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geschrieben. Sind diese Fragmente einem andern Werke entlehnt, so ist ihre Uebereinstimmung mit der Encyklopädie günstig für die Annahme eines Einflusses der letztern auf den fons vitae, denn Jedermann giebt zu, dass die Harmonie eines Schriftstellers mit einem Vorgänger in Einem Werke für dessen Uebereinstimmung in einem andern eine günstige Meinung erwecke.

Jedenfalls möchte es bei der geringen Zahl von Gabirol'schen Schriftstücken nicht unangemessen sein die folgenden vier Fragmente mitzutheilen.

I. (Cod. hebr. 402 f. 143). „Der Philosoph sagt: Wenn die Seele vorbereitet ist, die Einstrahlung (DW) der wirksamen Vernunft (intellectus agens) zu empfangen und mit ihr beständig vereinigt bleibt, so braucht sie nicht mehr durch den Leib und die Sinne eine Erkenntniss zu suchen; aber der Leib treibt sie unaufhörlich zurück und hindert sie in der vollständigen Vereinigung mit derselben. Sobald jedoch diese hindernde Einwirkung des Lebens im Tode zurücktritt, (zurücktritt das Erkennen durch) eine Scheidewand und das Hinderniss gehoben ist, dann wird die Vereinigung beständig, denn die Seele ist ewig und die wirksame Vernunft ist ewig und von dieser aus wird eine Einstrahlung mitgetheilt, und die ist an und für sich disponirt, dieselbe aufzunehmen, wenn kein Hinderniss besteht.

Die Seele bedarf anfangs des Leibes und der Sinne, damit sie vermittelst ihrer die Vorstellungen erreichen könne und damit die Seele aus diesen Vorstellungen die einfachen und allgemeinen Dinge aufsammle und vermittelst derselben (der Sinne) dieselben durchforsche. Denn es ist unmöglich, von Anfang an Begriffe anders zu gewinnen, als durch die Vermittlung der Sinnenwahrnehmungen. Diese sind wie das Netz, oder auch wie das Lastthier, welches die darauf reitende (Secle) an den Ort (der Untersuchung) bringt.

II. (Cod. hebr. 402 f. 132). „Der Philosoph sagt: die

vernünftige Seele hat Stufen. Auf der ersten Stufe ist sie nicht im Besitze von Ideen oder Begriffen (bw) in Wirklichkeit; sie hat nichts, als die Disposition (77), gleichsam durch Erwerb (p statt 20) aufzunehmen. Diese Art von Verstand wird stoffisch (17 ye) ge

nannt, und auch Vernunft dem Vermögen nach (intellectus possibilis). Darauf erscheinen in der Seele zwei Arten von Ideen (von Form 13). Einmal die Principien der Wahrheit und diese Principien sind in sie eingezeichnet (w) ohne dass der Mensch sie von sich selbst erwirbt. Das zweite sind die allgemein anerkannten (1) Dinge, die er durch Hören ohne eigenes Nachdenken (y) empfängt. Findet sich die Seele auf dieser Stufe, so heisst sie: Vernunft im Besitze (paw), das will sagen, sie kann die Ideen verschiedener Grade (wörtlich: die begreiflichen Stufen) sich durch Nachdenken aneignen, wenn sie will.

Kommt nun von da an einer (oder der andere) von den speculativen Begriffen in ihr zur Geltung, so erhält sie den Namen: Intellectus in actu, sobald sie dieselben mit dem Gedanken sich zum Eigenthum macht. Damit ist's, wie wenn ein Erkennender von dem Erkannten ablässt, während er es erreichen kann, sobald er will.

Ist aber die gekannte Idee immer dem Geiste gegenwärtig, so wird das der emanirte Geist (b) nämlich emanirt aus (wörtlich: durch die) der Ursache der göttlichen Ursachen genannt. Er heisst (auch) Intellectus (schlechtweg), oder Engel, oder thätige Vernunft 21).

:Palkira erlautert לקבל כמו בקטן (20 ומלת קטן מצאנו שנאמרה על זה העניין בעצמו במשלי כמו שאמר קנה חכמה

Offenbar las also Palkira: und dieses Wort ist wirklich als Correktur an den Rand geschrieben.

ist offenbar פועל Vor יקרא שכל או מלאך או שכל או פועל (21 .zu tilgen או

III. (Cod. 402, f. 140.)

,,Der Philosoph sagt: die

(22 במקצת האומות) denkende Seele ist bei einigen Leuten

zur Zeit des Aufwachens bereitet, so dass sie mit der universellen Vernunft verbunden ist (ban bawa) und wenn sie die Dinge zu wissen verlangt, nicht genöthigt ist, zum Syllogismus und zum Nachdenken die Zuflucht zu nehmen, sondern sich mit einer göttlichen Erregung begnügt; und dieses wird,,heiliger Geist" genannt. Diese Stufe findet sich nicht gemeinhin, sondern bloss bei den Propheten und göttlichen Männern.

IV. (Cod. hebr. 402. f. 154 b.),,Der Philosoph sagt: Wenn du die Wahrheit der Dinge erkennst, so wirst du einsehen, dass der (eigentliche) Mensch in dem göttlichen Theile der Seele allein besteht; denn das menschliche Werk welches ihm einzig zukommt ist in Wahrheit das, welches er durch diesen Theil vollbringt. Da sich die Sache so verhält, so geziemt es sich, dass der Mensch, wenn er darauf eingeht, einzelne Momente (der Seele) zu betrachten, ausfindig mache, dass es Momente eben jener Kraft seien.

Daher sagt der Weise; bedenke, dass du, wenn wir die Wahrheit der Dinge untersuchen wollen, deine vernünftige Seele finden wirst. (du findest auch) Dass der Leib mit dir verbunden ist, damit er ein Werkzeug der Handlungen sei und dass die begehrliche Seele sich mit dir verbinde von Seite des Leibes, das will sagen von Seite der Nothwendigkeit bildlicher Vorstellung.

Die andere Seele aber, welche die Alten das „,Zornige" (Dyn iracundi) 23) nannten, verbindet sich mit dir, damit du, mit dieser Kraft im Bunde, über die begehrliche

22) „Völker" wird hier für „Leute" gebraucht, wie das spanische gentes. Vgl. Anm. 19.

23) Das wird das platonische vuós sein, während die begehrende Seele dem indvμtizó Plato's entspricht. Vgl. De Republica 1. IV. 440 und Philebus.

Seele herrschest; bist du aber von diesen beiden Seelen und vom Leibe frei geworden, dann vermagst du zu erkennen und zu verstehen. Wie die erlauchten unter den alten Philosophen sagten, ist das die Sache des Menschen nach dem Tode". Soweit die Fragmente bei Palkira.

Es ist nicht nöthig, diesen Fragmenten Auszüge aus der Encyklopädie an die Seite zu stellen. Schon das von H. Dietrici Uebersetzte reicht hin ein mehrseitiges Zusammentreffen der Gedanken zu beweisen. Namentlich ist dieses der Fall mit dem Abschnitte von der universellen Seele, welcher sich in der Münchner Handschrift (Recension Maslamah) Cod. 652 f. 173. a. und bei Dietrici in der Zeitschrift d. D. M. Ges. Bd. XV. S. 599 findet.

Allerdings ist die Theorie von den Erkenntnissstufen, von der Einwirkung des intellectus agens auf den individuellen Verstand, von der Weltseele u. dgl. ein Gemeingut der arabischen Speculation und möglich ist, dass zunächst Alfarabi als Quelle diente, soweit bei einem offenbar sehr selbstständigen Denker Quellen vorauszusetzen sind.

Wenden wir uns, die Frage von diesen Fragmenten bei Seite lassend, nochmal zum Hauptwerke Ben Gabirols, dem fons vitae zurück, so mag nach dem Obigen ein Einfluss von Seite der Encyklopädie als sicher angenommen werden. Um so glänzender tritt die Originalität des israelitischen Denkers hervor. Auf dem Gebiete des philosophischen Denkens besteht der höchste Ruhm der Originalität nicht darin, über frühere Leistungen unwissend zu sein, oder sie zu ignoriren, sondern darin, ihnen gegenüber einen neuen Weg anzubahnen.

Das hat Ben Gabirol mit ungewöhnlicher Anstrengung versucht. Er hat in der Beweisführung Sprünge gemacht, er ist zu einem falschen Resultate gekommen, aber bei der Gründlichkeit seiner Untersuchung ist er auch durch seine Irrthümer lehrreich geworden.

Herr C. Hofmann sprach:

,,Ueber das Schlummerlied und den Bienensegen".

Das von Zappert 1852 entdeckte und 1859 veröffentlichte Schlummerlied ist jüngst von Franz Pfeiffer in Forschung und Kritik auf dem Gebiete des deutschen Alterthums II. Heft Wien 1866 ausführlichst behandelt und dessen Echtheit aufs Entschiedenste behauptet worden. Es ist bekanntlich J. Grimm allein, der von allen nicht österreichischen Gelehrten von Anfang an sich in begeisterter Weise zu Gunsten des Liedes ausgesprochen hat. Alle andern waren theils mit, theils ohne Angabe von Gründen mehr oder weniger entschieden in der Behauptung der Unechtheit. Da nun Pfeiffer ausser J. Grimms und seiner eigenen Autorität noch eine Anzahl der angesehensten Wiener Gelehrten, die Herren Birk, Diemer, v. Karajan, v. Meiller und Th. Sickel für das Schlummerlied anführt, die alle nach sorgfältiger Untersuchung die Echtheit der Handschrift für unzweifelhaft halten, so schienen von dieser Seite her die Einwürfe der Gegner aufs wesentlichste erschüttert, und es trat an den unbefangenen Forscher die dringende Aufforderung heran, sich mit dem durch seinen Inhalt so äusserst merkwürdigen Stücke ernster zu beschäftigen. Ich that diess sofort und kam zu der Ueberzeugung, dass das Lied auch nach den Herstellungen und Erklärungen von Grimm und Pfeiffer und unter Voraussetzung der Unverfälschtheit des Manuscripts noch sehr wesentlichen, hauptsächlich metrischen Bedenken unterliege. Auf den ersten Blick sieht man bekanntlich dem Liede an, dass es Langzeilen mit 8 Hebungen und mit Stabreim dar

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