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cius früher gedruckt waren. Wie hier zur Kritik der Documente des Cencius eine weitere Grundlage geboten wird, so für die Lebensbeschreibungen desselben noch Nachrichten, die ich in der Chiesa nuova fand. Es geht daraus hervor, dass die Vitae Pontiff., die gewöhnlich unter dem Namen des Cardinals von Arragonien gehen, und die Sie bereits früher dem Cencius vindiciert haben, bis zu Alexander III. schon von Hugo von Imola, dessen Protonotar, zusammengestellt waren. Dass ich in der Chiesa nuova den libellus contra invasores et Symoniacos et reliquos Schismaticos von Deusdedit fand und, soweit er irgend historisches Interesse hat, ausschrieb, werden Sie schon von Dr. Köpke gehört haben. In der letzten Zeit habe ich dort noch den Tractat von Albert von Bonstetten: De confederatione superioris Germanie, an Sixtus IV. gerichtet, abgeschrieben. Obwohl er meinen Zwecken fern liegt, benutzte ich doch die Gelegenheit, die sich vielleicht später nicht gleich günstig zeigt, diese interessante und meines Wissens völlig unbekannte Schrift nach Deutschland zu bringen. Das erste Buch enthält eine Beschreibung des Landes der Eidgenossen, das zweite die Thaten Karls des Kühnen, das dritte die Ereignisse, welche sich auf die Vermählung Marias mit Maximilian beziehen. Herr Theiner hat sich mir höchst gefällig erwiesen, und ich wünsche allen meinen Nachfolgern bei ihm gleiches Glück.

Morgen reise ich nun nach Neapel und hoffe bei meiner Rückkehr von dort hier Antwort auf die Anfrage zu finden, die ich in meinem letzten Briefe an Sie zu richten wagte, auch in Betreff des Geldes, was Sie mir für die Collation des Marianus Scotus in Aussicht stellten, wüsste ich dann gern Näheres, da ich sonst mir anderes Geld aus Berlin senden lassen muss. Herrn Professor Ranke und Herrn Director Meinike bitte ich mich angelegentlichst zu empfehlen und meine Freunde bestens zu grüssen. Mit der grössten Verehrung und Dankbarkeit

Ew. Hochwohlgeboren

Rom, den 21. Juni 1844.

ganz ergebenster
W. Giesebrecht.

Beilage.

Der Cod. Urb. 440 (Perg., Grossquart, Schrift des 11. Jahrh., 39 Blätter). Fol. 1 bis f. 8, ohne Ueberschrift: Chronik von Aquileja. Anf.: Post multarum urbium destructionem et Aquileie desolationem cum sevissima paganorum_multitudo'. Ende: 'Isdem vero papa providens utilitati sanctę Dei ecclesię interventu supradictorum Primogenium subdiaconum regionarium sedis apostolicę ad eandem metropolim regendam direxit'.

Anfang und Ende der Chronik scheint zu fehlen. F. 9 beginnt das Chronic. Venetum ohne eine Ueberschrift mit den Worten: 'Post dicessum cuius omnis Veneticorum frequentia', wonach zufolge eines Ueberschlags, der sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit machen lässt, 12 Blätter dieser Chronik verloren gegangen wären. Der erste Theil dieser Chronik ist offenbar von derselben Hand geschrieben, wie die ersten Blätter des Codex, f. 22 bei den Worten: 'Imperatorum grecorum ratio coegit wird die Schrift kleiner und gleichmässiger, doch ohne dass man deshalb nothwendig auf eine andere Hand zu schliessen berechtigt wäre. Auffälliger wird die Verschiedenheit der Schrift f. 27, die Vorderseite ist ganz leer, die Rückseite beginnt mit den Worten: 'Anno vero dominicae incarnationis' (991), und von hier wird die Schrift viel grösser, unbestimmter und die Tinte ist auffallend bleicher. Dann nähern sich die Züge von f. 32 an bei den Worten: 'Egressus vero inde Levigrade insulae colones', gehen aber f. 35 auf der Rückseite allmählich wieder in jene grössere Schrift über, welche, da hier auf den letzten Blättern meist ohne Linien geschrieben ist, sehr ungleich ausfällt, und sich fol. 37 in der Mitte: '(I)nterea Petrus dux dum sibi pro votis' auffallend wieder dem ersten Charakter nähert. F. 38 mit der 6. Zeile schliesst die Chronik. Daran schliesst sich sogleich: 'Quadam die nos Iohannes Sagornino ferrarius', die Hand ist etwas kleiner und flüchtiger, obwohl hier wie f. 38 B und 39 A: 'Paulicius dux - Berengarius imperator', wo die Schrift wieder grösser und die Tinte schwärzer wird, nicht nothwendig an einen neuen Schreiber zu denken ist. Dagegen scheint der Katalog 39B: 'Primus in Romana sede Iulius Cesar regnavit annos IV et menses II Probus Caesar regnavit annos sex et menses quattuor' von einer mehr ausgeschriebenen, etwas späteren Hand herzurühren. Ungewöhnliche Abbreviaturen finden sich nicht, p ist durchweg in pre aufgelöst, weil dies sich ohne Abbreviatur häufig, besonders im ersten Theile, findet, später kommt jedoch auch prae zuweilen vor; æ, e und e findet sich fast gleich häufig, í kommt öfters vor, doch können die Punkte auch später hinzugesetzt sein, ci ist häufiger als ti, auffällig ist sce und sci häufig für se, si, z. B. scitum für situm durchweg, eine Abweichung, die sich jedoch aus dem Venetianischen Dialect, wie er noch heute gesprochen wird, erklärt, qu wird zuweilen in c verwandelt, wie corum für quorum. - Correcturen und Zusätze finden sich in grosser Zahl, sie sind aber meist von derselben oder mindestens einer gleichzeitigen Hand. Einzelne spätere Zusätze, namentlich in Zahlen, sind leicht zu unterscheiden. Aus dem Gesagten erhellt, dass manches dafür spricht, dass wir ein Autographon in diesem Codex haben, doch weiss ich nicht, ob die Kennzeichen zu einer sicheren Ánnahme der Art genügen.

4.

Hochgeehrtester Herr,

Hochzuverehrender Herr Geheimer Rath.

Ich würde Ihr verehrliches Schreiben vom 24. Juni längst beantwortet haben, hätte ich nicht fürchten müssen, dass mein Brief Sie nicht in Berlin treffen würde. Dass über den Empfang Ihres Schreibens Zweifel obwalten könnten, hätte ich nicht geglaubt, da in Folge desselben mein Gesuch um Verlängerung des Urlaubs sofort abgegangen war, und ich Herrn Director Meinike ausdrücklich gebeten hatte, Ihnen meinen herzlichsten Dank für Ihre gütigen Bemühungen in meiner Sache abzustatten: ein Dank, den ich Ihnen mir hier selbst noch einmal zu wiederholen erlaube. Die Art und Weise, wie Sie mir über die Gesinnung des Ministers schrieben, liess mir keinen Zweifel übrig, dass mein Gesuch genehmigt werden würde, auch bat ich Herrn Director Meinike und einige Freunde, mir sofort Nachricht zu geben, wenn sich ein Hindernis zeigen sollte, das jener Verlängerung in den Weg träte. Eine solche Anzeige ist nicht erfolgt, aber auch eine Antwort auf mein Schreiben an den Herrn Minister ist nicht eingegangen, und so befinde ich mich wirklich in nicht geringer Verlegenheit, indem ich mir nicht anders vorstellen kann, als dass mein Gesuch gewährt sei, mir aber nicht erklärlich ist, weshalb die Anzeige ausbleibt, da mein früherer Urlaub schon mit dem 1. October abgelaufen war. Ich erlaube mir deshalb die ganz gehorsamste Bitte an Sie, ob Sie nicht den Stand der Dinge ermitteln und mir über denselben Nachricht zukommen lassen können. So sehr es mich treibt Rom zu verlassen, werde ich doch hier bleiben, bis ich bestimmt weiss, woran ich bin. Mit der neuen Geldbewilligung, die mir der Herr Minister in Aussicht gestellt hat, warte ich gern bis Neujahr, für den Augenblick fehlt es mir nicht an Mitteln. Den Wechsel auf Valentini, den Sie mir zu schicken die Güte hatten, habe ich erhalten und danke bestens für die erhaltene Summe.

In Neapel und Cava fand ich nicht eine so gute Aufnahme, als ich erwartet hatte, doch konnte ich dies eher verschmerzen, da ich keine Sachen sah, die für meine nächsten Zwecke von grossem Belang wären. In Monte Cassino wurde ich um so besser empfangen, und bin 17 Tage im Kloster gewesen. Die Mönche wünschen sehr, ihre litterarischen Schätze sämmtlich zu publicieren, doch fehlt es ihnen an den nöthigen Mitteln, und sie dachten schon daran, mit Ihnen und Ihrer Unternehmung in nähere Verbindung zu treten, wobei sie meine Vermittelung in Anspruch nehmen. Tosti wollte deshalb noch besonders an mich schreiben, inzwischen habe ich bis jetzt heinen Brief erhalten, und die Sache kann so wohl auf sich beruhen, zumal

ich nicht glaube, dass das Archiv für deutsche Geschichte noch grosse Schätze enthält. Im September bin ich 14 Tage in Subiaco und 2 Tage in Anagni gewesen. Das Registrum Sublacense ist von grossem Interesse, manches ist abgeschrieben, anderes excerpiert. Eine Urkunde Hugos und Lothars, eine andere Ottos I. und eine dritte Ottos III., deren Originale nicht mehr vorhanden, habe ich abgeschrieben, sie sind bei Muratori schlecht gedruckt. Eine Urkunde Friedrichs II. habe ich einem alten Transsumpt entnehmen müssen, da ebenfalls das Original nicht mehr vorhanden. Da über die handschriftlichen Sachen in Subiaco und Anagni wohl neuerdings wenig Nachrichten bekannt geworden sind, denke ich in der historischen Zeitschrift später ausführlichere Mittheilungen zu machen. Ob ein Artikel über neuere historische italienische Schriften, den ich im September an Schmidt schickte, angekommen und gedruckt ist, wüsste ich gerne durch ihn. Neuerdings habe ich mich viel mit dem Studium der Topographie Roms im Mittelalter beschäftigt. Ich muss von der Localität ein ganz deutliches Bild mit mir nehmen, da ich später so oft davon sprechen soll. Hätte das Papencordtsche Opus posthumum nicht schon seinen Herausgeber, so würde ich mich jetzt selbst dazu erbieten. Ich habe manche Untersuchungen gemacht, die ich gern zu einem Ganzen verarbeiten möchte.

Sobald die Vaticana eröffnet wird, werde ich das Chronicon Aquileiae Ihrem Wunsche gemäss abschreiben, vorausgesetzt, dass es mir nicht unmöglich gemacht wird durch die jetzt geltende Maxime, dass nur bereits edierte Sachen zur Benutzung gegeben werden. Ich fürchte dies indessen nicht, da Laureani mir leidliches Vertrauen schenkt und nöthigenfalls auch die Gesandtschaft bereitwillig Beistand leistet. Die bezeichnete Stelle im Chronic. Sagorn, werde ich dann auch sogleich nachsehen. Im Ganzen ist Zanetti gar nicht zu trauen, wie ich meines Wissens auch an mehreren Stellen ausdrücklich bemerkt habe. Auf der Marc. in Venedig findet sich ein Chronic. Aquileiae in drei Abschriften, Lat. Cl. X. n. 132 und Cl. XIV. Cod. 49 und 177, die aber sämmtlich ziemlich modern sind. Es ist wohl dasselbe, was Sie aus der Bibl. Barberini haben, einige Stellen, die mich interessierten, habe ich abgeschrieben und kann ich erforderlichen Falls mittheilen.

Mit dem Cencius Camerarius der Riccardiana werde ich mich in Florenz gründlich beschäftigen und dann auch die kurzen geschichtlichen Bemerkungen, die Sie noch wünschen, abschreiben. Ich glaube aber mit Sicherheit zu vermuthen, dass diese nichts anderes sind, als eine Wiederholung der epitome aus dem Werke des Bonizo: de vita christiana mit sehr leichten Aenderungen.

Dr. Bethmann hoffe ich in Florenz zu treffen und ihm

dann die erforderlichen Mittheilungen machen zu können; anderenfalls würde ich ihm nach Mailand schreiben. Dr. Friedlaender ist in diesen Tagen hier eingetroffen und lässt sich Ihnen angelegentlichst empfehlen. Ich bitte Herrn Director Meinike meine gehorsamsten Empfehlungen auszurichten und meinen Freund Köpke herzlich zu grüssen. Den anliegenden Brief haben Sie wohl die Güte durch die Stadtpost an seine Adresse gelangen zu lassen.

In der Erwartung, durch baldige Nachricht aus meiner Unruhe wegen des Urlaubs gerissen zu werden und so auch von Ihnen erfreuliche Mittheilungen zu erhalten, empfehle ich mich Ihnen mit der grössten Verehrung und Hochachtung und unterzeichne mich als

Ew. Hochwohlgeboren

ganz gehorsamster Diener
W. Giesebrecht.

Rom, den 2. November 1844. Piazza di Poli No. 28.

5.

Sehr freue ich mich, Ihnen, hochverehrter Herr Geheimerrath, schon jetzt die verlangte Copie des Chronic. Aquileg. (oder wohl besser Gradense) schicken zu können, obwohl die Vaticana erst seit 4 Tagen eröffnet und Monsignore Laureani mir Anfangs einige Schwierigkeiten machte. Für die Genauigkeit der Abschrift glaube ich einstehen zu können, da ich noch einmal ein sorgfältiges confronto derselben angestellt habe. Wo die Schreibart schwankt, wie in e--æ, i-y, ti-ci, habe ich mich immer genau an den Codex gehalten, selbst die Interpunktion und das Alinea habe ich wiedergegeben. Grosse Buchstaben habe ich im Anfang der Eigennamen gebraucht, wo sie sich nicht immer im Cod. finden, in allen anderen Fällen habe ich sie nach dem Codex genommen. Eine Probe der Schrift schien mir nicht nöthig, da sie dieselbe ist, in welcher das Chronic. Venet. geschrieben, mit dem auch wohl diese Chronik zu derselben Zeit abgefasst ist. In jenem steht an der beregten Stelle ganz deutlich: 'Huius adulentis mores' etc.

Ein leeres Blatt habe ich benutzt, um die letzte Seite des Codex abzuschreiben, das auf derselben vorhandene Verzeichnis der Kaiser ist später hinzugefügt, wohl Ende des 11. Jahrhunderts, und von zwei Händen geschrieben, die erste endet, wo ich einen Strich gesetzt habe. Ich schrieb es ab, weil es Ihnen vielleicht Interesse gewährt, Cod. Urb. 440 nun in seinem ganzen Umfange abschriftlich zu besitzen.

Dr. Bethmann sähe ich sehr gern. Am besten wäre es wohl, wenn er mir nach Florenz schriebe, damit ich entweder irgendwo ihn treffen oder die nöthigen Mittheilungen ihm sicher

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