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richtet, beim Affen nach vorn. Die Pars basilaris liegt beim Affen meist parallel zur Horizontalebene, beim Menschen neigt sie sich um etwa 450 zur Horizontale. Wird der Sagittalbogen des Hirnschädels. kleiner, so bewegt sich das Stirnbein nach hinten und die Hinterhauptsschuppe nach vorn. Durch eine Vergrösserung des Hirnschädels können wir uns den Affenschädel in den menschlichen umgewandelt denken. Je jünger der Affe ist, um so menschlicher ist die Schädelform, weil das Gehirn auch relativ menschlicher ist. Selbst bei ungeborenen Thieren kann die Schädelform in hohem Grade menschenähnlich erscheinen. Bei gewissen Hunderassen, z. B. dem Spitz, bleibt der Schädel auf der kindlichen Stufe, die Nähte bleiben länger offen und das Hirn kann sich deshalb mehr entwickeln. Warum zieht Ranke aus seinen Untersuchungen nicht den naheliegenden Schluss, dass der menschliche Schädel durch das Wachsthum des Gehirns aus dem thierischen sich entwickelt hat, was er bisher stets bestreitet? Es ist erfreulich, dass seine Messungen längst bekannte Verhältnisse bestätigen, seine Erklärung der menschlichen Schädelform ist aber ungenügend, weil er eine wichtige Ursache derselben, den aufrechten Gang, gar nicht beachtet. Schon Daubenton erkannte ihn (Mém. de l'Acad. des Sc. Paris 1764) als die Ursache des mehr nach vorn geschobenen Hinterhauptloches beim Menschen. Auch sagt er schon, dass die Ebene desselben bei ihm mehr horizontal, bei den Thieren mehr vertikal stehe, Sömmering sagte 1784, dass das Hinterhauptloch bei den Thieren und beim Neger mehr nach hinten liege. Virey war derselben Ansicht. R. Owen und Prichard bestritten letztere, wie sie gegen jede im Bau des Menschen behauptete Affenähnlichkeit auftraten. Owen sagte, der vordere Rand des Hinterhaupt loches liegt beim Weissen und beim Neger in der Mitte der Basis cranii, der vor und hinter dieser Stelle liegende Abschnitt der Schädelbasis sind gleich, Prichard, Naturg. d. M. Leipzig. I. 1840. S. 341. Broca zeigte aber (Bullet. de la Soc. d'Anthrop. 1862, p. 525), dass die von Prichard gegebenen Bilder gerade das Gegentheil erwiesen, und bestätigte die Thatsache durch genaue Messung an 60 Europäern und eben so viel Negerschädeln, dass bei diesen der hintere Abschnitt kleiner ist. Von der steileren, nach vorn aufgerichteten Ebene des Hinterhaupt loches beim Europäer gab dann Ecker eine genaue Darstellung in seiner Schrift: Ueber die Krümmung des Schädelrohrs, Braunschweig 1871. Auch Lucae schilderte den Unterschied der Ebene des Hinterhaupt loches bei Mensch und Affe (Anthrop.Vers. in Stuttgart 1872). Beim ersteren findet eine stärkere Knickung der Schädelbasis statt, die er auf

den Druck des grösseren menschlichen Gehirns bezieht. Auch Huxley führt an, die Ebene des Hinterhauptloches mache mit der Achse der Schädelbasis bei prognathen Schädeln einen kleineren Winkel. Wie wichtig die Bestimmung der Ebene des Hinterhauptloches ist, habe ich bei verschiedenen Gelegenheiten hervorgehoben, so in Regensburg Anthrop.-Vers. 1881, S. 101, und in Wien 1881, S. 168. Dass der kindliche Schädel der Anthropoiden menschenähnlicher ist, haben Owen, Osteol. of the Chimp. and Orang, London 1835, und Prichard a. a. O., S. 338, hervorgehoben. Lucae zeigte, dass Mensch und Affenschädel nach entgegengesetzter Richtung sich entwickeln. Nach dem Vortrage Rankes erinnert Lissauer daran, dass er in seiner Schrift: Ueber die sagittale Krümmung des Schädels, dessen Entwickelungsgesetz nach strenger geometrischer Methode mittelst des Sectors für das Grosshirn dargestellt habe. Er beklagt die geringen Ergebnisse unserer Messungen nach der deutschen Horizontale und bezeichnet es als die Aufgabe der Craniometrie, jeden Schädel durch geometrische Formeln innerhalb einer grösseren Gruppe zu charakterisiren. Die Horizontale sagt niemals, wie sich die verschiedenen Ebenen am Schädel zu ihr verhalten. Weil sehr viele Schädel asymmetrisch sind, ist es schwer, eine Ebene aufzustellen, die für beide Hälften genau ist. Auch der Berichterstatter hat sich dahin ausgesprochen, Anthrop.-Vers. Breslau 1884, S. 92, dass kein Schädel in seinen zwei Hälften gleich gebaut ist. Seine Bedenken gegen das vereinbarte Messverfahren hat er schon 1875 bei der Anthropologenversammlung in München, B. S. 58, in die Worte gefasst: Warten wir es ab, welche neue Erkenntniss uns die neuen Messmethoden des Schädels bringen werden." Die Gleichartigkeit der Messungen wurde freilich für eine gewisse Reihe von Arbeiten erreicht, was hoch anzuschlagen ist, aber die Eile und Hast, womit die Vereinbarung zu Stande kam, zeigte sich daran, dass an dem ursprünglichen Plane bald Veränderungen nöthig wurden. Die Reform der Craniometrie begann mit Iherings Vorschlag (Ges. f. Ethnol. V. 1873, S. 134), als Horizontale die Linie von der Mitte der äusseren Ohröffnung zum unteren Rande der Orbita anzunehmen. Damit wurde die viel richtigere in Göttingen empfohlene Horizontale, die dem oberen Rande des Jochbogens entsprach, aufgegeben. Eine kleine Verbesserung erhielt die Iheringsche Linie dadurch, dass man den Anfang der Linie in den oberen Rand des Ohrlochs verlegte, wodurch das nach unten gerichtete Profil des Schädels etwas gehoben wurde. Diese Horizontale wurde von der Conferenz in München 1877 angenommen (vergl. Correspondenzbl. d. Anthrop

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Ges. 1878, S. 59), wo mein Name irrthümlich unter den Beitretenden steht. Auch in Berlin wurde sie (Anthropol.-Vers. 1880, S. 104) festgehalten, ebenso in Frankfurt (1882, S. 102 und Correspondenzbl. d. Anthrop. Ges. 1883, Nr. 1). Ich habe mich wiederholt gegen diese Horizontale, auf der die meisten europäischen Schädel nach vorn geneigt sind, ausgesprochen, aber auch gegen die Annahme einer Horizontale für alle Schädel (A.-V. in München 1875, S. 56, in Kiel 1878, S. 111; Archiv für Anthrop. XI. 1879, S. 178, und XII. S. 108; Anthrop.-Vers. in Frankfurt 1882, S. 124, in Wien 1889, S. 169). Die niederen Schädel haben eine andere Horizontale, wie die der Culturrassen. Für jeden Schädel ist die Horizontale ein seine Entwickelung bezeichnendes. Merkmal, auf das die Craniometrie nicht verzichten soll. Garson hat (Journal of the Anthr. Inst. 1884, p. 64) von den Maassen der Frankfurter Vereinbarung fünfzehn verworfen, auch, wie der Berichterstatter, die Beziehung der Schädellänge auf die Horizontale. Topinard und Flower haben mit allgemeinem Beifall die Grenzen der Dolichocephalie und Brachycephalie auf eine einfachere Weise festgestellt, die Mesocephalie beginnt mit 75, die Brachycephalie mit 80. Die Frankfurter Verständigung ist noch mancher Verbesserung fähig. Von der Ebene des Hinterhauptloches spricht sie nicht. Auch Szombathy spricht über Mängel des Frankfurter Messverfahrens. Verschiedene Anatomen hätten genügend dargethan, dass die Horizontale für den Aufbau des Schädels keine maassgebende Richtung bezeichne. Auch in der Krystallographie würde die Achsenlänge der Krystalle, die nicht nach einem orthogonalen Achsensystem aufgebaut sind, in jener Richtung gemessen, in welcher sie liegen. Die durch die Medianebene halbirten Breitenmaasse sind senkrecht auf diese zu messen. Wenn man die grösste Länge des Schädels parallel zu der Horizontale misst, so bleibt die wirkliche Länge desselben unbekannt, wenn man nicht deren Neigung kennt. Virchow will die Untersuchung eines individuellen Schädels getrennt wissen von einer mehr generellen Betrachtung der Schädel und Köpfe. Pathologische Schädel müssten genauer gemessen werden, als es in der Ethnologie nöthig sei. Es empfehle sich z. B. für unsere Reichscolonien für die Schädelmessung ein Schema anzuwenden, das auch auf Lebende passt. Die gewöhnlichen Durchmesser des Schädels sollen auf Grund der Horizontalen gemessen werden, auch die Körperhöhe. Da eine Vereinigung mit den Franzosen in Bezug auf die Horizontale nicht erreicht wurde, schlug Virchow vor, man solle nach beiden Methoden niessen, Broca verweigerte dies. Er hielt seine

Horizontale für parallel einer natürlichen Sehebene, die es gar nicht gebe. Auch der Berichterstatter hat gezeigt, dass Broca's natürliche Sehebene der Horizontalstellung des Schädels nicht immer entspricht. Auch Donders leugnete sie. Wenn aber Virchow sagt, die Stellung, in der der Mensch den Kopf halte, sei nur eine Sache der Gewohnheit, eine Näherin habe eine andere Haltung des Kopfes, als eine Frau, welche ihre Last auf dem Kopfe trägt, so ist er im Irrthum. Der Mensch kann allerdings dem Kopfe die verschiedenste Stellung geben, aber alle Menschen können dem Kopfe ein und dieselbe Stellung geben, wenn sie bei aufrechter Körperhaltung geradeaus sehen. Ihering glaubte, dass seine Horizontale, von der die Frankfurter sich wenig unterscheidet, diesem Blick entspreche, was aber nicht der Fall ist. Die Iheringsche Horizontale ist die der Idioten. Es zeigt sich, dass bei der Richtung des Blickes gerade nach vorn verschiedene Menschen und zumal verschiedene Rassen eine Horizontale haben, die verschiedene Punkte am Schädel verbindet, was von dem Baue des Schädels abhängt. Virchow behauptet, die Franzosen trügen den Kopf mehr nach hinten und hätten deshalb eine andere Sehebene. Er bittet, dass man sich vorläufig mit der Frankfurter Linie begnüge. Herr Mies zeigt einen Apparat von Schellong zur Messung des Profilwinkels und spricht dann über Bertillon's Verfahren zur genauen Bestimmung und sicheren Wiedererkennung von Personen. Er hat in der Strafanstalt von Moabit an einer grösseren Zahl von Personen entsprechende Messungen gemacht. Die wichtigsten Maasse, die von Seiten der zu Untersuchenden keine Täuschung zulassen, sind fünf: die Länge und Breite des Kopfes, die Länge des linken Fusses, des Mittel- und kleinen Fingers der linken Hand. Später hat Bertillon statt der Länge des kleinen Fingers, die Länge des Vorderarms mit der Hand gewählt. Veränderlicher sind die übrigen sechs Maasse: Höhe des ganzen Körpers und des Oberkörpers, Armspannweite, Höhe und Breite des linken Ohres und Länge des linken Vorderarms nebst Hand. Die elf Maasse in je drei Gruppen nach ihrer Grösse getheilt, lassen 177 147 Zusammenstellungen zu, und nimmt man noch 7 verschiedene Farben der Iris hinzu, so steigt diese Zahl auf 1 240 029. Bertillon glaubt, dass besondere Kennzeichen, wie Muttermäler, Narben und dergleichen noch sicherer als das anthropometrische Signalement seien. Mies macht darauf aufmerksam, dass der Verbrecher solche Kennzeichen künstlich verändern könne. die Körpergrösse während des Tages wechseln kann, empfiehlt er, die Leute Morgens, Mittags und Abends zu messen und das Mittel zu berechnen.

Da

Es wird nun als nächster Versammlungsort Ulm und als Geschäftsführer Herr Dr. Leube daselbst gewählt. Die Zeit des Congresses wird mit Rücksicht auf den im August stattfindenden internationalen Congress in Moskau und den Amerikanisten-Congress in Huelva im October vom Vorstande noch näher bestimmt werden. Als erster Vorsitzender wird OberMedicinalrath Dr. v. Hölder gewählt, als seine Stellvertreter Waldeyer und Virchow.

Es folgt ein Vortrag von Herrn Szombathy über die Göttweiger Situla und figural verzierte Urnen von Oedenburg. Derselbe ist im Correspondenzblatt 1892, Nr. 2 und 3, gedruckt. Der folgende Vortrag von Montelius über die Bronzezeit im Orient und Südeuropa ist im Archiv für Anthrop. XXI. 1892, Heft 1 und 2, erschienen.

Virchow spricht über Schädel, die OhnefalschRichter aus Gräbern der ältesten Periode in Cypern gesammelt hat. Wie im Kaukasus und dem armenischen Hochlande es keine Brandgräber giebt, so findet sich in Deutschland und Polen während der neolithischen Zeit nur Bestattung; für die Einführung des Leichenbrandes lässt sich keine sichere Zeit bestimmen. Er erwähnt eine kupferne Doppelaxt aus der Mark Brandenburg, wie deren in der Schweiz und Ungarn gefunden sind. Bei den ungarischen stehen die Schneiden über Kreuz zu einander, bei der brandenburgischen stehen sie aber symmetrisch, und zwar horizontal. Auf mykenischen Bildern kommt diese Axt

vor.

Eiserne mit über Kreuz stehenden Schneiden

kommen im Kaukasus vor. Während die Bogenfibel im Westen in Verbindung mit dem Bronzekelt auftritt, ist in den Gräbern von Koban nicht ein einziger Kelt gefunden. Die Fibel kann also nicht von Westen her eingeführt sein. Spiralornamente sind im Kaukasus zu einer Zeit entwickelt, wo es weder in Griechenland noch in Hissarlik Parallelen giebt. Die alte kaukasische Cultur ist von der europäischen scharf getrennt, die menschliche Gestalt kommt im Kaukasus kaum vor. Hier kann die Bronze nicht ihren Ursprung haben, weil das Zinn fehlt. Montelius bemerkt, dass der Leichenbrand im Norden viel älter sei, als die Hallstattzeit. Grempler macht zur Geschichte der Fibeln und über die Beziehungen der Krim zum Merowingerstil folgende Mittheilung. Er fand in Wien und Pest Fibeln mit 2 und mit 3 Rollen, die durch Münzen der Kaiserin Herennia, des Claudius Gothicus und des Probus (259-282) bestimmt waren. In der Eremitage zu St. Petersburg fand er zwei Zweirollenfibeln und in Odessa eine Menge derselben, genau im Typus von Sakrau. In Kertsch fand er nicht nur diese, sondern auch solche mit 5 Knöpfen, die als Merovingerfibel

Schon

beschrieben sind, und Schmuckstücke mit Glaseinsatz, die wir fränkische nennen. Die 5 Knöpfe sind ein Schmuck der Rollenden. Später bleibt nur eine Rolle, aber 5 Knöpfe als Ornament. In Speyer ist eine Fibel mit 7 Knöpfen. In Kertsch, dem alten Panticapaeum, kamen die Gothen mit der antiken Kunstindustrie in Berührung. Eine Weiterentwickelung hat dieser Stil in der Krim und in Südrussland nicht genommen, wohl aber im Westen, während sich in Russland im 9. Jahrhundert byzantinischer Einfluss erkennen lässt. Germanische Völker brachten diese Stilform in das Donaugebiet, nach Norditalien, an den Rhein, nach Frankreich, Spanien, Nordafrika, England und Skandinavien. Der Stil, den die Gothen (493-555) vor den Longobarden (568-774) nach Italien brachten, stammt also aus der Krim und Südrussland. Hampel hat bei Beschreibung der ungarischen Goldfunde den südrussischen Einfluss nachgewiesen. Die Cycadenfibel im Grabe Childerichs kommt bereits in griechischen Gräbern Südrusslands vor. Den Ursprung dieses Stils sah Undset in Italien, die Franzosen nannten ihn skytho-byzantinisch. Die Ein-, Zwei- und Drei-Rollenfibel entstand aus der römischen. Im 2. bis 4. Jahrhundert wohnen in Südrussland Gothen; die byzantinische Kunst entwickelt sich erst unter Justinian (527-565). Wir haben es mit germanischer, von der antiken beeinflussten Cultur zu thun, wie auch H. Hildebrand und Pulsky annehmen. Montelius stimmt dieser Ansicht bei und sagt, dass sie schon vor zwanzig Jahren in Schweden ausgesprochen sei. Buschan demonstrirt seine Sammlung prähistorischer Culturpflanzen. Hierauf schildert Professor Dorr die Steinkistengräber bei Elbing. Er entdeckte hier sieben Steinkistengräberfelder in den Jahren 1886 bis 1888. Die Steinkisten enthielten Aschenurnen preussischen Typus, sie gehören dem Ende der Hallstattzeit an. In Elbing wurde auch eine Münze von Hiero II. von Syracus gefunden. Auch in der Umgebung von Elbing fanden sich solche Gräber, hier war wohl eine Raststelle an der alten Handelsstrasse nach dem Bernsteinlande. Die Stelle des Plinius, wo er den Pytheas erzählen lässt, die Gothen seien Anwohner des Aestuarium oceani, von wo man die Bernsteininsel Abalus zu Schiffe in einem Tage erreiche, könne sich nur auf Samland beziehen. Lissauer schildert den Formenkreis der slavischen Schläfenringe. Sie sind bezeichnend für die Gebiete, in welchen Slaven wohnten. Oestlich der Weichsel und nördlich der Ossa, im Lande der alten Preussen, werden keine gefunden. Bei der gewöhnlichen Form ist das eine Ende des runden Drahtes gerade abgeschnitten, das andere in eine S-förmige Schlinge

vom ost

zurückgebogen. Es giebt auch solche aus kantigem und aus gedrehtem Drahte. Zuweilen ist ein Ende zugespitzt, selten ist ein Ende ösenförmig umgebogen. Die Ringe der Merier zeigen keine S-förmige Krümmung. Andere sind an beiden Enden S- förmig umgebogen. Zuweilen windet sich ein Ende S-förmig und dann noch einmal spiralig um. Sie gehören dem 5. bis 6. Jahrhundert an. Oesterreich-Ungarn erscheint als die Wiege dieser Ringform, deren ergiebigste Fundquelle die Reihengräber sind. Die meisten sind von Bronze, man hat sie auch von Blei, Zinn und Kupfer, auch von Silber und Gold gefunden. In vielen Reihengräbern hat man auch dolichocephale Skelette gefunden. Baier bemerkt, dass auf Rügen mehr hoble als massive Schläfenringe gefunden würden; in einem fand sich ein Holzstäbchen als Kern. Dr. Jakob schildert die Waaren beim nordischbaltischen Handelsverkehr der Araber. Die zahlreichen Funde kufischer Münzen aus dem 8. bis 10. Jahrhundert in Russland und an den Ufern der Ostsee veranlassten ihn, die gleichzeitigen arabischen und persischen Quellen zu untersuchen, um Näheres über den alten Handelsverkehr in diesen Gegenden zu erfahren. In Schweden sind 200 Fundstellen bekannt, in Gotland wurden 13 000 Münzen gefunden, ein russischer Fund zählte 11077 Stück. Am häufigsten sind die der Samaniden, welche in Bukhara residirten. Arabische Schriftsteller bezeugen zunächst eine grosse Sklavenausfuhr aus den Ländern der Slaven, die theils die Wolga herunter und dann nach Khiwa, theils durch das Land der Franken nach Spanien gebracht wurden. Mehrfach werden ihr röthlich blondes Haar und ihre blauen Augen erwähnt. Ibrahim ibn Jaqub, Gesandter am Hofe Ottos des Grossen, sagt von Prag: Waräger und Slaven kommen dahin von Krakau und aus türkischem Gebiet, Muslims, Juden und Türken mit Waaren und Münzgewichten und nehmen dafür Sklaven, Zinn und Bleiarten. In der Vita des heiligen Adalbert, der 997 erschlagen wurde, wird erzählt, dass er christliche Sklaven den Juden abzukaufen pflegte. Der hebräische Geograph Benjamin von Tudela erzählt, dass die Bewohner Böhmens ihre Söhne und Töchter allen Völkern verkauften. Dasselbe thaten die Bewohner von Russland. Ibn Rosteh, ein Geograph des 10. Jahrhunderts, sagt von den Waräger Russen: Sie unternehmen Razjas gegen die Slaven, indem sie auf Schiffen fahren und dann landen, Gefangene machen und diese nach Khazaran und zu den Bulgaren zum Verkauf bringen. Istakhri berichtet von den Bewohnern Khiwas: ihr ganzer Reichthum stamme von dem Handel mit den Turk und dem Viehbesitz. Man importirt zu ihnen den grössten Theil der slavischen und türkischen

100

Sklaven und Pelze von Korsak, Zobel, Füchsen, Biber und andere Pelzarten. Ausdrücklich werden noch kastrirte slavische Sklaven erwähnt. Das Kastriren besorgten die Juden. Auch Sklavinnen bezogen die Araber aus den nördlichen Gegenden. Sie wurden in Bulgar zu Markte gebracht. Der persische Dichter Nasir-i-Khusro preist ihre Schönheit; für eine Sklavin zahlte man 1000 Goldstücke und mehr. Nach Abu Hamid bezog man im 12. Jahrhundert auch Mammuthzähne, die in Khiwa theuer bezahlt wurden. Die wichtigste Ausfuhr aus dem Norden waren Pelze, mit denen die reichen Araber damals ihre Kleider verbrämten. Sie kamen bis ins Land der Franken und nach Spanien. Am werthvollsten war der Schwarzfuchs. Es soll sogar das Fell des Eisfuchses nach Süden gelangt sein. Ibn Batuta sagt, dass Vehe und Hermelin durch stummen Handel aus dem Lande der Finsterniss gekommen seien. Die westliche Strasse dieses Verkehrs ist nicht durch Münzfunde belegt, weil der Westen bereits eigenes geprägtes Geld besass. Bei den Burtas dienten Marderfelle als Geld. Im Wogulischen heisst der Rubel schet-lin Eichhörnchen. Auch das Bibergeil der Araber stammte aus den slavischen Ländern. Auch Fischleim und Wallrosszahn, Honig, Wachs und hartes Khalengholz kamen aus dem Norden. Der Bernstein kam aus den Ländern der Rus und Bulgar. Auch Blei, Zinn und eiserne Waffen lieferte der Markt von Bulgar. Nach dem Norden brachten die Araber Baumwolle und Seide, Glasperlen und Kaurimuscheln, die man mit kufischen Münzen zusammen findet, aber nicht mehr westlich der Oder. Ueber die Harpunen zum Walfischfang berichtet Abu Hamid: Die Kaufleute gehen von Bulgar nach dem Land der Ungläubigen Isu und bringen Schwerter dahin, und kaufen dafür Biber. Die von Isu verkaufen diese Schwerter am Schwarzen Meer für Zobelfelle. Hier werfen die Bewohner die Klingen ins Meer, dann lässt Allah für sie einen Fisch herauskommen. Kleinschmidt spricht über den Krummstab, Krivule, der in Litauen noch von Haus zu Haus geschickt wird, um die Gemeindeversammlung zu berufen. Jeder macht einen Kerb hinein. Club hiess ursprünglich der Vitenstock, der im Stab der Constabler noch fortbesteht. Der Herrscherstab der Pharaonen, der griechische Hirtenstab, das lateinische Pedum, der Vitenstab im Altnordischen sind mit dem Stab des Krive identisch.

Waldeyer schliesst hierauf die letzte Sitzung mit dem Dank an Alle, die dazu beigetragen haben, die Versammlung so erfolgreich zu gestalten, an die Excellenz v. Gossler, den Landesdirector Jäckel, den Bürgermeister Baumbach, die Localgeschäftsführung.

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Jentzsch spricht den Dank für die Herren Vorsitzenden aus.

An belehrenden Ausflügen war dieser Congress besonders reich. Dienstag den 4. August fand ein solcher nach Oliva, am Donnerstag einer nach Hela statt. Am Freitag folgte eine Fahrt nach Marienburg und Elbing. Am Sonnabend ging es nach Panklau und zu den Burgwällen von Dörbeck und Lenz, am Nachmittag nach Cadienen. Am Sonntag begab sich ein Theil der Gesellschaft nach Königsberg. Hier wurden die ersten beiden Tage dem Museum der Alterthumsgesellschaft Prussia und dem ostpreussischen Provinzial - Museum gewidmet, sowie den Bernsteinsammlungen der Herren Sommerfeld, Stantien und Becker. Am dritten Tage fand eine Fahrt nach Palmicken statt, wo der Bernstein bergmännisch gewonnen wird. Am folgenden Morgen fuhren noch Einige über das Seebad Cranz die kurische Nehrung entlang nach Schwarzort, Nidden und Russ.

H. Schaaffhausen.

Preisausschreiben.

Herr Albert v. Reinach in Frankfurt a. M., der sich sowohl persönlich mit Geologie beschäftigt, als auch die Bestrebungen der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in hochherziger Weise unterstützt, hat eine Stiftung ins Leben gerufen, aus deren Erträgniss die genannte Gesellschaft soeben einen Preis von 500 Mk. ausschreibt für die beste Arbeit über ein noch nicht veröffentlichtes geologisches Vorkommen aus der weiteren Umgebung Frankfurts.

Die 3. Abhandlung von Band 58 der Nova Acta: Paul Schreiber: Untersuchung über das Wesen der sogenannten Bessel'schen Formel, sowie deren Anwendung auf die tägliche periodische Veränderung der Lufttemperatur. 10, Bogen Text und 6 Tafeln. (Preis 5 Rmk.)

ist erschienen und durch die Buchhandlung von Wilh. Engelmann in Leipzig zu beziehen.

v. Reinach-Stiftung.

Ein Preis von Fünfhundert Mark soll der besten Arbeit zuerkannt werden, welche ein geologisches Vorkommen des zwischen Aschaffenburg, Heppenheim, Alzei, Kreuznach, Coblenz, Ems, Giessen und Büdingen gelegenen Gebietes behandelt; nur wenn es der Zusammenhang erfordert, dürfen auch andere Landestheile in die Arbeit einbezogen werden.

Die Abhandlungen, deren Resultate noch nicht anderweitig veröffentlicht sein dürfen, sind bis zum 1. October 1893 in versiegeltem Umschlag, mit Motto versehen, an die unterzeichnete Stelle einzureichen. Der Name des Verfassers ist in einem mit gleichem Motto versehenen geschlossenen Couvert beizufügen.

Die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft hat die Berechtigung, diejenige Arbeit, welcher der Preis zuerkannt wird, ohne weiteres Entgelt in ihren Schriften zu veröffentlichen, kann aber auch dem Autor das freie Verfügungsrecht überlassen. Nicht prämiirte Arbeiten werden den Verfassern zurückgesandt.

Ueber die Zuertheilung des Preises entscheidet die unterzeichnete Direction auf Vorschlag einer von ihr zu diesem Zwecke zu ernennenden Prüfungscommission. Der Entscheid erfolgt längstens bis zum 1. März 1894.

Die Direction

der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft.

Frankfurt a. M.. April 1892.

Abgeschlossen den 31. Mai 1892.

Druck von E. Blochmann und Sohn in Dresden.

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