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müsse, und er eröffnete sogleich Unterhandlungen mit Oesterreich, England, Holland, Baiern und Savoyen. Da er nicht hoffen konnte die spanische Monarchie ganz in Besitz zu nehmen, wollte er wenigstens seinen Theil bei der Zerstückelung finden, und, in Ermangelung einer zweiten Krone, das französische Gebiet erweitern.

Oesterreich hatte eventuelle Rechte auf die Krone Spaniens von Seiten Maria Anna's von Oesterreich, Tochter Philipp's III. und Mutter Kaiser Leopold's. Aber diese Rechte waren schwächer als die von Baiern, welche von Seiten Margaretens, jüngster Tochter von Maria Theresa, der Gemahlinn Kaiser Leopold's und Mutter Maria Antoinettens, der Gemahlinn des Kurfürsten von Baiern herrührten. Spanien und Europa neigten zu Baiern hin, das keine Unruhe verursachte. Die Herzöge von Savoyen hatten entferntere Ansprüche, die sie von Seiten der Infantinn Catharina, Tochter Philipp's III., Herzoginn von Savoyen, und einer durch das Testament Philipp's IV. zu ihren Gunsten eröffneten Substitution herleiteten.

Holland und England hatten in der Frage nur politische und Handelsinteressen. Aber diese Interessen waren von der grössten Wichtigkeit, und Ludwig XIV. war bemüht sie zu befriedigen. Vom politischen Standpunkte betrachtet, war es das Interesse des europäischen Gleichgewichtes, welches die Regierungen und besonders die Seemächte beschäftigte. Sobald Oesterreich oder Frankreich die weiten Staaten der spanischen Monarchie zufielen, wurde dieses Interesse gefährdet und die Frucht des dreissigjährigen Krieges ging verloren; das durch den westphälischen Frieden hergestellte Gleichgewicht ward zerstört.

Vom Standpunkte des Privatinteresses betrachtet, waren England und Holland bedroht. England, der alte

Verbündete Oesterreichs, hatte durch letzteres Fuss in Spanien gefasst. Es fürchtete nun, durch die Niederlassung eines französischen Prinzen in diesem Lande, den Vortheil für den Absatz der Erzeugnisse seiner Fabriken zu verlieren. Ausserdem besass Frankreich eine bedeutende Flotte, die, mit der spanischen vereinigt, das mittelländische Meer abschliessen und den Handel der andern Völker Europa's in den beiden Indien vernichten konnte; die Besitznahme der spanischen Niederlande durch Frankreich musste England beunruhigen, da sie ihm den Weg nach Mitteleuropa abgeschnitten hätte. Das ContinentalInteresse Englands schien sich, seit mehr als einem Jahrhunderte, in den Niederlanden zu vereinen. Elisabeth hatte diese Provinzen in ihren Feindseligkeiten gegen Philipp II. unterstützt; Cromwell hatte die Küsten dieses Landes zu besitzen gewünscht, und Wilhelm von Nassau hatte den englischen Einfluss daselbst befestigt.

Für Holland war die Scheidewand der Niederlande eine Schutzwehr gegen Frankreich, und Frankreich seinerseits wünschte schon lange die Niederlande zu besitzen, welche eine natürliche Ergänzung seines Gebietes zu sein schienen, in einem Jahrhunderte, in dem jeder Staat natürliche Gränzscheiden suchte. Wenn es von den Pyrenäen her bedroht werden sollte, wollte es wenigstens den Schutz des Rheines geniessen. Von den Niederlanden aus lastete Spanien am unmittelbarsten und stärksten auf Frankreich, das von dieser Seite seiner Gränzen entblösst war. Mithin, bot die niederländische Frage in dieser Angelegenheit die grössten Schwierigkeiten dar, weil die unmittelbaren Interessen der drei Mächte mit ihr verwebt waren.

Ludwig's XIV. Ungeduld war auf dem Punkte alles zu verderben. Er behauptete, dass die belgischen Provinzen,

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wo das Recht des bürgerlichen Erbheimfalls durch den Gebrauch begründet wäre, der Königinn Maria Theresa, Tochter aus der ersten Ehe Philipp's IV., gehören sollten, und trug so in die politische Verfassung ein Erbfolgegesetz über, das bis dahin nur das Hauswesen geleitet hatte. Die Folge davon war Krieg, der bald, im Jahre 1668, durch den aachener Frieden zu Ende geführt wurde, aber immer Misstrauen und Vorurtheile fortbestehen liess, denn er verrieth zu deutlich den Wunsch Frankreichs sich zu vergrössern. Doch hatte man, damals, hinsichtlich der zukünftigen Theilung der spanischen Staaten, einen geheimen Vertrag geschlossen; in diesem Vertrage stimmt Oesterreich der Vereinigung der Niederlande mit Frankreich bei. Es scheint nicht dass Holland und England dieser Verleihung beigepflichtet, welche nicht mehr angeboten, auch nicht mehr begehrt worden ist. Der Kaiser Leopold schien damals selbst die Ungültigkeit der Entsagung von Maria Theresa anzuerkennen.

Der aachener Friede, von 1668, hatte Ludwig XIV. zwölf bedeutende Städte der spanischen Niederlande abgetreten. Ludwig XIV. gab dagegen Hochburgund, aber um es kurz darauf in dem Kriege mit Holland wiederzunehmen; der nimweger Friede von 1678 sicherte Frankreich diesen Besitz; es war dies der Anfang der Zerstückelung einer im Verfall begriffenen Monarchie. Der Krieg mit Holland war ruhmvoll für die französischen Waffen gewesen, aber er beunruhigte Deutschland, wie der Erbfolgekrieg Holland beängstigt hatte; er vernichtete die französische Partei in den vereinigten Niederlanden und nährte ein unversöhnliches Rachegefühl, dessen bittere Folgen Ludwig XIV. später erfahren musste.

Nach dem nimweger Frieden kam die Frage der

Reunionskammern zum Vorschein; jenes verwegenen Unternehmens, welches gleichfalls die Vergrösserung des französischen Gebiets bezweckte. Ludwig XIV. hatte schon die Freundschaft Hollands und Deutschlands verloren; er sah damals die französischen Bündnisse, welche sich noch von Heinrich IV. herschrieben, durch den augsburger Bund aufgelöst, und bald zog die grosse Ligue von 1689 England in die Coalition. England hatte eben seine Revolution von 1688 beendet, und Wilhelm III., persönlicher Feind Ludwig's XIV., leitete Englands Politik und Streitkräfte.

Die grosse Ligue hatte den doppelten Zweck die Macht Ludwig's XIV. zu demüthigen, und zu verhindern dass ein französischer Prinz den spanischen Thron besteige. Es handelte sich damals nicht mehr um ein blosses Hinderniss der Vereinigung der Kronen, man wollte das ganze Haus Bourbon vom spanischen Throne ausschliessen, ohne Rücksicht auf Theilung oder Vereinigung. Es war nicht mehr die Frage des Gleichgewichtes oder des politischen Interesses zweier Völker welche vorlag, es handelte sich um Feindseligkeiten zwischen Familien. Das Haus Habsburg kämpfte nochmals gegen das Haus Bourbon. Die Leidenschaft Wilhelm's III. feuerte die Coalition an, und einer der Vertragsartikel sicherte dem Kaiser und seinen Nachkommen die spanische Monarchie, mit Ausnahme des Hauses Bourbon (1). Dieser Krieg dauerte neun Jahre und schloss mit dem ryswicker Frieden, 1697. Er bezeichnet eine Pause im glücklichen Fortgang der französischen Waffen.

Wie dem auch sei, das Bündniss von 1678 war aufgelöst, und Ludwig XIV. ging wieder an seine Thei(1) S. Dumont, loc. cit., tom. VII, part. п, p. 230.

lungsprojecte der spanischen Monarchie; fand aber die Stimmung nicht mehr so günstig wie im Jahre 1668; Ludwig XIV. verständigte sich mit Holland und Englang. Der Prinz von Baiern sollte Spanien, die Niederlande und Indien bekommen; der Dauphin von Frankreich die Königreiche Neapel und Sicilien, mit den toscanischen Häfen, das Marquisat Final und Guipuscoa; man bot dem Erzherzoge Karl Mailand an. Dieser Vertrag ist vom 11. Oktober 1698 (1). Da der Kurprinz 1699 gestorben war, musste man einen neuen Vertrag machen. Die nämlichen Mächte, welche den von 1678 gemacht, schlossen den vom 25. März 1700, der geeigneter war die Interessen Aller zu befriedigen, weil die Häuser Habsburg und Bourbon von nun an einzig und allein sich gegenüber ständen, um die Hauptloose der Erbschaft zu erkämpfen. Man substituirte den Erzherzog Karl dem Prinzen von Baiern, und Frankreich sollte, ausser seinem ersten Loose, noch Lothringen und Bar erhalten, das Haus Lothringen dagegen durch das Herzogthum Mailand entschädigt werden.

Das Haus Oesterreich sollte mithin eine zweite spanische Linie bilden, und das europäische Gleichgewicht auf den früheren Grundlagen ruhen bleiben. Die Nachfolge des Hauses Bourbon auf dem spanischen Throne war nicht aufgehoben; aber es hiess dass die Souveränetät Spaniens und Indiens nie einem Fürsten zufallen könne, der zugleich Kaiser oder König der Römer, König oder Dauphin von Frankreich wäre (2). Dieser Artikel des Tractates von 1700 ist sehr bemerkenswerth, in sofern er vollkommen

(1) S. Dumont, loc. cit., tom. VII, part. I, und die Mémoires von Lamberty, tom. I, p. 12.

(2) S. diesen Tractat, in Dumont, loc. cit., p. 477; cf. Lamberty, Mémoires, tom. I, p. 97, und Mably, Droit public de l'Europe, tom. II, p. 63.

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