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Unter anderem wurde ein Bescheid des Herrn Ministers auf einen Bericht des Herrn Reg.-Präsidenten zu Arnsberg, betreffend die Frage der Zulässigkeit der in den Eisenbahnwagen befindlichen bisherigen Abtritte während des Herrschens der Cholera erwähnt. Der bezügliche Erlass vom 3. September 1892 M. 8391 enthält den Bescheid, dass die Frage, ob die in den einzelnen Wagen der Personenzüge befindlichen Aborte entweder ganz zu beseitigen oder derartig einzurichten sind, dass die etwaigen Stuhlgänge und der Urin in wasserdichte Behälter anstatt auf die Bahnkörper entleert werde, eingehender Erörterung unterzogen, eine Abänderung des bisherigen Verfahrens jedoch nicht für erforderlich und zweckmässig erachtet worden sei." Die Gründe, welche höheren Orts für diese Ansicht massgebend gewesen sind, sind nicht mitgetheilt worden. Vielleicht hat man die Möglichkeit, dass Fäces von cholerakranken Reisenden auf die Bahnkörper gelangen, deshalb für minder wichtig gehalten, weil die Bahnkörper fast nur von den Eisenbahnbediensteten begangen werden und nur zufällig die Exkremente auf Bahnübergänge, Bahnhöfe, Eisenbahnbrücken, bezw. in den Fluss gelangen würden.

Ein anderer, vom Vortragenden erwähnter, vom 4. Oktober 1892 datirte Erlass des Herrn Ministers des Innern und der Medizinal-Angelegenheiten beseitigt etwaige Zweifel bezüglich der Zulässigkeit der Ein- oder Durchfuhr von Margarine", indem hiernach letztere unter den Begriff „Butter" nicht fällt und daber dem Ein- und Durchfuhrverbote nicht unterworfen ist. Infolgedessen mussten die seitens mehrerer Polizeibehörden getroffenen Anordnungen, nach welchen die aus Hamburg eingeführte Kunstbutter zurückgewiesen worden war, aufgehoben werden. Man war diesseits bis zu dem erwähnten Erlasse der Ansicht, dass die Margarine, weil bei der Herstellung derselben viel Wasser und etwa 10 bis 15% Milch verwendet wird und eine Abtödtung der etwaigen Cholerakeime durch die Herstellung selbst nicht erfolgt, bezüglich der Gefahr der Uebertragung der Krankheit wie natürliche Butter zu betrachten sei, zumal auch die fertige Margarine nicht selten mit natürlicher Butter betrügerisch vermengt wird.

Es scheint, dass Angesichts des weiteren Verlaufs der diesmaligen CholeraEpidemie an massgebender Stelle sich die Ansicht, dass der Verkehr mit Waaren betreffs der Weiterverbreitung der Seuche nur von sehr untergeordneter Bedeutung ist, mehr und mehr gefestigt hat. Und in der That, wenn man den grossartigen Konsum von Hamburger Waaren im hiesigen Industriebezirk berücksichtigt, der trotz der Beschränkung immer noch ein recht erheblicher geblieben ist, so können die auf diesem Wege drohenden Choleragefahren nur geringfügige sein, da wir keinen Cholerafall im Bezirk erlebt haben

Reduer geht hierauf auf die Frage näher ein, ob überhaupt den diesseits getroffenen Massnahmen die Thatsache, dass wir vollständig von der Invasion verschont geblieben sind, zu verdanken sein dürfte, oder ob nicht etwa der Schluss: post hoc ergo propter hoc", wie so häufig, so hier falsch sein würde. Seiner Ansicht nach würde es indessen noch viel gewagter sein, zu behaupten: die Massnahmen haben nichts genützt. Er weist hierbei auf die zahlreichen Dampfdesinfektions-Apparate hin, welche im Regierungsbezirk Arnsberg wohl mehr als in anderen Bezirken vorhanden sind und die, wenigstens in den grösseren Städten: Dortmund, Bochum, Hagen, Gelsenkirchen, Hamm u. a. fast beständig mit der Desinfektion von Reisegepäck und sonstigen Effekten der aus Hamburg kommenden Reisenden beschäftigt gewesen sind. In Freudenberg bei Siegen wurde eine aus Hamburg anlangende grössere Sendung von Lumpen, hauptsächlich wollenen Strümpfen und Unterbeinkleidern, die daselbst und möglicherweise noch zur Zeit der Hamburger Epidemie gesammelt waren, polizeilich mit Beschlag belegt. Da die Vernichtung der Waaren durch den Kostenpunkt derselben 3000 bis 4000 M. verboten wurde und auch die Rücksendung unstatthaft war, so wurde die Desinfektion mittelst Ausbrühen in grossen, glücklicherweise in dem Fabrikorte Freudenberg vorhandenen Kesseln angeordnet und durchgeführt. Mehrere aus Hamburg eingetroffene Flüchtlinge, einzelne Personen sowohl, wie auch ganze Familien mit Sack und Pack, wurden rechtzeitig ermittelt und vorschriftsmässig desinfizirt.

Nachdem Redner diese und ähnliche Massnahmen nur beispielsweise angeführt hat, beschäftigt sich derselbe noch mit der Aetiologie der während der Hamburger Epidemie auch im diesseitigen Reg. - Bezirke auffallend häufig, nach Ansicht der mitanwesenden übrigen Medizinalbeamten wirklich ausserordentlich

Eine nur scheinbare

zahlreich vorgekommenen Fällen von Cholera nostras. Häufigkeit derselben, erklärbar etwa durch die Annahme, dass solche Fälle mehr als sonst zur Kenntnissnahme der Medizinalbehörden gelangt sind, muss verneint werden. Insbesondere aber giebt die Thatsache, dass mehrere Todesfälle bei Erwachsenen infolge von Cholera nostras vorgekommen sind, zu denken Anlass, ob nicht gewisse, so zu sagen verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Ursachen des Ausbruchs der Cholera asiatica und denen der Cholera nostras bestehen. Redner steht durchaus auf dem Standpunkt, dass es sich um zwei verschiedene Krankheiten handelt, von welchen die eine auf der Infektion mittelst des Kommabacillus, die andere weder auf letzterem noch auf einem sonstigen bisher nachgewiesenen Erreger beruht. Seiner Ansicht nach ist die Cholera nostras eine Infektionskrankheit, deren Erreger voraussichtlich noch gefunden werden wird und dessen Gedeihen vielleicht durch dieselben zeitlichen Momente, wie bei Cholera asiatica, begünstigt werde. Eine gewisse örtliche und zeitliche Disposition zum Ausbruch der asiatischen Cholera müsse angenommen werden. Redner erwähnt hierauf einen tödtlich verlaufenen Fall von Cholera nostras bei einem etwa 35 jährigen Arbeiter in Bochum. Die von ihm in Gemeinschaft mit dem Kreisphysikus vorgenommene Leichenöffnung bot zunächst ein dem Befunde bei Cholera asiatica so ähnliches Bild, dass man zuvörderst an diese vorliegende Krankheit denken musste. Abgesehen von der Cyanose, der runzeligen Haut, wurde auch die Fechterstellung" der Arme nicht vermisst, und im Dünndarm fand sich eine grosse Menge farbloser mit weissen Flocken untermischter Flüssigkeit. Der Verlauf der Krankheit war nur ein kurzer mit stürmischen Brechdurchfällen und reiswasserartigen Stühlen gewesen. Die bakteriologische, unter allen erforderlichen Kautelen sofort in Angriff genommene Untersuchung des Darminhalts und der gezüchteten Reinkulturen ergab indessen keine Kommabazillen. Wenn schon aus diesem negativen Befunde angenommen wurde, dass es sich höchstwahrscheinlich nur um Cholera nostras gehandelt habe, so wurde die Annahme später noch durch den Umstand bestätigt, dass die Krankheit nicht weiter um sich gegriffen hatte, obgleich dies für den Fall, dass Cholera asiatica vorlag, gewiss geschehen wäre, weil die Häuslichkeit und die sonstigen Einrichtungen in der Familie des Verstorbenen und der Mitbewohner des Hauses zur Weiterverbreitung dieser Krankheit wohl angethan waren.

Nach Schluss der an den Vortrag sich knüpfenden Debatten hielt ein fröhliches Mal die Theilnehmer der Versammlung noch mehrere Stunden lang

zusammen.

Kleinere Mittheilungen und Referate aus Zeitschriften.

A. Gerichtliche Medizin.

Un cas d'infanticide par l'ingestion d'un potage contenant des des fragments d'éponge. Le Progrès médical; 1892, Nr. 48.

In der Sitzung der Pariser Gesellschaft für gerichtliche Medizin vom 14. November 1892 wurde über einen von Cazeneuve in Marseille beobachteten Fall von Kindesmord berichtet, der wohl ein Unikum darstellen möchte. Die Leiche eines 5 Monate alten Kindes wurde 16 Monate nach der Beerdigung ausgegraben, die Weichtheile bildeten nur noch eine unförinliche Masse, in der man vergeblich nach Giften suchte. An Stelle der Bauchhöhle aber fanden sich acht Stücke eines Schwammes, nnd Cazeneuve nahm an, dass sie die Todesursache gebildet hatten. Er erinnerte daran, dass in manchen Gegenden Hunde und Katzen dadurch getödtet würden, dass man sie kleine mit Fett getränkte Schwämme schlucken lässt, die dann aufquellen und eine tödtliche Darmverschlingung herbeiführen köunen, Dem Kinde seien die Schwammstücke in Milch oder Suppe beigebracht worden, und hätten seinen Tod auf die gleiche Weise verursacht. Der Angeschuldigte wurde verurtheilt.

Dr. Woltem a s - Gelnhausen.

Ueber den Nachweis des Kohlenoxydgases im Blute. Von Prof. Dr. Landois. Deutsche mediz. Wochenschrift Nr. 44; 1892.

In der Sitzung des Greifswalder medizinischen Vereins hat Verfasser ein Verfahren zur Ausmittelung des CO - Gases im Blute demonstrirt, welches eine besonders

deutliche Reaktion zeigt und dazu in der Ausführung sich sehr einfach gestaltet. Man bereitet aus dem Kohlenoxydblut eine lackfarbene Lösung, indem man etwa 3 ccm Blut mit 100 ccm Aq. destill. vermischt; es können aber auch stärkere oder schwächere Lösungen verwendet werden. Zur Kontrole dient eine gleich starke Lösung von normalem Blute; beide Lösungen werden in ganz gleicher Weise behandelt. Es werden einige Tropfen verdünnter Kalilauge hinzugefügt, hierauf wenige Tropfen einer wässerigen Pyrogallollösung, dann schüttelt man einmal um und setzt beide Gefässe, welche die Proben enthalten, vollständig gefüllt und vor Luftzutritt verschlossen, hin. Die Probe des normalen Blutes wird schnell, indem die Pyrogalluslösung den Sauerstoff an sich reisst, missfarbig - braun, während die CO-Probe eine rothe Färbung beibehält. Will man die Probe mit Blut machen, in welchem die Blutkörperchen unaufgelöst erhalten worden sind, so mischt man die abgemessenen kleinen Blutproben anstat mit Aq. destill. mit konzentrirter Natriumsulphatlösung. Zweckmässig ist es, beide Proben zu gleicher Zeit vorzunehmen.

Das Verfahren wird denjenigen Herren Kollegen, denen ein Spektralapparat nicht zur Verfügung steht, wegen der Möglichkeit einer einfachen und schnellen Ausführung ein willkommenes Hilfsmittel sein.

Dr. Israel- Medenau.

Beiträge zur Kasuistik der traumatischen Trommelfellrupturen. Von Dr. Veith. Münchener medizinische Abhandlungen, 32. Heft, VIIÎ. Reihe. München 1893. Verlag von J. F. Lehmann, 23 S.

Die traumatischen Trommelfellrupturen nehmen mit den vom Verfasser aus dem Material der Münchener chirurgischen Poliklinik der letzten 5 Jahre zusammengestellten Fällen einen relativ geringen Prozentsatz ein; sie machen im Mittel etwa 0,65% aller Ohrenerkrankungen aus. Die grösste Anzahl von Rupturen fand sich bei Patienten im Alter von 15-30 Jahren; in den meisten Fällen lag nur eine Oeffnung vor, in seltenen Fällen zwei und mehrere. Die Grösse schwankte zwischen Stecknadelkopf- und Hanfkorngrösse. Die Herabsetzung der Hörschärfe schwankte in den verschiedenen Fällen zwischen 0,5 m und 2,5 m Hörweite für Flüsterstimmen auf dem verletzten Ohre; ca. 10% der Falle waren mit Labyrintherschütterung kombinirt.

Für die Beurtheilung der forensischen Fälle der traumatischen Trommelfellrupturen ist zuerst die Frage zu beantworten, ob die Lücke im Trommelfelle wirklich durch ein Trauma gesetzt wurde oder nicht. Um dies festzustellen, ist es vor allen Dingen wichtig, dass der Verletzte in den ersten 2-3 Tagen nach dem Trauma zur Untersuchung kommt. Findet nämlich die gerichtsärztliche Untersuchung erst längere Zeit nach der Verletzung statt, so ist man, da eine Vernarbung bereits eingetreten sein kann, nicht mehr im Stande zu sagen, ob eine Verletzung vorliegt. Es heilen die traumatischen Perforationen vermöge der intensiven Regenerationskraft des Trommelfellgewebes oft schon vollständig in 5-8 Tagen, während die durch Suppuration enstandenen Oeffnungen längere Zeit zur Heilung brauchen und sich überhaupt nicht mehr schliessen, sobald einmal die Wundränder überhäutet sind. Ein weiterer Unterschied ist folgender: Das Auskultationsgeräusch der beim Vasalva'schen Versuch bezw. beim Politzer'schen Verfahren durch die Rupturöffnung strömende Luft ist bei Perforationen, die durch Erkrankungen des Mittelohres entstehen, ein scharf zischendes, selbst bei grossen Substanzverlusten; dagegen hört man bei traumatischen Rupturen eines gesunden Ohres die Luft mit einem breiten, tiefen und hauchenden Geräusche aus dem Ohre strömen. Dabei ist zur Durchtreibung der Luft durch die Tube ein viel geringerer Kraftaufwand nöthig als bei Perforationen pathologischer Natur.

Die Bedingungen, unter denen die Perforationen zu Stande kommen, lassen sich in drei Gruppen bringen: 1) Verletzungen durch unmittelbares Eindringen eines Gegenstandes in das Trommelfell (Strohhalme, Holzsplitter, Federhalter). Nach Untersuchungen an Lebenden und nach den von Zaufal angestellten Leichenversuchen hat sich ergeben, dass in der Mehrzahl der Fälle bei direkten Verletzungen der Sitz der Rupturen in der vorderen Hälfte des Trommelfells zu finden ist. 2) Perforationen, welche durch Fortpflanzung einer Fraktur der Schädelknochen auf das Trommelfell entstanden sind oder durch starke Erschütterung desselben. 3) Perforationen durch plötzliche Verdichtung der im äusseren Gehörgange befindlichen Luft.

Von 43 vom Verfasser zusammengestellten Fällen sind 32, also ca. 75% aller traumatischen Rupturen auf diese Weise verursacht. Unter diesen sind 27 d. i. 58% in Folge von Schlägen auf das Ohr, mit der Faust sowohl, als mit der flachen Hand entstanden. Als Rarität seien noch die bei Erhängten beobachteten Rupturen zu erwähnen, von denen es noch nicht feststeht, ob es eine postmortale, durch Herabfallen der Leiche beim Abschneiden des Strickes verursachte Verletzung ist, oder ob es sich um eine indirekte Ursache (Luftverdünnung in der Tube) handelt.

Bei der Aufnahme der Anamnese muss man betreffs der Aussagen von Zeugen, der Patient sei bisher stets ohrengesund gewesen, sehr vorsichtig sein. Es kann einerseits eine Uebertreibung des Klägers zwecks Erlangung einer höheren Entschädigungssumme etc. vorliegen, andererseits liegt die Erfahrung vor, dass sich oft eine einseitige hochgradige Schwerhörigkeit nur durch einen Zufall zu erkennen giebt und das betreffende Individuum bis dahin nicht nur von Anderen, als beiderseits normalhörig betrachtet wurde, sondern sich selbst beiderseits für ohrengesund gehalten hatte. Hat man einen Patienten vor, der zur Uebertreibung oder Simulation hinneigt, so muss man mit den einfachen und komplizirten Prüfungsmethoden vielfach abwechseln, um ihn zu entlarven. Bei Beurtheilung der Frage, ob die Verletzung eine leichte oder schwere sei, wird man die letztere dann anzunehmen haben, wenn die Perforation mit einer Labyrintherschütterung kombinirt ist, die Knochenleitung also vermindert ist und wenn sich eine Mittelohreiterung der Verletzung anschloss, weil hierbei eine stete Quelle der Lebensgefahr vorliegt. In jedem Falle ist eine längere Beobachtungszeit des Verletzten von mindestens 3 Monaten nothwendig. Ders.

B. Hygiene und öffentliches Sanitätswesen: Untersuchungen über den Typhus - Bacillus und den Bacillus coli communis. Von Dr. Wm. Dunbar, Assistenten am hygienischen Institut zu Giessen. Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten. XII. 4.

Die bei der überwiegenden Mehrzahl der bakteriologischen und epidemiologischen Forscher vorherrschende Ueberzeugung, dass gerade durch das Trinkwasser besonders häufig ausgedehntere Typhusepidemien entstehen, sichert der Untersuchung des Wassers auf die Anwesenheit von Typhus - Bakterien eine ganz hervorragende Wichtigkeit unter den Aufgaben der praktischen Sanitätspolizei zu. Doch ist bekanntlich diese Aufgabe nicht so leicht zu lösen, da das Vorhandensein einer Anzahl „typhusähnlicher Bakterien" die bestimmte Identifizirung des echten Typhus - Bacillus sehr schwierig, ja nach Ansicht einiger Forscher unmöglich machen kann. Namentlich ist es ein Theil der französischen Schule, welcher den Typhus - Bacillus für identisch mit dem gewöhnlichsten Darmbewohner, dem Bacillus coli communis erklärt, welcher unter gewissen Umständen pathogene Eigenschaften annehmen könne. Epidemiologische und, wie wir sehen werden, bakteriologische Gründe werden dieser Ansicht in Deutschland zwar wenig Freunde verschaffen, trotzdem ist von den häufiger vorkommenden und genauer studirten Bakterien das Bacterium coli commune allerdings am meisten geeignet, zu Verwechselungen Veranlassung zu geben. Denn es ist ein regelmässiger Bewohner des menschlichen Darmes, es gedeiht auch besser in gewöhnlichem Wasser, als der empfindlichere Typhus - Bacillus und man wird daher mit grösster Wahrscheinlichkeit da, wo man den Typhus-Bacillus erwarten darf, auch den Bacillus coli communis antreffen.

Verfasser giebt nun in Tabellenform eine sehr vollständige und übersichtliche, durch eigene Nachprüfungen ergänzte, bezw. berichtigte Zusammenstellung der gesammten morphologischen und biologischen Kennzeichen beider Arten. Weder die Beweglichkeit, noch das Wachsthum auf der Kartoffel lässt Verfasser als charakteristische und unterscheidende Eigenthümlichkeiten des TyphusBacillus gelten; auch der Bacillus coli communis ist beweglich und ebenso, wie der Typhus - Bacillus mit Geisselfäden dicht besetzt; auch er vermag unter Umständen das „unsichtbare Wachsthum“ auf der Kartoffelscheibe zu zeigen, während andererseits auch Typhus - Bazillen unter Umständen einen sichtbaren Rasen bilden können. Die übrigen, oft angeführten Unterschiede, welche sich im Aussehen der Platten-, Stich- und Strichkulturen auf gefärbten und ungefärbten Nährboden zeigen, sind nach Verfasser nur quantitativer Natur und lassen daher für eine einzelne Kultur inmitten des Bakteriengemisches einer

stark besetzten Wasserplatte eine schnelle Entscheidung nicht mit Sicherheit zu. Für beweisend hält Verfasser dagegen die Gasbildung in einfachem Fleischwasser und die Gerinnung sterilisirter Milch, zwei Erscheinungen, die nur dem Bacillus coli communis zukommen, bei dem echten Typhus - Bacillus dagegen regelmässig fehlen.

Wenn Verfasser als die schwierigste Aufgabe bei der Untersuchung eines typhus - verdächtigen Wassers die Unterscheidung des Typhus - Bacillus vom Bacillus coli communis bezeichnet, so muss er alle diejenigen Methoden verwerfen, welche das letztere Bakterium, welches sich auf der Platte vom Typhus - Bacillus hauptsächlich durch schnelleres und freudigeres Wachsthum unterscheidet, in seinem Wachsthum hemmen, da es dadurch dem TyphusBacillus nur ähnlicher gemacht wird. Diesen Vorwurf glaubt Verfasser keiner der von ihm im einzelnen beleuchteten Methoden ersparen zu können. Weder die Uffelmann'sche Methode, noch die Verwendung der Kartoffelgelatine nach Holz, noch endlich die Methoden von Parietti, Vincent, Chantemesse-Vidal und Thoinot finden demgenäss Gnade vor seinen Augen, ja Verf. ist sehr geneigt, die verschiedenen positiven Funde, welche die betr. Erfinder mit ihren Methoden erzielt haben, dahin zu deuten, dass sie, durch die Mängel ihrer Methoden getäuscht, den Bacillus coli communis für den echten Typhus - Bacillus gehalten haben! Es wird dieser negative Theil der Arbeit vielleicht einige Einschränkung erfahren; auf jeden Fall ist der entschiedene Hinweis auf die grosse Bedeutung der Milchgerinnung und der Gasbildung des Bacillus coli communis im Gegensatz zum Typhus - Bacillus sehr beachtenswerth. Dr. Langerhans - Hankensbüttel.

Untersuchung der Marktmilch in Giessen. Von Dr. phil. Uhl. (Aus dem hygienischen Institut der Universität Giessen.) Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten, XII. 4.

Auf Veranlassung von Prof. Dr. Gaffky vorgenommene Untersuchungen, welche ähnlich, wie Renk's bahnbrechende Veröffentlichungen über die Verunreinigung der Marktmilch in Halle, bei der in Giessen zum Verkauf gelangenden Milch in erster Linie den Schmutzgehalt feststellen sollen, daneben aber auch den übrigen hygienischen Eigenschaften der Milch, der chemischen Zusammensetzung, dem Grade der eingeleiteten Säurebildung und dem Bakteriengehalt die eingehendste Berücksichtigung schenken. Der Gehalt an Schmutz der mikroskopischen Untersuchung gemäss ausschliesslich aus Kuhkoth, Hautschuppen und Härchen bestehend schwankte innerhalb sehr weiter Grenzen, zwischen 3,8 mg bis zu 42,4 mg Trockensubstanz im Liter Milch, was einem Gehalt von 19, bezw. 212 mg frischen Kuhkoth entsprechen würde! Das Mittel der Verunreinigung, aus 29 Proben berechnet, betrug 19,7 mg Trockensubstanz oder 98,5 mg frischen Kuhkoth im Liter! Da nach derselben Methode in Würzburg nur 2,02 mg, in Leipzig 2,8 mg, in München 9 mg, in Berlin 10,3 mg, in Halle 14,92 mg Trockensubstanz von Schmutz im Liter gefunden wurden, steht Giessen mit beinahe 20 mg in der Reihe bis jetzt obenan; doch ist wohl kaum zu bezweifeln, dass ähnliche Untersuchungen an vielen anderen Orten dieselben Verunreinigungen aufweisen würden; denn die Unsauberkeit des Milchviehs, der melkenden Personen und der zum Melken benutzten Geräthschaften ist häufig unglaublich gross!

Die übrigen Ergebnisse der Uhl'schen Arbeit sind von untergeordneterem Interesse. Erwähnung mag das häufige Vorkommen des Bacterium coli commune finden. Ders.

Ueber die Giftigkeit des von Menschen inhalirten Schwefelwasserstoffs mit besonderer Rücksicht auf die Fabrikhygiene. Von A. Kwilecki. Inaugural - Dissertation. Würzburg 1890; 35 Seiten und 1 Tafel. Verfasser hat durch eine Reihe von Versuchen, die unter der Leitung von Prof. Lehmann im Würzburger hygienischen Institute an Menschen angestellt werden, den zulässigen prozentischen Gehalt der Luft an Schwefelwasserstoff in bewohnten Räumen angestellt. Bei den zum ersten Male mit Menschen angestellten Versuchen wurden folgende wichtige Grenzwerthe für die Möglichkeit des Aufenthaltes von Arbeitern in Räumen, deren Luft durch Schwefelwasserstoff verunreinigt wird, aufgestellt: Die Arbeit ist stundenlang möglich

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