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Ueber Autolytus prolifer.

Von

Dr. Richard Greeff,

Privatdocenten in Bonn.

(Hierzu Taf. VII.)

Im Jahre 1850 stellte Grube 1) unter dem Namen Autolytus eine neue Annelidengattung auf, die bis dahin als Species von Syllis gegolten hatte. Autelytus trägt in der That, wie ein nur kurzer Vergleich mit Syllis zeigt, so bestimmte und von Syllis abweichende Charaktere, dass jene Trennung als eine durchaus berechtigte ja nothwendige bezeichnet werden muss. Die eigentliche Begründung indessen jenes glücklichen Griffs verdanken wir A. Krohn, der in seinem klassischen Aufsatze 2) Ueber die Erscheinungen bei der Fortpflanzung von Syllis prolifera und Autolytus prolifer" die unterscheidenden Merkmale zwischen den beiden Gattungen zuerst in deutlichen Zügen hervorhob. Auch die interessanten Vorgänge bei der Fortpflanzung von Syllis prolifera und Autolytus prolifer, die allerdings bezüglich des Letzteren schon von Leuckart und Frey 3) eine sorgfältige Beobachtung erfahren hatten, finden in jener Arbeit ihre

"

1) Dieses Archiv 1850. S. 309 und die Familien der Anneliden u. s. w. 1851. S. 62.

2) Dieses Archiv 1852. S. 66.

3) Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere u. s. w. 1847. S. 91. Taf. II. Fig. 1. Wegen der früheren Beobachtungen von O. F. Müller, Milne Edwards, Quatrefages, Johnston u. s. w. vergl. die vorstehend citirten Arbeiten.

auf sorgfältige Beobachtung gegründete Erörterung, sowohl bezüglich dessen, was beiden dabei gemeinsam, als die Sonderheiten eines Jeden. Für Autolytus prolifer konnte Krohn die schon zum Theil von Leuckart und Frey) gewonnenen Thatsachen bestätigen, obgleich jene Forscher Aut. prolifer noch irrthümlicher Weise mit Syllis prolifera identifizirten, und desshalb auch den über letztere schon früher von Quatrefages 2) gemachten Beobachtungen nicht genügende Rechnung tragen konnten. Einen weiteren Fortschritt in der Naturgeschichte von Autolytus lieferte Ma x Miller ) durch seine trefflichen Beobachtungen über Sacconereis helgolandica, obgleich ihm der genetische Zusammenhang von Sacconereis und Autolytus verborgen blieb. Es war wiederum Krohn ), der die Zusammengehörigkeit dieser beiden Thiere mit richtigem Blick erkannte und feststellte, dass die von Max Müller beobachteten männlichen und weiblichen Individuen von Sacconereis helgolandica nichts anderes seien als die freigewordenen männlichen und weiblichen Sprösslinge von Autolytus prolifer. In demselben Jahre (1855) und unabhängig von den Mittheilungen Max Müller's wurde auch die Sacconereis von P. H. Gosse 5) und zwar der männliche Sprössling derselben beschrieben, dem jener Forscher den neuen Namen Crithida thalassina zuertheilt. Eine sehr ausführliche Abhandlung vom Jahre 1862 über die Naturgeschichte besonders die Geschlechtsverhältnisse und

1) A. a. O. S. 91. Taf. II. Fig. 1.

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2) Comptes rendus de l'Academie des sciences. Août 1843 und Annales des sc. nat. 1844. T. I. p. 22. Vergl. auch die spätere ausführlichere Arbeit über Syllis prolifera: Memoire sur la génération alternante des Syllis in Annales des sc. natur. IV. Serie Tome 2. p. 143. Pl. 4.

3) Müller's Archiv für Anatomie u. s. w. Jahrg. 1855. S. 13. Taf. II. u. III.

4) Ibid. S. 489.

5) Notes on some new or little known Marine-Animals. Annals and Mag. of nat. hist. Vol. XVI. 2. Series 1855. p. 305. Pl. VIII. Fig. 5.

Archiv f. Naturg. XXXII. Jahrg. 1. Bd.

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Entwickelung von Autolytus verdanken wir dann A gassiz ), der indessen im Ganzen nur die schon von Krohn ausgesprochenen Gedanken besonders bezüglich der Zusammengehörigkeit von Sacconereis und Autolytus weiter ausführte, und ausserdem noch nachwies, dass auch die von Oersted 2) im Jahre 1843 gegründete Gattung Polybostrichus ebenfalls nur ein Sprössling von Autolytus sei und zwar der männliche, also identisch mit der männlichen Sacconereis helgolandica M. Müller's 3) und der Crithida thalassina von Gosse. Agassiz ist ferner der Erste, der die Brut der Geschlechtssprösslinge von Autolytus und ihre Entwickelung zu den Stammindividuen beobachtete und dadurch eine bis dahin bestandene wesentliche Lücke ausfüllte. Indessen trotz des von ihm gebotenen grossen Materiales ist derselbe doch rücksichtlich der Treue und Schärfe der Beobachtung in mancher Beziehung hinter Krohn zurückgeblieben. Besonders sind die von Krohn für Autolytus so bestimmt hervorgehobenen Gattungscharaktere von A gassiz nicht gebührend berücksichtigt worden, so wird z. B. der charkteristische zierliche Kranz von kleinen spitzen Zähnen, der den Eingang der schlingenförmig gebogenen Schlundröhre krönt sowohl in der Beschreibung wie in den zahlreichen Abbildungen vollständig vermisst. Claparède, der diesen Mangel auch bemerkt, hat in seiner reichhaltigen Anneliden - Arbeit vom Jahre 1864 1) das

1) On alternate Generation in Annelids and the Embryology of Autolytus cornutus. Boston Journal of nat. hist. Vol. VII. 1859. p. 384. pl. IX. X u. XI.`

2) Grönlands Annulata dorsibranchiata p. 30. Pl. V. fig. 62. Kjöbenh. 1843.

3) Die Identität von Sacconereis und Polybostrichus wurde in demselben Jahre und wie es scheint vor Agassiz auch von Keferstein (siehe unten) ausgesprochen. Zeitschr. f. wiss. Zoologie XII. Bd. S. 113. Taf. XI. Fig. 1-6.

4) Glanures zootomiques parmi les Annélides (Tiré des Memoires de la société de Physique et d'Histoire naturelle de Genève, tome XVII. 2. partie) p. 102. pl. 7.

Genus Autolytus, wie es von Krohn vorgezeichnet war, wieder hergestellt und ausserdem unsere Kenntniss um drei neue schöne Arten bereichert. Ehlers 1) hingegen hat in seinem Werke über die Borstenwürmer unsere Gattung wiederum sehr stiefmütterlich behandelt, so dass er aus einem Wurme, der ohne Zweifel ein Autolytus. zu sein scheint, eine neue Gattung Proceraea (picta) bildet. Dass die Rückencirren am dritten Körpersegmente etwas länger wie an den folgenden Segmenten sind (was übrigens auch bei anderen Repräsentanten von Autolytus, z. B. bei Aut. scapularis Clapar. a. a. O., vorkommt) kann doch unmöglich allein zur Aufstellung einer neuen Gattung genügen, und doch scheint dieses das einzige differenzirende Merkmal zu sein, da im Uebrigen nach der vortrefflichen und sorgfältigen Beschreibung und Abbildung die Proceraea picta in allen wesentlichen Charakteren ein echter Autolytus ist. Ebenso wenig darf der Ehlers'sche Wurm desshalb von Autolytus getrennt werden, weil Ehlers keinen Generations wechsel dabei beobachtete. Abgesehen davon, dass die Angaben über die Geschlechtsverhältnisse bei Proceraea unvollständig sind, würde auch selbst die constatirte Abwesenheit des Generationswechsels, wie auch schon Claparède 2) ganz richtig für seinen Autolytus scapularis geltend macht, keinesweges allein die Aufstellung eines neuen Genus rechtfertigen. Ich glaube desshalb vorschlagen zu dürfen, die Proceraea picta vorläufig in Autolytus pictus um

zusetzen.

Unter dem schon oben berührten Gattungsnamen Palybostrichus von Oersted, dessen Zusammengehörigkeit mit Autolytus Agassiz beschrieben hat, hat auch Keferstein 3) werthvolle Beobachtungen über den männlichen Sprössling von Autolytus geliefert, dessen Identität mit Sacconereis helgolandica von Max Müller er nachzuweisen sucht. Merkwürdiger Weise erwähnt er 1) Die Borstenwürmer. Leipzig 1864. S. 263.

2) A. a. O. S. 109.

3) Zeitschr. für wiss. Zool. XII. Bd. S. 113. Taf. 11. Fig. 1— 6 und ibid. S. 464. Taf. 42. Fig. 5—11.

indessen in seinen beiden Abhandlungen mit keiner Silbe des genetischen Zusammenhanges von Sacconereis und Polybostrichus mit Autolytus, den Krohn und Agassiz so bestimmt ausgesprochen haben, sondern behandelt seinen Polybostrichus als vollkommen selbstständige Gattung. Was nun meine eigenen Mittheilungen betrifft, so bezwecken dieselben hauptsächlich, gestützt auf Beobachtungen, die ich im vorigen Jahre auf Helgoland und zum Theil auch durch einen späteren Aufenthalt am Kanal (hauptsächlich Ostende) gewonnen habe, den, wie aus Obigem hervorgeht, noch vielfach variirenden Angaben gegenüber, vorläufig noch einmal drei für die Naturgeschichte von Autolytus wichtige Punkte hervorzuheben, nämlich erstens den bestimmt ausgeprägten Gattungscharakter; zweitens das Verhältniss des Knospensprösslings zu seinem Stam mindividuum nebst der Zusammengehörigkeit von Sacconereis und Polybos trichus mit Autolytus und drittens einige Bemerkungen über die bisher am meisten untersuchten aber in Bezug auf genaue Bestimmung noch sehr schwankende Art, nämlich des Autolytus prolifer Grube.

Was den ersten Punkt betrifft, so möchte ich nach meinen Beobachtungen den Gattungscharakter in Folgendem zusammenfassen (siehe Taf. VII. Fig. 1).

Kopflappen nicht getrennt, sondern nur durch einen Einschnitt auf der unteren Seite angedeutet. Drei ungegliederte Stirnfühler, die durch ihre lebhaften Bewegungen und Contractionen über die ganze Länge hin unregelmässig verlaufende Quer- und Kreisfurchen zeigen, so dass sie wie gedreht erscheinen. Das erste Körpersegment ohne borstentragende Ruder aber mit zwei Fühlercirren jederseits, von derselben Beschaffenheit wie die Kopffühler. An den folgenden Segmenten jederseits ein Rückencirrus und ein einästiges borstenbündeltragendes Ruder. Die zusammengesetzten Borsten des Ruders (Taf. VII. Fig. 3) tragen an ihrem kurzen sichelförmigen Anhange drei Häkchen, ein mittleres und zwei seitliche. Bauchcirren fehlen allen Segmenten.

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