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anzutreten seien, unter Morgenstunden aber im Sommer die Zeit von 6 Uhr, im Winter von 7 Uhr Morgens ab zu verstehen sei.

Der Beschwerdeführer war demnach nicht verpflichtet, den um 5 Uhr 34 Minuten von Kolberg nach Köslin abgehenden Zug zu benutzen, sondern berechtigt, bereits am Tage vorher nach Köslin zu fahren.

Die Beschwerde ist deshalb begründet und sind dem Beschwerdeführer noch 9 Mark weitere Tagegelder zu zahlen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleiben nach §. 6, 45 des D. G. K. G. ausser Ansatz.

Kleinere Mittheilungen und Referate aus Zeitschriften. B. Hygiene und öffentliches Sanitätswesen:

Die Frage der Verbesserung der Wohnungsverhältnisse auf der Konferenz der Zentralstelle für Arbeiter - Wohlfahrtseinrichtungen. Von Dr. H. Albrecht in Gross - Lichterfelde. Deutsche Vierteljahrsschrift für öffentliche Gesundheitspflege; 1892, Heft 4.

Der Umstand, dass innerhalb der letzten Jahre die Wohnungsnoth und die Mittel zu ihrer Abhilfe Gegenstand der Verhandlungen der verschiedensten Vereine und Körperschaften gewesen ist, und dass eine schon im Jahre 1888 erfolgte Literaturzusammenstellung etwa 400 Nummern aufweisen konnte, kennzeichnet genügend die Wichtigkeit der Frage. Bei der zweifellos vorhandenen Nothlage müssen wir in der Praxis streng zwischen idealen Forderungen und der Möglichkeit unterscheiden, einem dringenden Bedürfniss vielleicht in einer streng hygienischen Grundsätzen nicht vollkommen entsprechenden Weise abzuhelfen. Der Gedanke, welcher in der englischen Gesetzgebung Verkörperung gefunden hat, grössere oder kleinere Bauquartiere, die sich in einer nicht gesundheitsgemässen Verfassung befinden, zu enteignen und niederzulegen, hat sich nicht bewährt; denn wo diese Bestimmung Wirklichkeit geworden ist, hat sich die Zahl der gänzlich Obdachlosen um ein Beträchtliches vermehrt. Auch wo bei uns in Deutschland alte Stadttheile durch Strassendurchbrüche niedergelegt worden sind, hat sich der Ausspruch Bastiat's als zutreffend gezeigt: was man sieht, sind die prächtigen Wohnungen; was man nicht sieht das Elend derer, die aus schlechten in noch schlechtere Wohnstätten vertrieben wurden."

So manche Bestimmungen der Baupolizeiordnung in Berlin und in anderen grossen Städten, welche unter dem Einfluss der populär gewordenen hygienischen Anschauungen erlassen sind, erschweren der Privatbauthätigkeit gerade nach der Richtung ihre Wirksamkeit, Wohnungen herzustellen, welche dem Bedürfniss des kleinen Mannes entsprechen. Die paar Musterhäuser, welche gemeinnützige Baugesellschaften und ähnliche Vereinigungen hergestellt haben, sind dem Nothstande gegenüber wie ein Tropfen im Meere. Nicht etwa aber soll in der Beiseitelassung des idealen Zieles das alleinige Heil gesucht werden, man soll nur sich bewusst bleiben, dass das Bessere sehr leicht der Feind des Guten sein kann. Wenn man unter Wohnungsnoth nicht gerade Obdachlosigkeit, sondern ein Wohnen breiter Bevölkerungsschichten in hygienisch und sittlich unzulänglichen Verhältnissen versteht, giebt es eine Wohnungsnoth nicht nur in den grossen Städten, sondern fast überall in Deutschland; hier mehr, dort weniger, auch wohl auf dem platten Lande. Der Mittel zur Lösung der Frage sind viele, und Viele sind berufen, daran mitzuarbeiten. Alle Besitzenden haben die Verpflichtung, sich auch hierbei der Bedürftigen anzunehmen, speziell auch die Arbeitgeber, sei es durch die direkte Errichtung von Wohnhäusern, sei es durch finanzielle Förderung gemeinnütziger Aktien - Gesellschaften oder Baugesellschaften. Dahingehende Bestrebungen durch Darleihung niedrig verzinslicher Kapitalien zu unterstützen, liegt ferner den Gemeinden, den öffentlichen Sparkassen, den Invaliditäts- und Altersversicherungs-Anstalten ob. Von grösster Bedeutung aber ist auch hierbei die Stellung, welche der Staat in der Frage einnimmt. Mit direkten Subventionen seitens des Staates hat man mehrfach schlechte Erfahrungen gemacht, bedeutsam ist die Einwirkung, welche der Staat als Gesetzgeber nach dieser Richtung ausübt. In mannigfacher Beziehung erscheint im Augenblick unsere Gesetzgebung auf diesem Gebiet revisionsbedürttig. In dem zweiten Theil seiner Ausführungen wendet Verfasser sich zu den

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technischen Einzelheiten, welche an der Hand einer grossen Anzahl von Musterentwürfen für städtische und ländliche Verhältnisse angepasst in sehr instruktiver Weise besprochen werden. Dr. Meyhoefer-Görlitz.

Die Arbeiterwohnungsfrage in der Gesetzgebung verschiedener Länder. Von Stadtbaurath J. Stübben. Vierteljahrsschrift für öffentl. Gesundheitspflege; 1892, H. 4.

Verfasser geht von einem Gesetzentwurfe aus, welchen der Abgeordnete Julius Siegfried und 76 andere Mitglieder der französischen Kammer eingebracht haben, und dessen Bestimmungen im Wesentlichen folgende sind: Es werden in jedem Departement ein oder mehrere Ausschüsse für Arbeiterwohnungen eingesetzt, welche fördernd darauf einzuwirken haben, dass durch Genossenschaften, Bau- oder Kredit - Aktien - Gesellschaften und Privatleute gesunde und billige Wohnungen erbaut werden, welche bestimmt sind, an Beamte, Handwerker, gewerbliche und landwirthschaftliche Arbeiter vermiethet oder sei es auf Rechnung, sei es auf Abzahlung verkauft zu werden." Sie können Untersuchungen anstellen, bauliche Wettbewerbe veranstalten, Ordnungs- und Reinlichkeitspreise vertheilen, Geldunterstützungen an Baugenossenschaften bewilligen und allgemein ihre Mittel zu Gunsten der Anregung des Baues oder der Verbesserung von Arbeiterwohnungen verwenden. Die Bureaukosten, die Bezahlung des Schriftführers und die Diäten für die Ausschussmitglieder fallen dem Departementshaushalt zur Last. Abgesehen von Geschenken und Stiftungen sollen die Mittel zu Beihilfen folgendermassen zusammenkommen: Die öffentliche Hinterlegungskasse, die nationale Pensionskasse, die Versicherungskassen für Todes- und Unfälle und die Postsparkasse werden ermächtigt, bis zu einem Zehntel ihrer verfügbaren Geldmittel als Hypotheken für die Errichtung von Arbeiterwohnungen darzuleihen. Dasselbe gilt für die Privatsparkassen bis zu einem Zehntel ihrer Hinterlegungen und bis zu einem Drittel ihrer Reserven. Wohlthätigkeitsanstalten, Hospize und Krankenhäuser können mit Genehmiguug der Präfekten einen Theil ihres Vermögens, welcher ein Drittel nicht überschreiten darf, zur Erbauung von Arbeiterwohnungen in den Grenzen ihres örtlichen Wirkungskreises verwenden. Die Einzelhäuser, welche von den im Gesetz bezeichneten Genossenschaften und Gesellschaften errichtet werden, um an Arbeiter gegen Jahresbezahlungen verkauft zu werden, sind von der Grundsteuer, von der Thürund Fenstersteuer und von den Gütern der todten Hand befreit, so lange sie von den Arbeitern, für welche sic erbaut wurden, deren Ehegatten oder Kindern bewohnt werden. Die Stempelgebühren beim Abschluss des Kaufes werden zur Hälfte erlassen, die andere Hälfte kann in fünfjährigen Raten bezahlt werden. Die vorgesetzte Instanz für die Ausschüsse ist ein „Oberer Arbeiter wohnungsrath" im Handelsministerium.

Dieser Gesetzentwurf ist dem belgischen Gesetze vom 9. August 1889 in den Hauptpunkten ähnlich.

In Oesterreich wird der Gegenstand durch das Gesetz zur Beförderung der Errichtung von Arbeiterwohnungen vom 9. Februar 1892 geregelt, welches gleichfalls dem französischen Gesetzesvorschlage in Ziel und Mitteln verwandt ist. Hier werden die öffentlichen Abgaben 24 Jahre lang erlassen, wenn die Wohnungen gewissen gesetzlichen bezw. gesundheitspolizeilichen Bestimmungen entsprechen. (Kein Wohnraum darf mit dem Fussboden unter der Strassenhöhe liegen, die Räume müssen je nach Anzahl der Zimmer bestimmte Flächenmasse innerhalb gewisser Grenzen darbieten.)

In Nordamerika ist die Wohnungsgesetzgebung verschieden von Staat zu Staat und Stadt zu Stadt. Am besten scheint dieselbe in Newyork geregelt zu sein, wo das Gesundheitsamt mit weiten Vollmachten versehen ist. Zwei obere Beamte und 43 Unterbeamte revidiren zweimal jährlich die Miethswohnungen und besuchen häufig des Nachts die Logirhäuser. Für je 2 Familien bezw. 15 Schläfer muss ein Wasserabort, für jeden Einwohner ein Wohnraum von 17 cbm, für jeden Schläfer ein Luftraum von 11,5 cbm vorhanden sein.

Am ausführlichsten sind die Arbeiterwohnungsfragen in dem englischen Gesetz vom 18. August 1890 geregelt. Der erste Theil handelt von den ungesunden Stadttheilen bezw. Häusergruppen. Nach voraufgegangenem gesetzlich festgestelltem Verfahren können ganze Häuserblocks oder Theile derselben, welche gesundheitlich beanstandet werden müssen, baulich geändert umgebaut oder ganz niedergelegt werden. Die Oberbehörde im Gesundheitsamt ent

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muss.

scheidet, ihr Spruch bedarf aber der Bestätigung des Parlaments, welchen der Verbesserungsentwurf behufs etwa anzubringender Abänderungen vorgelegt werden Darauf hat die Gemeinde die Ausführung der erforderlichen Massnahmen zu veranlassen. Der zweite Theil handelt von einzelnen ungesunden Wohnhäusern. Auf Anfordern von vier oder mehr Familien muss der Beamte das Haus untersuchen und über den Befund berichten. Im Uebrigen hat die Gemeinde die Verpflichtung, regelmässige Wohnungsbesichtigungen zu veranlassen. Erkennt sie den gesundheitsschädlichen oder unbewohnbaren Zustand an, so muss sie das Haus schliessen. Durch friedensrichterliche Bestätigung wird diese Massregel rechtskräftig. Jeder Bewohner erhält hiervon Mittheilung, zugleich wird ihm eine Räumungsfrist und gegebenenfalls eine Entschädigung für Rechnung des Eigenthümers bewilligt. Falls der vorschriftsmässige Umbau bewirkt wird, so erhält der Eigenthümer auf Gemeinde beschluss eine Vergütigung. Aehnliche Massregeln können auch bei Häusern Platz greifen, welche nicht an sich ungesund und unbewohnbar sind, sondern anderen Häusern die Luft nehmen (obstructive buildings). Im dritten Theil des Gesetzes sind die Bestimmungen über Errichtung, Verbesserung, Verwaltung und Beaufsichtigung eigentlicher Arbeiterwohnungen (working class lodging houses) enthalten, deren Ueberwachung und Ausführung Sache der Ortsbehörde ist. Diese kann Häuser miethen oder kaufen, zu Arbeiterwohnungen einrichten, oder von gemeinnützigen und anderen Gesellschaften eingerichtete Arbeiterwohnhäuser in Kauf, Miethe oder blosse Verwaltung übernehmen. Die Verwaltung und Beaufsichtigung der in Rede stehenden Wohnungen ist Sache der Ortsbehörde. Gesellschaften, Arbeitgeber und Privatpersonen können amtliche Darlehen erhalten zur Errichtung neuer oder Verbesserung bestehender Arbeiterwohnungen.

(Man ersieht hieraus, dass bei uns die Gesetzgebung in Bezug auf die Sorge für gesunde Wohnungen, insbesondere Arbeiterwohnungen, vielen anderen Staaten gegenüber weit zurücksteht. Es darf aber nicht verkannt werden, dass unsere gesammte sozialreformatorische Gesetzgebung der letzten Jahre in ihrem Bestreben, die ärmeren Schichten zu schätzen, nothgedrungen und billigerweise die Schultern der besitzenden Klassen in hohem Masse belastet hat. Insbesondere trifft dies für die Arbeitgeber in einem Grade zu, welcher sie in einzelnen Gewerbebetrieben ihren von derartigen Lasten nicht gedrückten und billiger produzirenden ausländischen Konkurrenten gegenüber bereits in schwierige Verhältnisse gebracht hat. Daher rührt sicherlich nicht zum kleinsten Theil die starke Strömung im Volke, in den Erlassen von Gesetzen auf dem Gebiete der Sozialreform eine Ruhepause eintreten und erst die bereits erlassenen zur vollen Wirksamkeit gelangen zu lassen. Referent kann sich der Hoffnung nicht hingeben, dass auf Jahre hinaus bei uns eine Wohnungsgesetzgebung erstehen sollte, welche sich inhaltlich an die vorbesprochenen anschliessen möchte.) Ders.

In welcher Weise ist den heutigen gesundheitlichen Missständen der üblichen Arbeiterwohnungen auf dem Lande, in Ackerbau treibenden und gewerbereichen Gegenden erfolgreich entgegenzutreten? Von Dr. Marx-Erwitte. Vierteljahrsschr. f. öffentl. Gesundheitspflege, 1893; H. 1.

Trotz des Vorgehens zahlreicher anderer Kulturstaaten und der vielfachen Anregungen, welche auch bei uns von Einzelnen und Vereinigungen ausgegangen sind (cfr. Miquel's Thesen auf der 14. Versammlung des deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege in Frankfurt a. M.), hat sich die Gesetzgebung in Deutschland der Frage nach den Massregeln zur Erreichung gesunder Wohnungen weder in Stadt, noch Land angenommen. Das Land bedarf dieser Fürsorge ebenso wie die Städte; denn der Unterschied zwischen beiden hat sich durch die immer zunehmende Maschinenarbeit im ländlichen Betriebe mehr und mehr verwischt. Nicht das letzte Motiv zu dem Abströmen der ländlichen Bevölkerung in die Städte ist die elende Wohnung, in welcher der Ackerarbeiter seine ermüdeten Glieder ausruhen muss.

Verfasser fasst seine Ausführungen über die zu ergreifenden Massregeln in folgenden Sätzen zusammen:

1. Eine Arbeiterwohnungsfrage besteht nicht nur in der Stadt, sondern auch in dringlicher Weise auf dem Lande.

2. Die sanitären Uebelstände der Wohnungen landwirthschaftlicher Arbeiter sind in zahlreichen Fällen sehr starke, besonders in den Massenquartieren

der Arbeiter, die aus den östlichen Provinzen während der landwirthschaftlichen Arbeitsperiode nach dem Westen kommen.

3. Den hier bestehenden Missständen müssen, behufs Abstellung, die Ortspolizeibehörden (event. der zuständige Gewerbeinspektor) ihr Augenmerk zuwenden.

4. Für die kleineren Ziegeleien ist eine gewisse Mindestforderung bezüglich der Beschaffenheit der Arbeiterwohnungen aufzustellen, die sich auf den Luftraum, die Grösse und Zahl der Lagerstellen, sowie auf die nothwendigste Reinlichkeit erstreckt.

5. Die Anfertigung von Cigarren ist auf dem Lande in vielen Gegenden eine verbreitete Hausindustrie. Dieselbe hat mannigfache gesundheitliche Uebelstände für die damit beschäftigten Familien im Gefolge bei den jetzigen Wohnungsverhältnissen. Durch einen vernünftigen Zwang in Bezug auf Absonderung des Arbeitsraumes von den Wohn- und Schlafräumen, sowie durch Belehrung über Staubverhütung, Reinlichkeit und Beseitigung des Auswurfes Hustender ist Abhilfe zu schaffen.

6. Das Loos des ländlichen Arbeiters ist durch Schaffung eines eigenen Heims am geeignetsten zu verbessern. Die Gesetze vom 27. Juni 1891 über Rentengüter und vom 7. Juli 1891, betreffend die Beförderung der Errichtung von Rentengütern, zeigen die Wege zur Erreichung dieses Zieles.

Von Interesse sind noch einzelne Zahlenangaben über die Herstellungsweise von gemeinnützigen Gesellschaften errichteter Wohnungen für Arbeiter und kleine Beamten. Die von einer solchen Gesellschaft in Bremen erbauten 300 Häuser haben mit Grund und Boden durchschnittlich 3700 Mark gekostet und enthalten 2 Zimmer mit Küche, Keller, Speicher mit Mansarden, dazu einen kleinen Garten mit Stall. In Hamburg werden derartige Häuser mit Vorgärtchen und Hintergarten für 3500 Mark abgegeben. Die Häuser der Kolonien in Mühlhausen i. E. kosten 2400 bis 3600 Mark. Die Baugesellschaft in M.-Gladbach legt für ihre Häuser (Bauplatz, Garten und Stall eingerechnet) 3900, die in Barmen 4200 M. an, die Berliner Baugenossenschaft bant zweistöckige Häuser zu 6000 und 7000 Mark mit Grund und Boden. Die Gesellschaft „Eigenhaus" in Berlin stellt ein Haus her mit Küche und Zimmer im Erdgeschoss, darüber Kammer mit Bodenraum, dazu Hof und Garten für 2800 M.; eine Wohnung aus 5 Räumen für 3750 M., von 6 Räumen für 5200 M., von 7 Räumen für 6500 M. Die Bergmannshäuser im Saarrevier kosten 2500 bis 3500 M., die der Burbacher Hütte 4200 M., die Arbeitshäuser in Neuenkirchen 3200 M.

Die Punkte 4 und 5 gehören in ein grosses Programm für weite Verhältnisse wohl nicht hinein, da sie Gewerbezweige betreffen, welche trotz der zweifellos grossen Zahl der in ihnen beschäftigten Personen doch nur eine örtliche Bedeutung besitzen, und die in ihnen zu Tage tretenden Schäden an der Hand der Bestimmung zu 3 wohl abgewehrt werden können. Es müsste noch sonst eine Anzahl anderer Industrie- bezw. Hausindustriezweige ebenfalls aufgeführt werden, welche in gesundheitlicher Beziehung die gleiche Beachtung verdienen. So giebt es in des Referenten Gegend nur unerheblichen Ziegeleibetrieb und so gut wie gar keine Cigarrenfabrikation als Hausindustrie, während daselbst ausgebreitete Hausweberei und Glasschleiferei angetroffen werden. Im Uebrigen verweist Referent auch hierzu auf das am Schlusse seines vorhergehenden Referats über den Artikel von Stübben Ausgeführte.

Ders.

Besprechungen.

Zeitschrift für Hypnotismus, Suggestionstherapie, Suggestionslehre und verwandte psychologische Forschungen. Herausgegeben von Prof. Dr. Bernheim (Nancy), Prof. Dr. Danilewski (Charkow), Prof. Delboeuf (Lüttich), Dr. Max Dessoir (Berlin), Dr. van Eeeden (Amsterdam), Prof. A. Forel (Zürich), Dr. Sigm. Freud (Wien), Dr. J. Grossmann (Konitz Wp.), Prof. Dr. Hirt (Breslau), Dr. A. de Jong (Haag), Dr. Liébeault (Nancy), Dr. P. J. Moebius (Leipzig), Dr. Albert Moll (Berlin), Prof. Morsell, (Genua), Dr. van Rentherghem (Amsterdam), Prof. Dr. Rosenbach (Breslau), Dr. Frh. v. Schrenck-Notzing (München), Dr. Sperling (Berlin), Dr.

Lloyd-Tuckey (London), Dr. O. Wetterstrand (Stockholm), unter Mitwirkung einer weiteren Reihe mit Namen angeführter Gelehrter; redigirt von Dr. J. Grossmann (Konitz Westpr.). Berlin 1892/93. Verlag von Hermann Brieger. I. Jahrgang. - Jeden Monat ein Heft in 8°. Erstes Heft im Oktober 1892 erschienen. Jetzt 10 Hefte mit 354 Seiten.

Vorbemerkungen: Welch' eine kurze Spanne Zeit, seitdem die ersten Suggestionsversuche der Nancyer Schule (Liébeault, Bernhein u. a.) weiteren Kreisen bekannt wurden, und welche Verbreitung und therapeutische Verwerthung hat, wie die Gegner sagen, der Suggestionsunfug, oder wie die Anhänger verkünden, die Suggestionslehre als neue Wissenschaft gefunden! Noch vor wenigen Jahren gehörte es in psychiatrischen und neurologischen Kreisen zum guten Ton „die französischen Komödien" vornehm zu ignoriren, heut zu Tage reihen sich dem Schweizer Vorkämpfer der Suggestionslehre Forel schon ein v. Krafft-Ebing und andere hervorragende Irren- und Nervenärzte an. Jedenfalls kann man, wie Wundt in seinen philosophischen Studien bemerkt, jetzt an diesen Dingen nicht mehr schweigend vorbeigehen, sondern muss zu ihnen Stellung nehmen.

Ist denn die Suggestion wirklich so etwas Neues? So lange es Menschen giebt, hat die Macht der Vorstellung und das ist doch Suggestion - im Einzeldasein und im Leben der Völker ihre entscheidende Rolle gespielt. Jahrhunderte hindurch sehen wir suggerirte Einzelvorstellungen das Geistesleben ganzer Völkerschaften dominiren, oft (Hexenglaube u. A.) ihren vernichtenden Einfluss ausüben, aber auch zum Heilmittel von mancherlei Schäden im Volksleben werden. Und im Einzelleben? Früher wie heute suggerirt das tröstende Mutterwort dem Kinde beruhigende Vorstellungen, früher wie heute bringt der psychische Einfluss des Arztes dem Kranken so oft die beste Linderung und glättet das Wort des Priesters die Wogen der Seelenangst gläubiger Gemüther! Ohne Weiteres muss auch die Heilwirkung des psychischen Einflusses bei bestimmten krankhaften Zuständen zugegeben werden. Das lehrt ja seit Menschengedenken die alltägliche Erfahrung (Heilungen durch sympathetische Kuren, Besprechen; durch religiöse Vorstellungen, durch Homöopathie und manche alleopathische Kuren, durch Geheimmittel und vieles Andere).

Was giebt denn nun der eingeredeten Vorstellung im Einzelfalle diese Kraft? Vertrauen und Glauben des zu beeinflussenden Individiums an die Macht der beeinflussenden Persönlichkeit! Nun wissen wir aber, dass dieses Vertrauen oder der Glaube an das In- Wirklichkeit - Treten einer Versicherung

und dieses Vertrauen nennen wir heute die Suggestibilität einer Persönlichkeit also wir wissen, dass die Suggestibilität um so stärker ist, jemehr der Beeinflussende der Versuchsperson oder dem Kranken zu imponiren vermag, und je geringer die psychische Energie des zu Beeinflussenden ist.

Bei jeder Psychotherapie spielen also die Persönlichkeit des Psychotherapeuten und die Suggestibilität des Kranken, also ein psychisches Abhängigkeitsverhältniss des Letzteren von Ersterem die Hauptrollen; und der Erfolg jeder Psychotherapie und Aehnliches lehrt ja auch die Nancyer Schule wird davon abhängen, ob der Suggerirende die Kunst besitzt, die Suggestibilität bei scinem Kranken zu wecken.

Frühere Psychotherapeuten suchten Letzteres dadurch zu erreichen, dass sie bona oder mala fide ihre Persönlichkeit mit dem Nimbus besonderer geheimnissvoller Kräfte auszustatten suchten. Die Geschichte des Mesmerismus und Occultismus giebt hierfür genügende Belege. Die Mehrzahl der heutigen Psychotherapeuten verzichtet aber auf diesen Kunstgriff. Sie sucht die Wirkung ihrer Manipulationen dadurch zu erhöhen, dass sie die psychische Widerstandsfähigkeit des zu Behandelnden künstlich möglichst tief herabsetzt. Dies wird bekanntlich dadurch erreicht, dass durch Fixirung der Geistesthätigkeit auf einen bestimmten Sinneseindruck und durch Suggestion künstlich ein schlafähnlicher Zustand, die Hypnose, erzeugt wird. Hypnose bedingt eine vorübergehende partielle Lähmung der Hirnthätigkeit, eine Bewusstseinshemmung. In diesem immerhin krankhaften Zustand der Grosshirnrinde sind die der zu suggerirenden Vorstellung entgegen wirkenden Neben- oder Hemmungsvorstellungen paralysirt, während die Receptionscentra weiter funktioniren. Die eingeredeten Vorstellungsgruppen werden also aufgenommen, centri-sc. psychopetal weiter geleitet, ohne Korrektion als Gedächtnissbild in der Hirnrinde deponirt, und können nun zu Willensimpulsen werden

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