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Einen merklichen Unterschied gewahrt man eigentlich nur in der Wasserabgabe, man könnte also sagen, der Leukämiker verhält sich nahezu wie ein Gesunder, er dunstet bloss mehr Wasser ab, er transspirirt mehr, was aber der Gesunde, wie wir gesehen haben, zeitweise auch thut, denn am Tage der Arbeit hat der Gesunde in 24 Stunden sogar 2000 Grmm. Wasser abgedunstet. Wie gross aber ist der Unterschied, wenn man Tag und Nacht trennt! Da zeigt der Gesunde schon in der Ruhe eine Schwankung der Verhältnisszahl von 107, während der Leukämiker nur 9 zusammenbringt.

Sehr gespannt bin ich darauf, einmal Fieberkranke zu beobachten. Warum die Kranken durchschnittlich gegen Abend sich schlechter befinden, wird theilweise jedenfalls durch den Respirationsapparat beantwortet werden. Ich bin überhaupt begierig, welche Wandlungen unsre Vorstellungen über die Zwecke und den Mechanismus der Respiration durch genaue Stoffwechselversuche noch erfahren werden. Früher stellte ich mir mit vielen Andern vor, dass an dem Tage, wo vom Körper mehr mechanische Arbeit geleistet wird, auch proportional mehr Eiweiss zur Zersetzung kommen müsse; jedermann wusste ja, dass ein Pferd, welches mit Haber, mit eiweissreichem Futter ernährt wird, eine Zeit lang ganz anderer Kraftanstrengungen fähig ist, als wenn man es mit Heu und Stroh, mit einem eiweissarmen Futter, wenn auch reichlich, ernährt.

Seit der Entdeckung Voit's von der unveränderten Grösse der Eiweisszersetzung bei Ruhe und Arbeit stelle ich mir den aus der täglichen Nahrung entspringenden und durch unsere Organe gehenden sich zersetzenden Eiweissstrom wie eine Wasserkraft oder einen Mühlbach vor, der gleichmässig dahingeht, unbekümmert darum, wie viel die in ihm liegende Kraft ausgenützt wird oder nicht. Der Wille lässt sich mit dem Müller vergleichen, und die Muskeln mit den

mechanischen Einrichtungen der Mühle. Der Müller kann, ohne dass der Bach grösser oder kleiner zu werden braucht, mit ganzem, halbem, mit viertel und achtel Wasser arbeiten, es kommt darauf an, wie viel, und auf wie viel Gängen er mahlen will, ob auch seine Sägemühle gehen soll u. s. w. Aber das sieht jedermann ein, dass ein kleiner Bach dem Unternehmungsgeiste des Müllers früher Gränzen setzen wird, als ein grösserer Wasserreichthum, und in so ferne ist es auch begreiflich, dass der Haber einem Pferde mehr Kraft giebt, als das Heu, und dass ein wohlgenährter Mensch mehr Arbeit leisten kann, aber nicht leisten muss, als ein ausgehungerter, dessen Mühlgerinne nur zur Hälfte oder zum dritten Theile Wasser haben.

Auch unsere gegenwärtige Entdeckung scheint mir noch so ziemlich in diese bildliche Vorstellung zu passen, man hätte bloss dem Mühlbache noch einen Sammelteich oder eine Stauvorrichtung hinzuzufügen.

Aber man kann sich auch ein anderes Bild entwerfen. Wir sehen, dass der Sauerstoffstrom, der aus der Atmosphäre durch unsern Körper geht, dem der Zersetzung anheimfallenden Eiweissstrome aus der Nahrung proportional entgegengeht. Voit und ich haben diess am Hunde in einer grossen Zahl von Respirationsversuchen, die wir noch nicht veröffentlicht haben, bereits nachgewiesen und können es namentlich auch für den Menschen im gesunden Zustande festhalten. Der Eiweissstrom ist gleichsam die Hauptstrasse, auf welcher der Sauerstoff in den Körper gelangt; er ist das Communikationsmittel für den Verkehr mit der Atmosphäre und vermittelt so den Import und Export; die lebhaft kreisenden Blutkörperchen sind Fahrzeuge und der Sauerstoff ihre Fracht, die an den verschiedensten und entlegensten Punkten des Körpers, in allen Organen abgesetzt wird, um theils zu gleichmässig fortlaufenden Arbeiten verwendet, theils zeit- und stellenweise angesammelt zu werden, und

dann Arbeiten vollbringen zu helfen, die mit momentanen Zwecken zusammenhängen. Die Kohlensäure ist gleichsam die Rückfracht, welche diese nur unter dem Mikroskope sichtbaren Liliputanerfahrzeuge laden, deren natürlich auf einem grossen Strome mehr Platz haben, als auf einem kleinen. Trotz ihrer winzigen Grösse vermögen sie in 24 Stunden in uns unter Umständen 42 Pfunde Sauerstoff und Kohlensäure hin und herzuschleppen, und so ohne alles Aufsehen und Geräusch oft mehr als 700 Liter Sauerstoff aus der Luft in sich zu verdichten und nahezu das gleiche Volum Kohlensäure wieder aus sich zu vergasen, während der gewöhnliche Beobachter kaum etwas von diesem regen, luftigen Verkehr ahnt. Bisher haben wir uns Import und Export in jedem Zeittheilchen ziemlich gleich vorgestellt, nun wissen wir aber, dass sich das wohl während eines grösseren Zeitraumes ausgleicht, dass aber die kleinen Fahrzeuge am Tag viel mehr Kohlensäure ausführen, als sie Sauerstoff einführen; hingegen in der Nacht, wo sie mit dem Exportgeschäfte weniger zu thun haben, holen sie es reichlich nach, und versorgen die entferntesten Gegenden unseres Körpers, und alle seine Organe mit Vorrath für den kommenden Tag und seine Mühen.

Die Versuche mit dem Respirationsapparate haben daher nicht bloss eine Bedeutung für die Fragen des Stoffwechsels, des Wachsthums und der Mästung, sondern noch für viele andere Fragen der Physiologie und Biologie, und namentlich auch für die einstige Krone der angewandten Naturwissenschaften, für die praktische Medicin.

Ich kann diese Mittheilung an die Akademie der Wissenschaften nicht schliessen, ohne Gefühlen der Pietät und Dankbarkeit Ausdruck zu geben, indem ich daran erinnere, dass unser höchstseliger weiland König Max II. es war, welcher mit fürstlicher Munificenz aus seiner Privatkasse die Summe von 8000 Gulden schenkte, um den Respirationsapparat hier ins Leben zu rufen. Die Entdeckungen, die bereits damit gemacht worden sind, und deren eine viel grössere Zahl gewiss noch zu erwarten ist, dürften für jedermann beweisend sein, dass der königliche Geber der Wissenschaft nicht nur ein grosses, sondern auch ein nützliches Geschenk gemacht hat.

Herr Seidel referirte über seinen Aufsatz:

,,Trigonometrische Formeln für den allgemeinsten Fall der Brechung des Lichtes an centrirten sphärischen Flächen."

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Die zum Gemeingut gewordenen mathematischen Formeln, nach welchen man (durch eine trigonometrische Rechnung) den Weg eines Lichtstrahles durch ein System centrirter Kugelflächen genau zu verfolgen im Stande ist, und von welchen der praktische Optiker Gebrauch macht, wenn er in der Rechnung die letzte Hand anlegen will zur Verbesserung der bereits annäherungsweise gefundenen Constructionen, fassen bekanntlich das geometrische Problem nicht in seiner ganzen Allgemeinheit, sondern schränken sich ein auf die Betrachtung solcher Lichtstrahlen, die mit der optischen Axe ursprünglich in Einer Ebene liegen, und in Folge dessen auch alle successiven Brechungen in dieser festen Ebene erleiden. Sie begreifen hiemit alle Strahlen des von einem Punkte ausgehenden Lichtkegels nur dann in sich, wenn dieser Punkt in der Mitte des Gesichtsfeldes (d. i. in der verlängerten optischen Axe) liegt; in jedem andern Falle genügen den besondern Voraussetzungen jener Formeln nur mehr die Strahlen, welche der den Kegel halbirenden Ebene angehören, d. h. der Ebene, die durch die Spitze des Kegels und durch die optische Axe gelegt wird. Denkt man zum Beispiel diese Axe horizontal ge

richtet und den leuchtenden Punkt irgendwo gerade über ihr befindlich, so kann man nach den seither vorliegenden trigonometrischen Formeln Strahlen nicht verfolgen, welche von ihm aus entweder auf die rechte oder auf die linke Hälfte der Oeffnungsfläche des Apparates treffen, sondern allein diejenigen, deren Auffallspunkte genau in der Scheidungslinie beider Hälften sich befinden. Diese letzteren mussten bisher als die ausgewählten Repräsentanten des ganzen Lichtkegels gelten; schwerlich ist jemals (vor der ganz neuen Anwendung, welche die hernach mitzutheilenden Rechnungsvorschriften im Steinheil'schen Institute gefunden haben) der genaue Weg eines einzigen andern Strahls auch nur durch eine einfache Linse mittelst des Calculs verfolgt worden. Zwar genügt das Fraunhofer'sche Fernrohr-Objektiv einer Bedingung der grössten Leistung auch in Bezug auf die Strahlen ausserhalb der Axen-Ebene (wie ich an anderem Orte nachgewiesen habe), aber da es derselben Gleichung auch schon genügen musste, um jene repräsentativen Strahlen in der Axenebene möglichst gut zur Vereinigung zu bringen, und da nach Berücksichtigung dieser letzteren an dem einfachen Doppelobjectiv überhaupt nichts mehr disponibel blieb, so konnte es gefunden werden, ohne dass eine Erweiterung der Rechnung auf den Raum nothwendiges Erforderniss war. Selbst Bessel's meisterhafte theoretische Diskussion über die dioptrische Wirkung des Heliometer-Objektivs der Königsberger Sternwarte hat die Strahlen ausserhalb der Axenebene bei Seite gelassen 1); andrerseits geht Gauss bei der Ableitung seiner Näherungsformeln (in den,,dioptrischen Untersuchungen") zwar aus von Gleichungen, welche Allgemeinheit mit Strenge verbinden, aber er giebt keine Anweisung für die Berechnung dreier in denselben auftreten

1) Astronomische Untersuchungen, Bd. I, Abh. II, §. 18.

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