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Von den einzelnen Infektionskrankheiten, die während der dreijährigen Berichtszeit vorkamen, ist Folgendes zu melden: a) Pocken: Im Ganzen 60 Erkrankungen mit 12 Todesfällen, im Durchschnitt also 20 bezw. 4; im 10jährigen Zeitraume von 1881-1890 betrugen die Zahlen 62,2 bezw. 8,5. b) TyphusGruppe: Flecktyphus ist überhaupt nicht, Rückfalltyphus nur in einem vereinzelten Falle vorgekommen, der ohne Folgen geblieben ist. Darmtyphus: Die Zahl der Sterbefälle betrug im Jahre 1881: 337 (10,8 %), im Jahre 1882: 347 (11,4 %); im Jahre 1889: 281 (8,1%), im Jahre 1890: 133 (4,0%), im Jahre 1891: 138 (4,0%). Ueber die Ursache und die Art der Verbreitung haben die Beobachtungen in Berlin auch in diesem dreijährigen Zeitraume genügenden Aufschluss nicht gegeben; weder der in früheren Jahren immer wieder hervorgehobene Wechsel des Grundwasserstandes, noch die Schwankungen in der Bodenwärme bis zu 3 Meter Tiefe, noch der Wechsel in der Witterung, noch auch eine etwa weniger günstige Lage der vom Typhus befallenen Häuser können nach den bisherigen Erfahrungen einzeln oder insgesammt mit Sicherheit als die fördernden Ursachen für die Entstehung und Verbreitung des T. angesehen werden. Auch die Beobachtungen über die Lage der Wohnungen in der Nähe von Kirchhöfen, von Abladestellen für Kehricht, thierische und pflanzliche Abfälle und an allen Wasserläufen haben nichts ergeben."

c) Ruhr: Im Ganzen sind 46 Sterbefälle gemeldet, von denen 33% der Fälle der Altersklasse von 0-1 Jahr, viele von den übrigen weiteren kindlichen Altersklassen angehören. Die Dysenterie ist also in Berlin zu gewöhnlichen Zeiten äusserst selten.

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d) Diphtherie: Die Sterblichkeit betrug für die Durchschnitte der Jahre 1881--1886: 6,50 ‰ der Gesammtsterbezahl, für die Jahre 1887-1891 : 3,600, für die Durchschnittsziffer der Berichtszeit: 3,40 %. Trotzdem seit dem 1. April 1884 für Diphtherie die Meldepflicht besteht, so sind, was man aus den nachträglich durch den Todtenschein bekannt gewordenen Sterbefällen schliessen kann, doch nicht alle gemeldet worden; es betrugen die Todesfälle in toto: 1252, 1549, 1057, von diesen waren nicht gemeldet 17,2%, 15,8%, 13,4% der Fälle. (In den Vorjahren betrugen diese letzteren Zahlen: 27,1, 28,2, 21,9%; ein Fortschritt des Meldewesens ist also nicht zu verkennen). Nachforschungen wegen unterlassener Diphtherie - Meldungen wurden bei 30 Aerzten angestellt und führten theilweise zu Strafmandaten. e) Ein besonders umfangreiches oder bösartiges Auftreten von Scharlach, Masern und Keuchhusten ist nicht beobachtet, genaue Zahlen lassen sich wegen der nicht dauernden Anmeldepflicht nicht angeben. f) Lungenentzündung: Der Durchschnitt der Sterbeziffern betrug für die Jahre 1886 bis 1888: 2005; für die Jahre 1889-1891: 2398. Nach den bisher gemachten Beobachtungen erhöht sich die Sterbeziffer von Jahr zu Jahr, die Steigerung gegenüber den Sterbeziffern von 1879-1884 beträgt 1,50 %. Um geeignete prophylaktische Massregeln dagegen in Anwendung zu bringen, wird zuerst der Antheil ermittelt, welchen an der Pneumonie - Sterblichkeit Masern und Keuchhusten haben, um so die eigentliche (infektöse) Pneumonie ausscheiden zu können. g) Tuberkulose: Die Sterblichkeit an T. beträgt seit vielen Jahren in Berlin etwa 13% (s) der Gesammtsterblichkeit; in den Berichtsjahren: 13,68, 13,16, 13,17%; über Prophylaxe soll weiter unten die Rede sein. h) Kindbettfieber: Im Ganzen 725 Erkrankungen mit 370 51 % Todesfällen. i) Kontagiöse Augenentzündung: vakat. k) Meningitis - cerebrospinalis ist epidemisch nicht vorgekommen. 1) Zoonosen: 9 Fälle von Aktinomycosis, 3 von Milzbrand. m) Influenza: rund 55 000 Erkrankungen; im Uebrigen wird auf das Original und die erschienenen Spezialabhandlungen verwiesen.

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Allgemeine Vorbeugungsmassregeln: Vor und nach Ablauf der übertragbaren Krankheiten ist eine zweck- und zeitgemässe Desinfektion eingeführt, die Anweisung zum Desinfektionsverfahren bei Volkskrankheiten ist durch die Polizeiverordnung vom 7. Februar 1887 bestimmt. Verbindlich wurde die Desinfektion gemacht für Erkrankungen an Cholera, Pocken, Fleck- und Rückfall - Typhus, Diphtherie und nach dem Ermessen des Polizei-Präsidiums nachträglich auch bei Darmtyphus, ferner nach bösartigem Scharlachfieber und bösartiger Ruhr. Auf besondere amtliche Anordung soll ferner Desinfektion stattfinden bei den zuletzt genannten 3 Krankheiten unter gewöhnlichen Verhältnissen, sowie bei Masern, Keuchhusten und Lungenschwindsucht. Die Desinfektion der transportablen Ausstattungs- und Gebrauchsgegenstände muss muss mittelst

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strömenden und erhitzten Wasserdampfes innerhalb der von der Stadt errichteten besonderen Desinfektionsanstalten stattfinden, während die Desinfektion der Krankenräume durch ausgebildete städtische Desinfektoren geschieht, welche mit ihrer Ausrüstung und besonderem Auftrage in die Häuser entsandt werden. Für die Verpackung und Versendung von Gebrauchsgegenständen von Ortschaften ausserhalb Berlins an die Desinfektionsanstalten ist eine besondere Verordnung erlassen worden. Ausser der zum Krankenhause Moabit gehörigen Anstalt hat der Magistrat zur Anwendung von erhitztem Wasserdampf für das Publikum die „Erste öffentliche Desinfektionsanstalt in der Reichenbergerstrasse 66 errichtet. Die Stadt hat über 60 Desinfektoren und Gehilfen angestellt, die gesammte Desinfektion nach ansteckenden Krankheiten ist in die Hand der Stadt übergegangen. Auf die Desinfektion mit Chemikalien sind 1889/90 491 Stunden Arbeitszeit aufgewendet worden (der Hauptantheil an diesem Zeitaufwande fiel der Desinfektionen von Krankentransportwagen zu; die Zahl der Desinfektionen betrug im Berichtsjahre 561 gegen 549 im Vorjahre). Auf Grund polizeilicher Requisition wurden 629, auf Veranlassung von Armenorganen 117 Desinfektionen vollzogen. Die zweite städtische Desinfektionsanstalt, ebenso eingerichtet wie die erste, hat 3 grosse Dampfkessel, welche auch zur Heizung der Barackengebäude des städtischen Obdaches und zur Erwärmung des Badewassers derselben Anstalt dienen, und den zur Desinfektion nöthigen Dampf liefern. Vier Desinfektionsapparate mit Auwendung von direktem und indirektem Dampf bis zu 120° R. sind in Thätigkeit; Ledersachen und Möbel, welche die Einwirkung der Desinfektionshitze nicht vertragen, werden mit Karbolsäure desinfizirt.

Besondere Vorbeugungsmassregeln: I. Pocken-Prophylaxe. In der Königl. Anstalt zur Gewinnung thierischen Impfstoffes waren eingestellt 1889: 132, 1890: 131, 1891: 106 Kälber; Betriebskosten schwankten zwischen 12020,35 und 13019,26 Mark. Die abgewonnene Lymphe wurde durch die vom Bezirksphysikus Dr. Doering erfundene Lymphmühle gebrauchsfähig gemacht, die Verarbeitung des von einem Kalbe gewonnenen Impfstoffes wird in 20-35 Minuten ermöglicht. Die Ausbeute auf das Kalb schwankte zwischen 0 und 24 Gramm. Die Lymphe zeigte sich in einzelnen Fällen bis nach / Jahren haltbar. Der Erfolg bei Erstimpfungen betrug 95,79-96,9 %, bei Wiederimpfungen 87,86—91,97 %.

II. Darmtyphus-Prophylaxe: So oft die Sanitätskommission von zwei oder mehreren Fällen von Typhuserkrankungen in kurzer Folge aus einem Hause Kenntniss erlangt, wird die örtliche Untersuchung des Typhusherdes durch den zuständigen Bezirksphysikus angeordnet; solche Untersuchungen wurden bewirkt im Jahre 1889: 22, 1890: 5, 1891 4. Den Rückgang der Darmtyphus - Sterblichkeit verdankt Berlin in erster Reihe einer geordneten Wasserwirthschaft und die Durchführung der Kanalisation, wodurch der Wohngrund immer mehr gereinigt worden ist. Im Jahre 1889 z. B. kamen von 259 Typhustodten auf kanalisirte Häuser: 209, auf nicht kanalisirte Häuser: 50; das ist auf 5000 Häuser jeder Kategorie berechnet: auf kanalisirte Häuser: 1,1100, auf nicht kanalisirte Häuser: 2,540.

III. Schwindsuchts- Prophylaxe: Der erhebliche Zuzug an Schwindsuchtskranken bei Gelegenheit der Tuberkulin - Kuren gab Anlass zu einer Polizei-Verordnung, betreffend die Desinfektion bei Tuberkulose, vom 8. Dezember 1890. Für die Privat - Krankenanstalten, welche schwindsüchtige Kranke aufnehmen, wurden Vorschriften erlassen, welche in der Hauptsache forderten: Reinlichkeit der Treppen und Eingänge, Freibleiben der Krankenräume von schwer zu desinfizirenden (Polster-) Möbeln und Ausrüstungsgegenständen, Verhinderung des Ausklopfens und Ausstäubens, Desinfektion der benutzten Krankenräume nach Austritt des Kranken, sorgsame Benutzung der mit Wasser gefüllten Spucknäpfe. In Schulen und Gefängnissen wurde für die Befolgung der nöthigen Vorsichtsmassregeln Sorge getragen.

IV. Syphilis-Prophylaxe: In der Berichtszeit hat sich die Zahl der untersuchenden Aerzte auf 8, der zur Desinfektion und Reinigung bei den Untersuchungen nöthigen Bedienungsfrauen auf 4 erhöht; es schweben Unterhandlungen, welche darauf hinzielen, mikroskopische Untersuchungen verdächtiger Genital - Sekrete nach bakteriologischen Methoden anstellen zu lassen. Es wurden 293 088 regelmässige ärztliche Untersuchungen an durchschnittlich 4000 der dauernden Kontrole unterstehenden erwerbsmässig prostituirten Frauenzimmern

und 9468 gelegentliche ärztliche Untersuchungen an solchen Frauen vorgenommen, welche polizeilicherseits aufgegriffen worden waren. Von den Sistirten wurden dem Charité - Krankenhause überwiesen: 1901, 2249, 2164; an den unter dauernder Kontrole stehenden Personen (3713-4364) wurden venerische Krankheiten vorgefunden 1227 1467 1485 Mal. Unter den krank befundenen Personen litten im Ganzen an Tripper: 433 - 483 319; an einfachem Geschwür: 769 1056 1118; an Syphilis: 590 684 637; an Hautleiden : 54 76 90. Bei einem durchschnittlichen Garnisonbestande von 19380 aquirirten durchschnittlich im Jahr 688 Mann 3,49% Geschlechtserkrankungen; unter den Gewerkskassenmitgliedern mit einer Mitgliederzahl (Ende 1891) von 217 894 erkrankten pro anno 9210 Personen = 4,23 %. Die von der Berliner medizinischen Gesellschaft zur Verhütung und Behandlung der venerischen Krankheiten in Berlin vorgeschlagenen Massregeln sind bereits mit den formulirten Sätzen in dieser Zeitschrift abgedruckt worden.

V. Vorkehrungen gegen eine abnorm hohe Kindersterblichkeit: Der Antheil, welchen in Berlin das Alter von 0 bis 1 Jahr an der Gesammtsterblichkeit beansprucht, hat in den Jahren von 1881-1890 zwischen 38-40% geschwankt, unter 37% ist sie nur einmal im Jahre 1885 gewesen. Der Grund in der hohen Sterblichkeit ist in dem Zieh- und Haltekinderwesen zu suchen, welches ja polizeilich überwacht wird, aber noch einer gründlichen Besserung wartet. Hier eröffnet sich der Privatwohlthätigkeit ein weites Feld; von 3342 ein- bis vierjährigen Haltekindern wurden wenig über 200 unterjährige durch private Wohlthätigkeit überwacht, dagegen 1227 im ersten Lebensjahre stehende durch kontrolirende Schutzleute. Hervorzuheben ist der Neubau des Kaiser und Kaiserin Friedrich Krankenhauses im Norden der Stadt, das in allen seinen Theilen die denkbar besten hygienischen Einrichtungen aufzuweisen hat; in der Säuglingsabtheilung sind 12 Mütter mit ihren Säuglingen_unterzubringen.

Wohnstätten. Die neue Baupolizei - Ordnung vom 15. Januar 1887 hat folgende sanitäre Vorzüge zur Folge gehabt: Freilassung grosser, heller Höfe; Verminderung der Kellerwohnungen und Mansarden; Versorgung der häuslichen Bedürfnissanstalten mit Ventilation und Beleuchtung von aussen her; Anlage breiter geradeauf führender heller Treppen. Die nach dem Inkrafttreten der neuen Bauordnung bemerkte Abnahme der Baulust war keine dauernde. Untersuchungen von Wohnungen durch die Bezirksphysiker werden aus folgenden Veranlassungen in's Werk gesetzt: 1. Wenn mehrere Fälle von ansteckenden Krankheiten (2 Typhus-, 3 Diphtherie - Fälle etc.) gleichzeitig in einer Wohnung vorkommen. 2. Bei Denunciationen wegen sanitätswidriger Zustände. 3. Um festzustellen, ob Abweichungen von der Bauordnung mehr oder weniger schwerwiegenden Bedenken unterliegen. Schlafstellen waren polizeilich angemeldet 36 896-36 900, während bei der Volkszählung nahezu drei Mal so viel Schlafleute gezählt wurden; es ist daher anzunehmen, dass viele der Schlafstellen sich der polizeilichen Kontrole entziehen. Im alten und neuen Städtischen Obdach wurden im Jahre 1891 aufgenommen: a) Obdachlose Familien 22 709 mit 111022 Individuen, wobei die Frauen mit Kindern bei Weitem die Mehrzahl bilden. b) Einzelne Obdachlose: 301 766 Männer, 16083 Frauen; die Männer also stark überwiegend. In demselbe Jahre hat der Berliner Asylverein für Obdachlose 109 092 Männern und 17 991 Weibern Aufnahme gewährt; die Männer machen 86-88 vom Hundert aus. Seit seiner Eröffnung schaffte der Berliner Asylverein 2336 797 Obdachlosen ein Nachtlager; was an Beköstigung verabreicht wird, stellte sich während der Berichtszeit auf 8 Pfg. pro Kopf und Tag. Im Männerasyl beginnt Raummangel einzutreten. Von den am Ende 1891 bewohnten 22 343 Grundstücken waren 19 951 (89,3 %) an die Kanalisation angeschlossen. Das Pflaster in Berlin bestand neben 2320780 qm der sechs billigen Steinpflasterklassen, die sich fortschreitend verkleinern, aus 1774 300 qm der theueren Steinpflasterklassen (auf Unterbettungen), aus 771 093 qm Asphalt- und 70 678 qm Holzpflaster.

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Wasserversorgung. Das Wasserbedürfniss der Berliner Bevölkerung für den Tag und den Kopf kann auf 62 bis 65 Liter angenommen werden. Im Jahre 1891/92 war der Durchschnitt 62,27 Liter, der Maximalverbrauch für den Tag und Kopf erreichte 105 Liter nicht. Das Wasserwerk am Tegeler See und das voraussichtlich zum Herbst 1893 in Thätigkeit tretende Wasserwerk am Müggelsee werden zusammen in je 24 Stunden 260 000 cbm Wasser der Stadt liefern können; damit wird also der Bedarf von 2, Millionen Einwohnern ge

deckt werden können. Ca 90% des ganzen Wasserquantums wird innerhalb der Häuser verbraucht, 3,3% für die Kanalisation; 2,3 % für die Strassensprengung; 0,77 % zur Speisung von 12 öffentlichen Springbrunnen; 0,63 % zur Besprengung 81 öffentlicher Garten- und Parkanlagen der Stadt, 0,34 % zur Bespülung der Rinnsteine; 0,844 % für den Betrieb selbst u. s. w. An die Wasserleitung waren am 31. März 1891 21 598 Grundstücke angeschlossen, die Zunahme von 1890 auf 1891 betrug 2,7 %.

Nahrungs- und Genussmittel. Es bestehen jetzt 13 Markthallen, eine vierzehnte ist projektirt und in Angriff genommen. Die Ueberwachung des Nahrungsmittelverkehrs erfolgte einschliesslich der Untersuchungen auf Privatanträge im Jahre 1891 ziffernmässig wie folgt: 4544 untersuchte Proben, davon 870 beanstandet; 256 Mal wurden Strafanträge gestellt, 189 Bestrafungen erfolgten. Die Untersuchung auf Trichinen wurde auch für Schwarzwild angeordnet. Auf dem Zentral - Schlachthofe sowie in den städtischen Untersuchungsstationen wurden auf Trichinen und Finnen untersucht: 570 926 543 578 626 605 Schweine (darunter 280 Wildschweine); trichinös waren 6,152,61 5,23000; finnig waren 30,28-23,72 21,02000. Im Vergleich mit früheren Jahren ist die Zahl der finnigen Schweine in steter Abnahme begriffen. Trichinosis beim Menschen sind nicht vorgekommen. Die Untersuchung des Fleisches bei Fäulniss ist nach der Beobachtung des Kreisthierarztes W. Eber auf folgende Weise möglich: während man sich sonst auf die subjektive Geruchsempfindung verliess, weist man nach Eber die Entwicklung von freiem Ammoniak nach: Ein Reagensglas von 2 cm Durchmesser und 10 cm Länge wird mit so viel des aus 1 Theil reiner Salzsäure, 3 Theilen Alkohol und 1 Theil Aether bestehenden Reagens beschickt, dass der Boden etwa 1 cm bedeckt ist, verkorkt und geschüttelt. Von dem zur Untersuchung vorliegenden Gegenstande wird mit einem sauberen Glasstabe eine Probe abgestreift oder ein erbsengrosses Partikelchen an dem unteren Ende des Glasstabes befestigt; der Glasstab wird eingetaucht, so dass sein unteres Ende etwa 1 cm von dem Flüssigkeitsspiegel entfernt bleibt und auch die Wände des Gefässes nicht berührt werden. Bei Gegenwart von Ammoniak entwickelt sich in wenigen Sekunden ein Nebel, der sich vom Ende des Stabes herabsenkt. Würste waren häufig mit „Carnit" gefärbt, einer Anilinlösung bezw. ammoniakalische. Cochenillelösung; die Strafverfolgung gegen die Vortäuschung einer grösseren Frische wurde mit Erfolg eingeleitet. Die Milch wird auf Strassen, Plätzen und in Verkaufsläden durch geübte Beamte aräometrisch mittelst des Bischoff'schen Milchprobers geprüft; dagegen wurde die Bestimmung des Fettgehaltes nur durch den Chemiker ausgeführt. Im Jahre 1891: 29 480 Milchkontrolen, 5270 Liter Milch wurden beanstandet, 1244 Uebertretungen festgestellt; 692 Bestrafungen von Milchhändlern wegen Uebertretung der Polizeiverordnung vom 6. Juli 1887. In der Berichtszeit sind 1566 Butterproben durch öffentliche, 228 durch geheime Entnahme beschafft und untersucht worden. Bestrafungen von Butterhändlern durch die Gerichte erfolgten 1889: 107, 1890: 452, 1891: 336 Mal. Die Ausrede der Kleinhändler, dass sie die Beimischung der Margarine nicht erkannt haben, wird nicht mehr als geltend zugelassen und bei ihnen die einfache Schmelzprobe als bekannt vorausgesetzt: Reine Butter schmelzt klar, Margarine und Gemische mit ihr schmelzen trübe ab. Für Bier seidel ist am 20. April 1892 die Polizeiverordnung betreffend die Einführung von Spülapparaten mit ständigem Zu- und Abfluss von Wasser erlassen.

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Gewerbliche Anlagen. Ende 1891 bestanden 491 Fabriken mit 94 911 männlichen und 32 145 weiblichen Arbeitern; die Zahl der jugendlichen Arbeiter hatte sich seit dem Jahre 1888 in Berlin um 2085 Personen vermehrt. Zur amtsärztlichen Untersuchung gelangten 1889: 14 Fälle, von denen 6 als belästigend erklärt wurden (Rauch, Geräusche); 1890: 11 bezw. 3; 1891: 34 bezw. 21. In denjenigen Räumen von Neubauten, in welchen Coakskörbe zum Austrocknen der Wände aufgestellt werden, dürfen Töpfer, Maler u. s. w. nicht arbeiten. Im Jahre 1890 wurden 28 306 Werkstätten revidirt; darunter wurden 347 sanitäre überhaupt und 235 wegen Doppelbenutzung (zum Schlafen) beanstandet.

Schulgesundheitspflege. Die öffentlichen Schulen beliefen sich auf 276 mit 3911 Klassen. Bevölkert wurden diese Anstalten von 201 568 Schülern, von welchen 12 8256,36% im Alter von über 14 Jahren standen. Ausserdem bestehen 83 Privatschulen mit 654 Klassen und 19 648 Schülern. Vom Verfasser

wird betont, dass die schulhygienischen Untersuchungen nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn nach dem Muster von Axel Key sich Eltern, Lehrer und Aerzte daran betheiligen. Von Schulärzten ist im Berichte nichts erwähnt. (Ref.) Statistische Erhebung, wie viel Schüler die Tuberkulose in der Schule acquiriren stehen noch aus. Tageslichtmessungen mittelst der Weber' schen Raumwinkelmesser und Photometer sind von Gilbert vorgenommen worden: die Gemeindeklassen hatten genügende Resultate bei heiterem, sehr ungenügende Resultate bei trübem Wetter. Für Spielplätze ist Sorge getragen. Die Summe sämmtlicher Ferienkolonisten betrug am Schlusse der Berichtszeit über 2700 arme Kinder, für welche gegen 90 000 Mark verausgabt wurden. Endlich folgt eine genaue Darstellung der Verhältnisse in der Waisenerziehungsanstalt zu Rummelsburg. (S. Original.)

2,07 % 2,33% 2,13 %; b) Weiber 416

14,81;

Gefängnisse. Als krank wurden im Lazareth folgende Gefangene behandelt und zwar a) Männer: 487 584 552; im täglichen Durchschnitt 9,05 11,46 11,14; im Verhältniss zur täglichen Durchschnittskopfstärke 514 592; 11,62 12,47 2,65% 2,82% 3,10%. Geisteskranke unruhige Gefangene wurden der Charité überwiesen: Männer 16 - 157; Weiber 67-7. An Lungentuberkulose litten 34 22 18; an Syphilis und sonstigen Geschlechtskrankheiten: 114 142 129; an Krätze 57 61 84; an akuten Krankheiten der Athmungsorgane: 93 133 122. Infolge der Verfügung des Polizei- Präsidiums vom 21. Oktober 1889 ist das Impfen bei den Stadtvoigteigefangenen eingeführt; ausgenommen sind alle Untersuchungsgefangenen und alle anderen Gefangenen, welche eine Freiheitsstrafe von weniger als 14 Tagen zu verbüssen haben. In der Irrenabtheilung der Strafanstalt zu Moabit betrug die Gesammtzahl der im Jahre 1891/92 detinirten geistesgestörten Gefangenen 87. Von den durchschnittlich 37,25 Detinirten erwiesen sich an 5859 als arbeitsfähig 19,08; die Arbeit wurde als Heilmittel angeordnet. 15 Isolirzellen sind vorhanden. Die chronische Verrücktheit war die häufigste der beobachteten Geistesstörungen (32); 13 Fälle von akuter resp. subakuter Verrücktheit, 4 Dementia paralytica, 2 Fälle von Seelenstörung mit Epilepsie. 11 Fälle geheilt, 43 Ungeheilt, 1 Todesfall (vorgeschrittene Tuberkulose).

Fürsorge für Kranke und Gebrechliche. Samariterkurse für Schutzleute wurde in der Berichtszeit in 2 Kursen ertheilt, im Ganzen beträgt bis Ende 1891 die Zahl der ausgebildeten Offiziere und Mannschaften 800. Der Magistrat hat 23 Kästen mit Verbandzeug und Mitteln für die erste Hülfe bei Unglücksfällen sowie 20 Tragbahren angeschafft. Für den Etat 1891/92 ist von der Subkommission für das Rettungswesen der Dispositionsfonds von 10000 auf 40 000 Mark erhöht worden. Rettungsvorrichtungen für im Wasser Verunglückte wurden angeschafft (Rettungsball aus Rennthierhaaren mit Rettungsleine, Kahn mit Rudern, Rettungsstange). Die Berliner Sanitätswachen weisen eine erfreuliche Entwickelung auf. Die Stadt Berlin verausgabte im Etatsjahr 1. April 1890/91 für Armenverpflegung, Waisenhaus, Arbeitshaus, städtische Hospitäler, Siechenanstalten und Krankenhäuser, Obdachasyle, Irrenanstalten und Heimstätten für Genesende in Summa: 10953676 M., wovon sich nur 1756 626 Mark durch Einnahmen decken, das übrige durch Kommunalzuschuss aufgebracht wird. Die Steigerung des Zuschusses ist auf 11,57 % berechnet. Zu erwähnen ist ferner das neue städtische Krankenhaus am Urban mit 600 Betten; auf jedes Bett kommt eine Bodenfläche von mindestens 88, qm und bei einer Höhe von 5 m im Erdgeschoss, 5,50 m im I. Stock, ein Luftkubus von 43, bezw. 48 cbm. Ueber die innere Einrichtung und den Betrieb ist Näheres im Original nachzulesen. Die städtische Irrenanstalt zu Dalldorf hatte am 31. März 1889 einen Bestand von 2557 Kranken; Zugang des Bestandes betrug 1889/90:102; 1890/91: 223. Den Formen der Geistesstörung nach hatten die einzelnen Arten sich wie folgt betheiligt: Senile Geistesstörung 12,3 bezw. 6,7 %, die paralitische Geistesstörung 27,5 bezw. 28,6; einfache chronische Geistesstörung 35,6 bezw. 41,8; Idiotie (Imbecillität) 5,0 bezw. 6,1; Epilepsie mit Geistesstörung 19,5 bezw. 16,8%. Als grosser Fortschritt auf dem Gebiete der Rekonvaleszentenpflege ist zu verzeichnen: die Errichtung der Städtischen Heimstätten für Genesende"; dieselben wurden in den Herrschaftshäusern der städtischen Rieselgüter Blankenburg und Heinersdorf eingerichtet. Der Aufenthalt ist auf 3 Wochen berechnet. Die Zahl der Betten beträgt 54 bezw. 60, ausserdem ist in B. noch eine Sommerbaracke mit 16 Betten. Zugegangen waren 200 262 291 Rekonvales

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