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vergegenwärtigen, d. h. das Verhältniss der materiellen Dinge und der geistigen Substanzen, so betrachte den Bau des Menschen. Der Körper des Menschen entspricht dem Weltleib, die geistigen Agentien, die jenen in Bewegung setzen, entsprechen den Weltpotenzen, welche den Weltleib bewegen; unter diesen gehorchen die niedern den höhern und sind ihnen (der Reihe nach) unterthan; bis die Bewegung das Gebiet des Geistes erreicht. Du findest, dass der Geist sie (diese Dinge) regiert. . . Daraus ergiebt sich für dich ein grosses Geheimniss und eine wichtige Thatsache, nämlich, dass die Bewegung der untern Weltpotenzen durch jene der obern Statt findet und dass jene diesen gehorchen bis die Bewegung zur erhabensten Potenz kommt. So findet man, dass alle Substanzen, oder Potenzen dieser höchsten unterworfen sind, ihr gehorchen, ihr folgen, indem sie sich ihrem Gebote fügen." (III. 44).

Zunächst wird aus der Analogie des sinnlichen und übersinnlichen Reiches geschlossen, dass der Gegensatz von Form und Materie in der geistigen Welt so gut bestehe, wie in der sinnlichen.

Im vierten Buche wird bewiesen, dass auch die geistigen Substanzen auf Materie und Form beruhen.

,,Der Körper ist aus Materie und Form verbunden; der Körper aber ist die unterste Stufe der Substanz. Dieses Niederste als solches gehört einem Ganzen an; als niederste Stufe eines Ganzen muss es denselben Charakter an sich haben, wie das Ganze, wie umgekehrt . . .

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Besteht also der Körper aus Materie und Form, muss auch das Ganze, dessen Endziel er ist (?), dasselbe Wesen an sich haben. . . . (Seyerlen S. 109.)

Wie also die körperliche Substanz im Allgemeinen in drei Ordnungen gegliedert ist, den festen Körper, den feinen Körper, und Materie und Form, aus welchen diese beiden. bestehen, so muss auch die geistige Substanz drei ent

sprechende Ordnungen haben, 1) die geistige Substanz, welche unmittelbar auf die Körperwelt folgt, 2) die geistige Substanz, welche geistiger ist und 3) Materie und Form, aus welchen Beide zusammengesetzt sind." (S. 116).

So gewiss das Niedere Bild des Höheren ist, so gewiss hat auch die geistige Substanz Materie und Form an sich. (S. 117.)

Alle intelligiblen Substanzen kommen im Begriffe der Materie und Form miteinander überein; weil nun alle denselben Begriff der Materie gemeinsam haben, so muss dieses Gemeinsame eine allgemeine Materie sein, ebenso, weil auf alle in gleicher Weise der Begriff der Form seine Anwendung findet, muss eine reale allgemeine Form sein. (S. 118.)

Die Naivität, mit welcher Gabirol von dem begreiflich Allgemeinen auf eine allgemeine Realität schliesst, hängt mit seiner Vorstellung vom Geiste zusammen. Dieser ist nicht etwas der Naturwirklichkeit Entgegengesetztes, sondern vielmehr der Inbegriff aller Naturwesenheit.

“(שכל intellectus)

das

-

,,Alle Formen der Dinge sind im Wesen des Geistes b)".. der Grund: Von jeder Sache, mit deren Wesen sich alle Formen vereinigen, kann man sagen, dass alle Formen in ihr sind." (V. 11) Die Seele Princip der Sinnenwahrnehmung und der Vorstellung vereinigt sich mit den sinnlichen Formen, diese existiren in ihr (III 25). Will sie sich zur Erkenntniss des Wesens der Dinge (der Quidditas rei 2 ) erheben, so muss sie sich mit dem Geiste vereinigen, damit dieser ihr das einfache Seyn mittheile 6).

Das Denken selbst kann demnach als eine reale Bewegung der Dinge betrachtet werden. Durch Scheidung des Zufälligen wird sich der individuelle Geist seiner Verwandt

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schaft mit dem absoluten Geiste bewusst, in dessen Wesen zwar der letzte Grund der Differenzen zu suchen ist, aber auch die Auflösung derselben sich findet.

Die Differenz zeigt sich in zweifacher Hinsicht, als ein Uebereinander und ein Nebeneinander. Weder das eine, noch das andere beruht auf einem radikalen Unterschiede. Der logischen Trennung von Gattung und spezifischem Merkmal des Besonderen (genus und differentia) entspricht die reale, ontologische Trennung von Materie und Form; eine Vorstellung, die bereits Thomas von Aquin bei Gabirol vorfand: Existimavit quod secundum intelligibilem compositionem quae in rerum generibus invenitur, prout scilicet ex genere et differentia constituitur species, esset in rebus ipsis compositio realis intelligenda ut scilicet unius cujusque rei in genere existentis genus sit materia, differentia vero forma). Dass hiebei der gewöhnliche Sprachgebrauch verlassen wird, ist Nebensache, Hauptsache ist die Uebertragung des Realen in's ideale Gebiet und die hiedurch erzielte Abschwächung des Unterschiedes von Form und Materie.

Das Moment, welches dem genus gegenüber als Differenz erscheint, ist selbst wieder ein relatives genus gegenüber einer engern Abart.

In anderer Weise hebt sich der Unterschied zwischen Form und Materie ontologisch so auf:,,Die Substanz, welche Materie war für die Quantität (für palpable Existenz), ist selbst wieder Form für eine einfachere Materie und so ist der Unterschied zwischon Form und Materie ein relativer; Alles ist ebenso Form wie Materie und zwar in der Weise, dass immer die niedere Stufe des Seyns Form

7) Thomas Aq. de substantiis separatis Cap. V. de substantiarum separatarum essentia secundum Avicebron. In Summa philos. ed. Nemausiana 1853 t. I. p. 429.

ist für die höhere, Materie für die auf sie folgende. (Seyerlen S. 121.)

Jedermann sieht, dass bei diesen und ähnlichen Reflexionen von der Analyse des Begriffes der Materie und der Form auf das Gebiet der Erfahrung übergegangen und aus ihm die Vergleichung der wahrgenommenen Momente die Gewissheit eines bestehenden Gesetzes der Uebereinanderstellung gewonnen wird.

Durch all das ist das Wesen von Materie und Form noch nicht bestimmt, diese Bestimmung ist nur vorbereitet. Gilt es, das Wesen beider zu erfassen, so muss vor allem anerkannt sein, dass alles Seyn vier Momente an sich hat: die Existenz, das Wesen, die Proprietäten und endlich das Verhältniss zu seinem Grund; daraus ergeben sich vier Fragen, durch deren Beantwortung der allgemeine Begriff Materie und Form in allen seinen Momenten erschöpft ist, die Frage nach dem esse oder utrum sit, die Frage nach dem quid, nach dem quale, nach dem quare. ... Es ist leicht zu bemerken, dass die drei ersten Fragen näher zusammengehören und von der vierten sich unterscheiden, sofern sie das reine Wesen der Materie und Form als solches betreffen, die vierte dagegen seinen Grund aufsucht (S. XVI. S. 271).

Nach der Darstellung von Seyerlen spricht sich Avicebron hierüber so aus. Dass eine allgemeine Materie und Form existirt, ist in den ersten vier Traktaten erwiesen; doch wird schliesslich ein neuer Beweis vorgelegt.

,,Die partikulare Intelligenz . . . erkennt alle Formen, diess ist empirisch gewiss. Ebenso ist sicher, dass sie die Formen getrennt von den Materien erkennt. Sie könnte aber die Formen aus der Materie nicht abstrahiren und so zu intelligiblen machen, wenn sie nicht diese Formen vorher schon in sich selbst hätte. Hat nun die partikulare Intelligenz, d. h. der Verstand des Menschen, alle Formen

das

in seinem Wesen, so muss diess noch vollkommener bei der allgemeinen Intelligenz Statt finden. Diese hat schlechthin alle Formen in ihrer Form; ebendamit ist sie die allgemeine Form, deren Wesen als die vollendete Einheit alle Vielheit der Formen in sich hat, aber in einfacher geistiger Weise.... Obwohl die Intelligenz alles Seyn geistiger Weise in sich hat, so ist damit doch nicht das ganze Seyn in ihr enthalten. Sie ist mit ihrer Materie und Form nicht das Allgemeine, welches in Allem ist . . .,,Die Intelligenz ist nur das erste Glied der Welt, das letzte ist der Körper; zwischen dem Ersten und Letzten, zwischen Anfang und Ende ist der Gegensatz, dass das Erste einfacher, Letzte complicirter, jenes die Einheit als kräftige, dieses als abgeschwächte ist. Kann also der Körper immer nur Eine Form in sich aufnehmen, so muss die Intelligenz vermöge der Kraft ihrer Einheit die Vielheit der Formen in sich ertragen können. . . . Kann man auch sagen, sie ist Alles, was nach ihr ist, weil sie Alles in sich enthält, so kann man doch nicht sagen, sie ist in Allem, was nach ihr ist, substantiell, sondern nur ihre Wirkungen sind in Allem, soferne die Formen durch die Mittelglieder der Seele und Natur aus ihr herabfliessen in die Körperlichkeit und eben dadurch anders werden, als sie in der Intelligenz sind. Das Allgemeine, was in Allem ist, ist nur die Materie und diese allgemeine Materie ist nicht die der Intelligenz; diese hat eine eigene Materie, welche nur ein Theil der allgemeinen ist." (Materia propria forma intelligentiae, id est extremitas sublimior materiae universalis recipit formam intelligentiae.) Seyerlen XVI. S. 272 f. Vgl. Munk S. 96 f.

Wenn nun der höchste Begriff einer Form jener der Intelligenz ist, wenn das substantielle Wesen in der universellen Intelligenz zuvörderst sich einer Form unterordnet und eben durch diese Form als Intelligenz erscheint, so

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