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Abkürzungen.

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Journal du droit international privé.

Nouveau Recueil de traités etc., herausgegeben von Stoerk. Revue de droit international.

Revue générale de droit international public.

diese Zeitschrift.

Das Anwendungsgebiet zweier koexistierender Civilrechte in Griechenland 1).

Von G. Diobouniotis, Privatdocent und Rechtsanwalt in Athen.

I.

Als im Jahre 1864 die Annexion des ionischen Staates durch Griechenland stattgefunden hatte, galt im ionischen Staate das ionische bürgerliche Gesetzbuch, eine Nachahmung des französischen code civil mit vielen Bestimmungen aus dem venetianischen Erbrechte, während in Griechenland das römische Recht mit einigen Veränderungen durch neuere griechische Gesetze in Geltung war. Seit dem Momente der Annexion hatte der griechische Staat zwei koexistierende Rechtssysteme: das römische Recht und das ionische Civilgesetzbuch.

Welches war das Anwendungsgebiet dieser zwei Rechte: erstens innerhalb der Grenzen des Königreichs Griechenland (im Inlande) und zweitens aufserhalb dieser Grenzen (im Auslande)?

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1) Litteratur. Paparrigopoulos, Handbuch des römischen Rechtes, Allgemeine Lehren § 629 (griechisch); Oekonomides, Handbuch des Civilrechts, Allgemeine Lehre § 4 Anm. 1, § 8 Anm. 2 und Anm. 5 (griechisch); Krassa, Allgemeine Lehren § 42 (griechisch); Nic. Marketi, Das Erbrecht nach dem ionischen Civilgesetzbuch § 9. Dernburg, Pandekten, griechische Übersetzung von Georg Diobouniotis. Griechisches Rechtslexikon verbo Internationales Recht von Georg von Streit. Über älteres französisches Recht (droit coutumier) Froland, Mémoire concernant la nature et la qualité des statuts chap. VII § 13 page 171; Huber, de conflictu legum I, 3 § 12; Boullenois, Traité de la personnalité des lois I chap. II obs. IV pag. 53; Pothier, Coutumes d'Orléans I art. 1 § 13.

Zeitschrift f. intern. Privat- u. öffentl. Recht. XII.

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Diese Fragen wurden damals durch keine Gesetzesbestimmung beantwortet. Es waren also die allgemeinen Grundsätze anzu

wenden.

Dieser Zustand hat nicht lange gedauert. Durch ein Gesetz vom 30. Januar 1866 wurde bestimmt, dafs seit 1. Juli 1866 primo: alle neueren Civilgesetze (mit Ausnahme eines Testamentsgesetzes) des griechischen Königreichs, welche seit seiner Errichtung im Jahre 1833 in Geltung getreten waren, auch auf den Ionischen Inseln Geltung haben sollten, secundo: das ionische Civilgesetzbuch, insofern dies durch diese neueren Gesetze nicht verändert war, in Geltung bleibe.

Aber das Gesetz vom 30. Januar 1866 schweigt über die Hauptfrage, welches das Anwendungsgebiet des so beibehaltenen ionischen Civilgesetzbuches sei. Natürlich das ehemalige Gebiet des ionischen Staates, aber inwieweit?

Vor allem ist nun zu bemerken, dafs zu den neueren Gesetzen, welche allgemeine Geltung in dem ganzen Gebiet des griechischen Staates haben, auch das Gesetz vom 29. Oktober 1856 gehört, welches in den Artikeln 4-8 die Regeln über das internationale Privatrecht enthält. Diese Artikel lauten:

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4. Die Gesetze über die Rechts- oder Handlungsfähigkeit gelten für die Griechen auch im Auslande. Die Ausländer in Griechenland stehen unter den diese Fähigkeiten regelnden Gesetzen ihres Heimatsstaates. Aber bei den Rechtsgeschäften, welche in Griechenland von Ausländern errichtet werden, die nach griechischem Rechte die Fähigkeit zur Errichtung solcher Rechtsgeschäfte besitzen, werden die Ausländer als geschäftsfähig betrachtet, wenn sie auch nach ihrem Heimatsrecht unfähig sein würden. Die Ehe, die Verhältnisse zwischen Eltern und Kindern, die Vormundschaft und die Pflegschaft richten sich auch für den im Auslande verweilenden Griechen nach dem griechischen Rechte."

5. Der Besitz, das Eigentum und die dinglichen Rechte an den in Griechenland belegenen beweglichen oder unbeweglichen Sachen richten sich nach den griechischen Gesetzen. Die testamentarische oder gesetzliche Erbfolge wird durch das Recht des Staats, dessen Angehöriger der Erblasser ist, geregelt; aber die in Griechenland liegenden Grundstücke sind stets vom griechischen Recht geregelt.",

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6. Die Obligationen werden, was ihre Wirkung betrifft, vom Gesetz des Staates, wo sie nach dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Willen der Parteien zu erfüllen sind, geregelt. Doch können die Parteien das Recht bestimmen, welches sie regeln soll. Aber die Obligationen aus unerlaubten Handlungen werden immer durch das griechische Gesetz bestimmt."

7. Die Rechtshandlungen, welche von Griechen im Auslande vorgenommen werden, sind ihrer Form nach in Griechenland gültig, wenn sie entweder der Form des griechischen Rechtes oder derjenigen des Rechtes des Ortes, wo sie vorgenommen sind, entsprechen."

8. Die griechischen Gerichte dürfen niemals ausländische Gesetze anwenden, welche entweder griechischen Gesetzen der öffentlichen Ordnung entgegenstehen oder Rechtsinstitute betreffen, welche das griechische Recht nicht anerkennt."

Diese Bestimmungen des positiven griechischen internationalen Privatrechts stimmen mit den Erfordernissen der Wissenschaft überein; nur die Bestimmung über die der Erbschaft angehörigen Grundstücke ist de lege ferenda als verfehlt zu betrachten.

II.

Nach dem für das gemeine Recht in Deutschland allgemein anerkannten Satze sind die Principien des internationalen Privatrechtes auch auf die Fälle der Kollision von zwei Rechten anzuwenden, welche innerhalb desselben Staates für verschiedene Gebiete gelten. Ist dieser Grundsatz auch für Griechenland, was das Anwendungsgebiet des römischen und des ionischen Civilrechts betrifft, mafsgebend?

Eine grofse Schwierigkeit besteht über das leitende Princip. Im deutschen internationalen Privatrechte war es bisher der Wohnsitz, welcher das persönliche Statut bestimmt; im griechischen Rechte ist es die Nationalität. Nun ist das Princip des Wohnsitzes auch für zwei Rechte desselben Staates genügend, während das Princip der Nationalität insofern ungenügend ist, als die Angehörigen eines und desselben Staates dieselbe Naticnalität besitzen, obwohl sie zwei verschiedenen Gebieten desselben Staates angehören.

Eine buchstäbliche interlokale Anwendung also des Principes des griechischen internationalen Rechtes in Griechenland ist aus

geschlossen. Es fragt sich, ob eine analoge Anwendung stattfinden darf. Ich bin dieser Meinung.

Meines Erachtens ist die Lösung unserer Frage auf eine Fiktion der Nationalität zu stützen, d. h. alle diejenigen Personen, welche Staatsangehörige des ionischen Staates sein würden, wenn der ionische Staat noch existierte, werden vom ionischen Civilrecht beherrscht, und alle Personen, welche Angehörige des ehemaligen griechischen Staates sein würden, werden von dem römischen Recht beherrscht.

Diese Fiktion enthält, wie jede Fiktion, eine Unwahrheit, weil es jetzt nur griechische Staatsangehörige giebt; die ionischen und die ehemaligen griechischen Staatsangehörigen sind jetzt unexistierende Personen. Doch hat diese Fiktion dennoch reellen Wert; was jetzt nicht existiert, ist die Staatsangehörigkeit als solche, d. h. als Institut des öffentlichen Rechtes. Aber die Staatsangehörigkeit als Grundlage des internationalen Privatrechtes ist nicht in ihrem öffentlich-internationalrechtlichen Wesen genommen, sondern nur als Grundlage der Einteilung der Personen im besonderen Sinne des internationalen Privatrechtes. Wenn zwei Staaten in einen vereinigt werden, dann kann in diesem Sinne die Einteilung, die vor der Union existiert hat, ihre Folge noch nach der Union haben und eine Einteilung der Staatsangehörigen des neuen Staates nach den Regeln der früheren Nationalität der zwei Staaten kann noch heute stattfinden, da die bewirkte Union nur das öffentliche Recht betrifft, während das private Internationalrecht als inneres Recht der zwei vereinigten Staaten durch seine eigenen Regeln geregelt bleibt. Mit anderen Worten: der Begriff der Staatsangehörigkeit in Bezug auf jeden der vereinigten Staaten kann als Grundlage des internationalen Privatrechtes auch nach der Vereinigung der zwei Staaten fortbestehen; ebenso gut wie als Grundlage dieses Rechtes auch der Wohnsitz dienen kann, ein Begriff, der mit der Existenz des Staates nichts zu thun hat.

Nach dem oben Gesagten mufs als Grundlage des griechischen internationalen Privatrechtes die Staatsangehörigkeit gelten, und zwar die fingierte Staatsangehörigkeit, was das Anwendungsgebiet des ionischen Rechtes anbetrifft.

Viele Entscheidungen der griechischen Gerichte verteidigen eine andere Meinung. Sie setzen als Grundlage den Wohnsitz.

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