit dem Gesuch ist zugleich die versäumte Handlung selbst nachzuholen.

§. 46. Ueber das Gesuch entscheidet dasjenige Gericht, welches bei rechtzeitig erfolgter Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre. Die dem Gesuche stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung. Gegen die das Gesuch verwerfende Entscheidung findet sofortige Beschwerde18) statt.

§. 47. Durch das Gesuch um Wiedereinsehung in den vorigen Stand wird die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung nicht gehemmt.

Das Gericht kann jedoch einen Aufschub der Vollstreckung anordnen.

Sechster Abschnitt.
Zeugen.

§. 48. Die Ladung der Zeugen geschieht unter Hinweis auf die geseßlichen Folgen des Ausbleibens 30).

Die Ladung einer dem aktiven3) Heere oder der aktiven 31) Marine angehörenden Person des Soldatenstandes 2) als Zeugen erfolgt durch Ersuchen der Militärbehörde 3).

§. 49. Der Reichskanzler, die Minister eines Bundesstaates, die Mitglieder der Senate der freien Hansestädte, die Vorstände der obersten Reichsbehörden 3) und die Vorstände der Ministerien sind an ihrem Amtssize oder, wenn sie sich außerhalb desselben aufhalten, an ihrem Aufenthaltsorte zu vernehmen.

Die Mitglieder des Bundesraths sind während ihres Aufenthalts am Site. des Bundesraths an diesem Size, und die Mitglieder einer deutschen geseßgebenden Versammlung während der Sizungsperiode und ihres Aufenthalts am Orte der Versammlung an diesem Orte zu vernehmen.

Zu einer Abweichung von den vorstehenden Bestimmungen bedarf es:

in Betreff des Reichskanzlers der Genehmigung des Kaisers,

in Betreff der Minister und der Mitglieder des Bundesraths der Genehmigung des Landesherrn,

in Betreff der Mitglieder der Senate der freien Hansestädte der Genehmigung des Senats,

in Betreff der übrigen vorbezeichneten Beamten der Genehmigung ihres unmittelbaren Vorgesetzten,

in Betreff der Mitglieder einer geseßgebenden Versammlung der Genehmigung der letzteren.

§. 50. Ein ordnungsmäßig geladener Zeuge, welcher nicht erscheint, ist in die durch das Ausbleiben verursachten Kosten, sowie zu einer Geldstrafe bis zu dreihundert Mark, und für den Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann,

30) Vgl. § 50.

31) Vgl. Anm. 40 zum Gerichtsverfassungsges. Nr. 1163 (S. 38).

32) Vgl. Anm. 199 zur Civilprozeßordnung Nr. 1166 (S. 138).

"

33) Vgl. Nr. I der Bestimmungen, betr. die Feststellung des Begriffs Militärbehörde“ im Sinne der bezüglichen Vorschriften der Civilprozeßordnung und der Strafprozeßordnung (Anlage III der Civilprozeßordnung Nr. 1166 S. 228).

34) Vgl. Anm. 203 zur Civilprozeßordnung Nr. 1166 (S. 139).

zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen zu verurtheilen. Auch ist die zwangsweise Vorführung des Zeugen zulässig. Im Falle wiederholten Ausbleibens kann die Strafe noch einmal erkannt werden 35).

Die Verurtheilung in Strafe und Kosten unterbleibt, wenn das Ausbleiben des Zeugen genügend entschuldigt ist. Erfolgt nachträglich genügende Entschuldigung, so werden die gegen den Zeugen getroffenen Anordnungen wieder aufgehoben.

Die Befugniß zu diesen Maßregeln steht auch dem Untersuchungsrichter, dem Amtsrichter im Vorverfahren, sowie dem beauftragten und ersuchten Richter zu.

Die Festsetzung und die Vollstreckung der Strafe gegen eine dem aktiven31) Heere oder der aktiven) Marine angehörende Militärperson 36) erfolgt auf Ersuchen durch das Militärgericht, die Vorführung einer solchen Person durch Erfuchen der Militärbehörde 37).

§. 51. Zur Verweigerung des Zeugnisses find berechtigt:

1. der Verlobte des Beschuldigten;

2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; 3. diejenigen, welche mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Adoption verbunden, oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert sind, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht.

Die bezeichneten Personen sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen 38).

§. 52. Zur Verweigerung des Zeugnisses find ferner berechtigt:

1. Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;

2. Vertheidiger des Beschuldigten in Ansehung desjenigen, was ihnen in dieser ihrer Eigenschaft anvertraut ist;

3. Rechtsanwälte und Aerzte in Ansehung desjenigen, was ihnen bei Ausübung ihres Berufs anvertraut ist 39).

Die unter Nr. 2, 3 bezeichneten Personen dürfen das Zeugniß nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbinden sind.

§. 53. Deffentliche Beamte, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind, dürfen über Umstände, auf welche sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, als Zeugen nur mit Genehmigung ihrer vorgesetzten Dienstbehörde oder der ihnen zuleht vorgesetzt gewesenen Dienstbehörde vernommen werden). Für den Reichskanzler bedarf es der Genehmigung des Kaijers, für die Minister der Genehmigung des Landesherrn, für die Mitglieder der Senate der freien Hansestädte der Genehmigung des Senats.

35) Vgl. auch § 69.

36) Vgl. Anm. 12 zum Strafgesetzbuch Nr. 1123 (Bd 3 S. 754).

37) Vgl. Nr. II der Bestimmungen, betr. die Feststellung des Begriffs „Militärbehörde“ im Sinne der bezüglichen Vorschriften der Civilprozeßordnung und der Strafprozeßordnung (Anlage III der Civilprozeßordnung S. 229).

38) Vgl. auch § 57, ferner § 251.

39) Vgl. § 300 des Strafgesetzbuchs Nr. 1123 (Bd 3 S. 805).

40) Vgl. Anm. 197 zur Civilprozeßordnung Nr. 1166 (S. 138). Gesetzgebung des Deutschen Reiches. IV.

17

Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Ablegung des Zeugnisses dem Wohle des Reichs oder eines Bundesstaates Nachtheil bereiten würde. §. 54. Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der im §. 51 Nr. 1-3 bezeichneten Angehörigen die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde.

§. 55. Die Thatsache, auf welche der Zeuge die Verweigerung des Zeugnisses in den Fällen der §§. 51, 52, 54 stüßt, ist auf Verlangen glaubhaft zu machen. Es genügt die eidliche Versicherung des Zeugen.

§. 56. Unbeeidigt sind zu vernehmen:

1. Personen, welche zur Zeit der Vernehmung das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet oder wegen mangelnder Verstandesreife oder wegen Verstandesschwäche von dem Wesen und der Bedeutung des Eides keine genügende Vorstellung haben;

2. Personen, welche nach den Bestimmungen der Strafgesetze unfähig sind, als Zeugen eidlich vernommen zu werden");

3. Personen, welche hinsichtlich der den Gegenstand der Untersuchung bildenden That als Theilnehmer), Begünstiger oder Hehler 43) verdächtig oder bereits verurtheilt sind.

§. 57. Stehen Personen zu dem Beschuldigten in einem Verhältnisse, welches sie nach §. 51 zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt, so hängt es von dem richterlichen Ermessen ab, ob sie unbeeidigt zu vernehmen oder zu beeidigen sind.

Dieselben können auch nach der Vernehmung die Beeidigung des Zeugnisses verweigern und sind über dieses Recht zu belehren“).

§. 58. Jeder Zeuge ist einzeln und in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen zu vernehmen.

Eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen oder mit dem Beschuldigten findet im Vorverfahren) nur dann statt, wenn sie ohne Nachtheil für die Sache nicht bis zur Hauptverhandlung ausgesetzt bleiben kann.

§. 59. Vor der Leistung des Eides hat der Richter den Zeugen in angemessener Weise auf die Bedeutung des Eides hinzuweisen.

§. 60. Jeder Zeuge ist einzeln und vor seiner Vernehmung zu beeidigen. Die Beeidigung kann jedoch aus besonderen Gründen, namentlich wenn Bedenken gegen ihre Zulässigkeit obwalten), bis nach Abschluß der Vernehmung ausgesezt werden.

§. 61. Der vor der Vernehmung zu leistende Eid lautet:

daß Zeuge nach bestem Wissen die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusehen werde;

41) Vgl. § 161 des Strafgesetzbuchs Nr. 1123 (Bd 3 S. 783).

42) Vgl. §§ 47-49 a des Strafgesetzbuchs Nr. 1123 (Bd 3 S. 760 f.). In der vorliegenden Bestimmung ist jedoch der Begriff des Theilnehmers ein weiterer, indem er jede Betheiligung an dem den Gegenstand der Untersuchung bildenden strafbaren Vorgang, z. B. auch die Alleinthäterschaft, mitumfaßt (vgl. das Urtheil des Reichsgerichts v. 7. Mai 1883 in den Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Bd 8 S. 299).

43) Vgl. §§ 257-259 des Strafgesezbuchs Nr. 1123 (Bd 3 S. 797 f.).

44) Vgl. auch § 251.

45) D. i. das vorbereitende Verfahren (§§ 156 ff.) und die Voruntersuchung (§§ 176 ff.) 46) Vgl. § 56.

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