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Umstimmung der gekränkten Vitalität der Schleimhäute zum Verschwinden gebracht.

Soll man den Magen von Ueberladung mit Galle befreien? Allerdings; aber nur nicht durch Brechmittel. Ich verweise auf das, was Dömling), van Hoven 2) und vorzüglich Reil 3) gesagt haben, um den Wahn zu widerlegen, dass Gallenerguss Ursache der Fieber sey. Man hat das Wegbrechen einer sauren, scharfen, vollkommen ätzenden Galle beobachtet, und daraus gefolgert, dass künstliche Ausleerungen nothwendig seyen, um sowohl den Magen von dieser chemisch zerstörend wirkenden Bürde zu befreien, als um die Einsaugung derselben im Darmkanale zu verhüten, und einer allgemeinen Säfteverderbniss vorzubeugen. Die Ursache einer fehlerhaften Beschaffenheit der Galle ist aber nur in gekränkter Secretionsthätigkeit der Leber zu suchen, und so lange diese nicht verbessert worden ist, so lange wird die Quelle des Uebels nicht verstopft. Ueberdiess ist die eigene Vitalität des Magens das beste Schutzmittel gegen chemische Einwirkungen des Products der Krankheit. Dieses wird aber alsbald auf eine wirklich wunderbare Weise wieder neutralisirt, wenn die Secretion verbessert worden ist, und die gefürchteten Wirkungen des scharfen Stoffes treten gar nicht ein, zumal da die Natur denselben nach unten wegzuschaffen bemüht ist. Reil gesteht ein, dass er viele Krankheiten, in denen er vormals Ausleerungsmittel gegeben, später mit glüchlichem Erfolge ohne dieselben geheilt habe. Dieser ist aber blos davon abhängig, dass man dynamische Abnormitäten entfernt. Nur auf diesem Wege wird der Magen angeregt, sich von selbst seiner lästigen Bürde zu entledigen.

1) Dissertatio, sistens morborum gastricorum acutorum pathologiam Wirzeburg. 1797.

2) Versuch über das Wechselfieber. Winterthur, 1789. 1. Th. S. 143. u. f.

3) Fieberlehre. 3. Bd. §. 175.

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Von Anschoppungen in den Gedärmen gilt dasselbe. Arzneimittel, deren Erstwirkung eine abführende ist, erleichtern meistens sehr schnell; dann tritt aber gewöhnlich die entgegengesetzte Nachwirkung ein, und es folgt neue Verstopfung. Doch wollen wir nicht leugnen, dass Fälle eintreten, wo man selbst auf diese Gefahr hin suchen muss, eine schnelle Wirkung hervor zu bringen. Ich habe vor zwei Jahren einen Mann in meiner Nähe behandelt, der schon fünf Tage an Verstopfung mit starker Bauchauftreibung, Schmerzen und zunehmender Todesangst litt. Mehrere specifische Arzneimittel wirkten nicht, und die beängstigenden Symptome steigerten sich. Ich liess nun eine Unze Ricinusöl binnen sechs Stunden auf zweimal nehmen, und hierauf folgte eine ungeheuer copiöse Ausleerung mit mchreren hundert Kirschkernen, welche wahrscheinlich nicht wären fortgeschafft worden, wenn ich so thöricht gewesen wäre, die Consequenz auf's Aeusserste zu treiben, und die Versuche mit homöopathischen Arzneimitteln fortzusetzen. Dieser Mann war übrigens am anderen Tage vollkommen gesund. Aehnliche Fälle können öfters vorkommen. Ich habe unzählige Mal hartnäckige Leibesverstopfungen mit kleinen Gaben von Opium, Schwefel, Brechnuss, Veratrum, Alumina und anderen Mitteln, mit und ohne Beihilfe von Wasserklystiren geheilt. Es sind mir aber auch Fälle vorgekommen, wo mich alle diese Mittel im Stiche liessen, wo Meteorismus, Schmerz und Angst überhand nahmen, und wo ich die Ausbildung einer Enteritis fürchten, und darauf bedacht seyn musste, die dringende Gefahr schnell zu beseitigen. Hier hat mir ebenfalls Ricinusöl die besten Dienste geleistet, und als ein schlüpfrig machendes Mittel den Abgang steinharter Excremente befördert. Die Anlage zu Obstructionen wird nachher freilich am sichersten durch specifische Arzneimittel bezwungen. Es sey ferne von mir, der alten evacuirenden Methode das Wort wieder zu reden. Aber

eben so wenig möchte ich es billigen, einem Systeme zu Gefallen die abwendbare Gefahr eines Kranken aufs Höchste steigen zu lassen. Ich will gerne zugeben, dass wir noch dahin kommen werden, in Fällen von der beschriebenen Art das angemessene, vielleicht noch nicht bekannte specifische Heilmittel finden zu können. Aber so lange wir unserer Sache noch nicht gewiss sind, müssen wir uns gegen den Vorwurf sichern, der Systemsucht ein Menschenleben geopfert zu haben.

Würmer im Darmkanale werden häufig als krankmachende Potenzen betrachtet, sind aber eigentlich Producte eines abnormen Zustandes. Ich will das dunkle Kapitel von der generatio aequivoca unberührt lassen, und nur Thatsachen betrachten. Es gibt in der That eine wahre Helminthiasis, bei welcher sich Würmer, zuweilen in ungeheurer Menge mit ihren sogenannten Nestern, nämlich Schleimanhäufungen, im Darmkanale vorfinden. Gewöhnlich sind dickbäuchige, atrophische Kinder dieser Krankheit unterworfen. Sie ist Folge, nicht Ur

sache der Atrophie, und es ist höchst wahrscheinlich, dass die Würmer nicht von Chymus, sondern vom Schleime leben, daher dem Organismus durch Entziehung brauchbarer Stoffe nicht so nachtheilig sind, als man geglaubt hat. Dass sie die Gedärme durchfressen können, ist nicht wahr. Denn es fehlt ihnen das Organ dazu, und wenn sich Löcher gefunden haben, so sind dieselben in Folge einer Erweichung, überhaupt in Folge der gesunkenen Vitalität entstanden, welche das ganze Wesen oder vielmehr die nächste Ursache der Krankheit ausmacht. Wahr ist es aber, dass Würmer durch ihren Reiz mancherlei unangenehme Zufälle hervorbringen können, besonders wenn sie bis in den Magen kommen, und selbst in der Speiseröhre herauf kriechen. Abführungsmittel heilen aber die Krankheit nicht, sie entfernen nur einen Theil des Productes derselben. Ich will die Methode nicht unbedingt verdammen, nach welcher man erst den Darmkanal von seinen Bewohnern zu befreien, und

Bei Kindern,

dann die Vitalität desselben zu erhöhen sucht. die nicht zu sehr von Kräften gekommen sind, mag diess zuweilen ohne schlimme Folgen geschehen können. Indessen habe ich mich seit Jahren überzeugt, dass man ohne Purganzen durch Mittel, welche dem Leiden des Verdauungskanals specifisch entsprechen, in Verbindung mit einer strengen, angemessenen Diät seinen Zweck schneller und sicherer erreicht. Es gehört zu den merkwürdigen therapeutischen Erscheinungen, dass man durch Anwendung solcher Mittel die ausgezeichnetsten sogenannten Wurmsymptome in kurzer Zeit wegschaffen kann, und dass, wenn Würmer vorhanden sind, diese nachher von selbst abgehen. Möchten sich nur diejenigen Aerzte davon überzeugen, die bei allen Kinderkrankheiten mit gastrischen Symptomen gleich gegen Würmer operiren, wenn keine dergleichen weggehen, über hartnäckiges Festsitzen derselben klagen, daher ihre Purganzen verstärken, und eine, oft nicht mehr zu heilende Schwäche hervorbringen. Durch die gewöhnlichen heroischen Bandwurmskuren sind unbezweifelt mehr Menschen ruinirt, als von dem Wurme befreit worden. Dass man aber die beunruhigenden, sogenannten Bandwurmszufälle, ohne den Gebrauch drastischer Arzneimittel entfernen kann, ist leider nur zu wenig bekannt.

S. 85.

Es gibt ausserdem noch viele andere materielle Schädlichkeiten, welche zum Theile selbst Krankheitsproducte sind, jedoch wegen ihrer Rückwirkung auf den Organismus entfernt werden müssen. Eine vollständige Aufzählung derselben soll und kann nicht versucht werden, weil es nicht möglich ist, sich alle Fälle dieser Art zu denken. Ich will, um eiu Beispiel zu geben, nur an einige erinnern, z. B. verschlossene Abscesse, welche Schmerz und Fieber unterhalten, und deshalb geöffnet werden müssen, grosse Wasseranhäufungen in Höhlen, deren

Druck paralisirend wirkt, und deshalb die Heilung erschwert, blutige Extravasate in Höhlen oder im Zellgewebe, welche auf dem Wege der Resorption nicht schnell genug weggeschafft werden können, um üble Folgen abzuwenden, zurückgebliebene Reste der Placenta, Blasensteine und andere Concremente u. d. gl. Astley Cooper) hat einen Mann, welcher dreizehn Monate in einem besinnungslosen Zustande lag, durch Entfernung eines Knochenstücks, von welchem das Gehirn gedrückt wurde, geheilt.

Ich muss aber auch der Plethora (S. §. 52.) gedenken, welche durch Aderlässe nie geheilt wird, weil die nächste Ursache derselben, die allzuthätige Sanguification dadurch nicht entfernt werden kann. Doch kommen zuweilen Fälle vor, wo ein übermässiger Orgasmus in edlen Theilen, z. B. im Gehirne, in den Brustorganen schnell gefahrdrohend wird, und wo, um Apoplexie oder Stickfluss zu verhüten, ein Aderlass nothwendig ist. Fälle dieser Art sind allerdings sehr selten. Hahnemann und mehrere seiner unbedingt folgsamen Nachgänger wollen sie zwar ganz leugnen, werden aber, wenn sie es sich zum Gesetze gemacht haben, die strengste Consequenz zu behaupten, unfehlbar zuweilen dem verdienten Vorwurfe ausgesetzt seyn, ein erhaltbares Leben nicht gerettet zu haben.

*) Bemerkungen über den Einfluss der Verstandesbildung und geistigen Aufregung auf die Gesundheit, von Amariah Brigham; aus dem Engl. übers. von Dr. A. Hildebrand. Berlin, 1836.

§. 86.

Die zweite therapeutische Regel bezieht sich auf Ausgleichung der dynamischen Missverhältnisse.

Krankheit an sich kann, wie schon bemerkt worden ist, zwar nicht als ein Gegensatz von Gesundheit betrachtet werden, weil es zwischen beiden keine Indifferenz gibt. Die nächste Ursache derselben beruht jedoch immer auf einer dynamischen

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