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I.

Der Text.

Die Handschriften der sogenannten Annales Fuldenses (SS. I, 337-415) zerfallen in drei Gruppen, von denen die erste die Annalen bis 882, die zweite dieselben fortgesetzt von 882 bis 887, die dritte mit einer von 882 nach kurzem Zusammengehen abweichenden Fortsetzung bis 901 enthält.

An der Spitze der ersten steht:

1) Hs. n. 11 der Stadtbibliothek zu Schlettstadt, beginnend mit der Ueberschrift: 'Gesta quorundam Francorum regum' und endigend bei 882 mit 'extra civitatem facta'. Bei 838 steht am Rande die Bemerkung: 'Huc usque Enhardus', bei 863 von derselben gleichzeitigen Hand: 'Huc usque Ruodolfus'. Herr Professor Bresslau in Strassburg, welchem ich eine vollständige Vergleichung der Hs. verdanke, hat über dieselbe folgendes notiert:

'Die Hs. ist gebunden in aussen mit gepresstem braunem Leder überzogene Holzdeckel. Auf dem Vorderdeckel ist eingepresst: Joh. Fabri'. Die Innenseite der Deckel ist mit Papier, theilweise auch mit Pergament überzogen. Auf dem Papier der Innenseite des Vorderdeckels hat eine Hand saec. XV. eingetragen: 'Iste liber e' (est). . ., der Rest ist aber grösstentheils ausgerissen. Die Hs., die nur die Ann. Fuld. enthält, zerfällt in elf Lagen, bezeichnet mit I-XI auf dem letzten Blatt jeder Lage. Lage II, III, V-XI sind Quaternionen, Lage IV ist ein Ternio, wo aber zwischen f. 24 und 25 ein Blatt herausgeschnitten ist, so dass also nur 5 statt 6 Blätter bleiben. Lage I ist ein Quaternio, aber in eigenthümlicher Weise angefertigt. Das erste Blatt ist nämlich der Anfang einer Notariatsurkunde saec. XV.; es dient als Vorsetzblatt des ganzen Codex und zugleich als erstes Blatt der Lage,

1) 'Vgl. über Fabri (aus Schlettstadt, 1431 in Heidelberg immatriculiert, 1455 Vicar in Oberehnheim und Priester, 1456 in gleichem Amt in Schlettstadt, gestorben 1470) und die aus seinem Nachlass nach Schlettstadt gekommenen Bücher Gény und Knod, Die Stadtbibliothek zu Schlettstadt (Strassburg 1889), S. 15 ff.' Br. 2) 'Der in der Mitte zerrissene Buchstabe ist wahrscheinlicher ĕ (est) als f (fuit)'. Br.

die im Uebrigen aus drei Doppelblättern und einem Einzelfol. besteht. Das Vorsetzblatt eingerechnet, hat also die ganze Hs. 10 × 85 85 Blätter, auf die Ann. Fuld. kommen davon nur 84. Paginierung ist nicht vorhanden.

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Die Notariatsurkunde ist ausgestellt Freitag den 28. Sept. 1464 'Rome in domo habitacionis providi viri mag. Heinrici Vrdeman in Romana curia causarum procuratoris' und beginnt: 'In mei notarii publici testiumque infra scriptorum ad hoc specialiter vocatorum et rogatorum praesentia personaliter constitutus venerabilis et circumspectus vir dominus Iohannes Ruolphi (so) de Lansteyn, decanus ecclesie Wormaciensis principalis principaliter pro se ipso' u. s. w.; es handelt sich um die Ernennung von Procuratoren.

Auf dem letzten Blatte f. 85 schliessen sich an die Schlussworte der Ann. Fuld. ‘extra civitatem facta' verschiedene Federproben an, deren Zeit sich, da sie ältere Schrift nachahmen, nicht ganz sicher bestimmen lässt; darunter: 'Innocencius eps. serv. servor. dei dilectis in Christo B. decano totique capitulo Wormaciensi salutem et apostolicam benedictionem und am Ende: 'R. dei gratia Wormaciensis episcopus omnibus hanc paginam inspecturis''.

Die Hs. gehörte also jedenfalls dem Wormser Domkapitel und befand sich noch im 15. Jahrh. in Worms. Statt der Notariatsurkunde muss natürlich ein anderes erstes Blatt der ersten Lage vorhanden gewesen sein, welches, als die Hs. die jetzige Gestalt erhielt, aus irgend welchen Gründen, vielleicht wegen eines Eigenthumsvermerks, einer Verwünschung des Diebes oder dergl. weggeschnitten und durch die Hälfte der Urkunde ersetzt wurde. Uebrigens ist auf die Innenseite des Schlussdeckels der untere Theil einer Notariatsurkunde aufgeklebt, wahrscheinlich die zweite Hälfte der als Vorsetzblatt verwandten; für die Herkunft der Hs. giebt sie keinen Anhalt.

Jede Seite hat 21 Zeilen, nur auf fol. 3 sind 22 wegen einer Rasur bei 742/3. Der Rand ist breit, einmal vom ersten Blatt der 9. Lage der Rand abgeschnitten. Die Jahreszahlen sind roth am Rande eingetragen; jedes Jahr ausser 870 und 871 beginnt mit einer rothen Initiale. Die Schrift der ganzen Annalen ist aus derselben Zeit und derselben Schreibschule. Das Facsimile SS. I. ist ganz schlecht und giebt eine durchaus unvollkommene Vorstellung von der namentlich zu Anfang recht eleganten Schrift. Ich setze die Schrift des ganzen Codex, an dem aber verschiedene Schreiber thätig gewesen sind, sowohl nach paläographischen wie nach ortho

1) 'Die hier genannten Namen gehören sämmtlich der Mitte des 13. Jahrh. an: Innocenz IV., Bischof Richard, Burchard, Decan des Domkapitels'. Br.

graphischen Merkmalen lieber in das X. als noch ins IX. Jahrhundert.

Schon diese Zeitbestimmung schliesst, wenn man ihr zustimmt, die Annahme, dass die Hs. von 863 bis 882 Original sei, aus. Auch der Umstand, dass auch in diesem letzten Theil mehrere Hände thätig waren, zeigt, dass es blos Abschrift ist. Dafür sprechen weiter die ganze gleichmässige Art der Schrift und manche Correcturen, die offenbare Copistenfehler berichtigen; z. B. 869 'interim' corr. aus 'interit', 875 'unca manu' corr. aus 'unica' u. dgl. m. Entscheidend ist noch anderes: 869 'more Catilino' rührt offenbar von demselben Verfasser her wie 875 'more Iugurthino'; da in der Hs. 1, was freilich aus dem Druck bei Pertz nicht zu ersehen, 'more Cat.' fehlt, kann ihr Schreiber nicht der Verfasser sein. 8802 fehlt 'ad' zwischen 'inde' und 'expugnandos', wofür Lücke gelassen ist; wahrscheinlich war hier die Vorlage undeutlich geschrieben. 876 sind nach 'christianę plebis' 1', Zeilen unten auf der Seite leergelassen, dann fährt derselbe Schreiber auf der folgenden Seite mit 'si in' fort: hier war offenbar eine Pause im Schreiben eingetreten, der Verfasser selbst würde ganz gewiss die Arbeit nicht mitten im Satz unterbrochen haben, wohl aber der Copist.

Die Unterscheidung der einzelnen Hände ist nicht leicht, da sie sehr verwandt sind: vielleicht sind im Text vier Hände, welche mehrmals einander ablösen, zu unterscheiden, in den zahlreichen Randbemerkungen zwei, die möglicherweise mit Textschreibern identisch sind, jedenfalls aber derselben Zeit angehören'.

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Jüngere Hss. derselben Gruppe sind:

la) Papier- Hs. der Arne-Magnäanischen Sammlung der Königlichen Universitätsbibliothek zu Kopenhagen n. 830, 4o aus dem XV. Jahrhundert. Nach einer Mittheilung, welche Herr Universitätsbibliothekar S. Birket - Smith mir mit Benutzung des im Druck befindlichen zweiten Bandes des 'Katalog over de Arnamagn. Handskriftsamling' (I. Kopenhagen 1889) zu machen die Güte hatte, hat dieselbe folgenden Inhalt: 1) Blatt 1-22: 'Incipiunt gesta Karoli Magni in Hispania Turpini archiepiscopi Remensis, eiusdem Karoli Magni amici et secretarii'. Am Schlusse: 'Scriptus (nicht 'Coeptus') fuit liber iste Turpini archiepiscopi de gestis beati Karoli in Hi

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1) Dieser Grund verliert freilich an Beweiskraft, wenn man annimmt, dass die zweite Redaction (s. u.) mit dem sogenannten vierten Theil der Annalen ebenfalls von dem Verfasser des dritten herrührt; denn dieser Verfasser könnte die Worte 'more Cat.' ja auch erst bei der zweiten Redaction eingefügt haben. 2) 'In der Hs. steht hier irrig die Zahl DCCCLXXIIII am Rande'. Br. 3) 'Abgesehen von denen, welche im XV. Jahrh. und noch später hinzugefügt sind'. Br. 4) Später habe ich mir die Hs. auch noch schicken lassen; s. u.

spania factis per suppriorem ordinis canonicorum reg. monasterii in Kyrszgarten iuxta Wormaciam anno domini MCCCCXCVIo in octava s. Augustini prioris nostri'. 2) Bl. 23-24: 'De coniunctione matrimonii filie Caroli Magni cum eius notario'. 3) Bl. 25-43: Einhards Vita Caroli Magni. 4) Bl. 43'-45: 'Incipiunt informaciones et cautele observande presbitero volenti divina celebrare'. 5) Bl. 45'-95: die Annales Fuldenses unter dem Titel: 'Incipiunt alia quaedam gesta Francorum regum'. Am Schlusse heisst es: 'Explicit historia Francorum Karoli Magni et Lodowici filii et filiorum Lodowici, quae inventa fuit in libraria maioris ecclesiae in Wormacia, ubi praecipue describuntur gesta huius patrie'. Ueber die übrigen Stücke der Hs. vgl. Archiv VII, 166 und 371–374. Die Hs. stammt also, wie schon Jaffé (Bibl. IV, 505), der sie für die Ausgabe der Vita Karoli benutzte, hervorgehoben hat, aus dem Kloster Kirschgarten bei Worms und ist aus einer Wormser Hs. abgeschrieben. Die Annalen stimmen in allem Wesentlichen mit 1 überein, besonders auch in den beiden Randbemerkungen zu 838 und 863.

1b) Hs. der Hof- und Staatsbibliothek zu München n. 1226. Sie enthält auf 36 Blättern (bezeichnet als 43-78) die Annales Fuldenses unter dem Titel 'Gesta quorundam Francorum regum'. Der Schreiber, welcher sich auf der letzten Seite (BI. 78') 'Diethrich Reysacher, beider rechten doctor ordinari (so) der Vniversitet Ingoltstat und kaiserlichen Camergerichts geschworner Beysitzer nennt, giebt auf der vorhergehenden Seite an, dass er hanc Francorum regum historiam ex bibliotheca cathedralis ecclesie Wormatiensis' geliehen und abgeschrieben habe, 'dum auditoratus officium imperialis consistorii una cum aliis exercerem Wormatie, Anno dominice nativitatis MDXL'. Die Hs. endet bei 882 mit den Worten 'extra civitatem facta' und stimmt sowohl in den Randbemerkungen zu 838 und 863 als auch sonst, wo die Hss. 2 und 3 von 1 abgehen, stets mit 1 überein. Es ist also kein Zweifel, dass die Hs. zu dieser Gruppe gehört und aus derselben Wormser Hs. wie la abgeschrieben ist.

Für die gemeinsame Vorlage von la und 1b möchte man die Hs. 1 halten, die ja aus Worms stammt, wenn dieselbe nicht schon zwischen 1464 und 1470, wie aus den oben mitgetheilten Angaben erhellt, nach Schlettstadt gekommen wäre. Es muss also noch eine verlorene Wormser Hs. angenommen werden, welche auch 1540 noch in Worms war; und es fragt sich nun, ob dieselbe von 1 abhängig oder etwa gar deren Vorlage, das Original der Red. I. (s. u.) selbst, war. Aus

1) Der Turpin zeigt eine vorzüglich gleichmässige, fast druck ähnliche Schrift, 2 ist von anderer Hand geschrieben, 3-5 von einem dritten Schreiber. 2) Vergl. den catalogus codicum latinorum I, 182.

diesem Grunde habe ich mir die beiden Hss. von Kopenhagen und München, nachdem mir sowohl Herr Universitätsbibliothekar Birket Smith als auch Herr Oberbibliothekar Dr. Riezler bereits eine Reihe von Fragen freundlichst beantwortet hatten, schliesslich doch noch selbst nach der Stadtbibliothek in Stralsund schicken lassen und vom Jahre 865 an vollständig verglichen.

Obwohl jede einzelne von beiden ziemlich viele und zum Theil nicht unerhebliche Abweichungen von 1 aufweist', von denen übrigens nur sehr wenige und unbedeutende mit Lesarten anderer Hss. zusammentreffen, sind doch die Stellen, an welchen beide übereinstimmend sich von 1 unterscheiden, verhältnismässig nicht sehr zahlreich. Jedoch reichen sie aus, um auch unabhängig von unserem Wissen über Joh. Fabri die Annahme einer von der Schlettstadter verschiedenen, jetzt also verlorenen Wormser Hs. zu sichern. Es sind besonders folgende: SS. I, S. 381, Z. 3 und 383, 37 'vasallus' für 'vassallus', 381, 34 sowie 384, 17 und 45 u. a. 'bohem.' für 'behem.'', stets 'mogunc.' oder 'mogunt.' für 'mogont.' und 'agripin.' für 'agrippin.', hii' und 'his' (la) bezw. ii' und 'iis' (1b) für 'hi' und 'his', 383, 13 'cathena' für 'catena', 384, 15 und 24 'illico' für 'ilico', 19 'rudoltum' für 'ruodoltum', 45 'pdictos' für 'supradictos', 387, 32 'suilli' (1a) und 'suili' (1b) für 'siusili', 32 Taculfo' und 33 Taculfi' für 'tach.', 388, 23 und 392, 4 lambert.' für 'lantbert.', 389, 1 'sepulchris' für 'sepulcris', 390, 34 illius' für 'eius', 392, 10 'nephas' für 'nefas' und 394, 33 'hispanicum' für 'haspanicum'.

Schon diese Lesarten beweisen aber auch, dass die verlorene Hs. nicht das Original der Red. I. gewesen sein kann, da sonst die mit der Red. II. (s. u.) übereinstimmenden Abweichungen der Hs. 1 unerklärlich wären. Andere Stellen sprechen direct für die Abhängigkeit der verlorenen Hs. von 1. So hat 1 S. 379, 37 'sallitibus für 'satellitibus', 1b wiederholt den Fehler ('salitibus'), während la ihn selbständig verbessert; von beiden Ableitungen wird 394, 34 der Fehler 'mamuldarium' für 'malmundarium' wiederholt. So fehlen auch die in 1 ausgelassenen Jahreszahlen 870 und 871 in 1b an den richtigen Stellen und sind an ganz verkehrten willkürlich eingefügt, während der Schreiber von la wieder durch selbständiges Nachdenken das Rechte gefunden hat, was an beiden Stellen übrigens

1) In la sind es gewöhnlich willkürliche Aenderungen, wie 382, 1 'exercitus sui' für 'militum suorum', 392, 11 'causa devocionis' für 'c. orationis', 23 'in Wormaciensi diocesi' für 'in Wormacense' und 393, 34 'captivos duxerunt' für 'in captivitatem d.', oder Umstellungen, in 1b mehr unbeabsichtigte Auslassungen. 2) 1a hat immer 'boh.', in 1b aber ist e und o gewöhnlich kaum zu unterscheiden.

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