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Anlage B.

zu dem zwischen Preußen, Desterreich, Frankreich, Großbritannien und Rußland unter dem 20. Dezember 1841 zu London abgeschlossenen Vertrage wegen Unterdrückung des Handels mit afrikanischen Negern.

Instruktionen für die Kreuzer.

1. Jedes Mal, wenn ein Handels-Schiff, welches einem der hohen kontrahirenden Theile angehört oder unter dessen Flagge fährt, durch einen Kreuzer eines der anderen hohen kontrahirenden Theile durchsucht werden soll, muß der den Kreuzer befehligende Offizier, bevor er zur Durchsuchung schreitet, dem Kapitaine jenes Schiffes die Spezialorder vorlegen, welche ihm das exceptionelle Recht zu der Durchsuchung ertheilt, und dem gedachten Kapitaine ein von ihm unterzeichnetes Zeugniß einhändigen, welches seinen Rang in der Kriegs-Marine seines Landes, so wie den Namen des Schiffes, welches er befehligt, angeben und die Versicherung enthalten muß, daß der einzige Zweck seiner Durchsuchung sei, sich zu überzeugen, ob das Schiff sich mit dem Negerhandel befasse, oder ob es für diesen Handel ausgerüstet sei, oder ob es zu diesem Handel während der Fahrt, auf welcher es von dem gedachten Kreuzer angetroffen worden, verwendet worden sei. Wenn die Durchsuchung von einem andern Offiziere des Kreuzers, als dem Befehlshaber desselben vorgenommen wird, so soll dieser Offizier den Rang eines Lieutenants in der Kriegs-Marine haben oder wenigstens zur Zeit der zweite im Range am Bord des Schiffes sein, welches die Durchsuchung vornimmt; in diesem Falle muß der gedachte Offizier dem Kapitaine des Kauffahrteischiffes eine von dem Befehlshaber des Kreuzers unterzeichnete Abschrift der oben erwähnten Spezialordre vorzeigen, und außerdem eine von ihm selbst unterzeichnete Erklärung einhändigen, welche den Rang, den er in der Kriegs-Marine seines Landes einnimmt, den Namen des Befehlshabers, unter dessen Befehlen er steht, den Namen des Kreuzers, zu welchem er gehört, und den Zweck der Durchsuchung, so wie oben gesagt ist, angiebt.

Stellt sich bei der Durchsuchung heraus, daß die Papiere des Schiffs in Ordnung sind, und dasselbe in erlaubtem Verkehre begriffen ist, so hat der Offizier in das Schiffsjournal einzutragen, daß die Durchsuchung Kraft der oben erwähnten Spezialordre stattge= funden hat, und nach Erfüllung dieser Förmlichkeit steht es dem Schiffe frei, seine Fahrt fortzusehen.

2. Wenn der den Kreuzer befehligende Offizier nach dem Resultate der Durchsuchung hinreichende Gründe zu haben glaubt, anzunehmen, daß das Schiff sich mit dem Negerhandel befase, oder zu diesem Handel ausgerüstet worden sei, oder daß es sich mit diesem Handel während der Fahrt, auf welcher es von dem Kreuzer angetroffen worden ist, befaßt habe, und wenn er sich in Folge dessen entschließt, dasselbe in Beschlag zu nehmen und der Jurisdiktion der kompetenten Behörde zu übergeben, so muß er auf der Stelle über alle am Bord befindlichen Papiere zwei gleichlautende Inventarien aufnehmen und beide Instrumente unterzeichnen, indem er seinem Namen seinen Rang in der Kriegsmarine so wie auch den Namen des Schiffes, welches er befehligt, hinzufügt.

In derselben Weise muß er zwei gleichlautende Protokolle aufnehmen und unterzeichnen, welche die Zeit und den Ort der Beschlagnahme, den Namen des Schiffes, den seines Kapitains und diejenigen der Schiffsmannschaft, so wie die Anzahl und den Zustand der am Bord gefundenen Sklaven angeben.

Außerdem sollen diese Protokolle eine genaue Beschreibung von dem Zustande des Schiffs und seiner Ladung enthalten.

3. Der Befehlshaber des Kreuzers muß das in Beschlag genommene Schiff, so wie dessen Kapitain, Mannschaft, Passagiere, Ladung und die am Bord gefundenen Sklaven unverzüglich nach einem der weiter unten bezeichneten Häfen führen oder führen lassen, damit hinsichtlich ihrer in Gemäßheit der Gesetze des Landes, dessen Flagge das Schiff führt, verfahren werde; und er hat dieselben an die kompetenten Behörden oder an diejenigen Personen abzuliefern, die von der Regierung, welcher der gedachte Hafen gehört, zu dem Ende besonders bestellt sein werden.

4. Es darf Niemand vom Bord des in Beschlag genommenen Schiffs entfernt, auch kein Theil der Ladung oder der am Bord befindlichen Sklaven weggebracht werden, bis das gedachte Schiff den Behörden seiner eigenen Nation überliefert worden; ausgenommen in dem Falle, wo die Versetzung der Gesammtheit oder eines Theils der Schiffs-Mannschaft oder der am Bord gefundenen Sklaven für nothwendig erachtet werden sollte, sei es nun, um ihr Leben zu erhalten, oder aus einer anderen Rücksicht der Menschlichkeit, oder sei es um der Sicherheit derjenigen willen, welche mit der Führung des Schiffs nach seiner Beschlagnahme beauftragt werden. In einem solchen Falle muß der Befehlshaber des Kreuzers oder der mit der Führung des in Beschlag genommenen Schiffs beauftragte Offizier über die gedachte Verseßung ein Protokoll aufnehmen, in welchem er die Gründe dazu angiebt; und die auf diese Weise versetten Kapitaine, Matrosen, Passagiere und Sklaven sind in denselben Hafen zu führen, wohin Schiff und Ladung gebracht werden; und die Uebernahme derselben soll auf die gleiche Weise, wie die des Schiffes, in Gemäßheit der hier unten folgenden Festsetzungen stattfinden.

Indeß findet keine der Bestimmungen des vorstehenden Paragraphen Anwendung auf Sklaven, welche am Bord preußischer, österreichischer oder russischer Schiffe gefunden werden; mit solchen Sklaven wird in Gemäßheit der Bestimmungen verfahren, welche in den folgenden Paragraphen enthalten sind.

5. Alle österreichischen Schiffe, welche auf den Stationen von Amerika oder Afrika durch Kreuzer der anderen kontrahirenden Theile in Beschlag genommen werden sollten, sind nach Triest zu führen und der österreichischen Jurisdiktion zu überliefern.

Wenn aber Sklaven am Bord eines solchen österreichischen Schiffs im Augenblicke seiner Beschlagnahme vorgefunden werden, so ist das Schiff zuvörderft, um die Sklaven abzusetzen, in denjenigen Hafen zu führen, wohin es, wenn es unter französischer oder englischer Flagge gefahren wäre, geführt worden sein würde, um vor Gericht gestellt zu werden; sodann ist das Schiff nach Triest zu führen und der österreichischen Jurisdiktion zu überliefern, wie oben bestimmt worden ist.

Alle französischen Schiffe, welche an der westlichen Küste von Afrika durch die Kreuzer der anderen kontrahirenden Theile in Beschlag genommen werden sollten, sind nach Gorea zu führen und der französischen Jurisdiktion zu überliefern.

Alle Französischen Schiffe, welche an der östlichen Küste von Afrika durch die Kreuzer der anderen kontrahirenden Theile in Beschlag genommen werden sollten, sind nach der Insel Bourbon zu führen und der Französischen Jurisdiktion zu überliefern.

Alle Französischen Schiffe, welche an der Küste von Amerika, füdlich vom 10ten Grade nördlicher Breite durch die Kreuzer der anderen kontrahirenden Theile in Beschlag genommen werden sollten, sind nach Cayenne zu führen und der Französischen Jurisdiktion zu überliefern.

Alle Französischen Schiffe, welche durch die Kreuzer der anderen kontrahirenden Theile entweder in Westindien oder an der Küste von Amerika nördlich vom 10 ten Grade nördlicher Breite in Beschlag genommen werden sollten, sind nach Martinique zu führen und der Französischen Jurisdiktion zu überliefern.

Alle Britischen Schiffe, welche an der westlichen Küste von Afrika durch die Kreuzer der anderen kontrahirenden Theile in Beschlag genommen werden sollten, sind nach Bathurst am Gambia-Fluß zu führen und der Britischen Jurisdiktion zu überliefern.

Alle Britischen Schiffe, welche an der östlichen Küste von Afrika durch die Kreuzer der anderen kontrahirenden Theile in Beschlag genommen werden sollten, sind nach dem Kap der guten Hoffnung zu führen und der Britischen Jurisdiktion zu überliefern.

Alle Britischen Schiffe, welche an der Küste von Amerika durch die Kreuzer der anderen kontrahirenden Theile in Beschlag genommen werden sollten, sind, je nachdem der Befehlshaber des Kreuzers es für zweckmäßiger hält, Behufs der Ueberlieferung an die Britische Jurisdiktion nach der Kolonie von Demerary oder nach Port Royal auf Jamaika zu führen.

Alle Britischen Schiffe, die in West-Indien durch die Kreuzer der anderen kontra= hirenden Theile in Beschlag genommen werden sollten, sind nach Port Royal auf Jamaika zu führen und der Britischen Jurisdiktion zu überliefern.

Alle Preußischen Schiffe, welche auf den Stationen von Afrika oder Amerika durch die Kreuzer der anderen kontrahirenden Theile in Beschlag genommen werden sollten, sind nach Stettin zu führen und der Preußischen Jurisdiktion zu überliefern.

Wenn aber am Bord eines solchen Preußischen Schiffes im Augenblicke seiner Beschlagnahme Sklaven vorgefunden werden, so ist das Schiff zuvörderst, um die Sklaven abzuseßen, in denjenigen Hafen zu führen, wohin es, wenn es unter Französischer oder Englischer Flagge gefahren wäre, geführt worden sein würde, um vor Gericht gestellt zu werden; dem= nächst ist das Schiff, wie oben bestimmt worden nach Stettin zu führen und der Preußischen Jurisdiktion zu überliefern 3).

Alle Russischen Schiffe, welche auf den Stationen von Afrika oder Amerika durch die Kreuzer der anderen kontrahirenden Theile in Beschlag genommen werden sollten, sind Behufs ihrer Ueberlieferung an die Russische Jurisdiktion nach Kronstadt oder Reval zu zu führen, je nachdem die Jahreszeit dem Schiffe gestatten wird, den einen oder den andern dieser Häfen zu erreichen.

Wenn aber an Bord eines solchen Russischen Schiffes im Augenblicke seiner Veschlagnahme Sklaven vorgefunden werden, so ist das Schiff zuvörderft, um die Sklaven abzusehen, in denjenigen Hafen zu führen, wohin es, wenn es unter Französischer oder Englischer Flagge gefahren wäre, geführt worden sein würde, um vor Gericht gestellt zu werden; demnächst ist das Schiff, wie oben festgesetzt worden, Behufs der Ueberlieferung an die Russische Jurisdiktion nach Kronstadt oder Reval zu führen.

6. Sobald ein Kauffahrteischiff, welches wie oben gesagt ist, in Beschlag genommen worden, in einem der vorerwähnten Häfen oder Pläge ankommt, muß der Befehlshaber des Kreuzers oder der mit der Führung des in Beschlag genommenen Schiffes beauftragte Offizier den von der Regierung, in dessen Gebiet der vorbezeichnete Hafen oder Plaß ge= legen ist, zu diesem Ende gehörig bestellten Behörden unverzüglich das Schiff und seine Ladung, so wie den Kapitain, die Mannschaft, die Passagiere und die am Bord vorgefundenen Sklaven, nebst den am Bord in Beschlag genommenen Papieren und einem der beiden Eremplare des Verzeichnisses der besagten Papiere übergeben, während das andere Exemplar in seinem Besize bleibt. Zu gleicher Zeit hat der gedachte Offizier diesen Behörden eine der beiden Ausfertigungen des Protokolls, welche nach den obenstehenden Bestimmungen anzufertigen sind, im Originale einzuhändigen, und einen Bericht über die Veränderungen beizufügen, welche von dem Augenblicke, wo das Schiff in Beschlag genommen worden, bis zur Zeit der Ueberlieferung stattgefunden haben möchten; so wie auch eine Abschrift des Berichts über solche Versetzungen, wie unter den oben erwähnten Voraussetzungen ge= schehen seyn könnten.

Bei Ueberlieferung dieser verschiedenen Schriftstücke muß der Offizier die Richtigkeit derselben eidlich und schriftlich bekräftigen.

7. Wenn der Befehlshaber eines Kreuzers eines der Hohen kontrahirenden Theile, welcher mit den vorerwähnten speziellen Instruktionen gehörig versehen ist, Grund zu dem Verdachte hat, daß ein unter Konvoy, oder in Gesellschaft eines Kriegsschiffes eines der anderen kontrahirenden Theile fahrendes Kauffahrteischiff sich mit dem Negerhandel befasse, oder für diesen Handel ausgerüstet worden sei, oder daß es während der Fahrt, auf welcher es von dem Kreuzer angetroffen worden ist, sich mit dem Negerhandel befaßt habe, so muß derselbe sich darauf beschränken, seinen Verdacht dem Befehlshaber des Kriegsschiffes mitzutheilen, und dem leßtern es überlassen, allein zur Durchsuchung des verdächtigen Schiffes zu schreiten, und selbiges, wenn Grund dazu vorhanden ist, den Gerichten seines Landes zu überliefern.

8. Durch den Artikel IV. des Vertrages wird bestimmt, daß das gegenseitige Durchsuchungsrecht in keinem Falle gegen Kriegsschiffe der Hohen kontrahirenden Theile ausgeübt werden dürfe.

Man ist übereingekommen, daß diese Befreiung sich ebenmäßig auf die Schiffe der Russisch-Amerikanischen Kompagnie beziehen solle, welche von Offizieren der Kaiserlichen Marine befehligt werden und von der Kaiserlichen Regierung ermächtigt sind, eine Flagge zu führen, die sie von der Handelsmarine unterscheidet, auch in ähnlicher Weise wie die Kriegs-Transportschiffe bewaffnet und ausgerüstet sind.

Die Abs. 11 u. 12 find abgeändert (vgl. Art. II des Uebereinkommens v. 29. März 1879 Nr. 1371. 18 f.).

Ebenso hat man sich darüber vereinigt, daß die gedachten Schiffe mit einem Russischen Patente versehen seyn sollen, welches ihren Ursprung und ihre Bestimmung nachweist. Die Form dieses Patents soll durch gemeinschaftliche Uebereinkunft festgestellt werden. Man hat beschlossen, daß dieses Patent durch die kompetente Russische Behörde ausgefertigt und zu St. Petersburg von den Konsulaten Frankreichs und Englands visirt werden solle.

9. Jm Artikel IX. §. 3. des Vertrages ist festgesetzt, daß ein Schiff, wenn es nicht Beweise vom Gegentheile geben kann, verdächtig sei, sich mit dem Negerhandel befaßt zu haben, falls sich am Bord desselben Reserveplanken vorfänden, welche zugerichtet seyen, um daraus ein zweites Deck oder ein sogenanntes Sklavendeck zu machen.

Um jedem Verstoße, der durch eine willkürliche Auslegung dieser Klausel herbeigeführt werden könnte, vorzubeugen, wird den Kreuzern besonders empfohlen, die Anwendung derselben nicht auf Preußische, Oesterreichische und Russische Schiffe, welche den Holzhandel betreiben, auszudehnen, falls sich aus den Abfertigungen derselben ergiebt, daß die Planken und Balken, welche sie am Bord haben oder gehabt haben, als Gegenstand eines erlaubten Verkehrs einen Theil ihrer Ladung ausmachen oder ausgemacht haben.

Demzufolge, und um nicht einen erlaubten Verkehr zu hindern, wird den Kreuzern ausdrücklich aufgegeben, die in dem §. 3. des Artikels IX. enthaltenen Bestimmungen lediglich auf diejenigen Fälle anzuwenden, wo sich am Bord des durchsuchten Schiffes Reserveplanken vorfinden sollten, die augenscheinlich zur Herstellung eines sogenannten Sklavendecks bestimmt wären.

Die unterzeichneten Bevollmächtigten sind in Gemäßheit des Artikels XVIII. des Vertrages vom heutigen Tage übereingekommen, daß die obigen Instruktionen dem heut zwischen Preußen, Desterreich, Frankreich, Großbritannien und Rußland wegen Unterdrückung des Handels mit Afrikanischen Negern abgeschlossenen Vertrage angehängt und als ein integrirender Theil des gedachten Vertrages betrachtet werden sollen.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der Hohen kontrahirenden Theile diese Anlage unterzeichnet und ihre Siegel beigedruckt.

So geschehen zu London, am 20. Dezember Ein Tausend Acht Hundert Ein und Vierzig.

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Nr. 1372. Bekanntmachung, betreffend die Kaiserliche Verordnung über die Begründung der Revision in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, vom 28. September 1879. Vom 11. April 1880. (RGB. S. 102. Ausgegeben am 14. April 1880.)1)

Nr. 1373. Geset, betreffend Ergänzungen und Aenderungen des Reichs-Militärgeseßes vom 2. Mai 1874. Vom 6. Mai 1880. (RGB. S. 103. Ausgegeben am 10. Mai 1880.)1o)

Nr. 1374. Bekanntmachung, betreffend den Beitritt des Großherzogthums Luremburg zu der internationalen Uebereinkunft vom 17. September 1878, Maßregeln gegen die Reblaus betreffend. Vom 5. April 1880. (RGB. S. 108.)1b)

1) Die Bekanntmachung ist in Anm. 2 zur Anlage I zu Nr. 1167 abgedruckt (Bd 4 S. 246). 1) Das Gesetz ist in seinen einzelnen Bestimmungen im Tert des Reichs-Militärges. v. 2. Mai 1874 Nr. 1002 (Bd 3 S. 209 ff.) und im Zusammenhange als Anlage dazu (Bd 3 S. 230 ff.) abgedruckt.

b) Die Beitrittserklärung Luremburgs zu der Uebereinkunft v. 17. September 1878 hat durch die Aufhebung der lezteren (vgl. Anm. 1 zu Nr. 1362. Bd 5 S. 10) ihre Bedeutung verloren. Vgl. auch Anm. 1 zu Nr. 908 (Bd 3 S. 37).

Nr. 1375. Gesch, betreffend den Wucher. Vom 24. Mai 1880. (RGB. S. 109. Ausgegeben am 31. Mai 1880.)1)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Artikel 1. Hinter den §. 302 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich werden die folgenden neuen §§. 302a, 302b, 302c, 302d eingestellt):

§. 302a. Wer unter Ausbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Anderen für ein Darlehen oder im Falle der Stundung einer Geldforderung sich oder einem Dritten Vermögensvortheile versprechen oder gewähren läßt, welche den üblichen Zinsfußz dergestalt überschreiten, daß nach den Umständen des Falles die Vermögensvortheile in auffälligem Mißverhältnisse zu der Leistung stehen, wird wegen Wuchers mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft. Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

§. 302 b. Wer sich oder einem Dritten die wucherlichen Vermögensvortheile (§. 302 a) verschleiert oder wechselmäßig oder unter Verpfändung der Ehre, auf Ehrenwort, eidlich oder unter ähnlichen Versicherungen oder Betheuerungen versprechen läßt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bis zu sechstausend Mark bestraft. Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

§. 302 c. Dieselben Strafen (§. 302a, §. 302 b) treffen denjenigen, welcher mit Kenntniß des Sachverhalts eine Forderung der vorbezeichneten Art erwirbt und entweder dieselbe weiter veräußert oder die wucherlichen Vermögensvortheile geltend macht.

§. 302d. Wer den Wucher gewerbs- oder gewohnheitsmäßig betreibt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu fünfzehntausend Mark bestraft. Auch ist auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen.

Artikel 2. Der §. 360 Nr. 12 des Strafgesetzbuchs in der durch das Gesetz vom 26. Februar 1876 festgestellten Fassung wird durch nachstehende Bestimmung erseßt3):

§. 360 Nr. 12. Wer als Pfandleiher oder Rückkaufshändler bei Ausübung seines Gewerbes den darüber erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt, insbesondere den durch Landesgesetz oder Anordnung der zuständigen Behörde bestimmten Zinsfuß überschreitet.

Artikel 3. Verträge, welche gegen die Vorschriften der §§. 302a, 302b des Strafgesetzbuchs verstoßen, sind ungültig.

Sämmtliche von dem Schuldner oder für ihn geleisteten Vermögensvortheile (§. 302 a) müssen zurückgewährt und vom Tage des Empfanges an verzinst werden. Hierfür find diejenigen, welche sich des Wuchers schuldig gemacht haben, solidarisch

1) Vgl. das Gef., betr. die vertragsmäßigen Zinsen, v. 14. November 1867 Nr. 25 (Bd 1 6. 127 f.).

7) Vgl. Bd 3 S. 805, 806.

3) Vgl. Bd 3 S. 817.

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