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Halle a. S. (Paradeplatz Nr. 7.)

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Heft XXX. Nr. 13-14.

1

Juli 1894. Inhalt: Amtliche Mittheilungen: Veränderungen im Personalbestande der Akademie. Beitrag zur Kasse der Akademie. John Tyndall. Nekrolog. (Fortsetzung.). Sonstige Mittheilungen: Eingegangene Schriften. Hoppe, O.: Oberirdische und unterirdische Wirkungen eines Blitzstrahles. (Schluss.) Naturwissenschaftliche Wanderversammlung. Lieferung 5 des Katalogs der Akademie-Bibliothek.

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Amtliche Mittheilungen.

Veränderungen im Personalbestande der Akademie.
Gestorbene Mitglieder:

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Am 14. April 1894 in Helsingfors: Herr Dr. Adolph Eduard Arppe, Professor der Chemie an der Universität zu Helsingfors. Aufgenommen den 1. Mai 1856; cogn. Gahn.

Am 15. Juni 1894 in Berlin: Herr Medicinalrath Dr. Johann Baptist Müller zu Berlin. Aufgenommen den 15. October 1847; cogn. Dieffenbach.

Am 28. Juni 1894 in Berlin: Herr Dr. Moritz Traube zu Berlin.

Aufgenommen den 12. Februar 1885.

Am 10. Juli 1894 in Kopenhagen: Herr Dr. Adolph Hannover, Professor der Anatomie und Physiologie an
der Universität zu Kopenhagen. Aufgenommen den 15. October 1844; cogn, R. Treviranus.
Am 13. Juli 1894 in Bergen: Herr Professor Dr. Daniel Cornelius Danielssen, Director des Museums zu
Bergen. Aufgenommen den 22. Februar 1882.

Am 17. Juli 1894 in Perchtoldsdorf bei Wien: Herr Hofrath Dr. Joseph Hyrtl, emer. Professor der Anatomie zu Perchtoldsdorf. Aufgenommen den 16. September 1856; cogn. Cuvier II.

Dr. H. Knoblauch.

Beitrag zur Kasse der Akademie.

Juli 10. 1894. Von Herrn Dr. G. Schultz in Charlottenburg Ablösung der Jahresbeiträge

Leop. XXX.

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Dr. H. Knoblauch.

13

John Tyndall.

Von C. Haeberlin.
(Fortsetzung.)

Sein Hauptaugenmerk richtete Tyndall auf das Studium der Mathematik, Physik und Chemie. Mit Begeisterung spricht er vor Allem von Bunsen; der war ihm every inch a gentleman", an dem ihm nur die berüchtigten, billigen und schlechten „Bunsen'schen Cigarren" missfielen, die der berühmte Chemiker eifrig zu rauchen pflegte. Da Bunsen ein Meister des Stils war und den für einen Engländer so gefällig klingenden Hannoverschen Accent sprach, so lernte Tyndall in dessen Vorlesungen zugleich die deutsche Sprache. Um sieben Uhr morgens begann sein Cursus über organische Chemie; nach der Vorlesung wurde dann bis mittags im Laboratorium experimentirt. Ausserdem war Bunsen's Publikum über Elektrochemie ein Hochgenuss für Tyndall. Es traf sich für ihn sehr günstig, dass damals als Bunsen's erster Assistent am Laboratorium ein des Englischen Kundiger fungirte, Dr. Debus, der spätere Professor der Chemie an der königlichen Marineschule (Royal Naval College) zu Greenwich. Diesem verdankte Tyndall zunächst die Anweisungen zum Experimentiren mit dem Löthrohr. Nachher arbeitete er allerdings direct unter Bunsen, welcher ihm isländische Trachyte zur Analyse, sowie verschiedene andere Aufgaben übertrug. Bunsen verstand es, die chemischen Gesetze in mustergültiger Weise zu erklären, die verschiedenen Methoden elektrischer Strommessungen und das Wesen des elektrischen Telegraphen zu erklären, dabei die Resultate von Steinheil's Untersuchungen über den Erdstrom zu entwickeln und mit dem aus Kohlenelementen erzeugten elektrischen Lichte zu hantiren. Ein vornehmes, höfliches Wesen, eine schöne Erscheinung von hochgewachsener Figur und regelmässig geschnittenen Zügen unterstützte die Wirkung seines Vortrags, wobei er sich von jeder Affectation oder Pedanterie freihielt. Kein Wunder, dass Tyndall noch in seinen späteren Lebensjahren auf Bunsen wie auf das Ideal eines Universitätslehrers zurückblickte.

In den mathematischen Wissenschaften hatte Tyndall den Professor Stegmann zum Lehrer, der über Analysis, analytische Geometrie in der Ebene und im Raume, über Differential- und Integral-, sowie über Rechnung mit variablen Grössen und über mechanische Theorie las. Auch er besass eine stark ausgeprägte Individualität. Auf seine Anregung hin bearbeitete Tyndall als Doctordissertation das Thema „Ueber Schraubenflächen mit geneigter Erzeugungslinie und über die Gleichgewichtsbedingungen auf solchen Flächen.* (On a Screw Surface with Inclined Generatrix, and on the Conditions of Equilibrium on such Surfaces".) Knoblauch las in zwei Semestern über alle Theile der Physik und stattete dieselben mit Hülfe einer sehr reichen Instrumentensammlung mit Experimenten aus. Diese bis dahin in gleichem Maasse in der Vorlesung über Physik in Marburg nicht übliche Art, die Erscheinungen zu veranschaulichen, interessirte Tyndall in hohem Grade, so dass er keine Vorlesung versäumte. Den Vorträgen des Docenten waren Besprechungen über physikalische Gegenstände hinzugefügt, worin die in den Originalsprachen studirten Abhandlungen vorgetragen und mit Experimenten begleitet wurden: eine Gelegenheit zur Uebung in der Darstellung und zu eigenen Plänen in der Forschung.

Neben der geistigen Thätigkeit vernachlässigte Tyndall aber das leibliche Wohl nicht; er benutzte jede Gelegenheit, sich Anregungen von aussen zu verschaffen. In Marburg war er Mitglied eines „Englischen Kränzchens“, das sich einmal in der Woche abwechselnd in den Wohnungen der Theilnehmer vereinigte, um Shakespeare und Tennyson zu lesen. Häufig wurden auch Ausflüge in die malerische Umgebung der Stadt unternommen; der Dammelsberg, die Kirchspitze, Spiegelslust, Marbach, Werda, Kirchhain mit seinen schroff ansteigenden Basaltfelsen, Ockershausen und die übrigen Erholungsorte in der Nachbarschaft sind Tyndall in freundlicher Erinnerung geblieben. Wenn er auch anfangs ganz seinen Studien lebte und den Kreis seines Wissens zu erweitern suchte, ohne sich viel um die Aussenwelt zu kümmern, so liess doch dieser Eifer im Laufe der Jahre ziemlich nach. Tyndall erkannte bald, dass er mit seiner pedantisch geregelten Zeiteintheilung, die sich auf das Hören von Vorlesungen, Arbeiten im Laboratorium und häusliches angestrengtes Studium beschränkte, doch nicht viel weiter kommen würde. Jedem einzelnen Gegenstande waren bestimmte Stunden gewidmet, weil er etwas von Addison über den Werth der genauen Zeiteintheilung gelesen hatte. Doch wie er seine erste kleine physikalische Untersuchung über „die bei dem Wasserstrahl zu Tage tretenden Phaenomene“ („Phenomena of a Water-jet") in Angriff genommen hatte, sah er ein, dass es weiser war, eine fruchtbringende Gedankenlinie zur rechten Zeit weiter zu verfolgen, als die festgesetzte Zeiteintheilung innezuhalten, da der Geist der Forschung sich nicht beliebig herauf beschwören lässt. In jener Arbeit entdeckte Tyndall, dass die beim Rieseln eines Baches oder bei einem Wasserfalle vernehmbaren musikalischen

Töne ebenso wie das Rauschen der brandenden See von platzenden Luftblasen herrühren, die sich im Wasser verwickeln. Sind diese Luftblasen nicht vorhanden, so können in dem rieselnden oder strömenden Wasser keine Töne entstehen. Dieser Abhandlung folgten mehrere selbständige, wissenschaftliche Arbeiten. War auch Tyndall anfangs mit der dadurch bedingten Veränderung seines Studienplanes unzufrieden, so gewöhnte er sich doch bald daran und arbeitete bis zum Herbste des Jahres 1850 rüstig und freudig in Marburg weiter; nur frohe dauernde Erinnerungen hat er von dort mit in die Heimath genommen, durch keinen Missklang waren die Marburger Tage getrübt worden.

Den Herbst des Jahres 1850 brachte Tyndall in England zu; doch es dauerte nicht lange, so fasste er den Entschluss, wieder nach Deutschland zurückzukehren; auch dieses Mal nicht ohne Begleitung eines Freundes. Wie im Herbste 1848 Mr. Frankland sein Reisegefährte gewesen war, so schloss sich jetzt der nunmehr längst dahingeschiedene Director of Studies in the Royal Naval College, Mr. Thomas Archer Hirst, an Tyndall an. Das letzte Ziel der Reise sollte Berlin sein, wo Tyndall zu Anfang des Jahres 1851 anlangte. Schon in Marburg hatte er viel von den Berliner Gelehrten reden hören, so dass der lebhafte Wunsch in ihm erweckt wurde, dieselben persönlich kennen zu lernen; bisher war es nur Hermann Knoblauch gewesen, der zu ihm nach seiner Berufung aus Berlin in nähere Beziehung trat. Den wahren Gewinn sah Knoblauch, den bald die innigste Freundschaft mit Tyndall verband, darin, ihn zu wissenschaftlichen Arbeiten zu veranlassen, und er vereinigte sich mit ihm zu einer Reihe von Versuchen über den Einfluss des Magnetismus und Diamagnetismus auf die Krystalle und andere Körper von bestimmter Structur, zwischen denen sich ein ganz nachweisbarer Zusammenhang ergab. Täglich experimentirten beide Physiker mit einander, und Tyndall setzte die Versuche noch fort, nachdem er Marburg verlassen hatte. Ihre Arbeiten publicirten sie in deutscher und englischer Sprache.

Tyndall kam es sehr erwünscht, dass ihm eine Gelegenheit zum Arbeiten in dem Laboratorium des Professors Magnus in Aussicht gestellt wurde. An Magnus rühmt Tyndall die Feinheit und das Erschöpfende seiner Experimente, da jener reich genug war und weder Mühe noch Kosten sparte, um seine Apparate ebenso zweckmässig wie schön herzustellen, damit er jedes Ding, das er in Angriff nahm, so erschöpfend wie möglich behandeln konnte. Durch physikalische Untersuchungen von der grössten Wichtigkeit hatte Magnus bereits seinen Namen berühmt gemacht, z. B. durch seine Experimente über die Abweichung der Projectile. Mit Tyndall gerieth. er in eine lebhafte Discussion über die Wechselwirkung der strahlenden Wärme und Materie im gasförmigen Aggregatzustande (the interaction of radiant heat and matter in the gaseous state of aggregation"), ein Thema, mit dem sich Magnus besonders in seinen letzten Lebensjahren eingehender beschäftigte. Ein anderer Physiker, den Tyndall in Berlin kennen lernte, war Dove, der schon in der Optik, Akustik und in der Elektricitätslehre Bedeutendes geleistet hatte, obwohl das Hauptfeld seiner wissenschaftlichen Thätigkeit die Meteorologie war. Ferner wirkten an der Berliner Hochschule Heinrich und Gustav Rose, der eine als Chemiker, der andere als Geolog berühmt. Mitscherlich, dessen Arbeiten auf dem Gebiete der Krystallographie, Chemie und Physik anerkannte Geltung hatten, gehörte gleichfalls zu denen, deren belehrenden Umgang Tyndall suchte. Mit Ehrenberg hatte er zu verschiedenen Malen über mikroskopische Organismen conversirt, weil er irrthümlich glaubte, dass Ehrenberg's mikroskopische Kalkmuscheln amorphe, kohlensaure Thonerde, die er gerade zu bekommen suchte, enthielten. Da musste er denn erfahren, dass diese Kreideschalen, so klein sie auch waren, doch aus noch kleineren Krystallen zusammengesetzt waren. Weiter machte Tyndall die Bekanntschaft von Riess, dem besten Interpreten der Reibungselektricität, welcher Faraday's Radicalismus den eigenen Conservativismus in Bezug auf die elektrische Theorie mehr als einmal entgegengesetzt hatte. In voller physischer und geistiger Kraft war um jene Zeit auch schon Dubois-Reymond in Berlin als Docent thätig, dem seine Untersuchungen über thierische Elektricität überall einen angesehenen Namen verschafft hatten. Er flösste Tyndall grossen Respect ein.

Zu gleicher Zeit wurde er auch mit Clausius bekannt, der durch seine Untersuchungen über die mechanische Wärmetheorie berühmt geworden war, und dessen erste grosse Untersuchung über diesen Gegenstand Tyndall ins Englische übersetzt hatte, bevor er Marburg verliess. Ferner war Wiedemann da, dem schon die eigenen selbständigen Untersuchungen einen dauernden Ehrenplatz in seiner Wissenschaft angewiesen haben, der es aber auch andererseits vorzüglich verstand, die Resultate fremder Forschungen in gefälliger Form mitzutheilen, wie z. B. die Arbeiten aller Gelehrten und Nationen über die Voltaische Elektricität, wozu seine ausserordentliche Belesenheit und sein Organisationstalent nicht wenig beitrug. Der treffliche Experimentator Poggendorff, am bekanntesten auch heute noch durch die vielcitirten „Annalen", wirkte um

jene Zeit in Berlin. Von allen diesen wurde Tyndall dort sehr freundlich aufgenommen; es wurde ihm jede Hülfe bei seinen Forschungen zu Theil; mit einigen hat er sogar dauernde Freundschaft geschlossen. Wie seine eigenen Werke von namhaften deutschen Forschern übersetzt wurden, so hat er auch selber in seiner früheren Studienzeit die bedeutenden Werke deutscher Gelehrter durch Uebersetzungen ins Englische seinen Landsleuten bekannt gemacht. Dahin gehörte z. B. seine Uebersetzung von Helmholtz' Essay über die Erhaltung der Kraft. Helmholtz, welcher sich um jene Zeit noch in Königsberg befand, hatte eben seine. Experimente über die Geschwindigkeit des Nervenstroms zu Ende geführt, für die sich Tyndall lebhaft interessirte, weil sie ihn die neue Thatsache lehrten, dass jene Geschwindigkeit in den Nerven des Frosches nur 93 englische Fuss (28 m.) in der Secunde, oder ungefähr ein Zwölftel der Geschwindigkeit des Schalles in der Luft bei gewöhnlicher Temperatur beträgt. Bisher hatte man dieselbe als eine augenblicksschnelle oder wenigstens als eine der des elektrischen Stromes gleichkommende angesehen.

Tyndall wurde auch die Ehre zu Theil, bei keinem Geringeren als Humboldt als „Interviewer empfangen zu werden. Dieser verspottete ihn gründlich, weil er seinen früheren Principien schnurstracks zuwiderhandelnd sich in Deutschland das Rauchen angewöhnt habe. Woher Humboldt diese Thatsache erfahren hatte, wurde Tyndall daraus klar, dass jener seine Abhandlung über den Wasserstrahl gelesen hatte. Darin hatte Tyndall nämlich unter Anderem auch von dem Geräusch gesprochen, welches durch das Zerreissen eines Häutchens auf den feuchten Lippen eines Tabaksrauchers hervorgebracht wird. Von Humboldt erhielt Tyndall mehrere Aufträge voll schmeichelhafter Complimente an Faraday, dem Humboldt seine Zustimmung zu verschiedenen Ansichten erklären lassen wollte. Er habe die jährliche und tägliche Schwankung in der Abweichung der Magnetnadel auf ihre wahre Ursache, die Veränderlichkeit in dem magnetischen Verhalten des Sauerstoffs in der Atmosphäre, zurückgeführt. Für Tyndall war auch die Thatsache interessant, dass Humboldt niemals eine Abhandlung in französischer Sprache veröffentlichte, bevor sie nicht von einem Franzosen revidirt worden war, obwohl er doch einen beträchtlichen Zeitraum seines Lebens in Frankreich zugebracht hatte.

So waren die Kreise beschaffen, in denen sich Tyndall während seines Berliner Aufenthalts bewegte. Um sich vor geistiger Ueberanstrengung und ihren Folgen zu schützen, pflegte er gelegentlich nach Charlottenburg oder anderswohin spazieren zu gehen. Das nannte er „Depolarisation". Dies sollte seinem Gehirn, das sich oft wie in einem Zustande der Starrheit gleich der Polarität eines Stahlmagneten befand, die Biegsamkeit zu freier Conversation, die sich nach Tyndall's Ansicht mit harter Denkarbeit nicht verträgt, wiedergeben. Wir wollen bei alledem auch nicht vergessen, dass Tyndall während seiner Studienzeit bereits ein gereifter Mann war, dessen Alter das gewöhnliche Durchschnittsalter der deutschen Studenten um ein Jahrzehnt übertraf. So kam es, dass er in Berlin hauptsächlich mit den Gelehrten in Verkehr stand und sich in die selbständige Lösung wissenschaftlicher Probleme vertiefte.

Tyndall verliess Deutschland so gut vorbereitet, dass ihm sofort nach seiner Rückkehr in die Heimath kurz hintereinander verschiedene Aemter übertragen wurden. Zunächst war er, wie wir oben bereits gesehen haben, Lehrer der Physik am Queenswood-College in Hampshire gewesen. Hier begann er die Untersuchungen, die später seinen Namen so berühmt machen sollten, so dass er in verhältnissmässig jungen Jahren (1853) auch zum Mitglied der Royal Society ernannt wurde. Diese ehrende Auszeichnung verdankte er hauptsächlich seinen Untersuchungen über den Diamagnetismus, über die Polarisation, über die magneto-optischen Eigenschaften der Krystalle und die Beziehungen des Magnetismus zur Molecularaffinität, welche er gemeinsam mit Knoblauch in Marburg begonnen hatte. Im Jahre 1853 wurde er auf den Lehrstuhl der Physik und Naturphilosophie an der Royal Institution of Great Britain und an der School of Mines in London berufen. In der Oberleitung der Royal Institution ward er 1867 der Nachfolger des berühmten Faraday. In London trat er besonders mit dem in den fünfziger Jahren lange Zeit hindurch daselbst thätigen Chemiker A. W. Hofmann in näheren Verkehr. Da beide als Gelehrte wie als Lehrer gleich hervorragend waren, so galten sie damals als die beliebtesten Männer der Wissenschaft in den gebildeten Kreisen Londons. Dazu kam, dass sich Tyndall durch grosse Herzensgüte, Liebenswürdigkeit und Uneigennützigkeit auszeichnete. Für den Erfolg seiner Thätigkeit ist bezeichnend, dass er im Jahre 1872 zu einer wissenschaftlichen Rundreise nach den Vereinigten Staaten Nordamerikas eingeladen wurde und dort eine Reihe von Vorträgen hielt, welche ihm nach Abzug der Unkosten eine Summe von annähernd 300 000 Mark Ueberschuss einbrachten. Für seinen Charakter ist es ebenso bezeichnend, dass er diesen Reingewinn ganz für wissenschaftliche Studienzwecke verschenkte.

Er überwies nämlich jene

bedeutende Summe drei amerikanischen Universitäten zu dem Zwecke, amerikanischen Studirenden Forschungsreisen nach Europa zu ermöglichen. Tyndall's weiterer Lebenslauf bietet, was sein Wirken in England betrifft, verhältnissmässig wenig des Interessanten, Neuen und Abwechslungsreichen. In gesicherter und behaglicher, nur dem Lehren und dem Forschen gewidmeter Existenz, später umgeben und gepflegt von Gattin und Kindern, verbrachte er das Leben eines Gelehrten, wie man es auch sonst auf der Briteninsel findet, aber auch dasjenige eines reiselustigen Engländers. Was er ausserdem noch im Auslande, in ganz erhabenen Regionen praktisch für die Erforschung der Alpenwelt geleistet hat, werden wir weiter unten erfahren. Hier sei nur kurz bemerkt, dass er schon im Jahre 1856 mit Huxley zusammen die Gletscher der Schweiz untersuchte und während der drei folgenden Jahre seine Studien über das „Mer de glace" fortsetzte, ja sogar 1859 einen grossen Theil des Winters in Chamounix verlebte. Später unternahm er dann die Untersuchungen über die strahlende Wärme, worin ihm Hermann Knoblauch vorangegangen war, und deren für die Wissenschaft so kostbaren Ergebnisse zumeist in den „Philosophical Transactions" veröffentlicht wurden. Ende des Jahres 1870 reiste Tyndall mit einer Expedition nach Algier, um die am 22. December stattfindende Sonnenfinsterniss zu beobachten. Allerdings scheiterten diese Beobachtungen durch die Ungunst des Wetters in Bezug auf die Corona in kläglicher Weise. Es ist selbstverständlich, dass seine Leistungen von seinen Fachgenossen nicht unbeachtet blieben, sondern allgemeine Anerkennung fanden, die sich u. a. auch darin aussprach, dass ihn zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften zum Mitgliede erwählten. So wurde er von der Kaiserlichen Leopoldinisch-Carolinischen deutschen Akademie der Naturforscher, deren Präsident später sein ehemaliger Lehrer Knoblauch wurde, am 1. October des Jahres 1857 cogn. Oerstedt II unter die Zahl ihrer Mitglieder aufgenommen. Von mehreren Universitäten Grossbritanniens erhielt er den Doctortitel honoris causa; er war Doctor of Civil Law und Doctor of Law. Ueber dreissig Jahre verblieb Tyndall in seiner amtlichen Stellung, während welcher Zeit er die naturforschenden Kreise mit einer grossen Anzahl gediegener Abhandlungen beschenkte, bis er im Jahre 1887 in eine schwere Erkrankung fiel. Da durch dieselbe seine Gesundheit wesentlich geschwächt war, so sah er sich genöthigt, noch in demselben Jahre seine Professur niederzulegen und seine anstrengende wissenschaftliche Thätigkeit erheblich einzuschränken. Dass er sie trotz seines Alters nicht ganz aufgab, beweisen seine letzten Schriften, von denen die New Fragments" ein Jahr vor seinem Tode (1892) erschienen sind. Seine letzte Vorlesung in der Royal Institution hatte Tyndall bereits am 22. Januar 1886 gehalten; dieselbe handelte über Thomas Young, early Life and Studies (wieder abgedruckt in den „New Fragments", p. 248-306). Doch sollte ihm nach einem beispiellos erfolgreichen Leben kein natürliches Ende beschieden sein. Am 4. December 1893 wurde ihm (an Stelle von Epsomsalz) durch einen unglücklichen Zufall versehentlich eine für seine Schwäche zu grosse Dosis Chloral gereicht, die seinen Tod im Alter von 73 Jahren verursachte. Tyndall war nämlich, wie seine Wittwe vor der Leichenschau-Jury, welche die Todesursache des berühmten Physikers zu constatiren hatte, erklärte, seit Jahren gewohnt gewesen, gegen Schlaflosigkeit Chloral und an jedem Morgen eine Dosis Magnesia zu nehmen. Beide Flaschen standen auf demselben Tische. Am Montag, den 4. December, habe sie ihm die gewohnte Dosis gereicht, wie sie dachte, Magnesia, aber sie habe sich in der Flasche vergriffen und ihr Mann habe das Chloral verschluckt, ehe das Versehen entdeckt wurde. Ein sofort eingegebenes Brechmittel blieb leider ohne Erfolg, und Tyndall sah mit vollem Bewusstsein seinem nahenden Ende entgegen. Ruhig ordnete er seine häuslichen Angelegenheiten, sprach seine letzten Verfügungen und Wünsche aus und schied ohne Bitterkeit aus diesem Leben, sanft in ein besseres Jenseits hinüberschlummernd. Vielleicht hätte er noch geraume Zeit seiner Familie und seinen zahlreichen Freunden erhalten bleiben können, wenn auch das Werk seines Lebens bereits abgeschlossen war, als ihn ein herbes Geschick dahinraffte.

Was Tyndall's wissenschaftliche Bedeutung anlangt, so dürfte darüber unter seinen Fachgenossen ziemliche Uebereinstimmung des Urtheils herrschen. Dieselbe lässt sich am besten aus seinen zahlreichen Schriften erkennen, deren Verzeichniss am Schlusse dieses Nekrologs seine Stelle finden wird. Seine umfassenden Arbeiten auf den verschiedenen Gebieten der Physik über Wasser, Hitze als Bewegkraft, Licht, Schall, Elektricität u. s. w. waren epochemachend und trugen ihm die höchsten Anerkennungen ein. Nicht minder wichtig waren seine Untersuchungen über Diamagnetismus, strahlende Wärme und Schallfortpflanzung, sowie seine Studien über die Bewegung der Gletscher in den Alpen. Unter Anderem wies Tyndall nach, dass die Baumrinde ein noch viel schlechterer Wärmeleiter ist, als das Holz, weshalb die Bäume auch bei starkem Frost nicht leiden, und dass der Sand der Wüste die Wärme besser leitet, als die meisten Metalle, und dass sich dadurch die niedrigen Nachttemperaturen in der Wüste erklären lassen. Fast alle seine

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