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oder als etwas Geschaffenes oder als eine Eigenschaft des Geschaffenen zu fassen sei.

Möglich, dass hiemit auf Alfarabi hingewiesen ist, welcher dem Ibn Gabirol ohne Zweifel vorlag. Wie weit Alfarabi auf den Verfasser des fons vitae eingewirkt haben könnte, hat, so gut es nach den bisher vorliegenden Quellen möglich ist, Munk untersucht.

Unberücksichtigt blieb dagegen bei Munk das Zusammentreffen der schriftstellerischen Thätigkeit Gabirols mit der ersten abendländischen Publikation eines der merkwürdigsten Produkte muslimischer Speculation. Ergiebt sich bei einer Vergleichung, dass Gabirol in wesentlichen Punkten mit diesem Werke zusammentrifft, so liegt nachts näher, als die Annahme, dass dessen Bekanntwerden im Abendlande auf ihn einen bedeutenden Einfluss geübt habe.

Wir meinen, die aus 51 Abhandlungen bestehende Encyklopädie, welche sich Resâil ichwân uç çafâ „Abhandlungen der aufrichtigen oder lautern Brüder" nennt.

Sie ist nicht das Werk Eines Mannes, sondern einer Gesellschaft, die sich auf eine etwas mysteriöse Art gegen das Ende des zehnten Jahrhunderts in Baçrah und Bag dâd bildete. Unter den Mitgliedern derselben werden drei als die hervorragendsten genannt: Abu Suleimân al Mukaddasi, Zaid ben Rifaa und Abu Hajjan el Tauchidi, welcher mit dem bujidischen Wezir Samsam verkehrte. (Um 983 n. Chr. S. Weil, Gesch. der Chalifen III. p. 30, Flügel, Zeitschr. d. d. M. Ges. XIII. S. 20.) Wir sind im Stande, die Zei zu bestimmen, zu welcher dieses Werk in Spanien bekannt wurde.

Dem als Arzt und Philosoph bekannten Maslamah aus dem damals muslimischen Madrit, daher Magárîti genannt, wird gewöhnlich das Verdienst zugeschrieben, Andalusien mit den Arbeiten der lautern Brüder bekannt gemacht zu haben. Er wird in verschiedenen Handschriften, so auch [1866. II. 2.]

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in einer unserer Staatsbibl. als Verfasser betrachtet 10). Magárîti starb im Jahre 1004 unserer Zeitrechnung 11).

Merkwürdiger Weise erwähnt Oçeibah, welcher in seinen Biographien von Aerzten und Philosophen auch dem Maslamah einen Artikel gewidmet hat, nichts von diesem für die philosophische Literatur wichtigen Import.

Dagegen sagt Oçeibah, dass der berühmte Mathematiker und Arzt Abulhakim 'Omar Ibn Abd ur rahman al Karmâni die Abhandlungen der lautern Brüder aus dem Orient nach Spanien gebracht habe.

Nach Oçeibah starb al-Karmâni in Saragossa im Jahre 458 d. H. also 1065. Er war bei seinem Tode 90 Jahre alt 1). Er war also geboren im Jahre 368 d. H (978) also gerade zur Zeit als der Philosophenclub in Baçrah sich bildete. Wenn man annimmt, dass er nicht nach seinem vierzigsten Lebensjahre von seinen Reisen aus dem Oriente zurückkehrte, so waren die genannten Abhandlungen auch von dieser Seite (abgesehen von der Herbeibringung des im Jahre 1004 gestorbenen Maslamah -) längstens um 408 d. H. (1017), möglicher, ja wahrscheinlicher Weise um dasselbe Jahr in Spanien, in welches der Tod Maslama's fällt.

Zwischen der Abfassung im Orient und der Einführung in Spanien liegt kein viel grösserer Zwischenraum, als etwa 20 Jahre.

Es ist bemerkenswerth, dass al-Karmâni von einem jüdischen Schriftsteller Abulfadhal chaschdai ibn Iusuf ibn chaschdai rühmlich erwähnt wird 13) und dass er in Malaga,

10) Vgl. Flügel, Z. d. M. Ges. Bd. XIII. 159. S. 1 ff.

11) Flügel, das. S. 25.

12) Flügel S. 25 giebt nach Gayangos-Makkari 70 Jahre an. 13) Bei Oçeibah Cod. ar. Monac. 801 f. 99. a.

ابو الفضل

خشدای بن یوسف بن خشدای

also in derselben Stadt geboren war 14), welche den israelitischen Philosophen Ben Gabirol hervorgebracht hat.

Es liegt die Vermuthung ganz nahe, dass ein so bedeutendes Werk, wie jene Encyklopädie war, nicht ohne Einfluss auf jene Männer bleiben konnte, die sich damals mit Philosophie beschäftigten.

Gilt es nun, den Versuch zu machen, ob Ibn Gabirol irgend wie von diesem Werke abhängig sei, so muss man sich vor allem über die Wahl zwischen den beiden offenbar sehr stark abweichenden Recensionen, welche gegenwärtig bekannt sind, entscheiden.

Schon Flügel hat auf die grosse Abweichung zwischen beiden Ausgaben aufmerksam gemacht. Jeder, der die beiden Quatremèreschen Handschriften des Werkes in unserer Staatsbibliothek vergleicht, wird die grosse Verschiedenheit erkennen. Die jüngere Handschrift, welche Maslama's Namen trägt, ist in den physikalischen Abschnitten viel ausführlicher; die ältere ohne Autor, führt metaphysische und religionsphilosophische Fragen weiter aus 15). Sie ist im Ganzen weit kürzer, doch gerade in metaphysischen Abschnitten ausführlicher. Es dürfte kaum zweifelhaft sein, dass sie die ältere, der ursprünglichen Arbeit der ,,aufrichtigen Brüder" näher kommende Recension, und wohl diejenige darstelle, deren Uebertragung nach Spanien dem Philosophen al-Karmâni zugeschrieben wird.

Jedenfalls lebte al-Karmâni, wie oben bemerkt, zu gleicher Zeit in Saragossa, als hier Ben Gabirol literarisch thätig war. Al-Karmani starb hochbejahrt 1065, von Ben Gabirol haben wir ein im Jahre 1045 in Saragossa abge

14) Nach Makkari bei Flügel S. 25.

15) Vgl. die trefflichen Bemerkungen im Katalog von Aumer I. S. 291 f.

fasstes moralisches Werk. Die historische Berührung ist demnach eng genug, um einen Einfluss anzunehmen, wenn sich wesentliche Berührungspunkte zeigen.

1. Im Allgemeinen besteht zwischen der Encyklopädie und den Schriften Ben Gabirols nicht nur ein grosser Unterschied, sondern geradezu ein Gegensatz. Verbreitung richtiger physikalischer Kenntnisse ist den Verfassern der bedeutendsten Abhandlungen Hauptzweck; Physik ist die Hauptwissenschaft. Die Metaphysiker, namentlich jene, welche bei ihrer Speculation einen religions-philosophischen Zweck verfolgen, werden scharf getadelt. „Die unversöhnlichsten Feinde der Philosophen sind die Leute von dieser polemisirenden, streitenden Parthei, welche in den meta

ohne يخوضون في المعقولات) physischen Fragen umherwaten

)

eine rechte Kenntniss von den sinnlichen Dingen zu haben, die da Beweise und Schlüsse aufzustellen suchen ohne Kenntniss der exakten Wissenschaften ( vorzüglich Mathematik); die über göttliche Dinge disputiren und in den natürlichen unwissend sind" u. s. w.,,Nach ihrer Erklärung ist die Astronomie eine eitle Sache, die Sterne sind nichts weiter, als starre Massen, die Sphären existiren nicht, die Medicin bringt keinen Nutzen, in der Mathematik liegt keine Wahrheit, Logik und Naturwissenschaft ist Häresie

) und Freigeisterei (), die sich damit beschäftigen, sind verworfene Apostaten." () (Codex arab. Monac. 652 f. 239 a.)

Vermöge des offenbaren Zweckes, Aufklärung in den weitesten Kreisen zu verbreiten, wird das Nöthigste aus Logik und Dialektik, aus der Arithmetik und Astronomie, aus der Psychologie und Ethik, kurz aus allen Zweigen der Philosophie mitgetheilt. Die Metaphysik wird vorzüglich im Interesse der Naturkunde, das heisst zu einer rationellen

Erklärung der Entstehung der Natur, der Veränderungen in Zeit und Raum berücksichtigt. Hier herrscht nun eine auffallende Oberflächlichkeit. Es scheint, dass in einzelnen Abhandlungen Excerpte aus philosophischen Schriften vorliegen. Man vermisst vielfältig die nöthige Begründung. Die Zusammensetzung ist fragmentarisch. Allerdings zeichnet sich die kürzere Recension (in Cod. ar. Monac. 653) dadurch aus, dass in einzelnen philosophischen Abschnitten, namentlich in metaphysischen, eine Art von Entwicklung angestrebt wird; aber im Vergleich mit jener gründlichen Durchführung und vielseitigen Erörterung, welche im fons vitae den metaphysischen Fragen gewidmet wird, ist die Encyklopädie auch in dieser Recension oberflächlich. Doch kann gerade die bunte Mannigfaltigkeit des vom Orient gebrachten Sammelwerkes den begabten Denker angeregt haben, vom Mittelpunkte aus die Lösung einer Hauptfrage mit Gründlichkeit anzustreben.

2. An bestimmten Berührungspunkten fehlt es nicht. Die Encyklopädie berührt die metaphysischen Fragen fast in all jenen Momenten, in welchen sie im fons vitae durchgeführt werden und bedient sich dabei grossentheils derselben Terminologie. Der Verfasser der zehnten Abhandlung des vorletzten Theiles (Cod. 653 f. 171. b.) beabsichtigt, wie er sagt, das Wesen der Dinge zu bestimmen

(حقائق الاشياء)

Da wird nun der Gegensatz von Form und Materie für die Erklärung zu Grunde gelegt und der Intelligenz über der materia prima ungefähr dieselbe Stelle eingeräumt, wie im fons vitae. Freilich geschieht diess nur in losgerissenen Sätzen, ohne Begründung. Eine der ersten Abhandlungen derselben kürzern Recension (Cod. 653 f. 46 b. ff.) beschäftigt sich eigens mit der Frage von Form und Materie (8), nachdem in der vorausgegan

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