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Stengel, während neue mit Blättern gekrönte Wurzelköpfe erzeugt werden, aus denen im folgenden Jahr blühende Stengel hervorsprossen.

So klar und richtig diese von Koch gegebene Darstellung im Allgemeinen ist, so wenig befriedigt der Schluss des Referats in der Flora (1841, p. 651),,,der wesentliche Unterschied der beiden soeben dargestellten Gruppen bestehe demnach darin, dass sich bei den Phyllopoden die Achse des Wurzelkopfes vor der Blüthenbildung nicht zum Stengel verlängere, während sie bei den Aphyllopoden, auch ohne dass die Pflanze bis zur Blüthenbildung fortgeschritten sei, sich in einen Stengel verlängern müsse". Demnach würde das Hauptgewicht auf den Umstand gelegt, dass bei den Aphyllopoden der aus dem Samen sich entwickelnde primäre Trieb selbst nicht zur Blüthenbildung gelangt, während er bei den Phyllopoden, wenn auch erst im zweiten Jahre, mit einem Blüthenstand abschliesst.

Dieser Unterschied ist rein zufällig, indem er von äussern Verhältnissen, nämlich von der Zeit der Aussaat und der Witterung bedingt wird. Wenn die Samen bei uns in Deutschland ins freie Land ausgesäet werden, so zeigen sie meistens das von Koch dargelegte Verhalten. Man kann aber auch alle Hieracien, phyllopode und aphyllopode, im ersten Jahr zur Blüthe und theilweise selbst zur Samenbildung bringen, wenn man sie früh genug in Töpfe säet und später, wenn die Frühlingswärme sich eingestellt hat, ins freie Land pflanzt. Der primäre aus dem Samen hervorgegangene Trieb schliesst also in diesem Falle auch bei den Aphyllopoden mit einer Inflorescenz ab, während er bei verspäteter Entwicklung nicht zur Blüthenbildung gelangt.

Im Jahr 1844 benutzte Koch in der zweiten Auflage der Synopsis florae germanicae et helveticae, nach dem Vorgange Hegetschweilers, die Innovation zur Charakterisirung der Gattungssectionen. Bei den Aurellen, Cerin

thoideen, Pulmonaroideen, Andryaloideen und Pseudocerinthoideen ,,überwintern die Blätter der nichtblühenden Wurzelköpfe und sind noch zur Blüthezeit vorhanden". Bei den Prenanthoideen ,,hat die Pflanze im Herbst an der Wurzel Knospen oder kleine Blätterbüschel, aber die Wurzelblätter und die untern Stengelblätter sterben schon vor der Blüthezeit ab." Bei den Intybaceen und Accipitrinen,,hat die Pflanze im Herbst weder Wurzelblätter noch Blätterbüschel sondern Knospen auf der Wurzel."

Diese Eintheilung der Hieracien-Gruppen nach der Innovation wurde sofort von E. Fries mit Begeisterung aufgenommen. Er nennt sie,,herrlich und neues Licht bringend; so sei gezeigt, dass viele bisher vereinigte Formen nicht einmal mit einander zu vergleichen seien, indem sie nur analoge Ausbildungsformen in verschiedenen Reihen vorstellen.“ Er sagt voraus, dass ,,nach diesen Gründen die Arten zugleich würden reformirt und vermehrt werden" (in Lindblom's Bot. Notiser vgl. Hornschuch's Archiv 1845 p. 266).

In der Monographie, welche Fries im Jahr 1848 unter dem Titel Symbolae ad Historiam Hieraciorum veröffentlichte, spielt denn auch die Innovation der Pflanze als Prinzip der Eintheilung die erste Rolle. In der Einleitung (pag. XVII) sagt er, die Innovation geschehe auf dreierlei Weise: 1) durch Ausläufer (Stolonen), 2) durch Rosetten und 3) durch geschlossene Knospen. Die Fortpflanzung durch Stolonen, der Section der Pilosellen eigenthümlich, komme dem Vermögen nach allen Arten derselben zu, könne aber oft unterbleiben. Dieselbe trete in doppelter Weise auf. Bei den einen Species nämlich (in der Aufzählung gehören hieher die Stirps H. Pilosellae und die Stirps H. Auriculae) bilden die Ausläufer ein an der Oberfläche hinkriechendes Rhizom (rhizoma repens stoloniferum). Bei den andern (in der Aufzählung sind es die Stirpes H. praealti und H. cymosi) entspringen

sie unter der Erde und stellen eine schiefe Wurzel dar (radix a caule discreta). Fries bezeichnet nämlich noch die unterirdischen Stengeltheile als Wurzel.

Die Innovation durch Rosetten, welche unter den einheimischen Arten bei den Sectionen Aurella und Pulmonarea vorkomme, gehe unter Umständen in die erstgenannte über, indem die Rosetten unterhalb der Blätter in einen caudiculus stoloniformis sich verlängern. Die Blätter der Rosetten dauern nur bis im Frühjahr aus; die eigentlichen Wurzelblätter entwickeln sich später aus deren Mittelpunkt und bilden in ihren Achseln zum Theil die neuen Rosetten, indess die letztern bei andern aus der Wurzel selbst hervorgehen.

Die Innovation durch geschlossene Knospen, welche nach dem Absterben des Krautes am Grunde des Stengels sich bilden, gehöre vorzugsweise der Section Accipitrina an, Die ersten Blätter des Triebes bleiben schuppenförmig und bilden eine Knospe. Die folgenden Blätter steigen alle normal am Stengel in die Höhe und seien oft vom Grunde entfernt, wobei die untern vor den obern absterben. Daher seien diese Arten als aphyllopod zu bezeichnen, während diejenigen Species der Sectionen Aurella und Pulmonarea, bei denen die untern Blätter später ebenfalls fehlen, hypophyllopod genannt werden.

In der systematischen Aufzählung wird dann, entsprechend dieser Auseinandersetzung, der Section Pilosella,,Innovation durch (oberflächliche oder unterirdische) Stolonen", den Sectionen Aurella und Pulmonarea ,,Innovation durch Rosetten" und der Section Accipitrina,,Innovation durch geschlossene Knospen" zugeschrieben.

Dem Beispiele von Hegetschweiler, Koch und Fries. folgten die meisten Systematiker, welche Floren einzelner Länder bearbeiteten. Ich nenne bloss Grenier in der Flore de France 1850, welcher aber den Piloselloiden mit Recht

nicht bloss Stolonen, sondern auch Rosetten und ruhende Knospen zuschreibt und überdem die Stolonen in beblätterte und beschuppte, wurzelnde und nicht wurzelnde trennt und nach diesen Verschiedenheiten auch die Unterabtheilungen der Piloselloiden charakterisirt.

Dagegen gieng Grisebach in der Commentatio über die europäischen Hieracien 1852 von der Innovation als Hauptmoment der Eintheilung wieder ab. Abgesehen davon, dass er bei den Arten der Pilosellen angiebt, ob sie Stolonen besitzen oder nicht, und dass er eine Abtheilung seiner Vulgaten durch gemmae autumnales squamaceae" charakterisirt, wird der verschiedenen Wurzelsprossbildung weiter keine Erwähnung gethan. - Der Behandlung Grisebachs schloss sich Reichenbach fil. in Deutschland's Flora 1860 an.

Eine besondere eingehende Untersuchung über die Innovation der Gruppe Pilosella Fries stellte Juratzka an (Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereins in Wien 1857 p. 531). Die Innovation, welche bei den Piloselloiden für die Erhaltung der Arten eine wichtigere Rolle spiele als die Samen, geschehe auf doppelte Weise: 1) durch Achselknospen und 2) durch Adventivknospen aus den Nebenwurzeln. Aus den Achselknospen entstehen, insofern sie sich nicht zu aufsteigenden blüthentragenden Trieben entwickeln, meistens ober- oder unterirdische Ausläufer, welche in eine bewurzelte Rosette endigen, seltener Rosetten, welche dem Grunde des Stengels aufsitzen und erst im folgenden Jahre in einen blühenden Stengel auswachsen. Die Innovation durch Adventivknospen auf den Nebenwurzeln komme in der Regel bei Arten vor, die keine Achselausläufer haben, so bei H. echioides, H. piloselloides, Formen von H. praealtum. Ueberhaupt scheinen axilläre Stolonen und Knospen auf den Nebenwurzeln einander auszuschliessen, so dass eine Pflanze nie beide Innovationen zugleich entwickele.

Was die systematische Verwendung der Innovations

Merkmale betrifft, kommt Juratzka zu dem Schlusse, dass dieselben als spezifische Merkmale unbrauchbar seien. Sie sollen nämlich eine zufällige, durch die Bodenbeschaffenheit bedingte Erscheinung sein und daher bei der Veränderung der äussern Verhältnisse sowie auch bei geeigneter Kultur in einander übergehen.

In der zweiten Monographie, welche Fries 1862 als Epicrisis generis Hieraciorum veröffentlichte, bildet die Inno- ' vation noch in gleicher Weise und mit fast unveränderter Fassung wie in den Symbolae ein Merkmal der Gattungssectionen.

Nach dieser historischen Darlegung gehe ich zu der Betrachtung der Thatsachen selbst über. Die Fortdauer mehrjähriger Pflanzenstöcke beruht bekanntlich darauf, dass sich jährlich eine Anzahl neuer Organe bildet, und dass ein Theil derselben, während der übrige za Grunde geht, ausdauert. Entweder bleiben diese perennirenden Theile bloss bis zur nächsten Vegetationsperiode oder durch mehrere Vegetationsperioden hindurch oder selbst die ganze Zeit der Dauer des Pflanzenstockes lebenskräftig. Bei den Hieracien, als perennirenden krautartigen Gewächsen, sterben im Herbste alle oberirdischen Theile ab, und es dauern nur die in und dicht an der Erde befindlichen, das Rhizom (oder die Wurzel im ältern Sinne) aus. Dasselbe besteht aus einer Verzweigung successiver Sprossordnungen, von denen bloss die Basilartheile übrig geblieben sind.

An dem Rhizom und zwar vorzugsweise oder ausschliesslich an den jüngsten Theilen desselben, also an den Sprossen der letzten Ordnung (oder, was das nämliche ist, an dem Grunde der diessjährigen im Herbste absterbenden Triebe)

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