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Nervenaffectionen zusammen hängt. Wilson Philipp 10) beweisst den Einfluss des Rückenmarks auf die Bewegung des Herzens. Ob Lännec Recht hat, wenn er Gangrän der Lunge nie für einen Ausgang der Entzündung, sondern für Folge der gesunkenen Vitalität hält, lasse ich dahin gestellt seyn. Warum sollte letztere nicht bei einer Entzündung vorkommen können? Ich glaube, besonders daran erinnern zu müssen, dass heftigen Entzündungskrankheiten Nervenaffectionen vorausgehen, in der Regel ein starker Schüttelfrost. Es ist mir im letzten Winter, wo Peripneumonieen in meiner Umgebung herrschend waren, in mehreren Fällen, wo ich noch während dieses Vorläufers zu den Kranken kam, gelungen, die Ausbildung der drohenden Entzündung ganz zu verhüten, und binnen zwölf Stunden die vollkommenste Gesundheit herzustellen. Wir haben freilich keine mathematische Gewissheit darüber, ob eine Entzündung entstanden wäre; aber ich erzähle die Thatsachen, und nenne die Mittel, die ich angewendet habe, in drei Fällen blos eiskaltes Wasser, alle fünf Minuten zu einem Esslöffel voll, in zwei anderen ähnlichen Fällen bei gleichzeitiger, schnell eingetretener, ausserordentlicher Hinfälligkeit mit Leichenblässe eine kleine Gabe Arsenik. Es ist ausserdem bemerkenswerth, dass nicht selten auch Schmerz der Entzündung schon vorausgeht, und deshalb nicht blos von Anschwellung und Druck auf die Nerven abgeleitet werden kann, sondern vielmehr ein primäres Leiden derselben verkündet. Es wird übrigens bei Zusammenstellung der obigen Bemerkungen und bei Betrachtung des ganzen Processes der Entzündung wohl kein Zweifel darüber zurück bleiben, dass die nächste Ursache derselben in einer Trübung der wahren Lebensquelle gesucht werden muss, nämlich in verletzter Vitalität der Capillarnerven. So wie der Einfluss derselben auf die, mit ihnen verschmolzenen und eins gewordenen Theile nicht mehr normal ist, wird die Indifferenz der Capillargefässe aufgehoben, und sie nehmen entweder den

arteriellen oder den venösen Charakter an, und das Blut selbst erleidet die, diesem Charakter entsprechenden Veränderungen, wobei sowohl Erschöpfung, als Herabstimmung der reproductiven Thätigkeit Statt finden kann, je nachdem der Nerveneinfluss ein verschiedener geworden ist. Daher gibt es auch sthenische und asthenische Entzündungen, und es ist gar kein Grund vorhanden, Krankheiten, die sich durch örtlichen Schmerz, durch Röthe, vermehrte Wärme und Geschwulst zu erkennen geben, und demnach die vollständigen Zeichen der Entzündung an sich tragen, nicht als solche gelten lassen zu wollen.

Man hat ziemlich allgemein angenommen, dass eine vermehrte Blutbereitung der Entzündung wesentlich angehöre. Andral) will sogar den Namen Entzündung verbannt wissen, und dafür Hyperämie an die Stelle setzen, wogegen Cayol12) beweisst, dass man nach sehr heftigen Entzündungen in den Leichnamen gar keine Zeichen davon gefunden hat. Es gibt aber noch viel überzeugendere Beweise gegen die Annahme einer vermehrten Hämotose, und der wichtigste ist unstreitig der, dass man in den heftigsten Entzündungskrankheiten mit ausserordentlich starkem Aufruhr im Blute, wo gar keine natürlichen oder künstlichen Ausleerungen desselben Statt gefunden haben, unmittelbar nach einer eingetretenen Krise gar keine Zeichen von Orgasmus oder von vermeintlicher Plethora mehr findet. Wo sollte aber das Blut auf einmal hingekommen seyn, wenn dessen zu viel gewesen wäre? Wenn man ausserdem noch bedenkt, wie ausserordentlich schnell sich manchmal Entzündungen ausbilden, so ist wiederum nicht wohl zu begreifen, wie in so kurzer Zeit eine allgemeine Vermehrung der Blutmasse habe vor sich gehen können.

1) Essai physiologico

pathologique sur la nature de la fièvre, de l'inflammation etc. Paris, 1823.

2) Ein Wort über die Naturheilkraft, in der allgem. med. Zeitung. 1836. 5. Heft.

3) Beiträge zur Klinik der Chirurgie. Leipzig, 1837.

4) Handb. der speciellen Krankheits- und Heilungslehre. Stuttgardt und Leipzig, 1835.

5) Practical observations on Diseases of the Heart, Lungs, Stomach, Liver etc. occasionated by spinal irritation. London, 1835.

6) Ueber Congestion und Entzündung; in Rusts Magazin für die gesammte Heilkunde. 45 Bd. 3. Heft.

7) Im Archiv für die med. Erfahruug von Horn, Nasse und Wagner. 1836. Jul. Aug. S. 653 u. f.

8) Ueber Entzündung. Hannover, 1837.

9) Kritik der Lehre von der Abtreibung, in der Zeitung für die Staatsarzneikunde. XVI. Jahrgang. 3. Vierteljahrheft. 1836.

10) A Treatise on the more obscure Affections of the Brain, on which the Nature and successful Treatment of many chronic Diseases depend. London, 1835.

11) Précis d'anatomie pathologique. T. 1.

12) Revue médicale. 1833. Juillet. pag. 7.

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Die ältere antipathische und die specifische Heilmethode stehen sich nirgends so schroff gegenüber, als bei der Behandlung der Entzündungskrankheiten. Die erstere, von der Ansicht ausgehend, dass unbedingt örtliche Blutüberfüllung, wo nicht allgemeine Vollblütigkeit in Folge der vermeintlichen gesteigerten Hämotose, die Hauptsache dabei sey, sucht ihr Heil in Blutentleerungen, welche von den Anhängern der letzteren grössten Theils ganz verdammt worden sind. Uebrigens haben schon ältere Aerzte, namentlich Asklepiades1) und Erasistratus2), sich gegen dieselben erklärt, und selbst Galen 3), welcher Aderlässe vielmals empfiehlt, sagt, dass sie nicht bei jeder Turgescenz nöthig seyen, und dass man Vollblütigkeit durch öfteres Baden, durch Bewegung und Frictionen des Körpers heilen könne. Celsus 4) und Forest 5) tadeln den Missbrauch der Blutentziehungen bitter, und die spätere Geschichte zeigt uns, dass zu allen Zeiten einzelne Aerzte darauf gedrungen haben, diesem Missbrauche entgegen zu wirken, dessen nachtheilige

Folgen vielmals geschildert worden sind. Um Weitläuftigkeit zu vermeiden, beschränke ich mich auf einige wenige Citate. Y. Seeds) macht aufmerksam darauf, dass während starker Aderlässe sich Wasser im Gehirn sammlet, weshalb man sich hüten soll, das Blut so lange laufen zu lassen, bis die Zunge kalt wird, und Unbeweglichkeit der Pupille eintritt. Speranza1) theilt sehr merkwürdige Beobachtungen mit, welche zeigen, dass bei den, von Brera behandelten pneumonischen Kranken die tödtlichen Ausgänge mit der Zahl der vorgenommenen Aderlässe in gleichem Verhältnisse stehen. Es starben nämlich von hundert Kranken ohne Aderlass vierzehn, mit zwei bis drei Aderlässen neunzehn, mit drei bis neun Aderlässen zwei und zwanzig und mit mehr als neun Aderlässen acht und sechzig von hunderten. Weiglein) stellt die Resultate mehrerer Beobachtungen zusammen, nach welchen bei Entzündungen, die nach den Regeln der Brownschen Schule ohne Aderlässe behandelt worden sind, die Krisen später erfolgten, hingegen die Reconvalescenz weit schneller war, der Uebergang in adynamische Fieber viel seltener vorkam. Nehrmann 9) berichtet, dass durch Aderlässe in Lungenentzündungen der Athem durch das, in den Lungen stokkende Blut oft so erschwert wurde, dass Erstickung drohte. Kühlbrand 10) beobachtete bei Personen, welche an kalten Fiebern mit Brustentzündung litten, selbst wenn nur eine Tasse Blut gelassen war, schnellen Uebergang in Nervenfieber oder eine ungemein starke Schleimabsonderung in der Brust. Um solche Nachtheile abzuwenden, hat Beddoes!) unmittelbar nach reichlichen Blutausleerungen starke Reizmittel angewendet. Man hat in Fällen, wo Aderlässe nichts fruchteten, oder wo man wegen vorhandener allgemeiner Schwäche etwas Blut sparen wollte, seine Zuflucht zu örtiichen Blutausleerungen durch Schröpfköpfe oder Blutegel genommen, durch welche die überfüllten Gefässe entleert werden sollten. Diess ist übrigens nur möglich, wenn man die Schröpfköpfe oder die Blutegel unmittel

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bar an den entzündeten Theil setzen kann, und die Entleerung ist dennoch nur von sehr kurzer Dauer, weil die Gefässe doch an `der Heerstrasse des Bluts liegen, und der Zufluss nicht gehemmt werden kann. Die Idee einer örtlichen Blutentleerung ist demnach nicht viel mehr, als eine Chimäre, und wenn sie je von Nutzen ist, so bezieht er sich auf die damit unzertrennlich verbundene allgemeine Verminderung der Blutmasse, wodurch der Andrang gemässigt wird. Berres 12) hat diess bis zur Evidenz bewiesen. Sommé 13) hat ganz Recht, wenn er sagt, dass man nicht glauben dürfe, durch die etlichen Unzen Blut, die man abzapft, den entzündeten Theil von dem Blute befreien zu können, welches den krankhaften Process dorthin leitet. Wenn man dem Menschen auch die Hälfte seines Blutes nähme, so bliebe dennoch weit mehr übrig, als es bedarf, um eine sehr ausgebreitete Entzündung zu bilden. Auch der letzte Tropfen Blut würde noch der Entzündung dienen müssen. Ich unterschreibe jedes dieser Worte mit voller Ueberzeugung, welche Jeder gewinnen kann, der mit Unbefangenheit beobachten will. Ich erinnere mich eines, durch die Zeitungen bekannt gewordenen Sectionsberichtes, in welchem es hiess, man habe deutliche Spuren innerer Entzündung gefunden, welche deshalb unheilbar war, weil die eingetretene grosse Schwäche nach vorausgegangenen Aderlässen keine weiteren Blutentziehungen mehr erlaubte. Man hätte besser sagen sollen: wir, die wir die bekannte bessere Methode, Entzündungskrankheiten ohne Aderlässe zu heilen, nicht anzuwenden verstehen, und aus eigensinniger Anhänglichkeit an die Vorschriften der alten Schule nicht kennen lernen wollten, wir konnten diesen Kranken nicht retten. Das unglückliche Dilemma kommt oft vor, WO man sich berathet, ob man einen Kranken an der, durch Blutentziehungen hervorgebrachten Lebensschwäche oder an der Entzündung sterben lassen soll, die man nicht anders, als durch Aderlässe zu heilen versteht. Meine amtliche Stellung bringt es mit sich, dass ich

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