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streuten Aufsätzen 1), dann in einem grössern Werke, welches im Jahre 1859 erschien (Mélanges de Philosophie Juive et Arabe). Munk wies nach, dass Avicebron die Corruption von Ibn Gabirol ist.

Dieser Philosoph, israelitischer Abkunft, war in Malaga geboren und hielt sich später in Saragossa auf, wo er im Jahre 1045 eine kleine Schrift ethischen Inhaltes schrieb (S. 155.) 2).

Sein Hauptwerk 3), welches die Lateiner als fons vitae citiren, ist im (arabischen) Original verloren gegangen. Auch liess sich keine vollständige hebräische Uebersetzung bis zur Stunde auftreiben. Dagegen war Munk so glücklich, den ausführlichen Auszug zu finden, welchen im 13. Jahrhundert Schem tob Palkira in hebräischer Sprache verfasste. Diesen Auszug gab Munk mit einer Uebersetzung und mit ausführlichen Erörterungen heraus. Es kam ihm wohl zu statten, dass sich auf der kaiserlichen Bibliothek zu Paris eine mittelalterliche lateinische Uebersetzung vorfand, aus welcher er zahlreiche, doch immerhin nicht ausreichende Proben mittheilt.

Während er mit der Bearbeitung dieser Materialien beschäftigt war, fand ein deutscher Gelehrter, Herr Seyerlen, in der Bibliothéque Mazarine eine zweite lateinische Uebersetzung, von welcher er sehr bedeutende Theile mit einer zusammenhängenden Analyse in den theol. Jahrbüchern von Baur und C. Zeller, Jahrgang 1856 und 57 herausgab.

1) Literaturblatt des Orients 1846. Nr. 46. S. 722 ff. Vgl. Richter, Kether Malchuth. Programm 1856.

2) Munk widerlegt (S. 156) die Nachricht des Dichters Al Harizi, wonach Ibn Gabirol im 29. Jahre seines Alters gestorben wäre. 3) Sehr bemerkenswerth ist das didaktische Gedicht Kether Malchuth, Königs-Krone, unter A. von Leopold Stein 1838 frei und von Richter wörtlich übersetzt.

Zwischen der Darstellung des Gabirol'schen Systems bei Seyerlen und Munk besteht im Einzelnen eine sehr starke Abweichung, so dass im Interesse der Geschichte der Philosophie eine vollständige Ausgabe der lateinischen Uebersetzung wünschenswerth erscheint. In vielen Dingen stimmt jedoch das Lateinische, soweit es vorliegt, mit dem Auszug des Palkira bei Munk so vollkommen überein, dass man diesem im Allgemeinen vertrauen kann.

Der Gegenstand des fons vitae ist die Hauptfrage der Ontologie, was der Grund und das Wesen aller Dinge sei.

Zur Beantwortung derselben benützt B. Gabirol den in den Dingen zunächst erscheinenden Gegensatz von Materie und Form, um im ersten Buche zu zeigen, dass es eine universelle Materie und Form geben müsse. Im zweiten Buche wird auf die Materie in ihrer körperlichen Erscheinung eingegangen, im dritten die Existenz von Substanzen erwiesen, welche von den Qualitäten des Körpers frei sind, im vierten Buche wird gezeigt, wie auch an der geistigen Substanz sich ein relativer Gegensatz von Materie und Form nachweisen lasse, im fünften endlich wird das Wesen der universellen Materie und Form bestimmt und was damit zusammenhängt.

Obwohl Ben Gabirol, den wir der Kürze wegen Gabirol nennen können, von dem in den Schulen des Mittelalters geläufigen Gegensatz von Materie und Form ausgeht, ist er kein Sklave der ältern Terminologie. Er benützt den ihm überlieferten Begriff mit Freiheit, um den Gegensatz von Geist und Stoff und den Zusammenhang zwischen Ewigem und Zeitlichem zu erklären.

Will man seinen Gedanken dem Gehalte1) nach kurz

4) Seine dialektische Methode ist eine Verbindung des analytischen Verfahrens mit dem induktorischen.

bezeichnen, so kann man von ihm sagen, dass er im Ganzen darauf ausgeht, das Wesen der geistigen Wirklichkeit zu - beleben und andererseits die Natur zu vergeistigen. Man wird öfter an die bekannte Apologie der Materie von Schelling erinnert, wenn man Gabirols Auseinandersetzung hört; doch vermöge der originellen Art, wie er dem Willen in der Reihe der ontologischen Potenzen einen Hauptstelle anweist, möchte man ihn mit Schopenhauer vergleichen, wenn es nicht gerathener wäre, mit Uebergehung von immer einseitigen Parallelen das Thatsächliche festzuhalten.

Nach der Analyse von Seyerlen (1. c. Bd, XV. S. 496) wird im ersten Buche der Beweis für die Existenz einer allgemeinen Materie und Form in allen Dingen so geführt:,,Die wesentlichen Eigenschaften der Materie sind, dass sie durch sich selber existirt, Eines Wesens ist und den Unterschied trägt und hält. Hat nun die Materie in Allem, was ist, diese Momente an sich, so ist damit erwiesen, dass die erste Materie in Allem ist, was ist. Dass aber Letzteres der Fall ist, dass alles Seyn die das Wesen der Materie ausmachenden Momente an sich hat, zeigt sich darin, dass der Verstand, wenn er jedem einzelnen Sinnending durch Abstraktion eine Form nach der andern ablöst, mit Nothwendigkeit am Ende auf Etwas kommt, das alle diese Formen trägt und hält. Dieser Eine letzte Grund, in welchem alle den Sinnen erscheinenden Formen der Dinge subsistiren, hat in Allem ganz denselben Charakter an sich, welcher das Wesen der Materie bezeichnet. Diese Eigenschaften aber könnten sich nicht in derselben Weise in Allem finden, wenn nicht in Allem die Materie als ein und dasselbe Wesen wäre. Die allgemeine Materie also ist nicht ausser den Dingen, als etwas von ihnen Verschiedenes, im Gegentheil, sie macht ihr innerstes verborgenes einheitliches. Wesen aus. Ganz ebenso finden sich die wesentlichen Eigen

schaften der Form, in einem Andern zu subsistiren, dessen Natur zu vollenden und zum Seyn zu führen, in allen Dingen. Sie könnten aber diesen einheitlichen formellen Charakter nicht haben, wenn nicht eine wesentlich einheitliche Form wäre, welche ihnen denselben mittheilte. Hat nun die Materie schlechthin in Allem, was ist, die Momente an sich, welche eben ihr Wesen bilden, die Form ebenso, so ist durch diese allgemeine Reflexion schon die allgemeine Form und Materie in Allem gefunden."

Diese Entwickelung zeigt sich nun freilich im Hebräischen des Palkira, welcher das erste Buch in neun kurze Paragraphen zusammengedrängt hat, nicht mit hinlänglicher Klarheit; die wesentliche Richtigkeit bestätigt sich aber durch den übereinstimmenden Anschluss des zweiten Buches.

,,Ist im ersten Traktat die Untersuchung der sichtbaren. Welt bis zu dem Körper, oder der Quantität, dem realen Raume vorgedrungen, auf welchem als ihrer Materie die Formen der Sinnenwelt, d. h. die Qualitäten sich erheben, hat man also das Wesen der Form als identisch gefunden mit dem Wesen der Qualität und in demselben enthalten, ebenso das Wesen der Materie als identisch mit der Quantität oder räumlichen Ausdehnung, so ist nun der weitere Verlauf des analytischen Processes der, dass dieser allgemeine Körper selbst in seine Elemente aufgelöst wird. Der Körper ist seinem Begriffe nach nichts Anderes, als die räumliche Ausdehnung in den drei Dimensionen der Länge, Breite und Höhe" (Sey. S. 499).

Stellen sich diese Momente zunächst als Form der palpablen Körperlichkeit dar, so sind sie selbst wieder als das materielle Substrat einer über der grobsinnlichen Körperlichkeit stehenden Substanz zu betrachten.

Die höhere Materie dient der unter ihr stehenden als Form und so erbaut sich ein Wechselbezug von Materie

und Form bis zur ersten Materie, welche alle Dinge in sich schliesst. (M. II. §. 1. S. 11.)

,,Die Quantität in der körperlichen Sphäre wird vor der materiellen Substanz getragen; die geistigen Substanzen werden wechselseitig durch sich getragen, wie von der Quantität die Qualitäten der Formen und Gestalt getragen werden und wie das Attribut der Quantität von der Substanz getragen wird. (M. II. §. 9. S. 16.).

,,Alle Formen werden von der ersten Materie getragen, wie von der Quantität die Gestalt, Farbe u. dgl. Daraus erläutert sich, wie (nach Plato) die sichtbaren Dinge Bilder der unsichtbaren sind. So begreifst du denn auch, dass alle Dinge, als enthalten in der Urmaterie, deren Bestandtheile sind und dass sie alle umfasst." (Das. §. 10.)

Die Vorstellung dieses Grundes aller Dinge hat Schwierigkeit; nicht die Erfahrung, sondern die Speculation führt dorthin. Das verborgene Wesen der Dinge muss man dadurch zu erforschen anfangen, dass man von der Substanz ausgeht, welcher die neun Kategorien anhaften; diese Substanz ist das Bild der verborgenen Wesenheit. (II. §. 11.)

Im dritten Buche weist Gabirol nach, wie die 10 Kategorien 5), welche zunächst bestimmt sind, die Erscheinungsformen des sinnlich Wahrnehmbaren zu bezeichnen, sich auf das Gebiet des Uebersinnlichen übertragen lassen. (III. 21. Munk S. 48.) Er findet darin eine neue Bestätigung für die Annahme einer Stufenfolge von Existenzen, zunächst für das Gegenüberstehen einer sinnlichen und idealen Welt. Neben den dialektischen Begründungen findet sich einmal eine bildliche Veranschaulichung, die an den indischen Purusha erinnert.,,Willst du dir den Bau des Universums

5) Dass im II. Buche §. 11. neun, im dritten zehn Kategorien gezählt werden, erklärt sich daraus, dass dort die erste Kategorie, die der Substanz, den übrigen gegenüber gestellt wird.

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