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Kutte abgelegt hat; auch löst er sich davon durch Hingabe einer grossen Geldsumme, von der in A nicht die Rede ist. Die Gerichtsverhandlung, in der der Mönch das einemal die Anklage wegen Zauberei, das andremal wegen Diebstahls erhebt, wendet sich in beiden Gedichten durch die Zauberfiedel zum Heile des Beklagten; doch zeigt F eine weitergehende dramatische Zuspitzung des Konfliktes; denn erst nach seiner Verurteilung und auf der Richtstätte greift der Bauernknecht zu dem rettenden Instrumente. Auch die Strafe des Mönches fällt demgemäss in F härter aus als in A, wo er samt der Stiefmutter nur eine Abweisung vom geistlichen Richter erfährt.

Es ist nun wahrscheinlich, dass Dietrich Albrecht zu dem englischen Gedichte A, oder vielmehr zu dessen 1528 gedruckter niederländischer Übersetzung B, in einem näheren Verhältnis steht. Freilich sind die Gemeinsamkeiten von B und F ziemlich äusserlicher Natur: die Darstellung derselben Scene auf dem Titelbilde, die Personenbezeichnungen nach Art des Schauspieles, auch das Verlangen des Mönches, bei der zweiten Probe des Zauberinstrumentes an einen Pfosten angebunden zu werden (B 284, F 369). Der bedeutendste Unterschied ist die Entfernung der bösen Stiefmutter aus F; aber gerade diese Vereinfachung der Handlung, die eine Verschlechterung im Charakter des Mönches zur notwendigen Folge hat, kann Albrecht absichtlich in protestantischer Tendenz vorgenommen haben. Möglich ist allerdings auch, dass schon mündliche Tradition diese Arbeit besorgt hatte, oder dass Albrecht aus einem von A und B unabhängigen einfacheren Volksmärchen schöpfte.

Wie man nun auch von der Verwandtschaft der englischen und der deutschen Schwankdichtung denken mag, sicher ist, dass beide nicht bloss in der Volkslitteratur von England, Holland, Deutschland, Dänemark und Böhmen Aufnahme gefunden, sondern auch wieder auf die mündliche Tradition des Volkes eingewirkt haben. Wie viele freilich unter den in der dritten Abteilung zusammengebrachten und gewiss noch zu vermehrenden Märchen von jenen gedruckten Fassungen beeinflusst sind, ist bei so wechselnden, vielgestaltigen, den verschiedensten Einwirkungen unterliegenden Gebilden gar nicht auszumachen. Einzelne Züge

der ältesten nachweisbaren Gestalt, die bis ins 15. Jahrhundert hinaufreicht1), begegnen uns auch in anderen Märchen.

Das Tanzen in den Dornen zum Klange eines Zauberinstruments findet sich in dem Grimmschen Märchen Nr. 56 'Der liebste Roland' als Strafe der bösen Stiefmutter.

Die Belohnung der Mildthätigkeit durch Gewährung von drei Wünschen ist ein überaus beliebtes Motiv; vgl. Caballero bei F. Wolf, Sitz.-Berichte der Wiener Akad. XXXI, 202 (1859). Grimms Märchen Nr. 81 'Bruder Lustig', 82 'Spielhansel', 87 'Der Arme und der Reiche'. Uhland, Schriften III, 362. E. Rohde, Der griechische Roman (1876) S. 270. Vgl. auch den Eingang von Nerucci, Novelle popolari montalesi (1880) Nr. 31 Pipetta bugiardo.

Die letzte Bitte, sagt W. Grimm, und die Rettung aus dem Tod durch Blasen und Spielen kommt häufig vor, von Arion bis auf Gunnar, der durch Harfenschlag die Schlangen abhält.

Die wunderbare Pfeife endlich vermag uns vielleicht direkt auf den Ursprung des Märchens zu leiten. Sie entspricht nämlich auffällig dem Horne des Königs Auberon in der französischen um 1250 entstandenen Chanson de geste von Huon de Bordeaux 2) und in dem daraus hervorgegangenen, 1513 zuerst gedruckten

1) W. Wackernagels übereilter Versuch, schon in dem 1393 aufgezeichneten Wachtelmaere V. 187-190 (Massmann, Denkmäler deutscher Sprache I, 112 [1827]) eine Beziehung auf unser Märchen zu entdecken, scheitert an dem überlieferten Wortlaut: Ain hamer unde ain kra, Ain wammes und ain pha Die sprungen über ein turn, Da si den Juden huot verlurn (soll heissen: wo sie des Juden Haut in Verderben gebracht hatten). Ausserdem aber ist der Jude erst nach 1600 (und zwar zuerst in Q) an die Stelle des Mönches gerückt. Wackernagel hat auch in seinem Altdeutschen Lesebuch 5 S. 1154, 29 (1873) seine Vermutung stillschweigend aufgegeben.

2) Guessard et Grandmaison, Recueil des anciens Poètes de France V (1860); vgl. L. Gautier, Les Épopées françaises 11, 552–588 (1867): =2. édit. III, 732. J. C. Riedl, Huon de B. in Sage und Dichtung in Zs. f. vergleichende Litgesch. III, 71-126 (1890). I complementi della Chanson d'H. de B. pubbl. da A. Graf, I. Halle 1878. M. Schweigel und H. Schäfer in den Ausgaben und Abh. a. d. Gebiete der romanischen Philologie 83 und 90 (Marburg 1889. 1892). Bisher unbenutzt ist die 1341 geschriebene prächtige Pergamenthandschrift auf dem Kupferstichkabinet des Berliner Museums, die Riedl S. 82 zu einer englischen Prosaübersetzung von 1314 macht (W. v. Seidlitz, Repert. f. Kunstwiss. VII, 84 Nr. 26).

Prosaromane1). Beide sind ins Niederländische übersetzt worden, das spätere Volksbuch auch ins Englische. Diese um 1534 zuerst gedruckte Übertragung der Prosaauflösung durch Lord Berners, The Boke of Duke Huon of Burdeux, hat S. L. Lee 1882-87 für die Early English Text Society (Extra Series 40. 41. 43. 50) neu herausgegeben. Von dem alten niederländischen Epos sind nur einige Bruchstücke auf uns gekommen2); das prosaische Volksbuch3) aber weicht von dem französischen Texte mehrfach ab und ist vielleicht eher als eine selbständige Prosaredaktion des Gedichtes anzusehen. Im französischen Gedichte erscheint nun Auberon dem Helden im Walde geschmückt mit einem nie fehlenden Bogen und einem von vier Feen1) mit wunderbaren Eigenschaften begabten Horne.

V. 3223

Un arc portoit dont bien savoit berser
Dix ne fist beste qui tant ait poosté,
Se il le trait et il li vient à gré,
Que ne le prenge tot à se volenté.
Et ot au col un cor d'ivoire cler,
Fees le fisent en une ille de mer.
Une en i ot qui donna un don tel:
Et l'autre fee i donna miex asés :

Qu'i n'est nus hom qui tant ait povretés,

S'il ot le cor et tentir et sonner,

K'au son del cor ne l'estuece canter.

1) Ich benutze einen Druck des 17. Jahrhunderts: L'histoire et faits du vaillant H. de B. Rouen, chez Loys Costé. o. J. 4o (Berlin Xx 1004). 2) G. Kalff, Middelnederlandsche epische fragmenten (1885) S. 221 bis 249.

3) Ein Blatt aus einem Goudaer Drucke um 1490 bei Holtrop, Monuments typographiques des Pays-Bas au XV. siècle (1868) p. 79 (126). Ein Antwerpener Druck von Willem Vorstermann, der zwischen 1500 und 1544 erschien, ist von Ferd. Wolf für den Stuttg. lit. Verein 1860 erneuert worden. Vgl. Wolfs Verdeutschung und Quellenuntersuchung in den Denkschr. d. Wiener Akademie, phil. hist. Kl. VIII, 193-263 (1858). J. Verdam, Taalkundige Bijdragen I, 113-115 (1877).

4) Über andere Werke der Feen vgl. W. Hertz, Spielmannsbuch (1886) S. 316. Auch die in neueren Märchen so häufig auftauchende Pfeife, deren Ton die Tiere dem Besitzer folgsam macht, begegnet schon als Geschenk einer Fee im Lai de Tyolet, den G. Paris, Romania VIII, 40-50 nach einer Hs. des 13. Jahrhunderts herausgegeben hat.

Das Horn, welches er Huon nebst einem für gute Christen stets gefüllten Becher1) zum Geschenke macht, rettet diesen aus verschiedenen Gefahren beim Renegaten Eudes zu Tormond und beim Sarazenenfürsten Gaudisse, da es sanft geblasen zu Freude und Gesang lockt, durch stärkeren Ton aber Auberon mit 100,000 Kriegern zu Hilfe ruft. Seine Wirkung wird in den jüngeren Prosabearbeitungen, der französischen wie der niederländischen, noch genauer als ein Tanz aller Hörer (S. 38 chanter et danser) bezeichnet; vgl. Huyge van Bourdeus S. 22, 12 ed. Wolf: Doen blies hy den horen, ende hy had sulcken virtute, dat al, die da gheluyt hoorden, worden dansende. Ebenso S. 26, 24. 36, 18. 53, 7. Über den Ursprung des Hornes berichtet der französische Roman Genaueres, indem er auch die Namen der vier Feen und ihrer Insel (Chifalonnie) angiebt; im nld. Volksbuche (S. 18) hat dagegen der zwerghafte König Abroen Becher und Horn von einem Eremiten empfangen. Bei der Verbreitung nun, die Huons Abenteuer in Frankreich, in England und in den Niederlanden gewannen, ist es durchaus glaublich, dass Auberons Zauberhorn, dessen Klang die wütenden Gegner des Helden sofort zum eifrigen Tanze zwang, sich so fest in der Volksvorstellung einlebte, dass es auch mit anderen Märchenstoffen 2) verwuchs.

So erscheint, von den weiter unten aufgezählten Märchen abgesehen, bei Gerle (Volksmärchen der Böhmen [Prag 1819] Nr. 1)

1) Über solche Proben der Treue und Ritterlichkeit vgl. Lee zu Berners' Huon of Burdeux IV, 802 f.

2) Lee zu Berners IV, 807 f. nach Baring-Gould, Curious Myths of the Middle Ages (1869) S. 431. F. Hummel in Herrigs Archiv LX, 324 f. (1870). An Papagenos Glockenspiel in Mozarts Zauberflöte (1791) und andere von Wielands Oberon abhängige Dichtungen brauche ich kaum zu erinnern. Eine andere Eigenschaft von Auberons Horn lebt in dem ein gewaffnetes Heer herbeizaubernden Horne einiger Fortunatmärchen fort; vgl. Grimm, Märchen Nr. 122 Anm. G. Pitrè, Fiabe, novelle e racconti popolari siciliane (1875) vol. I, Nr. 28 La vurza, lu firriolu e lu cornu 'nfatatu W. Kaden, Unter den Olivenbäumen (1880) S. 142 und 258 'Beutel, Mäntelchen und Wunderhorn'. Busk, Folklore of Rome (1874) S. 129 Dodici palmi di naso. Kristensen, Aeventyr fra Jylland I, 354 Nr. 47 De lange Naeser (1881). Ferner U. Jahn, Volksmärchen aus Pommern und Rügen I, 118. 363 (1891). L. Leger, Contes populaires slaves (1882) Nr. 2 La table, la musette et le sac. E. Schreck, Finnische Märchen (1887) Nr. 16 'Die wunderbare Flöte'.

eine Zither von gleicher Kraft; und das polnische Volk weiss, wie man eine solche Pfeife anfertigen kann1). Im lothringischen Märchen Le petit bossu (Cosquin Nr. 19) schenkt ein Schäfer dem Prinzen nie versagende Pfeile und ein zum Tanze zwingendes Flötchen. In einer bretonischen Erzählung (Luzel, Contes populaires de Basse-Bretagne III, 9 [1887]) tauscht Crampouès einen solchen Dudelsack von einem Müller ein.

Etwas andres ist, wenn einer bestimmten Melodie diese Kraft zugeschrieben wird. So tritt in der isländischen Bósa saga ok Herrauds Kap. 12 (Fornaldarsögur Nordrlanda ed. V. Asmundarson III, 264. Reykjavík 1889) Bosi mit der Sigmund abgenommenen Harfe in König Godmunds Halle, wo seine Geliebte Siggeir eben einem andern vermählt werden soll, und bringt durch mehrere Weisen nicht bloss alle Menschen, sondern auch Stühle, Tische, Messer und Becher zum Tanzen. Des schwedischen Nixes (Strömkarl) Melodie hat nach dem Volksglauben elf Variationen, von denen man aber nur zehn spielen darf; bei der elften würden Tische und Kannen, Greise und Lahme, selbst die Kinder in der Wiege anheben zu tanzen2). Im irischen Märchen kennt der blinde Pfeifer Maurice Connor eine Weise, die alle zum Tanzen bringt, selbst die Fische3). In Francesco Bellos Epos Il Mambriano, das 1509 zum ersten Male gedruckt wurde, überwindet der Held in Samothrake seinen Feind Polindo, indem er zu Beginn der Schlacht den Tanz der Königin Arganora spielen lässt, worauf die Pferde der Saberiten anfangen zu tanzen und ihre Reiter abwerfen 4). Wahrscheinlich schwebte dem Dichter dabei

1) Woycicki bei J. Grimm, Deutsche Mythologie 3 S. 1191.

2) E. M. Arndt, Reise nach Schweden IV, 241. J. Grimm, D. Mythol. 3 S. 461. Jonge, Den nordsiellandske Landalmues Character (Kiöbenhavn 1798) S. 301.

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3) T. C. Croker, Fairy Legends and Traditions of the South of Ireland (London 1862) S. 215 The wonderful tune Brueyre, Contes populaires de la Grande Bretagne (1875) p. 166 L'air merveilleux. Ebenso der Wechselbalg im Märchen The young Piper, ebd. S. 22 Grimm, Irische Elfenmärchen (1826) S. 30. J. Rodenberg, Die Harfe von Erin (1864) S. 128 'O'Donoghues Dudelsack'.

4) Neudruck Venezia, 1840. Canto 3, Str. 62-68. Die sorgfältige Arbeit von G. Rua, Novelle del Mambriano (Torino 1888) enthält hierüber nichts.

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