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Magenmuskulatur nach dem Tode aufhören und daher die Luft aus dem Magen nicht weiter befördert wird. Aus den Versuchen, welche von verschiedenen Forschern gemacht wurden, geht hervor, dass Bewegungen der Kindesleiche durch Transport, Stossen oder Schütteln derselben, durch absichtliches Komprimiren und Dehnen des kindlichen Thorax, durch wenige Schultze' sche Schwingungen keine Luft in den Respirationstractus des Kindes gelangen lassen. Nach 15 Schultze'schen Schwingungen, sowie durch Pacini'sche Schwingungen wurden die Lungen theilweise, aber ganz ungleichmässig, lufthaltig; nach ca. 30 Schultze'schen Schwingungen nahm der Luftgehalt der Lungen zu, doch wurden die Unterlappen nie in toto lufthaltig und schwimmfähig. Dadurch unterscheiden sich die Lungen von den Lungen der Kinder, welche gelebt hatten und dann gestorben waren. Die Versuche wurden gemacht bei vor dem Blasensprung abgestorbenen reifen Früchten, zu welchen aus anderen Ursachen keine Luft gelangen konnte. Der Gerichtsarzt wird also eventuell, wenn von irgend einer Seite angegeben wird, es seien regelrecht ausgeführte Schultze'sche Schwingungen in grösserer Anzahl gemacht worden, den Luftgehalt der Lungen auf die Schwingungen zurückführen und nicht auf Gelebthaben des Kindes. Doch wird ein solcher Fall in praxis sich kaum ereignen, da die heimlich Gebärende oder ihre Komplizen Wiederbelebungsversuche kaum vornehmen oder, wenn sie solche wirklich vornehmen sollten, sie ohne Effekt ausführen würden. Denn für die Zuführung der Luft sind eine grössere Anzahl Schwingungen und die regelrechte Ausführung derselben nöthig. Eine Hebamme wäre freilich im Stande, dies mit Erfolg zu thun. Liegen jedoch solche Angaben nicht vor, so wird der Gerichtsarzt nach wie vor und mit vollem Rechte den Luftgehalt der Lungen (Fäulniss ausgeschlossen) von stattgehabtem Luftathmen nach der Geburt ableiten.

Kann durch Bewegungen Luft in den Digestions tractus des Kindes hineingebracht werden? Bei Anwendung von ca. 30 Schultze'schen Schwingungen wird der Magen schwimmfähig, der Anfang des Darmtractus lufthaltig. Pacinische Schwingungen blieben ohne Resultat. Einige wenige (4-5) Schultzesche Schwingungen konnten nach Haun Luftbläschen in den Magen gelangen lassen, nach anderen Experimentatoren jedoch selbst mehr Schwingungen nicht. Zweifelhaft erscheint auch, ob durch Schwenken der Kindesleiche Luft in den Magen des Kindes gelangt. Mit Rücksicht hierauf wird in Zukunft ein Befund von Luft im Magen eines Neugeborenen erst dann als ein Beweis für das extrauterine Leben des Kindes zu verwerthen sein, wenn eine intrauterine Luftaufnahme auszuschliessen ist und nach der Geburt keine Luft in den Magen durch Schwingungen eingetrieben sein kann. Die eigenen Versuche des Verfassers ergänzen die Thatsachen, dass durch wenige Schultze'sche Schwingungen, durch rhythmische Kompressionen des Thorax, Transportiren, durch MarschallHall'sche Schwingungen keine Luft in den Magen oder Darm von Kindesleichen gelangen konnte. Dr. Rump- Osnabrück.

B. Hygiene und öffentliches Sanitätswesen: Beitrag zur bakteriologischen Differenzial-Diagnose der Cholera. Von Dr. Max Bleisch, Königl. Kreisphysikus zu Kosel, O. - Schl. Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten XIII.

Eine der zahlreichen durch die jüngste Cholera - Epidemie veranlassten und ohne Frage sehr nothwendigen Beschreibungen von „cholera - ähnlichen Bakterien". Das von Bleisch aus den Dejektionen eines unter cholera - ähnlichen Erscheinungen gestorbenen Mannes isolirte Bacterium ist mit dem Kochschen Komma - Bacillus nicht verwandt, es ist ein plumpes, nicht gekrümmtes Kurzstäbchen, welches aber namentlich auf der Platte eine sehr bedeutende Aehnlichkeit der Kolonien mit denjenigen des echten Komma - Bacillus zu zeigen scheint. Freilich ist die bakteriologische Differential - Diagnose nicht schwer; das Wachsthum des Bleisch'schen Bacteriums ist bedeutend schneller und kräftiger, dasselbe wächst auch bereits bei Zimmertemperatur auf Kartoffeln und bringt im Brütschrank schon in 16 Stunden Gerinnung in der Milch hervor. Eine Verwechslung beider Bakterien ist somit wohl ausgeschlossen; mit Recht macht Bleisch aber auf die Gefahr aufmerksam, dass, bei dem besonders im Anfang so ähnlichen Verhalten beider Organismen auf der Gelatinplatte, etwa auf der Platte in der Minderzahl gleichzeitig gewachsene Cholerakolonien über

sehen werden können und mahnt daher zur Vorsicht bei Stellung einer endgültigen, negativ ausfallenden Diagnose, ehe man nicht sicher ist, alle ihrem Aussehen nach an Cholerakolonien erinnernden Ansiedelungen sachgemäss untersucht zu haben.

Beachtung verdient ferner die von Bleisch mitgetheilte Thatsache, dass er in seinen Kulturen des echten Komma - Bacillus, welche Schmidtmann aus einem Cholerafall im Kreise Gross - Strelitz isolirt hatte, weder Häutchenbildung auf Bouillon, noch die Cholerarothreaktion mit Schwefelsäure erzielen konnte und dass dieser Komma - Bacillus auch bei Bruttemperatur auf Kartoffeln nicht wachsen wollte. Dr. Langerhans-Hankensbüttel.

Zur Kenntniss des Wachsthums der Kommabazillen auf Kartoffeln. Von Dr. Hans Krannhals, prakt. Arzt, Prosektor am Stadtkrankenhause zu Riga. Zentralblatt für Bakteriologie XIII., 2.

Verfasser sah sich als Prosektor und Bakteriologe am Stadtkrankenhause vor die Aufgabe gestellt, den obersten Medizinalbeamten der Stadt Riga durch Demonstration von mikroskopischen Präparaten und von Kulturen von dem thatsächlichen Vorhandensein der Cholera in der Stadt ad oculos zu demonstriren. Auch er musste mit dem Geständniss hervortreten, dass der gefundene und von ihm als Cholera - Bacillus angesprochene Bacillus das in den Lehrbüchern beschriebene Wachsthum auf saueren Kartoffeln im Brutschrank vermissen liesse. Wunderbarer Weise wurde nun Krannhals, so überzeugend seine übrigen Kulturen auch ausgefallen sein mochten, die Nachlieferung von Kartoffelkulturen zur Bedingung gemacht!!! Er half sich, indem er mit Soda alkalisirte Kartoffelscheiben verwendete, auf denen sich dann im Brutschrank, aber auch bei Zimmertemperatur typische Kulturen entwickelten, welche dann auch bei den Vätern der Stadt die gebührende Anerkennung fanden. Verfasser sah sich nun veranlasst, durch eingehendere Versuche die Bedingungen festzustellen, unter welchen das Kartoffelwachsthum des Cholera - Bacillus stattfindet. Er verwendete drei verschiedene Kartoffelsorten 1. eine gelbe Kartoffel, Oschlapping genannt, schottischer Abstammung, 2. Rosenkartoffeln in den beiden bekannten Species early rose und late rose, 3. weisse Kartoffeln Richter's Imperator und Champion. Uebrigens spielt nach Verfasser die Sorte bei dem Ausfall der Versuche nur insofern eine Rolle, als trockenere Beschaffenheit der Kartoffel das Wachsthum zurückhält. Das Ausschlaggebende ist vielmehr die Reaktion der Kartoffel. Denn es fand ausnahmslos auf sämmtlichen alkalischen Kartoffeln Wachsthum des Cholera-Bacillus statt und zwar nicht nur im Brutschrank, sondern auch bei Zimmertemperatur. Dagegen erhielt Verfasser auf den saueren Kartoffelscheiben in der Mehrzahl der Fälle auch bei Bruttemperatur kein Wachsthum; auf 23 von 136 solchen Scheiben entwickelte sich ein Rasen, der indessen zu den Schilderungen anderer Forscher nur wenig passte und auf Verfasser den Eindruck machte, als ob weniger die Substanz der Kartoffelscheibe, als die mitgeimpfte Gelatine den spärlich erfolgten Bakterienwachsthum die Nährstoffe geliefert habe. Nur in vier Fällen sah Verfasser ein einigermassen charakteristisches, den klassischen Rotzbazillen ähnlichen Rasen entsprechendes Wachsthum erfolgen, hier aber ergab die Kartoffelsubstanz, auf Lakmuspapier gedrückt, alkalische Reaktion. Die Ursache dieses Umschlagens

der saueren Reaktion ist Verfasser nicht im Stande zu erklären.

Verfasser empfiehlt auf Grund dieser Beobachtungen Vorsicht bei Beurtheilung von Kartoffelkulturen und formulirt folgende Vorschläge: Bei Angabe des Kartoffelwachsthums eines Organismus ist zu notiren: 1. die Sorte der benutzten Kartoffel, 2. die Reaktion derselben nach stattgehabtem Beginn des Wachsthums eines Pilzrasens, 3. das Verhalten dergleichen Bakterien auf künstlich alkalisirten Kartoffeln. Ders.

Schutz gegen Seuchen. Ein Weck- und Mahnruf für Stadt und Land. Die Unschädlichmachung von Fäkalstoffen und deren Nutzbarmachung zu Düngemitteln. Von Dr. J. H. Vogel, Geschäftsführer des Sonderausschusses für Abfallstoffe der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft.

Titel und Preis des frisch und flott geschriebenen Schriftchens zeigen, dass dasselbe für die Massenverbreitung bestimmt ist und dieser Zweck mag die

Kürze der Darstellung (14 Seiten), sowie die Art der Beweisführung, welche auf vorgebrachte Gegengründe keine Rücksicht nimmt, bestimmt haben. Es ist natürlich hier nicht der Platz für eine ausführliche Würdigung aller Vorzüge und Nachtheile des von Vogel für Mittel- und Grossstädte mit grosser Wärme empfohlenen Liernur'schen Systems. Wenn aber Vogel ganz apodiktisch sagt: Nachtheile sind mit demselben überhaupt nicht verbunden", so mag nur auf die ernsten Bedenken hingewiesen werden, welche der Einleitung der nur durch Entschlammung gereinigten nach Vogel gefahrlos gemachten Hauswässer in die öffentlichen Wasserläufe entgegenstehen. Gegen diese Gefahren ist die vom Verfasser hervorgehobene Möglichkeit, in jedem Hause, wo eine Epidemie ausbricht, durch eine einfache Vorrichtung die Abwässer von der für sie bestimmten Leitung abzusperren und der Fäkalleitung zuzuführen, denn doch ein sehr unsicheres Mittel! Verfassers Vorstellungen über die Funktion der „Nothauslässe“ bei den Berliner Schwemm - Kanälen entsprechen übrigens dem wirklichen Sachverhalt ebenso wenig, als seine Ausführungen über die Kostspieligkeit der Rieselfelder gegenüber den stetig ansteigenden Reinerträgen der letzteren aufrecht erhalten werden können. Uebrigens steht Ref. auf dem von F. Hoffmann vertretenen Standpunkt, dass die Frage nach der besten Beseitigung der menschlichen Abfallstoffe nicht principaliter, sondern nur von Fall zu Fall zu entscheiden ist und es mag gern zugegeben werden, dass für viele grössere und Mittelstädte, namentlich, wo örtliche Verhältnisse die Einführung der Schwemmkanalisation verbieten, das Liernur'sche System eine wesentliche Verbesserung der hygienischen Verhältnisse bedeuten würde.

Der zweite Theil der Arbeit „Vorschläge für die kleinen Städte und das platte Land" enthält eine warme Empfehlung selbstthätiger Torfmull-Streuklosetts ein Vorschlag der gewiss beherzigenswerth ist, dessen allgemeiner Durchführung leider zahlreiche Hindernisse entgegenstehen dürften. Ders.

Die Cholera in Russland im Jahre 1892. Im russischen Regierungsanzeiger vom 15. (3) Dezember v. J. ist eine Uebersichtstabelle über Gang, Dauer und Intensität der Choleraepidemie veröffentlicht, welche bis zum Monate November reicht und den Gang, welchen die Epidemie auf ihrem Zuge nach Norden und Westen eingeschlagen hat, genau veranschaulicht.

Darnach gelangte die Seuche aus den persischen Häfen zuerst nach der russischen Provinz Transkas pien, von wo sie Anfang Mai offiziell gemeldet wurde und von hier aus Anfang Juni nach zwei Richtungen sich ausbreitete und zwar gelangte dieselbe auf dem Landwege gegen Osten Anfang Juni in die asiatischen Gebiete der Gouvernements Syr-Darja, Ferghana, trat in der zweiten Hälfte Juni in den Bezirken Semiretschje und Samarkand, gegen Ende dieses Monats in Sakata la und Akmolinsk auf, so dass um diese Zeit das ganze russische Gebiet östlich vom Kaspischen Meere und dem Aralsee bereits verseucht war.

Gleichzeitig aber war die Seuche auf dem Seewege an das westliche Ufer des Kaspisee's und mit dem Schifffahrtsverkehr auf der Wolga in die Gouvernements längs dieses Flusses eingeschleppt worden, erschien zuerst in der Hafenstadt Baku der gleichnamigen Provinz, gelangte im Handelsverkehr am 12. Juni nach Astrachan und von hier aus gegen Norden in die Gouvernements am rechten und linken Ufer der Wolga und zwar am 14. nach Saratow, von da im raschen Laufe am 23. nach Ssa mara, am 24. nach Simbirsk, am 25. nach Kas an und am 27. nach Wjatka.

Gleichzeitig hatte sich die Seuche jedoch auch in den kaukasischen Provinzen ausgebreitet, eingeschleppt aus Baku längs der ins Gebirge führenden Handelsstrassen.

Am 13. Juni zeigte sich die Cholera in Tiflis, war am 18. schon gegen Westen in das Kubans'che Gebiet gedrungen und gleichzeitig im Norden in Terek und im Osten in Dagestan zum Ausbruche gekommen. Am 28. Juni war die Seucheninvasion bereits in das Gebiet des Donischen Heeres gleichzeitig aus dem nördlich gelegenen Saratow, von Westen aus Astrachan und von Süden aus Kuban erfolgt.

Die längs der Wolgaufer liegenden verseuchten Distrikte bildeten ein von Süd nach Nord sich erstreckendes Seuchengebiet, von wo aus die Cholera nach Westen und Osten im Laufe des Monats Juli ihren verheerenden Gang fortsetzte.

In dem an Transkaspien, Astrachan und Ssamara angrenzenden Uralgebiete trat die Seuche am 8. Juli, in den nördlich von Semiretschje gelegenen Gouvernements Tomsk am 12. und Tobolsk am 17. Juli auf. In rascher Reihenfolge folgten die an das asiatische Russland angrenzenden Gebiete von Perm am 6. Juli, Orenburg am 8. Juli, Ufa am 18. ferner in der asiatischen Provinz Turgai am 24. Juli.

Im Bereiche des Kaukasus war die Infektion am 7. Juli nach Eriwan, am 18. nach Jelissabetpol, am 20. nach Kars und Stawropol, am 22. Juli nach Kutais eingeschleppt worden.

Auch gegen Westen hatte sich von den Wolgadepartements aus die Seuche ihre Wege gebahnt und im Fluge neue Gebiete erobert. Offiziell wurden die ersten Cholerafälle gemeldet in Woronesch am 2. Juli, in Nisch niNowgorod am 7., in Poltawa, Charkow und Pensa am 8., in Rjasan ain 10., in Kursk am 14., in Tambow am 16., in Orel am 17., in Wladimir am 19. Fast gleichzeitig, am 20. Juli, hielt die Krankheit ihren Einzug in Moskau und Petersburg, wurde am 21. aus Jaroslaw und Jakaterinoslaw, am 25. in Kostroma und am 26. Juli in Tula gemeldet.

Während im Mai nur das Gebiet von Transkaspien verseucht war, herrschte die Cholera Ende Juni in 19 Verwaltungsgebieten und hatte seit Beginn ihres Auftretens bis Ende Juli 47 Gouvernements ergriffen; im Juni waren 18, im Juli 28 Provinzen des russischen Reiches in den Ausweisen zugewachsen.

Im Monate August hatte sich die Cholera im asiatischen Theile des Reiches in den grossen Ländergebieten von Irkutsk am 2. August, Jenisseisk am 4. und Semipalatinsk am 12. August ausgebreitet, wo sie jedoch in Irkutsk nach 2, in Semipalatinsk nach 11 und in Jenisseisk nach 9 Wochen erlosch.

Dagegen aber war die Seuche im europäischen Russland weiter gegen Westen und Norden vorgerückt und war, begünstigt durch den regen Verkehr, im Norden des Reiches am 5. August in Twer, am 15. in Nowgorod, am 20. in Wologda und am 21. in Olonez aufgetreten. Im südlichen Theile war die Seuche erschienen in den Gebieten Taurien am 3. August, Cherson am 8., in Kiew am 16., in Bessarabien am 26. und in Podolien am 30. August. Infektionsinseln bildeten die Gouvernements Lublin, wohin der Krankheitskeim am 1. August wahrscheinlich durch den regen Verkehr der Provinz Polen mit den Städten Petersburg und Moskau eingeschleppt worden sein dürfte, und ferner das Gouvernement Mohilew, welches von der MoskauWarschauer Bahn durchquert wird und wo die ersten Erkrankungen am 30. Aug. gemeldet wurden.

Im August waren abermals 14 Seuchenbezirke zugewachsen, so dass die Zahl der Cholera distrikte seit Beginn der Pandemie um diese Zeit auf 61 gestiegen war.

Während des Monats September wurde eine Weiterverbreitung der Cholera im Osten des Reiches nicht gemeldet, dagegen aber dehnte sich das Epidemiegebiet auf den grössten Theil der bisher verschont gebliebenen Verwaltungsgebiete im Westen aus.

Am 3. September machte sich die Cholera im Gouvernement Wolhynien, am 5. im benachbarten Tschernigow und gleichzeitig in dem südlich von Petersburg liegenden Livland bemerkbar, erschien am 11. in Warschau, am nächsten Tage in Kielce, am 19. in Radom, am 29. in Petrokow (sämmtlich in Russisch-Polen), nachdem vorher am 12. aus Gradno, am 19. aus Minik, am 23. aus Pskow und am 26. aus Smolensk Erkrankungen gemeldet worden waren. Der Zuwachs der verseuchten Gebiete betrug im September 11 Gouvernements und war die Gesammtsumme der bis dahin von der Cholera ergriffenen Distrikte auf 72 gestiegen. Bei der geringen Zahl von Gouvernements, in denen die Krankheit bis dahin noch nicht aufgetreten war, konnte die weitere Ausbreitung im Oktober keine nennenswerthe sein. Es wurden auch thatsächlich in diesem Monate Cholerafälle nur aus dem mitten im Seuchengebiete gelegenen, aber bis dahin verschont gebliebenen Gouvernement Kaluga am 17. Oktober, dann am 10. Oktober aus Kurland und endlich aus den polnischen Gebietstheilen am 14. aus Plozk und am 22. aus Lomsha gemeldet. Die Zahl der bis dahin verseuchten Bezirke hatte die Ziffer von 76 erreicht.

48%.

Die Gesammtzahl der Erkrankungen betrug bis November 551 473, jene der Todesfälle 266 200 In mehreren Gouvernements (Astrachan, Samarkand, Ferghana - Gebiete) ist die genaue Zahl der Erkrankungsfälle nicht bekannt geworden, und für die Uebersichtstabelle aus der Zahl der Todesfälle unter der Voraussetzung berechnet, dass die Lethalität 50 Prozent betrug. Die Erkrankungshäufigkeit (auf 100 000 Einwohner) wird berechnet in den Gouvernements:

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In sechs Gouvernements betrug somit die Zahl der Erkranten mehr als 2 Prozent, in 13 Gouvernements 1-2, und in vier Gouvernements 0,5—1,0 Prozent der Bevölkerung. In allen übrigen Gouvernements blieb die Erkrankungsziffer unter 0,5 Prozent der Einwohner. In den Gouvernements und Gebieten Sibiriens, Zentral-Asiens und des Kaukasus war die Zahl der Choleraerkrankungen durchweg eine ungleich höhere als im europäischen Russland, in welchem nur in vier Gouvernements die Seuche sehr intensiv auftrat.

In den grösseren Städten blieb die Morbidität an Cholera weit unter der analogen Ziffer der Gouvernements und erreichte in keiner die Höhe von 0,5 Prozent der Bevölkerung. (Oesterreichisches Sanitätswesen Nr. 5, 1893.)

Die Verbreitung der Cholera in den im österreichischen Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern im Jahre 1892. Oessterreichisches Sanitätswesen; Beilage zu Nr. 3, 1893.

Von den österreichischen Kronländern ist nur Galizien in stärkerem Maasse von der Cholera betroffen worden. Der erste Cholerafall ereignete sich am 8. September in Podgórze (Westgalizien), dem schon am 11. September die erste Erkrankung in der Stadt Krakau folgte. In welcher Weise und auf welchem Wege die Krankheit in Podgórze Eingang gefunden hat, konnte nicht nachgewiesen werden. Die Mehrzahl der später in Westgalizien ergriffenen Gemeinden (Bezirke Wieliczka u. Krakau) lag in nächster Nähe der beiden zuerst infizirten Städte und am Weichselfluss. Im Monat November erschien hier die Seuche allenthalben erloschen, als plötzlich in Ostgalizien, in dem längs des Zbrucz an der russischen Grenze belegenen Bezirke Husiatyn und Borszczow sich mehrere Seuchenheerde entwickelten, deren Entstehung jedenfalls auf Einschleppung aus Russland zurückzuführen war. Die Gesammtzahl der in Galizien von der Cholera heimgesuchten Gemeinden betrug 32; diejenige der Erkrankungen 207, der Todesfälle 119 = 57,5%. Auffällig war, dass die zuerst erkrankten Personen in ihrer Beschäftigung hauptsächlich mit Nahrungs- und Genussmitteln zu thun hatten.

Eine Verschleppung der Cholera aus den verseuchten galizischen Gemeinden nach den übrigen im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern oder nach Ungarn hat nicht stattgefunden. Im Ganzen sind ausserhalb Galiziens nur 7 Cholera - Erkrankungen, darunter 6 mit tödtlichem Ausgange vorgekommen, und zwar 4 in Niederösterreich (Wien), 2 in Steiermark (Sabofzen) und 1 in Böhmen (Posek). Die Ursache dieser Erkrankungen wird auf die Cholera - Epidemie in Ungarn, namentlich in Budapest zurückgeführt.

Was die gegen die Einschleppung der Cholera von aussen angeordneten sanitätspolizeilichen Massregeln anbetrifft, so stimmen diese im Allgemeinen mit den in Deutschland getroffenen Massnahmen überein: sanitäre Kontrole der aus Russland, Deutschland und der Schweiz kommenden Reisenden, Revision und Desinfektion ihrer Kleider, Wäsche und Effekten; Einfuhrverbote für Hadern, alte Kleider, altes Tauwerk, gebrauchte Leibwäsche

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