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mit der specifischen Heilkunst nicht mehr zu befürchten, zumal da die rein dynamische Einwirkung bei Störungen des gastrischen Systems bisher zu glänzende Resultate geliefert hat, um wieder davon abzugehen. Aufmerksamkeit auf gewisse Localaffectionen, die sich erst bei Berührungen durch Empfindlichkeit offenbaren, ist sehr zu empfehlen. Dahin gehören z. B. die, in nervösen Fiebern vorkommenden Aphthen im Darmkanale, welche oft nicht eher Schmerz verursachen, als bis man den Unterleib etwas stark knetet und drückt, und die entzündlichen Affectionen der Wirbelsäule, welche sich nach Maillot ) und Kremers 2) gleichfalls erst bei einem, auf den leidenden Wirbel angebrachten Drucke zu erkennen geben, ferner die oft sehr verborgenen Krankheiten der Leber und der Milz. John Marshall 3) erzählt Fälle, wo bei Symptomen von Herzleiden nur eine schmerzhafte Stelle am Dorsaltheile der Wirbelsäule auf Medullarreizung hindeutete, und wo die dagegen gerichtete ärztliche Behandlung erfolgreich war, und versichert, dass Phthisis, scheinbare Leberkrankheiten, Kardialgie, Veitstanz und Gekrösschwindsucht häufig aus derselben Quelle entspringen. Es versteht sich von selbst, dass man bei einem Verfahren nach der epecifischen Methode an Aufmerksamkeit auf alle Symptome den antipathisch heilenden Aerzten nicht nachstehen darf. Umständlichere Anleitungen zur Behandlung der Fieberkrankheiten gehören übrigens in das Gebiet der speciellen Therapie.

1) Traité des fièvres ou irritations cerebrospinales intermittentes, Paris, 1836.

2) Beobachtungen und Untersuchungen über das Wechselfieber. Aachen und Leipzig, 1837.

3) Practical observations on Diseases of the Heart, Lungs, Stomach, Liver etc, occasionated by spinal irritation. London, 1835.

S. 98.

Chronische Krankheiten erinnern an die Psoradoctrin, welche oben (§. 16. 17.) gewürdigt worden ist. Dass die

selben sehr oft von einer, im vegetativen Systeme wurzeladen. Verstimmung der Lebenskraft ausgehen, und dass verborgene Dyskrasieen häufig die Ursache der Hartnäckigkeit dieser Krankheiten sind, wird kein erfährner und unbefangener Pathologe leunen. Man wird aber deshalb nicht unbedingt den Feldzug gegen das Gespenst der latenten Psora eröffnen wollen, und würde, wenn man es thun wollte, es nicht verantworten können, Heilindicationen auf eine Hypothese zu gründen. Der Heerd chronischer Krankheiten kann sich in jedem organischen Systeme befinden, und Erfahrungen in Menge haben gezeigt, dass Arzneimittel hilfreich gewesen sind, von deren specifischer Hinwirkung auf den Absonderungs- und Bildungsprocess Niemand etwas weiss. Doch ist es wahr, was Heineken') sagt, dass dem grössten Theile der chronischen Krankheiten eine abnorme Vegetation zum Grunde liegt, und dass dieselbe bald von allgemeinen, bald von specifischen Schädlichkeiten herrührt. Die allgemeinen therapeutischen Regeln finden hier wie überall ihre Anwendung. Doch glaube ich, einige wenige Bemerkungen nicht zurück halten zu dürfen.

Starke antipathische Mittel sind in chronischen Krankheiten wegen ihrer Gegenwirkungen gefährlicher, als in acuten. Wenn sie nach dem glücklich beendigten kurzen Verlaufe der letzteren eintreten, hat es meistens weniger zu bedeuten. Der Krankheitsprocess hat seinen Cyclus durchgemacht, und fängt nicht so leicht von vorne wieder an, wiewohl Recidive öfters die Folge der späteren Gegenwirkungen zu seyn scheinen. Nach Kuren mit specifischen Arzneimitteln sind Recidive in der That seltener. In lange dauernden, chronischen Krankheiten sind aber die Gegenwirkungen antipathischer Mittel begreiflicher Weise weit nachtheiliger, weil sie die, für den Zweck der Heilung bestimmten primären Effecte ganz aufheben, und überdiess bei länger dauernden Kuren noch eine Menge von Nebenwirkungen hervorbringen, welche den Krankheitszustand complicirter machen,

und die Reconvalescenz erschweren.

Daher ist es sehr rathsam,

wenn solche Kranke nachher nach der specifischen Heilmethode behandelt seyn wollen, in Fällen, wo keine Eile drängt, sie erst eine Zeit lang ohne alle Arzneimittel zu lassen, damit der Organismus Zeit gewinnt, die verschiedenartigen erduldeten Irritationen auszugleichen, und empfänglicher für den Eindruck anderer Mittel zu werden.

Chronische Krankheiten, in denen die, nach allen angegebenen Indicationen gut gewählten Arzneimittel in angemessenen Gaben keine Veränderungen hervorbringen, haben entweder organische Fehler zur Grundlage oder eine Dyskrasie. Die Unwirksamkeit der Mittel ist daher Aufforderung zur genausten Untersuchung aller Verhältnisse und wenn diese wiederholte Untersuchung uns noch in Ungewissheit lassen sollte, so sind unter den, durch Aehnlichkeit der Wirkungsart sich auszeichnenden Mitteln vorzüglich eukratische zu wählen.

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Freiwillige Gegenwirkungsbestrebungen sind in chronischen Krankheiten seltener wahrzunehmen, als in acuten, am seltensten in solchen, die von Dyskrasieen unterhalten werden, weshalb Selbstheilungen auch gar nicht erwartet werden dürfen. Die Totalität der äusseren Erscheinungen hat daher bei diesen Krankheiten einen viel höheren Werth in Beziehung auf die Diagnose und auf die Wahl des anzuwendenden Mittels, weil man weit weniger Gefahr läuft, einer wohlthätigen Reaction Einhalt zu thun, und eine vorbereitete Krisis zu stören.

Wer die fortschreitende Cultur der specifischen Heilmethode von ihrem ersten Auftauchen an bis jetzt geschichtlich verfolgt hat, überzeugt sich immer mehr davon, was sie in den hartnäckigsten und selbst früher für unheilbar gehaltenen Krankheiten zu leisten vermag, wovon unter anderen des erfahrnen Mühlenbeins 2) Heilung des Markschwamms einen merkwürdigen Beweis liefert. Es versteht sich fast von selbst, dass eine gewisse Partei bald mit der Beschuldigung der Unwahrheit dieser

Mittheilungen hervor treten wird. Man ist schon an solche Verunglimpfungen gewöhnt. Indessen wird die Wahrheit doch zuletzt den Sieg davon tragen.

1) Beobachtungen und Erfahrungen, gesammlet auf dem Felde der praktischen Heilkunde. Bremen, 1832.

2) Archiv für die homöopath. Heilkunst. 7. Bd. 1, Heft. S. 52. u. f. und 17. Bd. 1. Heft. S. 75. u. f.

S. 99.

Entzündungskrankheiten spielen eine zu wichtige Rolle und die Behandlung derselben nach der specifischen Methode ist zu sehr angefochten worden, als dass eine etwas ausführlichere Betrachtung dieses Gegenstandes hier übergangen werden könnte. Ich muss bedauern, dass ich meine Ansichten darüber, die sich bei einer langjährigen, sorgfältigen Vergleichung aller älteren und neueren bekannt gewordenen Theorieen mit den Resultaten fremder und eigener Beobachtungen der Natur und eigener Reflexionen gebildet haben, hier nur in Umrissen mittheilen kann.

Entzündung, wie sie sich an äusseren Theilen objectiv darstellt, gleichviel ob sie Reflex eines inneren, allgemeineren, Leidens ist oder blos Folge einer örtlichen Affection, ist allemal eine Krankheit, die sich durch Schmerz, Röthe, Geschwulst und vermehrte Wärme des ergriffenen Theils offenbart, wobei aber Fieber und andere Symptome eines verbreiteteren Leidens nur zufällig sind, und entweder von der vorausgegangenen, allgemeineren Verstimmung des Organismus oder von dem Grade der Theilnahme desselben an der blos örtlichen Affection abhängen. Die ältesten Aerzte haben uns weiter nichts davon überliefert, als Nosographieen. Hippokrates1) erklärt Entzündung kurzweg für eine Blutanhäufung in Theilen, welche sonst kein Blut enthalten, Erasistratus 2) für Einströmung desselben in die kleinen Arterien mit Trübung des darin enthaltenen geistigen Wesens, womit Celsus 3) ganz übereinstimmt. In der Folge hat man sich schon mehr um den physiologischen

Charakter bekümmert, und begreiflicher Weise die Aufmerksamkeit immer dahin gerichtet, wo der Entzündungsprocess seine Rolle spielt, nämlich nach dem Blute und seinen Gefässen. Galen 4) leitet die Blutanhäufung in den kleinen Gefässen nebst dem Austritte ins Zellgewebe von Congestion und von Verstopfung der Gefässe ab, Boerhaave 5) gleichfalls von Verstopfung derselben wegen Zähigkeit des Bluts, Ludwig 6) von Stockung in den Venen. Andere haben die Qualität des Bluts als Ursache bezeichnet, namentlich Sydenham 7), welcher eine, nicht weitererklärte entzündliche Beschaffenheit desselben annahm, ferner C. L. Hoffmann) und Wedekind 9), welche Neigung zu Schärfe und Fäulniss entdeckt zu haben glaubten. Dass man auch von einer Blutentzündung, Hämatitis gesprochen hat, ist hier blos als curiosum anzuführen. Die meisten Schriftsteller haben die Erscheinung einer erhöhten Thätigkeit für das Wesentliche der Entzündungen gehalten. Prevost 10) bezeichnet dasselbe als erhöhte Arteriellität, wobei Vergrösserung des Durchmessers der Gefässe die Hauptsache ist, Hunter 11) als Reaction der Lebenskraft gegen Reize, Cullen 12) als krampfhafte Zusammenschnürung der Schlagadern, Bartels 13) als erhöhte Thätigkeit der, im gesunden Zustande nur Lymphe enthaltenden Haargefässe mit gesteigerten Oxydationsprocesse, den auch Reil 14) anerkennt, Meckel 15) als örtlich erhöhte Lebensthätigkeit, Gmelin 16) als Steigerung der bildenden Kraft, Wendt 17) als gesteigerte Thätigkeit des Gefässsystems, weshalb auch keine asthenische Entzündung denkbar seyn soll, Walther 18) als Aufgehen eines vorher unbekannten Lebensfeuers im einzelnen Organe, Carus 19) als örtlich hervortretendes Gefäss- oder Bildungsleben, Brandis 20) als vermehrte Energie mit gleichmässig vermehrter Vegetation, Kreysig 21) als intensiv gesteigertes Leben. In der Hauptsache stimmen hiermit Burserius 22), Gorter 23) Gautier 24) und die meisten Pathologen überein. Stahl25) hält den Entzündungsprocess für eine heilsame Reaction,

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