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Als Gebühren für Desinfektoren wurden bis auf Weiteres 50 Pf. pro Arbeitsstunde einschl. der zurückzulegenden Wege, wobei jede angefangene Stunde voll zu rechnen, festgesetzt, als Mindestbetrag für jede Verrichtung aber 1 M.

Der Kreis behielt sich vor, im Falle der Unbemitteltheit für Erstattung der Kosten aufzukommen.

Jeder Amtsvorstand erhielt aus Kreismitteln 1 Karton mit je 6 Röhrchen Angerer Pastillen zu 10 Stück à 0,5 gr Sublimat mit der Weisung, für jede Desinfektion eines Krankenraumes dem beauftragten Desinfektor ein Röhrchen auszuhändigen.

Dieser hat gleich bei Ankunft an Ort und Stelle sämmtliche 10 Pastillen vorschriftsmässig zu lösen und nach stattgehabter Desinfektion alle Reste in den Abort zu giessen.

Zur Herstellung von Kalkmilch hat jeder Amtsbezirk 25 Ctr. Stückkalk zu beschaffen.

Unser Kreis ist einer der ärmsten der Monarchie. Dennoch war jetzt die nöthige Bereitwilligkeit da und dieselbe musste benutzt werden.

Von den Desinfektoren waren je 5 Freistellenbauern und Häusler, 4 Schuhmacher, je 3 Barbiere bezw. Heildiener, Tischler und Fleischbeschauer, davon 2 gleichzeitig Gastwirthe und je 1 Schneider, Gartenarbeiter, Gemeindevorsteher, Amtsbote, Stellmacher und emer. Lehrer, zusammen also 29 Desinfektoren auf ca. 50000 Kreisinsassen.

Ich mache mir keine Illusionen über die Vortrefflichkeit dieser Massregeln, sie tragen zum Theil die Spuren der Eile, aber es ist zunächst etwas geschaffen, worauf sich in Zukunft mit der nöthigen Zähigkeit weiter bauen lassen wird.

Desinfektion auf dem Lande.

Von Dr. Ascher, Kreis wundarzt in Bomst.

Die Theilnahme an dem Weyl'schen Desinfektionskursus in Berlin im Oktober v. J., sowie der Versuch, ähnliche Einrichtungen wie dort auch bei uns auf dem Lande zu schaffen, sind die Veranlassung für die folgenden Zeilen geworden.

Das Wichtigste bei einer ansteckenden Krankheit wird in Bezug auf deren Verbreitung sein, dass während der Krankheit selbst die Ausbreitung möglichst beschränkt wird. Ich sage ,möglichst", denn auf dem Lande ist die Absperrung eines Patienten deshalb meist unmöglich, weil die Leute nicht in ein Krankenhaus wollen oder können, und die ganze Familie, wenigstens bei uns im Osten oft in einem einzigen Raume und in zwei gemeinschaftlichen Betten haust. Der Arzt kommt gewöhnlich erst, wenn die Krankheit auf ihrem Höhepunkt ist und bedrohliche Erscheinungen gemacht hat; dann ist aber anzunehmen, dass alles, was infektionsfähig war, auch bereits infizirt ist. Nichtsdestoweniger müssen wir alles, was mit dem Genesenen oder Gestorbenen in Berührung gekommen ist, reinigen und desinfiziren lassen.

Dazu ist im Allgemeinen zu zählen: Bett- und Leibwäsche, die Betten, Nachtgeschirre, Speigläser etc., ferner der Fussboden und seit Cornet's Untersuchungen über Tuberkulose auch Wände und Decke, kurz, das ganze Krankenzimmer, nicht zu vergessen endlich, den Genesenen selbst. Für letzteren genügt ein warmes Seifenbad auf dem Lande allerdings meist ein frommer Wunsch. Wird das Krankenzimmer den Vorschriften der Berliner Desinfektionsanweisung nach desinfizirt, so ist als Bedingung aufzustellen, dass die Desinfektion innerhalb eines Tages vollendet ist, weil man auf längere Zeit namentlich ärmere Angehörige kaum von der Benutzung der noch nicht desinfizirten Betten und Kleidungsstücke des Patienten zurückhalten kann. Zu beanspruchen ist ferner, dass das desinfizirte Zimmer am Abend wieder bewohnbar ist, es sei denn, dass mehrere Räume zu Gebote stehen. Bei der Desinfektion einer Wohnung in Berlin erzählte uns auf unsere Frage die Inhaberin, die erst vor Kurzem eine Desinfektion erlebt hatte, dass das Zimmer Abends in Folge der Feuchtigkeit nicht bezogen werden konnte. In der That ist auch wenig wahrscheinlich, dass eine so grosse Wassermenge, wie sie zur Desinfektion nach Berliner Muster gebraucht wird, von Mittag bis Abend selbst durch Heizen entfernt werden kann, ausgenommen vielleicht durch mehrfach aufgestellte Koaksöfen etc. oder im Hochsommer. Dass aber die Leute ein noch feuchtes Zimmer beziehen, dürfen wir unter keinen Umständen zugeben, sonst hätten wir auch kein Recht, baupolizeiliche Vorschriften über Beziehen von Neubauten etc. zu verlangen. Und bei der Desinfektion ist es nicht allein die Feuchtigkeit, sondern auch der unangenehme Karbolgeruch, der berücksichtigt werden muss. Kommen diese Missstände aber schon in Berlin bei glatten Wänden und glattem Boden vor, um wievielmehr wird dies erst bei Lehm-Wänden und -Fussboden der Fall sein.

Man wird mir nun vielleicht erwidern, dass wir uns mit der Desinfektion dessen, was mit dem Patienten und dessen Auswurf in unmittelbare Berührung gekommen ist, begnügen können. Das festzustellen, ist aber unmöglich; denn bis wir den Leuten beibringen, nicht auf den Fussboden zu spucken, namentlich, wenn es sie im Halse kratzt, darüber wird noch manche Zeit vergehen. Wollen wir wirklich die Desinfektion auf dem Lande einführen, wo die Wohlhabenheit geringer und andererseits die Ausführung der Desinfektion schwieriger und kostspieliger ist, so müssen wir auch mit gutem Gewissen einen irgendwie sicheren Erfolg versprechen können, und das ist nur möglich, wenn wir versuchen, das möglichst Beste einzuführen.

Zur Durchführung der Desinfektion nach Berliner Muster wird es in erster Linie auf die Beschaffung eines DesinfektionsApparates für strömenden Dampf ankommen. Was für ein Apparat gewählt wird, ist ziemlich gleichgültig; die billigsten und als vollkommen bewährt gefundenen sind zur Zeit die Krone - Cornet'schen aus der Fabrik von Senking in Hildesheim (Kostenpreis: 180-400 Mark, soweit mir bekannt). Für die ländlichen Verhält

nisse genügt ein Apparat, der so gross ist, dass ein Federbett hineingeht, also mit einem Raum von 50: 80 cm. Matratzen kommen hier selten vor, und wer solche besitzt, hat auch die Mittel, sie in einer näheren grösseren Stadt desinfiziren zu lassen. Die Frage, ob stationärer oder transportabler Apparat wird sich nach lokalen Verhältnissen beantworten lassen. Nur muss es als unstatthaft angesehen werden, die infizirten Sachen „gelegentlich", wie Matthes1) meint, zur Desinfektionsanstalt zu senden; denn wir müssen eben als Norm festhalten, dass die gesammte Desinfektion innerhalb eines Tages bewerkstelligt ist. Ebenso unzulässig erscheint der Vorschlag von Matthes, diese Sachen in mit 5% Karbollösung getränkten Säcken zu verschicken. Zwischen den Fäden des Sackes können die Bazillen sehr bequem heraus, und die bloss in den Fäden enthaltene Karbollösung, die bald verflüɔhtigt ist, hält sie ebensowenig zurück. Der Transport muss also keimdicht geschehen, denn sonst richtet so ein Bauer, der vor jeder Schenke hält, mit seinem Bakterien - Transport mehr Schaden an, als wenn die Sachen zu Hause ausgewaschen würden. In Bezug auf die Verpackung der Sachen müsste daher in den Kreisen, wo stationäre Apparate sind, die Absendung in festen, mit Blech ausgeschlagenen Kisten vorgeschrieben und in jeder Gemeinde derartige Kisten beschafft werden; denn auf Abholung der Sachen durch besondere Wagen und von dazu geschultem Personal, wie in Berlin, müssen wir auf dem Lande von vornherein verzichten.

Ist für die Desinfektion der transportablen Sachen genügend gesorgt, so handelt es sich weiter darum: Wer soll die Wohnung desinfiziren? Entschieden ein dazu vorgebildeter Mann; denn einer Diakonissin, wie jüngst vorgeschlagen, können wir eine Wohnungs-Desinfektion nach Berliner Muster nicht zumuthen.

Ausser dem eigentlichen „Desinfektor" braucht man aber noch einen Mann oder auch eine Frau, die ihm dabei hilft. Zum Desinfektor wird man im Allgemeinen den Heildiener, wo sich ein solcher vorfindet, ausbilden lassen. Dass es einer eigentlichen Ausbildung bedarf, wird Niemand bezweifeln, der die Desinfektion einer Wohnung praktisch ausgeführt oder unter seiner Leitung hat ausführen lassen; man begreift oft nicht, wo all' der Schmutz in den Wohnungen herkommt und andererseits verursacht in den besseren Wohnungen die Desinfektion der geschnitzten Möbel, der Spiegel u. s. w. oft die grössten Schwierigkeiten. Ist kein Heildiener

im Ort, so wird man auch bildungsfähige Elemente schon finden, wenn nur die Bezahlung eine entsprechende wird. Die letztere Frage ist nicht zu unterschätzen, namentlich, da man schwerlich die ländlichen Desinfektoren als Beamte anstellen, sondern ihnen voraussichtlich eine ähnliche Stellung anweisen wird, wie den Hebammen, also staatliche Kontrolle, aber privater Erwerb. Das Beispiel mit den Hebammen hinkt jedoch in zweifacher Beziehung: in Bezug auf die Ausrüstung und in Bezug auf die Bezahlung. Die Ausrüstung ist wesentlich theurer diejenigen der Berliner

1) Zeitschrift für Medizinalbeamte, Heft 19, 1892.

Desinfektoren als Muster angenommen und muss ausserdem auch für die Hilfsperson vorhanden sein; und bei der Bezahlung fragt es sich, wer die Kosten trägt. Denn dass ein Bauer die Hebamme bezahlt, die seine Frau entbindet, das leuchtet ihm ein, dass er aber den Desinfektor bezahlen soll, nachdem sein Kind gesund geworden oder gestorben ist, also bloss, damit Andere sich nicht anstecken das wird man ihm schwer plausibel machen. Dazu kommt, dass, wenn erst einmal die Kosten und die Umstände einer Desinfektion bekannt werden, die Leute noch mehr als bisher Krankheiten geheim zu halten versuchen werden. Hier also muss ein grösserer Verband, Kreis oder Provinz eingreifen, und auch die Kosten für Ausbildung und Ausrüstung der Desinfektoren übernehmen, wogegen sich diese verpflichten müssen, die Desinfektionen bei Armen unentgeltlich vorzunehmen und, was die Hauptsache ist, eine gewisse Zeit an einem bestimmten Orte. zu bleiben.

Die Frage nach der Anzahl der Desinfektoren wird sich ebenfalls nur nach lokalen Verhältnissen beantworten lassen. Als erstrebenswerth muss gelten, dass womöglich in jeder grösseren Landgemeinde oder wenigstens in jedem Orte, wo sich ein Arzt oder eine Apotheke befindet, auch mindestens ein Desinfektor ist, damit die Kosten der Desinfektion nicht noch durch grössere Reisen des Desinfektors unnöthig erhöht und dieser auch möglichst früh am Tage mit der Desinfektion beginnen und sie stets bis zum Abend vollenden kann.

Wir kommen also zu folgenden Schlüssen:

1) Die Desinfektion nach der Berliner Desinfektions- Anweisung ist auf dem Lande wünschenswerth und mit geringen Abänderungen durchführbar.

2) Es ist auch hier zu verlangen, dass dieselbe innerhalb eines Tages vollendet und, wo kein zweiter Wohnraum vorhanden ist, der desinfizirte Raum am Abend wieder beziehbar ist.

3) Die infizirten Sachen müssen in demselben Zeitraum desinfizirt und getrocknet werden.

4) Die Desinfektion muss von einem geprüften, ausgebildeten Desinfektor vorgenommen werden.

5) Der Transport infizirter Sachen nach einem DesinfektionsApparat darf nur in keimdichter Verpackung erfolgen, also am besten in Kisten, die mit einem Blech ausgeschlagen sind.

Aus Versammlungen und Vereinen.

Bericht über die Versammlung der Physiker des Herzogthums Braunschweig.

In der am 10. Dezember v. J. in Börssum abgehaltenen Versammlung des Vereins der Physiker des Herzogthums Braunschweig wurden zunächst die vorgelegten Statuten, die mit denjenigen des Preussischen MedizinalbeamtenVereins im Wesentlichen übereinstimmen, berathen und genehmigt. Den weiteren Gegenstand der Tagesordnung bildete eine Eingabe an das Herzogliche Obersanitäts-Kollegium, betreffend Einrichtung von Fortbildungkursen, die damit begründet wurde, dass die Lehre von den hygienischen Untersuchungs

methoden in der jüngsten Zeit eine bedeutende Ausdehnung genommen habe und nicht nur auf dem Gebiete der Bakteriologie, sondern auch in allen übrigen Disziplinen der Hygiene eine Reihe neuerer Verfahren entdeckt und ausgebildet seien, deren Kenntniss für die Medizinalbeamten sowohl in ihrem eigenen als im öffentlichen Interesse unerlässlich sei. Im Königreich Preussen habe man daher mit Erfolg hygienische Fortbildungskurse für sämmtliche Physiker und Regierungs- und Medizinalräthe eingerichtet; ein Gleiches sei auch für die Physiker des Herzogthums Braunschweig erforderlich, wenn diese ihre Pflichten als Gesundheitsbeamte in vollkommener Weise als bisher genügen sollten.

Die anwesenden Physiker erklärten sich mit der Eingabe einverstanden, in der ausserdem die Erwartung ausgesprochen war, dass bei Einrichtung solcher Kurse den theilnehmenden Physikern Tagegelder und Reisekosten sowie eine Entschädigung für Stellvertretung in ihrer Praxis gewährt werden möge.

Den Schluss der Berathung bildete eine kurze Mittheilung des Physikus Dr. de Bra über die gerichtsärztlichen Gebühren. Von einer eingehenden Besprechung dieser Frage wurde mit Rücksicht darauf, dass ein darauf bezüglicher Antrag bereits der Aerztekammer vorliegt, Abstand genommen.

Kleinere Mittheilungen und Referate aus Zeitschriften.

A. Gerichtliche Medizin.

L'obsession criminelle morbide par le Dr. Magnan und l'obsession de meurtre par le Dr. Ladame, zwei auf dem letzten Anthropologen - Kongress in Brüssel gehaltene, von Dr. Lewald-Liebenburg übersetzte und in den Nummern 3-6 des Irrenfreundes veröffentlichte Vorträge beschäftigten sich mit dem forensisch hochwichtigen Gebiet der Zwangsvorstellungen bezw. Zwangshandlungen.

Die Ausführungen Magnan's kommen zu dem Satze, dass Zwangsvorstellungen bei geistig normalen Menschen nicht zu Zwangshandlungen führen, weil hier die konstrastirenden Gegenvorstellungen zur Geltung kommen. Bei hereditär zu Psychosen Disponirten, also bei Degenerirten ist letzteres trotz lebhaften inneren Kampfes oft nicht der Fall, und deshalb das Zur-Thatwerden des Gedankens, die impulsive Handlung. Magnan unterscheidet 4 Reihen von Zwangsvorstellungen:

1. solche, die zum Morde treiben, 2. die auf Eigenthumsverletzung gerichteten Zwangsvorstellungen (Kleptomanie resp. Kleptophobie), 3. Zwangsvorstellungen in Bezug auf's Feuer (Pyromanie resp. -phobie) und 4. das auf den Geschlechtssinn gerichtete Zwangsdenken Erotomanie, Priapismus, konträre Sexualempfindung, Bestialitäten und platonische Narrheiten. Man sieht, dass ein so hervorragender Psychiater, wie Magnan vergl. z. B. dessen neueste Arbeit: Psychiatrische Vorlesungen, übersetzt von P. J. Möbius1) sich doch noch nicht ganz frei machen kann von der Monomanienlehre der älteren französischen Autoren.

Ladame, dessen Vortrag im Wesentlichen ältere und neue Kasuistik bringt, sondert aus den mit Mordtrieb verbundenen Geisteskrankkeiten diejenigen ab, in denen primordial auftauchende oder durch aufregende Lektüre, durch das Ansehen von Hinrichtungen u. drgl. geweckte Zwangsvorstellungen zum Morde treiben. Auch er unterscheidet solche Kranke, deren Zwangsvorstellungen theoretisch bleiben und solche, welehe dem Drange zur That erliegen, also das Verbrechen begehen; rechnet aber alle Fälle von der in Frage stehenden Zwangsvorstellung zum hereditären Irrsinn und betont den wichtigen Umstand, dass sich die Zwangsvorstellung zu morden bei Hereditarien manchmal ganz isolirt findet. Dr. Kühn- Uslar.

B. Hygiene und öffentliches Sanitätswesen:

Die Beziehungen der Fliegen zur Verbreitung der Cholera. Aus dem Institute der allgemeinen Pathologie zu Kiew. Von Dr. J. Sawtschenko, Assistenten am Institute. Zentralblatt f. Bakteriologie, XII, Nr. 25.

1) Leipzig 1892; Verlag von Georg Thieme; besprochen in Nr. S. 21 und

22 (S. 590) dieser Zeitschrift, Jahrg. 1892.

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