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zu benutzen. Ich darf daher nicht verschweigen, dass es viele Krankheitszustände gibt, deren charakteristische Zeichen wir überhaupt noch nicht genug kennen. Hierher gehören unter anderen die Hirntuberkeln, deren Zeichen überaus dunkel sind 14), die Krankheiten des Pankreas 15). Ich erinnere mich nicht, welcher Schriftsteller neuerlichst auf ein Oedem der Milz aufmerksam gemacht hat, von welchem bisher Niemand etwas wusste. Vom asthma thymicum wissen wir gleichfalls noch nicht viel, und am wenigsten haben wir darüber Gewissheit, ob es wirklich immer von Hypertrophie der Thymusdrüse herrührt, wie Kopp 16) behauptet und Staub 17) durch eine Beobachtung widerlegt, wo nach allen Zeichen dieser Krankheit nichts, als Gastrobrosis gefunden worden ist; anderer Lücken unseres Wissens nicht zu gedenken.

1) Ausführliche Darstellung des Brownschen Systems. 2. Bd. S. 608-609.

2) Grundzüge für die selbstständige Bearbeitung der Medicin; in der neuen Zeitschrift für Natur- und Heilkunde. 1. Bd. 2. Heft.

3) Einiges über die Reform, welcher der Medicin in unserer Zeit nothwendig bevorsteht; in der allgem. med. Zeitung 1833. Nro. 58. 4) De sedibus 'et causis morborum.

5) Tydschrift voor naturlyke Geschiedenis door van der Hoven en the Vriese. 1834.

6) Ratio medendi P. IX. p. 27.

7) Archives générales. Fevr. 1834.

8) Neue Zeitschrift für die gesammte Medicin von Dieffenbach, Fricke und Oppenheim. 3. Bd. S. 440.

9) In the Edinburgh medic. and surgical Journal. N. CIV. pag. 24. 10) Zeitschrift für die gesammte Medicin. 2. Bd. 2. Heft.

11) Medical Journal. April 1833.

12) Krankheitsgeschichte einer merkwürdigen Nierenschwindsucht; in Hufelands und Osanns Journal der prakt. Heilk. 1836. 8. Stück. 13) a a. O.

14) F. P. Ravin Traité des tubercules; Memoires de l'académie royale Vol. IV. cahier 3. 1835. Romberg über die Gehirntuberkeln; in Caspers Wochenschrift 1834. Nro. 3. T. Constant; Gazette médicale de Paris, 30. Juil, 1836. Jadelot; Jourual de médecine de Corvisart. Vol. X.

15) Einiges über den Krebs der Bauchspeigeldrüse von Dr. Casper; in dessen Wochenschrift. 1836. Nro. 28.

16) a. a. O.

17) Wochenschrift von Casper etc. 1838. Nro. 7.

S. 40.

Es würde sehr ungerecht seyn, einem Arzte Vorwürfe darüber zu machen, dass wegen Dürftigkeit der Resultate anamnestischer Untersuchungen und wegen fehlender deutlicher Zeichen eine absolute Unmöglichkeit vorhanden ist, eine Krankheit richtig zu erkennen. Leichtfertigkeit bei der Diagnose verdient aber Vorwurf, und am tadelnswerthesten ist es, aus einzelnen, für charakteristisch gehaltenen Zeichen voreilig auf die innere Ursache zu schliessen, und sogleich die Indicationen zu einer eingreifenden antipathischen Behandlung darauf zu gründen, woraus, wenn der Schluss falsch war, der Ruin des Kranken herbei geführt werden muss. Die Gescichte der älteren und neueren Zeit liefert uns die Beweise dazu, und zeigt uns, wie viel Böses falsche Vorstellungen vom Wesen und von der nächsten Ursache der Krankheiten von jeher gestiftet haben. Ich will nicht ins Einzelne übergehen, um nachzuweisen, wie viel Unheil die Alexipharmaker, die Gastriker mit ihren ewigen Purganzen, die Brownianer mit ihrer stimulirenden Methode, die Ultra-Antiphlogistiker, Broussais an der Spitze, mit ihren Blutentziehungen gestiftet haben. Eine solche Sündenlast haben die allerschlechtesten Homöopathiker nicht auf sich geladen. Denn sie haben höchstens sterben lassen, nicht aber sterben machen. Wenn es bei Verfolgung einer falschen Ansicht schlecht geht, so sind zwei Fälle möglich. Entweder ist der Arzt șo von sich eingenommen, dass der Dünkel ihm nicht erlaubt, sich selbst das Geständniss eines begangenen Irrthums zu machen, und er fährt fort, Sünde auf Sünde zu häufen; oder er sieht den Irrthum ein, macht sich nun eine andere Vorstellung, und ergreift eine andere Me

thode. So wird im Finsteren herum getappt, und wenn es dann dabei immer schlechter geht, alle Paar Tage etwas Neues probirt. Weil man die Arzneiwirkungen zu wenig kennt, am allerwenigsten die Wirkungen der beliebten Gemische, so verkennt man auch häufig die hervortretenden Symptome angewendeter Arzneien. Man hält sie für neue Offenbarungen des wahren Krankheitszustandes und verändert sowohl die ideale Ansicht, als die Behandlungsweise. Und doch ist man dreist genug, ein solches schwankendes Verfahren vorzugsweise rationell zu nennen. Wir finden in unseren Journalen Krankheits- und Behandlungsgeschichten von hochgestellten und selbst hochberühmten Aerzten in Menge, welche das erbärmlichste Schwanken zwischen einer sogenannten rationellen und symptomatischen Behandlung verrathen, und zeigen, dass ich nicht zu hart darüber urtheile. Ich bin zu diesem Urtheile um so mehr berechtigt, da ich häufig Veranlassung habe, Krankheitsgeschichten zu lesen, und zu sehen, wie die Kunst misshandelt wird. Bald wird das Leiden eines Individuums von Infarzirung der Eingeweide, bald von verlarvter Gicht, bald von einer muthmasslichen rheumatischen, herpetischen oder irgend einer andern Schärfe abgeleitet. Eine grosse Rolle spielt die Vorstellung versteckter Hämorrhoiden, nämlich von Hämorrhoiden, welche keine sind, und worunter man sich weiter går nichts denken kann, als einen congestiven Zustand, der unter gewissen Umständen Goldaderfluss, aber auch eben so leicht. Nasenbluten, Hämorrhagie der Lunge oder des Speisekanals hervorbringen kann, und den man mit eben so viel Recht verstecktes Nasenbluten nennen könnte. Die Stahlische Schule hat vorzüglich diess Steckenpferd geritten, und wo auch nur die entferntesten Andeutungen von unregelmässiger Circulation vorhanden waren, Goldaderflüsse hervorzubringen gesucht, deren Erscheinung für ein brevet de longue vie gehalten wurde. Ein im Auslande lebender, an einer chronischen Krankheit leidender Mann hat mir unlängst nebst einem dicken Fascikel von Rezepten, die ihm

verordnet worden waren, fünf Gutachten von verschiedenen berühmten Aerzten, die ihn untersucht hatten, mitgetheilt. Keins war dem anderen ähnlich; denn jeder dieser Heilkünstler hatte ein anderes ursächliches Verhältniss heraus examinirt, nur aber das rechte nicht. Wenn diess nicht ein Grund ist, um Misstrauen zu erwecken, so gibt es gar keinen dazu.

S. 41.

Nach Hahnemann ist an den Krankheiten weiter gar nichts zu erkennen, als wie sie sich äusserlich offenbaren, und die Summe der wahrnehmbaren Zeichen repräsentirt die Krankheit in ihrem ganzen Umfange, bildet die wahre und einzig denkbare Gestalt derselben. Deshalb muss auch die Gesammtheit der Symptome, das nach aussen reflectirende Bild des inneren Wesens der Krankheit, d. i. des Leidens der Lebenskraft, das Hauptsächliche oder Einzige seyn, wodurch die Krankheit zu erkennen geben kann, welches Heilmittels sie bedürfe, und die Gesammtheit der Symptome muss das Einzige seyn, was der Arzt in jedem Krankheitsfalle zu erkennen und durch seine Kunst hinwegzuräumen hat, um gründliche Heilung zu bewerkstelligen. Das Leiden der krankhaften verstimmten, unseren Körper belebenden Dynamis im unsichtbaren Inneren und der Inbegriff der von ihr im Organismus veranstalteten, äusserlich wahrnehmbaren, das vorhandene Uebel darstellenden Symptome sind ein Ganzes, Eins und Dasselbe, und eins kann ohne das andre nicht seyn. Da nun aber in der Heiluug durch Hinwegnahme des ganzen Inbegriffs der wahrnehmbaren Zeichen und Zufälle der Krankheit zugleich die ihr zum Grunde liegende, innere Veränderung der Lebenskraft - also jedesmal das Total der Krankheit gehoben wird, so folgt hieraus, dass der Heilkünstler blos den Inbegriff der Symptome hinwegzunehmen hat, und die Krankheit in ihrer Totalität aufzuheben und zu vernichten, was um so leichter möglich ist, da es nichts krankhaftes Heil

bares im Innern des Menschen gibt, was sich nicht durch Zeichen und Symptome dem genau beobachtenden Arzte zu erkennen gäbe.

Ich habe es für nothwendig gehalten, das Wesentliche dieser Behauptung mit des Urhebers eigenen Worten wieder zu geben. Eine Beleuchtung und Erläuterung derselben darf hier um so weniger übergangen werden, da gerade der Geist dieser rein symptomatischen Doctrin dem Aristokratismus der alten Causaltherapie gegenüber gestellt, den Vertheidigern der letzteren die vorzüglichste Veranlassung gegeben hat, den neuen Emporkömmling zu befchden. Ich bin der Polemik zu abgeneigt, um den Gang des darüber geführten Streites historisch zu verfolgen, und bemerke nur, dass selbst viele Anhänger der specifischen Heilmethode dem Grunde derselben nicht unbedingt gehuldigt, und namentlich eine Beschränkung des rein symptomatischen Verfahrens für nothwendig erklärt haben. Es gilt mir blos um Wahrheit, und deshalb habe ich meine Bedenklichkeiten dagegen nie zurückhalten können. Zu welchen Ueberzeugungen mich Beobachtung und Nachdenken geführt haben, werde ich gewissenhaft mittheilen.

S. 42.

Symptome sind die äussere, objective Erscheinung der im Innern des Organismus vorgehenden Krankheitsprocesse.

Wenn der Satz wahr ist, dass Alles, was ist, sich im Raume und in der Zeit offenbaren muss, so muss auch jede Krankheit sich durch Veränderungen der Bildung, des Gefühls oder der Verrichtungen zu erkennen geben. Wir können diess nicht leugnen, und wenn, wie wir oben (§. 38.) gesehen haben, Organisationsfehler vorkommen, die sich nicht durch Störungen äusserlich_manifestiren, so sind sie doch immer räumlich vorhanden, und unserem Auge nur so lange verborgen, bis wir sie bei

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