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dass die dichteren, schwer auflöslichen und am wenigsten oxydationsfähigen Stoffe, z. B. die sämmtlichen Erden, Gold, Silber Platina in ihrem natürlichen Cohäsionszustande die wenigsten arzneilichen Wirkungen offenbaren. Fast eben so verhält sich auch die Kohle, in welcher die Eigenschaften eines organischen Products durch den Verbrennungsprocess grösstentheils verloren gegangen sind. Wirksamer an sich sind die oxydationsfähigeren Metalle, Kupfer, Zinn, Eisen, Blei, Arsenik, Antimon, Quecksilber, ferner die Combustibilien, z. B. Phosphor, Schwefel, Petroleum, wozu auch Jodium gerechnet werden kann, und die organischen Substanzen aus dem Thier- und Pflanzenreiche, welche, als Producte einer höheren Bildungsthätigkeit auch an sich schon eine grössere, dynamische Affinität zum organischen Leben zu haben scheinen. Doch kommen auch mehrere organische Substanzen vor, deren latente Kräfte erst durch Zertheilung entwickelt werden müssen, z. B. Bärlappsamen, welcher ungeachtet seiner Lockerheit doch erst durch Abreibung und Auflösung die vollständige Wirksamkeit bekommt.

Thatsachen, welche durch tausendfältige Beobachtungen erwiesen worden sind, können nicht geleugnet werden, und wer sie geradezu leugnen will, darf, um consequent zu seyn, gar keine empirische Wahrheit anerkennen, wird aber auch nie den Faden Ariadnes finden, um sich aus dem Labyrinthe ewiger Zweifel zu retten.

Zur Erklärung dieser Thatsachen dient zunächst der alte empirisch gefundene Grundsatz: corpora non agunt nisi soluta. Unsere Chemie weiss nichts davon, dass Platina, Gold, Silber, Kieselerde und mehrere andere Stoffe sich in Weingeist und Wasser auflösen lassen, wenn sie, zum feinsten Staube vertheilt, mit anderen, leichtauflöslichen Stoffen vermischt worden sind; und doch ist es der Fall. Man kann sich täglich, stündlich davon überzeugen. Drei Gran von der ersten Verreibung dieser Substanzen mit Milchzucker lösen sich in hundert Tropfen

destillirten Wassers oder gewässerten Weingeistes durch Umschütteln in wenigen Minuten so vollkommen auf, dass man die klarste Flüssigkeit ohne eine Spur von Opalisation erhält, und dass man selbst mit der Loupe weder eine Trübung, noch ein Sediment mehr darin findet, und die arzneilichen Wirkungen dieser Auflösungen sind unverkennbar. Mit harzigen und ölichten Stoffen, z. B. Copaivabalsam, Terbenthinöl, Petroleum verhält es sich eben so, und was auch Chemiker dagegen sagen mögen, so lassen sich alle Gründe derselben durch das Experiment entkräftigen. Mehrere Stoffe erleiden während des Abreibens durch den Zutritt der atmosphärischen Luft Veränderungen, oxydiren sich mehr oder weniger, z. B. Eisen, Zinn, Blei, Kupfer, Zink u. S. w. und werden dadurch auflöslicher. Bei Kieselerde und bei den sogenannten edlen Metallen ist diess nicht der Fall, oder wenn er es ist, so gehen Veränderungen dabei vor, die wir noch nicht kennen, und nach den Gesetzen der Chemie nicht zu erklären vermögen. Die Zeit wird Vieles noch aufklären.

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1) In einem Vortrage der Sitzung der Academie der Wissenschaften zu Paris, am 2. Juni 1833.

S. 62.

Hahnemann nennt viel zu allgemein alle Arzneiverdünnungen Potenzirungen, weil er die Vorstellung einer unbedingten Kraftentwickelung und Krafterhöhung dabei fest hält. Diese Benennung passt aber nur auf die Verdünnung solcher Substanzen, welche durch die Zertheilung und Auflösung ihre latenten Kräfte entwickeln, wie es namentlich bei den Erden und bei den schwer oxydirbaren Metallen der Fall ist. Ich möchte bestimmt behaupten, dass diese Entwickelung schon in der ersten flüssigen, klaren, durchsüchtigen Auflösung vollendet ist. Dann verhalten sich diese Substanzen grade so, wie andere Arzneikörper, welche schon in ihrem unveränderten, natürlichen

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Zustande das Vermögen besitzen, Umstimmungen der dynamischen Verhältnisse des Organismus hervorzubringen. Dieses Vermögen ist bei vielen Körpern so stark, dass man nur einen ganz kleinen Theil davon anwenden darf, um keinen Schaden damit anzurichten, und dass man selbst in der Praxis nach der antipathischen Heilmethode, wo doch grössere Gaben erforderlich sind, starke Verdünnungen vornehmen muss, durch welche diese Mittel brauchbar werden. Schon allein dadurch wird es bewiedass eine bereits entwickelte Kraft durch räumliche Vertheilung des Substrats geschwächt wird, und dass es eine falsche Vorstellung ist, nach welcher man diese Verdünnungen höher steigende Potenzirungen nennt. Wenn diese Vorstellung richtig wäre, so würde jede Arznei durch Verdünnung zum absoluten Gifte gemacht werden können.

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Wenn man nach Hahnemann von geistig-dynamischer Wirkung der hochpotenzirten Arzneimittel spricht, so entreisst man sich der Vorstellung der Nothwendigkeit, dass jede Kraft ein materielles Substrat haben müsse. Man denkt sich ein wirkliches Losreissen der Kraft von ihrem Substrate und ein freies Uebertreten derselben an die Verdünnungsflüssigkeit. Die Physik lehrt uns allerdings manche analoge Vorgänge kennen. Wärme entweicht aus erhitzten Substanzen und theilt sich anderen mit. Die Elektricität geht von der Glasscheibe auf den Conductor und von diesem auf die Leydensche Flasche über. Der Eisenstab wird durch Streichen mit einem Magnete gleichfalls magnetisch gemacht. Der Mond reflectirt sein, von der Sonne erhaltenes Licht, um es Nachts unserer Erde zuzusenden, und mehrere Substanzen haben die Eigenschaft, Licht einzusaugen, und im Dunklen zu leuchten. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass unsere Kenntniss von den Imponderabilien überhaupt noch sehr mangelhaft ist, dass wir noch keine absolute Gewissheit darüber haben, ob ihnen ein eigenthümlicher, flüchtiger Stoff zur Basis dient, oder ob sie blos durch unbekannte

Qualitäten der Substanzen hervorgerufen werden, in welchen sie sich als Thätiges offenbaren. Es möchte daher voreilig seyn, die Wirkung der hochverdünnten Arzneimittel gradezu für ein Analogon der Imponderabilien zu erklären, zumal da wir uns bei denselben einer substanziellen Mittheilung bewusst sind, so wie sie gewiss auch da Statt findet, wo ältere Menschen dadurch gestärkt werden, dass sie mit jüngeren zusammen schlafen.

Es ist aber voreilig, hohe Verdünnungen deshalb für ein arzneiliches Nichts zu erklären, weil das darin enthaltene Etwas so gering ist, dass es nicht chemisch reagirt. Das magnetische Eisen verhält sich chemisch auch nicht anders, wie unmagnetisches, und doch leugnet man die Wirkung desselben nicht, und der Pesthauch, der einen Ballen Baumwolle vergiftet und ansteckungsfähig gemacht hat, lässt sich eben so wenig chemisch nachweisen, als das Atom von Arsenik in der zehnten Verdünnung, welche am rechten Orte ein sehr wirksames Arzneimittel ist. Ich sage am rechten Orte; denn hohe Verdünnungen sind nur da wirksam, wo der gleichgestimmte Nerve den Eindruck aufzunehmen vermag, so wie bei einem Gesäusel von leisen Tönen auch nur die gleichgestimmte Saite erklingt. Wo dynamische Gegensätze und polarische Beziehungen Statt finden, da treten die Kräfte am lebendigsten hervor. Der Magnet reagirt nicht gegen das Goldkorn, aber er zieht das Atom von Eisen aus einem Haufen von Goldstaub heraus. Der Multiplicator wird weder vom Lichte, noch von der Wärme, wohl aber vom schwächsten galvanischen Strome in Bewegung gesetzt. Das Chlorsilber wird weder vom elektro-galvanischen Strome, noch von der Hitze, aber vom Lichtstrahle geschwärzt, und der Schwefelwasserstoff sucht sich das Minimum von Arsenik oder von Bleizucker in einer Auflösung anzueignen. Wollte man deshalb, weil die Salpetersäure des Cyanquecksilber unverändert lässt, behaupten, dass sie kein Reagens sey? Oder wollte man dem Froschsamen, der bekanntlich in höher Verdünnung

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noch befruchtend wirkt, diese Kraft absprechen, weil er nicht auch andere Thiere befruchtet?

Es ist nicht zu leugnen, dass man mitunter zu weit gegangen ist. Man hat behauptet, dass manche Arzneien in der funfzehnhundertsten Verdünnung noch wirksam seyen. Es gehört eine rege Einbildungskraft dazu, um solche Wirkungen noch zu entdecken. Die Wirksamkeit der dreisigsten Verdünnung bei vielen Arzneistoffen ist durch zu viel Beobachtungen bestätigt worden, als dass man daran zweifeln dürfte, und dass in gewissen Fällen die fünf und vierzigste, ja sogar die sechzigste Verdünnung des Belladonnasaftes noch entschieden heilkräftig war, habe ich in mehreren Fällen von Encephalitis bei Kindern beobachtet. Ich muss hier bemerken, dass man die Ausdrücke: hohe und niedrige Verdünnung in ganz entgegengesetztem Sinne gebraucht habe. Differenzen dieser Art führen zu Missverständnissen. Ich nenne die ersten Verdünnungen niedrige, die weiter fortgesetzten höhere, wie es mir am richtigsten zu seyn scheint.

S. 63.

Man hat längst gewusst, dass grosse Arzneigaben anders wirken, als kleine. Bei grossen Gaben treten die Erstwirkungen rascher und deutlicher hervor, und zwar um so mehr, je heterogener die arzneiliche Substanz dem Organismus ist. Hier wird wegen der Schwierigkeit der Assimilation das reproductive Leben zu heftigeren Reactionen angeregt, welche wegfallen, wenn so kleine Gaben gereicht werden, die aber schon hinreichen, um das sensible Element dynamisch zu afficiren.

Ich will nicht mit Hahnemann sagen: dynamisch geistig, weil ich mir nichts dabei denken kann. Geistig ist etwas Immaterielles, z. B. eine rein psychische Einwirkung. Hier ist aber ein materielles Etwas vorhanden, wenn es auch noch so klein ist. Man hat diese Wirkungen mit einer Contagion')

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