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schon Dutzende unorganischer und organischer Stoffe kennen, deren langsame Oxidation die Bildung dieses Superoxides zur Folge hat.

Wenn nun aber so ganz verschiedenartige oxidirbare Materien wie der Phosphor, das Zink, die Gerbsäuren, das Indigoweiss, der Aether, Amylalkohol, die Camphene, die flüssigen Kohlenwasserstoffe überhaupt, die sauerstoffhaltigen ätherischen Oele, die Oelsäure u. s. w. bei ihrer langsamen Oxidation die Erzeugung von HO, verursachen, so lässt sich kaum daran zweifeln nicht nur, dass noch viel andere bei gewöhnlicher Temperatur sich oxidirende Substanzen ein solches Verhalten zeigen werden, sondern dass auch bei jeder langsamen Oxidation, für deren Stattfinden die Anwesenheit von Wasser eine unerlässliche Bedingung ist, Wasserstoffsuperoxid gebildet werde. Hängt aber meiner Annahme gemäss die Bildung des unter diesen Umständen auftretenden Superoxides mit der chemischen Polarisation des neutralen Sauerstoffes zusammen, so würde hieraus folgen, dass dieser Sauerstoff als solcher zu jeglichem Oxidationswerk unfähig sei und dasselbe erst dann zu vollbringen vermöge, nachdem er in seine beiden thätigen Modificationen auseinander gegangen, welche Spaltung durch zwei gleichzeitig wirkenden chemischen Ursachen bestimmt wird: durch das Bestreben der oxidirbaren Materie mit dem Ozon und durch die Neigung des Wassers mit dem Antozon zu Wasserstoffsuperoxid sich zu verbinden.

Nach den voranstehenden Auseinandersetzungen ist kaum nöthig noch ausdrücklich zu bemerken, dass nach meinem Dafürhalten die Oxidationsvorgänge, welche in Folge des Athmens im thierischen Organismus stattfinden, wie auch diejenigen, auf welchen die Verwesung organischer Materien beruhet, nicht durch den neutralen Sauerstoff als solchen verursacht werden, sondern dass den besagten Vorgängen ebenfalls die chemische Polarisation dieses Elementes

vorausgehe, welche Ansicht ich übrigens schon längst ausgesprochen habe und die ich nur desshalb jetzt wieder erwähne, weil die in der voranstehenden Mittheilung gemachten Angaben mir weitere thatsächlichere Gründe für die Richtigkeit meiner Annahme zu liefern scheinen.

Um auch noch einige Worte über diejenigen Oxidationen zu sagen, welche bei höhern Temperaturen ohne Beisein des Wassers von der Mitwirkung einer andern Materie scheinbar durch den neutralen Sauerstoff als solchen bewerkstelliget werden, wie uns hievon die rasche Verbrennung so vieler Körper ein Beispiel liefert, so halte ich es für wahrscheinlich, dass auch unter diesen Umständen der wirklichen Oxidation der Materien die chemische Polarisation des neutralen Sauerstoffes vorausgehe und in der Regel das Ozon es sei, durch welche das Oxidationswerk vollbracht wird. Der Umstand, dass hierbei, bis jetzt wenigstens, weder die eine noch die andere thätige Modification des Sauerstoffes wahrgenommen worden ist, beweist, wie mir scheint, Nichts gegen die Richtigkeit meiner Vermuthueg; denn wir wissen, dass das freie Ozon und Antozon schon bei einer Temperatur von 150° wieder in neutralen Sauerstoff übergeführt werden. Wenn also z. B. bei der Erhitzung des Phosphors auch das mit demselben in Berührung stehende O in und sich spaltete und Letzteres allein zur Bildung der Phosphorsäure beitrüge, so könnte das rückständige complementäre die obwaltende Temperatur nicht aushalten, d. h. müsste sich in O umwandeln, um unter dem zweifachen Einflusse noch unverbrannten Phosphors und der Wärme abermals chemisch polarisirt zu werden, so dass ein gegebenes Volumen neutralen Sauerstoffgases bei Anwesenheit einer gehörigen Menge von Phosphor gerade so vollständig verschwinden müsste, als ob das besagte Gas schon anfänglich ozonisirter Sauerstoff gewesen wäre.

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In dieser Beziehung lässt sich die langsame mit der raschen Verbrennung des Phosphors vergleichen, denn es ist eine schon längst bekannte Thatsache, dass der athmosphärische Sauerstoff gleichzeitig mit Wasser und einer gehörigen Menge Phosphors in einem verschlossenen Gefäss in Berührung gesetzt, unter Bildung von Phosphor- und phosphorichter Säure verschwindet, so dass es scheint, als ob wie bei der raschen- so auch langsamen Verbrennung des Phosphors der gewöhnliche Sauerstoff als solcher von der vorhandenen oxidirbaren Materie aufgenommen werde, wie man diess längere Zeit auch annehmen musste. Dass dem aber nicht so sei und unter diesen Umständen (gleichsam als Zwischenstufe des in Rede stehenden Oxidationsvorganges) freies Ozon und Wasserstoffsuperoxid zum Vorschein kommen, haben meine Versuche ausser Zweifel gestellt, aus welcher Thatsache ich den Schluss ziehe, dass die langsame Verbrennung des Phosphors eine Folge der vorangegangenen chemischen Polarisation des neutralen Sauerstoffes sei und die Oxidation jenes Körpers durch das Ozon allein bewerkstelliget werde. Dass auch das in dem verschlossenen Gefäss während der besagten Verbrennung frei auftretende Ozon mit dem Phosphor allmälich sich verbindet, versteht sich von selbst, es fragt sich aber, was aus dem Sauerstoff werde, welcher zur Bildung des Wasserstoffsuperoxides verwendet worden. Dass Letzteres längere Zeit mit Phosphor in Berührung stehen könne, habe ich schon vor Jahren gezeigt aber auch beobachtet, dass es doch allmählich verschwinde unter Bildung von Phosphorsäure, so dass es aussiehet, als ob das Wasserstoffsuperoxid doch, wenn auch langsam, auf den Phosphor oxidirend einzuwirken vermöge. Dem ist aber in Wirklichkeit nicht so und verhält sich die Sache in folgender Weise. Aus einer uns noch völlig unbekannten Ursache zerfällt schon bei gewöhnlicher Temperatur HO, von selbst nach und nach in [1866. II. 1.]

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Wasser und neutralen Sauerstoff, welche scheinbar freiwillige Zersetzung natürlich eben so bei An- als Abwesenheit des Phosphors stattfindet. Kommt nun das aus HO, stammende O mit P und HO in Berührung, so wird es wie jeder andere gewöhnliche Sauerstoff chemisch polarisirt und wirkt das in Folge hievon auftretende Ozon oxidirend auf den Phosphor ein, während das complementäre Antozon mit Wasser HO, erzeugt, welches allmälich ebenfalls wieder in HO und O zerfällt und wie man leicht einsiehet, geht die spontane Zersetzung und Wiederbildung von HO, wie auch die Oxidation des Phosphors so lange fort, bis alles ursprünglich vorhanden gewesene und sekundär erzeugte Superoxid verschwunden ist.

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Im Wesentlichen finden bei der langsamen Verbrennung des Phosphors die eben beschriebenen Vorgänge statt: erst Entzweiung des neutralen Sauerstoffes in Ozon und Antozon, hierauf erfolgende Oxidation des Phosphors durch und Verbindung des mit HO zu Wasserstoffsuperoxid; allmäliche spontane Zersetzung des Letztern in O und HO, welche durch das vorhandene freie Ozon noch beschleuniget wird, abermalige Polarisation dieses O u. s. w., so dass also auch bei der langsamen- wie bei der raschen Verbrennung des Phosphors aller vorhandene Sauerstoff zur Bildung von Phosphorsäure verwendet wird.

Zu Gunsten der Vermuthung, dass unter dem Einflusse oxidirbarer Materien und der Wärme auch der wasserfreie neutrale Sauerstoff in seine zwei thätigen Modificationen auseinander gehe und je nach der Natur des vorhandenen oxidirbaren Körpers dessen Oxidation entweder durch oder bewerkstelliget werde, dürften vielleicht auch die im Nachstehenden bezeichneten Thatsachen sprechen.

Das Barium superoxid, bei gewöhnlicher Temperatur vollkommen gleichgültig gegen den neutralen Sauerstoff, nimmt bekanntlich im erhitzten Zustande ziemlich gierig ein

Aequivalent dieses Gases auf, dadurch in ein Superoxid sich verwandelnd, welches sich wie im Antozonid verhält und dem ich desshalb die Formel Ba0+ gebe. Auch wissen wir, dass unter den gleichen Umständen das Kali und Natron, noch leichter aber die Metalle dieser Oxide zu antozonidischen Superoxiden oxidirt werden. Eben so bekannt ist, dass einige Oxide der schweren Metalle beim Erhitzen in gewöhnlichem Sauerstoffgas sich höher oxidiren und der hiebei aufgenommene Sauerstoff im -Zustande sich befindet, wie uns hievon das Bleioxid ein Beispiel liefert, welches unter den erwähnten Umständen in Mennige d. h. in eine Verhindung von Bleisuperoxid (Pb0+0) mit Bleioxid sich verwandelt. Noch andere Metalle oder deren Oxide sind so, dass sie mit alkalischen Substanzen in Berührung gesetzt und in gewöhnlichen Sauerstoffgas gehörig erhitzt, zu Säuren sich oxidiren, welche Oxide sind, wie uns hievon das Mangan und dessen Oxid ein Beispiel liefern.

Wie dem Allem aber auch sein möge, so viel ist gewiss, dass die Hypothese der chemischen Polarisirbarkeit und dreier allotropen Zustände des Sauerstoffes alle meine neuern Untersuchungen über die langsame Oxidation geleitet hat und ich ihr allein die Ermittelung von Thatsachen verdanke, welche, wie man dieselben auch deuten möge, für die theoretische Chemie ihre Bedeutung haben. Schon ihrer Fruchtbarkeit allein halber werde ich daher diese meine Ansichten so lange festhalten, bis ihre Unrichtigkeit durch Thatsachen (nicht durch Formeln) dargethan sein wird, was bis jetzt noch nicht geschehen ist.

Nachtrag zu der voranstehenden Mittheilung.

Da nach meinem Dafürhalten die Ergebnisse meiner ältern und neuern Sauerstoffuntersuchungen es so gut als gewiss machen, dass die langsame Verbrennung des Phos

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