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Versagung des Exequatur gegenüber einem englischen Urteil wegen Nichtbefolgung des § 215 Code civil.

Tribunal civil de la Seine 27. 3. 1901, Barnes c. Montmort (J. XXIX 116).

Durch Urteil des englischen High Court of Justice 14. 7. 98 war die Beklagte, eine Französin, zur Zahlung einer namhaften Summe an den Kläger verurteilt worden, ohne dafs ihr Ehemann, gleichfalls Franzose, die Prozessführung der Beklagten gemäss Art. 215 Code civil autorisiert hatte. Der Gerichtshof lehnte das vom Kläger für jenes Urteil nachgesuchte Exequatur ab, weil Art. 215 eine absolut durchgreifende Vorschrift des Personalstatutes der Beklagten sei; denn sie beruhe „dans un intérêt social".

Anm. Art. 215 C. c. lautet: La femme ne peut ester en jugement sans l'autorisation de son mari, quand même elle serait marchande publique, ou non commune, ou séparée de biens."

Red.

Zuständigkeit französischer Gerichte für die Klagen von Ausländern gegen Ausländer.

Tribunal de commerce Marseille 28. 8. 1900, Rovato c. Deutsche Transportgesellschaft (J. XXIX 323).

Der Gerichtshof erklärte sich zuständig für die Klage, obwohl sie von einem Ausländer gegen eine ausländische Gesellschaft gerichtet wurde, indem er ausführte: Der Kläger sei Ausländer, aber als Inhaber eines autorisierten Domizils in Frankreich im Sinne des Art. 14 Code civil anzusehen, weil er seit vielen Jahren thatsächlich in Marseille wohne, Handel treibe, Steuern bezahle, in das Patentregister eingetragen und dort verheiratet sei. Danach sei „aux termes d'une jurisprudence constante" die „autorisation à fixer son domicile en France" gegeben.

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Anm. Der Standpunkt des Urteils ist in der französischen Praxis keineswegs allgemein anerkannt. Vgl. Vincent et Pénaud, Dictionnaire de droit international privé (1888) S. 252, Ztschr. XII S. 129.

Red.

Die Rechte des Wechselnehmers gegen den Bezogenen richten sich nicht nach dem Personalstatut des letzteren, sondern nach dem Ausstellungsort.

Cour de cassation 6. 2. 1900, Cour d'appel Caen 12. 12. 1900 (J. XXVII 605 XXIX 331).

Es handelte sich darum, ob ein in London ausgestellter, auf eine französische Handelsgesellschaft gezogener, an einen Franzosen (mit französischem Wohnsitz) begebener Wechsel welcher nicht zur Acceptation

präsentiert war dem Nehmer gemäfs französischem Rechte die „propriété de la provision de la lettre de change", d. h. das Recht übertragen habe, die materiell der Tratte zu Grunde liegende Forderung des Ausstellers gegen den Bezogenen geltend zu machen, oder ob Art. 53 der englischen Wechselordnung massgebend sei, wonach Rechte gegen den Bezogenen durch die Wechselbegebung nicht begründet werden. Es wurde in letzterem Sinne entschieden, mit der Begründung, dafs der Inhalt des dem Nehmer übertragenen Rechtes durch das am Ort der Ausstellung geltende Recht bestimmt werde.

Die Legitimation durch nachfolgende Ehe bestimmt sich nach dem am Ort der Eheschliefsung geltenden Recht.

Tribunal civil de la Seine, 4. 6. 1901, Pariot c. Pariot (J. XXIX 334).

Auf Grund eines amerikanischen certificat de coutume, wonach gemäss dem in New-York geltenden Recht die Eheschliefsung der Eltern ipso facto die Legitimation der vorher gezeugten und geborenen Kinder bewirkt, erkannte das Urteil den vorehelichen Kindern französischer Eltern, welche in New-York geheiratet hatten, die Eigenschaft ehelicher Kinder zu, nachdem festgestellt war, dafs die Eheschliefsung in den materiellen Erfordernissen dem französischen, in der Form dem in New-York geltenden Recht entsprach.

Anm.: Art. 331 des Code civil fordert behufs Legitimation durch nachfolgende Ehe, dafs die Eltern die Kinder „auront légalement reconnus avant leur mariage, ou qu'ils les reconnaîtront dans l'acte même de la célébration." Die französische Judikatur ist geteilt hinsichtlich der Frage, ob Art. 331 auch für die Legitimationswirkung der von Franzosen im Auslande geschlossenen Ehen gilt. Sie ist mehrfach bejaht worden (Paris 2. 8. 76, J. IV 230; Bordeaux 18. 5. 77 u. 27. 8. 77, J. ₺ 3a). Verneint ist sie, wie im vorstehenden Urteil, durch das Tribunal zu Besançon 25. 7. 76 (J. ÍV 228). Niemeyer.

Artt. 1394, 1395 Code civil (Unzulässigkeit von vertraglichen Änderungen des ehelichen Güterstandes während der Ehe).

Tribunal civil de la Seine 29. 5. 01, Vlassow c. Y. (J. XXIX 361).

Die Ehegatten Vlassow, er russischer Unterthan, sie bis zur Eheschliefsung Französin, hatten 1888 in Bukarest die Ehe geschlossen und dort vor der Eheschliefsung durch Ehevertrag das gesetzliche Güterrecht des französischen Rechtes vereinbart. In den Jahren 1894 und 1895 hatten sie vor dem russischen Konsul in Paris und vor einem Notar in Petersburg einen neuen Ehevertrag geschlossen, durch welchen sie den gesetzlichen Güterstand des russischen Rechtes vereinbarten und festsetzten, dass die Ehefrau freie Verfügung über ihr gesamtes bewegliches und unbewegliches Vermögen haben solle. Der Gerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob

eine Verfügung der Ehefrau über in Frankreich belegenes bewegliches Vermögen, welche ihr gemäss dem Ehevertrage von 1888 nicht zustand, wohl aber gemäfs den Eheverträgen von 1894, 1895, anzuerkennen sei. Die Frage wurde bejaht und zwar mit der Begründung. dass Artt. 1394, 1395 Code civil1) keine absolute Geltung beanspruchten, dass vielmehr die Zulässigkeit einer während der Ehe stattfindenden vertraglichen Anderung des ehelichen Güterstandes sich, wie das eheliche Güterrecht überhaupt, lediglich nach loi nationale der Ehegatten richte.

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Anm. Vgl. das Urteil des Appellationsgerichtshofes zu Palermo 2. 6. 1899, unten S. 630.

Anerkennung der Rechtsfähigkeit ausländischer (englischer) Handelsgesellschaften.

Tribunal de commerce de Nice 29. 11. 01, Cesari c. Sardo u. Raymond (J. XXIX 366).

Nach dem Ges. 30. 5. 57 ist eine ausländische Gesellschaft als rechtsfähig in Frankreich grundsätzlich nur auf Grund einer Autorisation des französischen Staatsoberhauptes (chef de l'Etat) en conseil d'Etat" anzuerkennen. Für englische Gesellschaften wird diese Autorisation aber ersetzt durch den französisch-englischen Vertrag 30. 4. 62.

Auf Ausländer und im Ausland wohnende Personen, welche an einem in Frankreich begangenen Pressvergehen beteiligt sind, findet das „échelonnement de responsabilités" § 42 Ges. 29. 7. 1881 nicht Anwendung.

Cour d'appel Paris 14. 1. 95, Chervin c. Baillière (J. XXIX 354).

Eine Broschüre, welche in Deutschland gedruckt und von einem in Frankfurt a. M. wohnenden Dr. E. verfasst war, von den beklagten Gebrüdern B. in Paris vertrieben wurde, enthielt Beleidigungen des Klägers Ch. Die Gebrüder B. wurden deswegen zu Strafe und Schadensersatz verurteilt. Die Intervention des Dr. E., welcher als Verfasser und Teilnehmer gemäfs § 42 des Prefsgesetzes) sich als in erster Linie verantwortliche Person präsentierte, wurde zurückgewiesen, indem ausgeführt wurde, dass

1) Art. 1394: Toutes conventions matrimoniales seront rédigées, avant le mariage, par acte devant notaire.

Art. 1395: Elles ne peuvent recevoir aucun changement après la célébration du mariage.

2) Vgl. das Urteil oben S. 133.

Red.

bei der in § 42 cit. aufgestellten Reihenfolge der Verantwortlichkeit die beteiligten Ausländer und im Auslande wohnenden Personen nicht in Betracht kämen.

Tunis1).

Wirkung des Urteils eines tunesischen Gerichtes, welches die Trennung der Ehe italienischer Staatsangehöriger von Tisch und Bett ausspricht.

Tribunal Tunis, 5. 12. 1900, Tesi c. Calvo (J. XXIX 333),

Der Italiener Calvo, jüdischer Konfession, hatte in Tunis im Jahre 1888 vor jüdischen Notaren unter Genehmigung des Grossrabbiners sich von seiner Ehefrau geb. Ossona durch „répudiation" geschieden. Die letztere hatte nunmehr vor dem französischen Gericht in Tunis auf Trennung von Tisch und Bett gemäfs italienischem Rechte geklagt und durch Urteil 11. 10. 1897 séparation de corps erlangt. Calvo schlofs 1. 6. 1898 vor einem katholischen Priester in Tunis eine neue Ehe mit der Witwe Tesi geb. Accardi. Auf die Klage der Kinder der letzteren wurde deren Eheschliefsung mit

1) Über den Privatrechtszustand in Tunis ist zu bemerken: Bis 1883 war der Rechtszustand derjenige eines pays de capitulation". Auf Grund des französisch-türkischen Vertrages von Kasar Saïd 12. 5. 1881 wurden dann durch Gesetz vom 27. 3. 1883 an Stelle der bisherigen Konsulargerichte französische Friedensgerichte und ein Tribunal de première instance eingesetzt, während als Appellationshof derjenige zu Algier und für die Kassationsinstanz der Kassationshof zu Paris für zuständig erklärt wurde. Die Staaten, welche bisher Konsularjurisdiktion geübt hatten, verzichteten demnächst successive auf dieselbe. Durch das Gesetz vom 27. 3. 1883 waren die französischen Gerichte für zuständig erklärt hinsichtlich „toutes les affaires civiles et commerciales entre Français et protégés français", mit der Bestimmung, dass ihre Kompetenz durch Verordnung des Bey mit Zustimmung der französischen Regierung ausgedehnt werden könne à toutes autres personnes". Durch entsprechende Verordnungen des Bey vom 5. 5. 1883 und 21. 7. 1884 ist die Kompetenz der französischen Gerichte dann auf die Streitigkeiten zwischen Nichteinheimischen untereinander und zwischen Nichteinheimischen und Einheimischen ausgedehnt worden. S. J. XXIII 864, XXIV 1018. Die einheimischen Gerichte sind daneben stehen geblieben und zuständig für alle Streitigkeiten zwischen Einheimischen. Die französischen Gerichte entscheiden grundsätzlich nach französischem, die einheimischen nach einheimischem Recht. Jedoch bringen die französischen Gerichte das mohammedanische und jüdische Recht bei Fragen relatives au statut personnel ou aux successions de sujets tunisiens, musulmans ou israélites" zur Anwendung. Es ist aber bemerkenswert und betrifft nicht nur eine prozessualische Frage, sondern geht den Privatrechtszustand an, dafs die französischen Gerichte die Entscheidungen der einheimischen Gerichte hinsichtlich der Vollstreckbarkeit wie Entscheidungen ausländischer Gerichte behandeln und demgemäfs die Vollstreckbarkeit von der Erteilung des Exequatur und einer vorgängigen Prüfung „au fond" abhängig machen. Die französische Judikatur hat infolgedessen auf die Rechtsanwendung und Rechtsentwickelung auch des einheimischen Rechtes Einfluss.

Calvo für nichtig erklärt. Die Zulässigkeit sowohl der jüdischen Repudiation als der kirchlichen Eheschliefsung in Tunis wurde an und für sich nicht verneint, vielmehr die Nichtigkeitserklärung auf die Rechtskraft des Urteils 11. 10. 1897 gestützt, durch welches das Rechtsverhältnis Calvo-Ossona auf den Boden des italienischen Rechtes, insbesondere des Art. 56 Codice civile gestellt sei.

stück.

Schenkungsakt zwischen Italienern über ein tunesisches Grund

Tribunal Tunis 5. 12. 1900, Giano c. Borzoni (Revue algérienne 1901 II S. 327, J. XXIX, S. 108, 327).

Die Wirksamkeit eines zwischen Italienern vor dem italienischen Konsulat zu Tunis vorgenommenen Schenkungsaktes über tunesische Grundstücke richtet sich nach italienischem Recht.

Mafsgeblichkeit des schweizerischen - Heimatrechtes für eheliches Güterrecht und Erbrecht.

Tribunal Tunis (1. chambre), 6. 6. 1900, Harris c. Lison (J. XXIX 358).

Die Kinder schweizerischer Eltern hatten auf Teilung der Erbschaft ihrer mit tunesischem Domizil gestorbenen Mutter insbesondere bezüglich zweier in Tunis belegener Grundstücke geklagt und siegten ob. Der Gerichtshof legte sowohl für das eheliche Güterrecht der Erblasserin, wie für dem Erbanspruch das Recht des Kantons Wallis, aus dem der Ehemann der Erblasserin stammte, zugrunde. In dem Urteil heifst es wörtlich: „Attendu qu'aucun contrat n'a dressé pour régler le régime auquel devraient être soumis

Für das Immobiliarrecht ist eine Specialgesetzgebung (namentlich Ges. v. 1. 7. 1885, Dekret v. 17. 7. 1888) erlassen.

Der Privatrechtszustand ist demgemäfs in der Hauptsache der, dafs im Territorium französisches Recht gilt, dafs aber die einheimischen Mohammedaner und Juden (solange sie nicht naturalisiert sind) nach ihrem eigenen Rechte leben.

Von der besonderen Litteratur über Tunis ist zu nennen: Godins de Souhesmes, Tunis. Tunis 1875.

Aribat, J., Recueil de notions de droit musulman (rite malékite et rite hanbalite) et d'actes notariés, judiciaires et extrajudiciaires par le Cheikh Mohamed Elbacher Ettonati, traduit et annoté. Tunis (Borrel) 1896.

Code civil et criminel du royaume Tunesien.

Bone (Imprimerice de Dagaud) 1860.

Bompard, Législation de la Tunisie. Paris 1888.

Traduction de l'arabe.

Sebaut, Dictionnaire de la législation_tunisienne. Dijon 1896.

Sorbier de Pougnadoresse, La justice française en Tunisie. Paris und Montpellier 1897.

Niemeger.

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