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Junge Leute, welche das vierzehnte Lebensjahr zurückgelegt haben, dürfen vor vollendetem sechszehnten Lebensjahre in Fabriken nicht über zehn Stunden täglich beschäftigt werden. Auch für dieje jugendlichen Arbeiter kann durch die Centralbehörde die zulässige Arbeitsdauer bis auf sechs Stunden täglich für den Fall eingeschränkt werden, daß dieselben nach den besonderen in einzelnen Theilen des Bundesgebietes bestehenden Schuleinrichtungen noch im schulpflichtigen Alter sich befinden.

Die Ortspolizei-Behörde ist befugt, eine Verlängerung dieser Arbeitszeiten um höchstens eine Stunde und auf höchstens vier Wochen dann zu gestatten, wenn Naturereignisse oder Unglücksfälle den regelmäßigen Geschäftsbetrieb in der Fabrik unterbrochen und ein vermehrtes Arbeitsbedürfniß herbeigeführt haben.

§. 129. Zwischen den Arbeitsstunden muß den jugendlichen Arbeitern (§. 128.) Vor- und Nachmittags eine Pause von einer halben Stunde und Mittags eine ganze Freistunde, und zwar jedesmal auch Bewegung in der freien Luft gewährt werden.

Die Arbeitsstunden dürfen nicht vor 51⁄2 Uhr Morgens beginnen und nicht über 81⁄2 Uhr Abends dauern.

An Sonn- und Feiertagen, sowie während der von dem ordentlichen Seelsorger für den Katechumenenund Konfirmanden-Unterricht bestimmten Stunden dürfen jugendliche Arbeiter nicht beschäftigt werden.

§. 130. Wer jugendliche Arbeiter in einer Fabrik zu einer regelmäßigen Beschäftigung annehmen will, þat davon der Ortspolizei-Behörde zuvor Anzeige zu machen.

Der Arbeitgeber hat über die von ihm beschäftigten jugendlichen Arbeiter eine Liste zu führen, welche deren Namen, Alter, Wohnort, Eltern; Eintritt in die Fabrik und Entlassung aus derselben enthält, in dem Arbeitslokal auszuhängen und den Polizei- und Schulbehörden auf Verlangen in Abschrift vorzulegen ist. Die Anzahl dieser Arbeiter hat er halbjährlich der Ortspolizei-Behörde anzuzeigen.

§. 131. Die Annahme jugendlicher Arbeiter zu einer regelmäßigen Beschäftigung darf nicht erfolgen, bevor der Vater oder Vormund derselben dem Arbeitgeber ein Arbeitsbuch eingehändigt hat.

Dieses Arbeitsbuch, welchem die §§. 128-133. des gegenwärtigen Gejeßes vorzudrucken sind, wird auf den Antrag des Vaters oder Vormundes des jugendlichen Arbeiters von der Ortspolizei - Behörde ertheilt und enthält:

1) Namen, Tag und Jahr der Geburt, Religion des Arbeiters,

2) Namen, Stand und Wohnort des Vaters oder Vormundes,

3) ein Zeugniß über den bisherigen Schulbesuch,

4) eine Rubrik für die bestehenden Schulverhältnisse,

5) eine Rubrik für die Bezeichnung des Eintritts in die Anstalt,

6) eine Rubrik für den Austritt aus derselben,

7) eine Rubrik für die Revisionen.

Der Arbeitgeber hat dieses Arbeitsbuch zu verwahren, der Behörde auf Verlangen jederzeit vorzulegen und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Vater oder Vormunde des Arbeiters wieder auszuhändigen.

§. 132. Wo die Aufsicht über die Ausführung der vorstehenden Bestimmungen (§§. 128-133.) eigenen Beamten übertragen ist, stehen denselben bei Ausübung dieser Aufsicht alle amtlichen Befugnisse der Ortspolizei-Behörden, insbesondere das Recht zur jederzeitigen Revision der Fabriken zu.

Die auf Grund der Bestimmungen der §§. 128-133. auszuführenden amtlichen Revisionen der gewerblichen Anstalten find die Besißer derselben verpflichtet, zu jeder Zeit, namentlich auch in der Nacht, während die Anstalten im Betriebe sind, zu gestatten.

§. 133. Sollte durch die Ausführung der Bestimmungen der §§. 128. und 129. bereits bestehenden gewerblichen Anstalten die nöthige Arbeitskraft entzogen werden, so ist die Centralbehörde befugt, auf bestimmte Zeit, jedoch höchstens ein Jahr, Ausnahmevorschriften zu erlassen.

In Betreff der beim Inkrafttreten dieses Gejeyes bereits beschäftigten jugendlichen Arbeiter ist die im

§. 130. vorgeschriebene Anzeige bei der Ortspolizei-Behörde binnen vier Wochen zu bewirken.

§. 134. Fabrikinhaber, sowie alle diejenigen, welche mit Hanz- oder Halbfabrikaten Handel treiben, find verpflichtet, die Löhne der Arbeiter, welche mit Anfertigung der Fabrikate für fie beschäftigt find, in baarem Gelde auszuzahlen.

Sie dürfen denselben keine Waaren kreditiren.

Dagegen können den Arbeitern Wohnung, Feuerungsbedarf, Landnußung, regelmäßige Belöstigung, Arzneien und ärztliche Hülfe, sowie Werkzeuge und Stoffe zu den von ihnen anzufertigenden Fabrikaten unter Anrechnung bei der Lohnzahlung verabreicht werden.

§. 135. Die Bestimmungen des §. 134. finden auch Anwendung auf Familienglieder, Gehülfen, Beauftragte, Geschäftsführer, Aufseher und Faktoren der dort bezeichneten Arbeitgeber, fowie auf Gewerbetreibende bei deren Geschäft eine der hier erwähnten Personen unmittelbar oder mittelbar betheiligt ist.

§ 136. Unter Arbeitern (§. 134.) werden hier auch diejenigen verstanden, welche außerhalb der Fabrikftätten für Fabrikinhaber oder für die ihnen gleichgestellten Personen die zu deren Gewerbebetriebe nöthigen

§. 135.182) 207) Kinder unter zwölf Jahren dürfen in Fabriken nicht beschäftigt werden.

Die Beschäftigung von Kindern unter vierzehn Jahren 209) darf die Dauer von sechs Stunden täglich nicht überschreiten 210) 211).

Kinder, welche zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind, dürfen in Fabriken nur dann beschäftigt werden, wenn sie in der Volksschule oder in einer von der Schulaufsichtsbehörde genehmigten Schule und nach einem von ihr genehmigten Lehrplane einen regelmäßigen Unterricht von mindestens drei Stunden täglich genießen.

Junge Leute zwischen vierzehn und sechszehn Jahren dürfen in Fabriken nicht länger als zehn Stunden täglich beschäftigt werden. Wöchnerinnen dürfen während drei Wochen nach ihrer Niederkunft nicht beschäftigt werden.

§. 136. 182) 207) Die Arbeitsstunden der jugendlichen Arbeiter (§. 135) 209) dürfen nicht vor 5 Uhr Morgens beginnen und nicht über 8, Ühr Abends dauern. Zwischen den Arbeitsstunden müssen an jedem Arbeitstage regelmäßige Pausen gewährt werden. Die Pausen müssen für

Ganz oder Halbfabrikate anfertigen, oder solche an sie abseßen, ohne aus dem Verkaufe dieser Waaren an
Konsumenten ein Gewerbe zu machen.

§. 137. Arbeiter, deren Forderungen den Vorschriften der §§. 134. bis 136. zuwider anders als durch Baarzahlung berichtigt sind, können zu jeder Zeit die Bezahlung ihrer Forderungen in baarem Gelde verlangen, ohne daß ihnen eine Einrede aus dem an Zahlungsstatt Gegebenen entgegengesetzt werden kann. Lezteres fällt, soweit es noch bei dem Empfänger vorhanden oder dieser daraus bereichert ist, der im §. 139. Absatz 2. gedachten Kasse zu.

§. 138. Verträge, welche den §§. 134. bis 136. zuwiderlaufen, find nichtig.

Dasselbe gilt von Verabredungen zwischen Fabrikinhabern oder ihnen gleichgestellten Personen einerseits und Arbeitern andererseits über die Entnehmung der Bedürfniffe dieser letzteren aus gewiffen Verkaufsstellen, sowie überhaupt über die Verwendung des Verdienstes derselben zu einem anderen Zweck, als zur Betheiligung an Einrichtungen zur Verbesserung der Lage der Arbeiter oder ihrer Familien (§. 134.).

§. 139. Forderungen für Waaren, welche ungeachtet des Verbots den Arbeitern kreditirt worden find, können von Fabrikinhabern und von den ihnen gleichgestellten Personen weder eingeklagt, noch durch Anrech» nung oder sonst geltend gemacht werden, ohne Unterschied, ob sie zwischen den Betheiligten unmittelbar entstanden oder mittelbar erworben sind.

Dagegen fallen dergleichen Forderungen der Kranken-, Sterbe-, Spar- oder ähnlichen Hülfskaffe zu, welche in der Wohnortsgemeinde des betheiligten Arbeiters für diejenige Klasse von Arbeitern besteht, zu welcher er gehört. Sind mehrere solcher Kassen vorhanden, so fällt die Forderung allen zu gleichen Theilen zu, in Ermangelung derartiger Anstalten aber der Ortsarmenkasse.

An die Stelle der Bestimmungen der §§ 127-133 der alten Fassung sind die Vorschriften der §§ 134, 135, 136, 138, 137, 139b, 139 des Ges. v. 17. Juli 1878 bezw. des Abs. 1 des § 137 in der Fassung des Ges. v. 1. Juli 1883 getreten (vgl. Anm. 182 S. 545). Die Bestimmungen der §§ 134-139 der alten Fassung finden ihren Ersaß in den allgemeinen Vorschriften der §§ 115-118 des Ges. v. 17. Juli 1878. Der § 139 a des leßteren ist neu.

Die Bestimmungen der §§ 134-139b finden auf Arbeitgeber und Arbeiter in Werkstätten, in deren Betrieb eine regelmäßige Benuzung von Dampfkraft stattfindet, sowie in Hüttenwerken, in Bauhöfen und Werften entsprechende Anwendung. In gleicher Weise finden Anwendung die Bestimmungen der §§ 115-119, 135–139b auf die Besizer und Arbeiter von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten und unterirdisch betriebenen Brüchen und Gruben. (Gewerbeordnung § 154 Abs. 2 u. 3.)

208) Und Arbeitgeber (vgl. § 154 Abs. 2).

209) Zu den jugendlichen Arbeitern (§ 136) gehören die Kinder unter 14 Jahren (§ 135 Abs. 1, 2) und die jungen Leute zwischen 14 und 16 Jahren (§ 135 Abs. 4).

210) Weitere Beschränkungen können durch Beschluß des Bundesraths angeordnet werden (§ 139a). Gejeßlich sind solche angeordnet durch § 2 des Ges., betr. die Anfertigung 2. von Zündhölzern, v. 13. Mai 1884 (Nr. 1541).

211) Vgl. die Strafvorschrift in § 146 Nr. 2 der Gewerbeordnung.

Kinder eine halbe Stunde, für junge Leute zwischen vierzehn und sechszehn Jahren Mittags eine Stunde, sowie Vormittags und Nachmittags je eine halbe Stunde mindestens betragen.

Während der Pausen darf den jugendlichen Arbeitern eine Beschäftigung in dem Fabrikbetriebe überhaupt nicht und der Aufenthalt in den Arbeitsräumen nur dann gestattet werden, wenn in denselben diejenigen Theile des Betriebes, in welchen jugendliche Arbeiter beschäftigt sind, für die Zeit der Pausen völlig eingestellt werden.

An Sonn- und Festtagen212), sowie während der von dem ordentlichen Seelsorger für den Katechumenen- und Konfirmanden-, Beichtund Kommunion-Unterricht bestimmten Stunden dürfen jugendliche Arbeiter nicht beschäftigt werden210)211).

§. 137.182)207) Die Beschäftigung eines Kindes in Fabriken ist nicht gestattet, wenn dem Arbeitgeber nicht zuvor für dasselbe eine Arbeitsfarte eingehändigt ist. Dasselbe gilt hinsichtlich der noch zum Besuche der Volksschule verpflichteten jungen Leute zwischen vierzehn und sechszehn Jahren. Eines Arbeitsbuches bedarf es in diesem Falle nicht213).

Die Arbeitskarten werden auf Antrag oder mit Zustimmung des Vaters oder Vormundes durch die Ortspolizeibehörde kosten- und stempelfrei ausgestellt; ist die Erklärung des Vaters nicht zu beschaffen, so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung desselben ergänzen. Sie haben den Namen, Tag und Jahr der Geburt, sowie die Religion des Kindes, den Namen, Stand und legten Wohnort des Vaters oder Vormundes und außerdem die zur Erfüllung der geseßlichen Schulpflicht (§. 135) getroffenen Einrichtungen anzugeben214).

Der Arbeitgeber hat die Arbeitskarte zu verwahren, auf amtliches Verlangen jederzeit vorzulegen und am Ende des Arbeitsverhältnisses dem Vater oder Vormund wieder auszuhändigen. Ist die Wohnung des Vaters nicht zu ermitteln, so erfolgt die Zustellung der Arbeitskarte an die Mutter oder den sonstigen nächsten Angehörigen des Kindes215).

§. 138.182) 207) Sollen jugendliche Arbeiter in Fabriken beschäftigt werden, so hat der Arbeitgeber vor dem Beginn der Beschäftigung der Ortspolizeibehörde eine schriftliche Anzeige zu machen.

In der Anzeige sind die Fabrik, die Wochentage, an welchen die Beschäftigung stattfinden soll, Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Pausen, sowie die Art der Beschäftigung anzugeben. Eine Aenderung hierin darf, abgesehen von Verschiebungen, welche durch Ersehung behinderter Arbeiter für einzelne Arbeitsschichten nothwendig werden, nicht erfolgen, bevor eine entsprechende weitere Anzeige der Behörde gemacht ist.

212) Vgl. § 105 Abs. 3.

213) Die obige Fassung des Abs. 1 beruht auf Art. 13 des Ges. v. 1. Juli 1883 (vgl. Anm. 182 S. 545) und unterscheidet sich von derjenigen, welche der Abs. 1 des § 137 nach dem Ges. v. 17. Juli 1878 hatte, lediglich dadurch, daß in der letteren der Saß 2 fehlte, so daß auf Sap 1 unmittelbar Saz 3 folgte.

214) Ein Formular für die Arbeitskarten ist von Seiten des Reichs nicht vorgeschrieben. 215) Vgl. die Strafvorschrift in § 150 Nr. 2.

In jeder Fabrik hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, daß in den Fabrikräumen, in welchen jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, an einer in die Augen fallenden Stelle ein Verzeichniß der jugendlichen Arbeiter unter Angabe ihrer Arbeitstage, sowie des Beginns und Endes ihrer Arbeitszeit und der Pausen ausgehängt ist. Ebenso hat er dafür zu sorgen, daß in den bezeichneten Räumen eine Tafel ausgehängt ist, welche in der von der Zentralbehörde zu bestimmenden Fassung und in deutlicher Schrift einen Auszug aus den Bestimmungen über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter enthält 216).

§. 139.182)207) Wenn Naturereignisse oder Unglücksfälle den regelmäßigen Betrieb einer Fabrik unterbrochen haben, so können Ausnahmen von den im §. 135 Absatz 2 bis 4 und im §. 136 vorgesehenen Beschränkungen auf die Dauer von vier Wochen durch die höhere Verwaltungsbehörde, auf längere Zeit durch den Reichskanzler nachgelassen werden. In dringenden Fällen solcher Art, sowie zur Verhütung von Unglücksfällen kann die Ortspolizeibehörde, jedoch höchstens auf die Dauer von vierzehn Tagen, solche Ausnahmen gestatten.

Wenn die Natur des Betriebes oder Rücksichten auf die Arbeiter in einzelnen Fabriken es erwünscht erscheinen lassen, daß die Arbeitszeit der jugendlichen Arbeiter in einer anderen als der durch §. 136 vorgesehenen Weise geregelt wird, so kann auf besonderen Antrag eine anderweite Regelung hinsichtlich der Pausen durch die höhere Verwaltungsbehörde, im übrigen durch den Reichskanzler gestattet werden. Jedoch dürfen in solchen Fällen die jugendlichen Arbeiter nicht länger als sechs Stunden beschäftigt werden, wenn zwischen den Arbeitsstunden nicht Pausen von zusammen mindestens einstündiger Dauer gewährt werden.

Die auf Grund vorstehender Bestimmungen zu treffenden Verfügungen müssen schriftlich erlassen werden211).

§. 139a.182)207) Durch Beschluß des Bundesraths kann die Verwendung von jugendlichen Arbeitern sowie von Arbeiterinnen für gewisse Fabrikationszweige, welche mit besonderen Gefahren für Gesundheit oder Sittlichkeit verbunden sind, gänzlich untersagt oder von besonderen Bedingungen abhängig gemacht werden. Insbesondere kann für gewisse Fabrikationszweige die Nachtarbeit der Arbeiterinnen untersagt werden.

Durch Beschluß des Bundesraths können für Spinnereien, für Fabriken, welche mit ununterbrochenem Feuer betrieben werden, oder welche sonst durch die Art des Betriebes auf eine regelmäßige Tagund Nachtarbeit angewiesen sind, sowie für solche Fabriken, deren Betrieb eine Eintheilung in regelmäßige Arbeitsschichten von gleicher Dauer nicht gestattet oder seiner Natur nach auf bestimmte Jahreszeiten beschränkt ist, Ausnahmen von den im §. 135 Absatz 2 bis 4 und im §. 136 vorgesehenen Beschränkungen nachgelassen werden. Jedoch darf in solchen Fällen die Arbeitszeit für Kinder die Dauer von sechsunddreißig Stunden und für junge Leute die Dauer von

216) Vgl. die Strafvorschrift in § 149 Nr. 7.

sechszig, in Spinnereien von sechsundfechszig Stunden wöchentlich nicht überschreiten217)).

Die durch Beschluß des Bundesraths getroffenen Bestimmungen sind dem nächstfolgenden Reichstag vorzulegen. Sie sind außer Kraft zu sehen, wenn der Reichstag dies verlangt218).

§. 139 b. 182) 207) Die Aufsicht über die Ausführung der Bestimmungen der §§. 135 bis 139a, sowie des §. 120 Absaß 3 in seiner Anwendung auf Fabriken ist ausschließlich oder neben den ordentlichen Polizeibe= hörden besonderen von den Landesregierungen zu ernennenden Beamten zu übertragen. Denselben stehen bei Ausübung dieser Aufsicht alle amtlichen Befugnisse der Ortspolizeibehörden, insbesondere das Recht zur jederzeitigen Revision der Fabriken zu. Sie sind, vorbehaltlich der Anzeige von Gesezwidrigkeiten, zur Geheimhaltung der amtlich zu ihrer Kenntniß gelangenden Geschäfts- und Betriebsverhältnisse der ihrer Revision unterliegenden Fabriken zu verpflichten.

Die Ordnung der Zuständigkeitsverhältnisse zwischen diesen Beamten und den ordentlichen Polizeibehörden bleibt der verfassungsmäßigen Regelung in den einzelnen Bundesstaaten vorbehalten.

Die erwähnten Beamten haben Jahresberichte über ihre amtliche Thätigkeit zu erstatten. Diese Jahresberichte oder Auszüge aus denselben sind dem Bundesrath und dem Reichstag vorzulegen 219).

Auf Antrag der Landesregierungen kann für solche Bezirke, in welchen Fabrikbetriebe gar nicht oder nur in geringem Umfange vorhanden sind, durch Beschluß des Bundesraths von der Anstellung besonderer Beamten abgesehen werden.

Die auf Grund der Bestimmungen der §§. 135 bis 139a, sowie des §. 120 Absah 3 in seiner Anwendung auf Fabriken auszuführenden amtlichen Revisionen müssen die Arbeitgeber zu jeder Zeit, namentlich auch in der Nacht, während die Fabriken im Betriebe sind, gestatten 216).

Titel VIII.
Gewerbliche Hülfskassen, 220)

§. 140. Die durch Ortsstatut 221) oder Anordnung der Verwaltungsbehörde begründete Verpflichtung der selbständigen Gewerbetreibenden einer mit einer In

217) Auf Grund der Ermächtigungen in Abs. 1 und 2 sind von dem Bundesrath die hier in der Anlage VI unter a bis e abgedruckten Bestimmungen erlassen.

218) Es bedarf hier nicht der Genehmigung (vgl. § 16 Abs. 3) oder der Zustimmung des Reichstags (vgl. § 56b Abs. 2 am Ende), sondern der Reichstag darf nur nicht die Außerkraftseßung der ihm vorgelegten Bestimmungen verlangen.

219) Vgl. für Preußen die Dienstanweisung für die Gewerberäthe v. 24. Mai 1879 (Ministerialbl. für die gef. innere Verw. S. 152).

220) Der VIII. Titel der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund bestand aus den §§ 140, 141, von denen nur der erstere noch gilt. An die Stelle des § 141, welcher lautete:

Bis zum Erlaß eines Bundesgeseßcs bleiben die Anordnungen der Landesgeseye über die Kranken=

Hülfs- und Sterbelaffen für Gesellen, Gehülfen und Fabrikarbeiter in Kraft.

Die durch Ortsstatut oder Anordnung der Verwaltungsbehörde begründete Verpflichtung der Gesellen, Gehülfen, Lehrlinge und Fabrikarbeiter, einer bestimmten Kranken-, Hülfs- oder Sterbekaffe beizutreten, wird indeß für diejenigen aufgehoben, welche nachweisen, daß sie einer anderen Kranken-, Hülfs- oder Sterbelasse angehören.

sind durch Art. 1 des Ges., betr. die Abänderung des Titels VIII der Gewerbeordnung, v. 8. April 1876 Nr. 1129 (RGB. S. 134, ausgegeben am 12. April 1876) die folgenden §§ 141 bis 141f gesezt:

Gesetzgebung des Deutschen Reiches. V.

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