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aus sonstigen Gründen erhebliche Zweifel über die Richtigkeit der Angaben des beamteten Thierarztes obwalten, sofort ein thierärztliches Obergutachten einzuziehen und dem entsprechend das Verfahren zu regeln.

§. 17. Alle Vieh- und Pferdemärkte sollen durch beamtete Thierärzte beaufsichtigt werden. Dieselbe Maßregel kann auch auf die von Unternehmern behufs öffentlichen Verkaufs in öffentlichen oder privaten Räumlichkeiten zusammengebrachten Viehbestände, auf die zu Zuchtzwecken öffentlich aufgestellten männlichen Zuchtthiere, auf öffentliche Thierschauen und auf die durch obrigkeitliche Anordnung veranlaßten Zusammenziehungen von Pferde- und Viehbeständen ausgedehnt werden. Der Thierarzt ist verpflichtet, alle von ihm auf dem Markte oder unter den vorbezeichneten Pferde- und Viehbeständen beobachteten Fälle übertragbarer Seuchen oder seuchenverdächtiger Erscheinungen sogleich zur Kenntniß der Polizeibehörde zu bringen und nach sofortiger Untersuchung des Falles die Anordnung der erforderlichen polizeilichen Schutzmaßregeln zu beantragen.

Liegt Gefahr im Verzuge, so ist der Thierarzt befugt, schon vor polizeilichem Einschreiten die Absonderung und Bewachung der erkrankten und der verdächtigen Thiere anzuordnen.

c. Schußmaßregeln gegen Seuchengefahr.

§. 18. Im Falle der Seuchengefahr (§. 14) und für die Dauer derselben können, vorbehaltlich der in diesem Gesetze rücksichtlich einzelner Seuchen ertheilten besonderen Vorschriften, je nach Lage des Falles und nach der Größe der Gefahr, unter Berücksichtigung der betheiligten Verkehrsinteressen die nachfolgenden Schußmaßregeln (§§. 19 bis 29) polizeilich angeordnet werden.

Beschwerden des Besizers über die von der Polizeibehörde angeordneten Schutzmaßregeln haben keine aufschiebende Wirkung.

§. 19. 1. Die Absonderung, Bewachung oder polizeiliche Beobachtung der an der Seuche erkrankten und der verdächtigen Thiere.

Der Besitzer eines der Absonderung oder polizeilichen Beobachtung unterworfenen Thieres ist verpflichtet, auf Erfordern solche Einrichtungen zu treffen, daß das Thier für die Dauer der Absonderung oder Beobachtung die für dasselbe bestimmte Räumlichkeit (Stall, Standort, Hof- oder Weideraum u. s. w.) nicht verlassen kann und außer aller Berührung und Gemeinschaft mit anderen Thieren bleibt.

§. 20. 2. Beschränkungen in der Art der Benußung, der Verwerthung oder des Transports kranker oder verdächtiger Thiere, der von denselben stammenden Produkte oder solcher Gegenstände, welche mit kranken oder verdächtigen Thieren in Berührung gekommen oder sonst geeignet sind, die Seuche zu verschleppen. Beschränkungen im Transport der der Seuchengefahr ausgesezten und solcher Thiere, welche geeignet sind, die Seuche zu verschleppen.

§. 21. 3. Verbot des gemeinschaftlichen Weideganges von Thieren aus verschiedenen Stallungen und der Benußung bestimmter Weideflächen, ferner der gemeinschaftlichen Benutzung von Brunnen, Tränken und Schwemmen und des Verkehrs mit feuchenkranken oder verdächtigen Thieren auf öffentlichen oder gemeinschaftlichen Straßen und Triften.

Verbot des freien Umherlaufens der Hunde.

§. 22. 4. Die Sperre des Stalles oder sonstigen Standortes seuchenkranker oder verdächtiger Thiere, des Gehöfts, des Orts, der Weide oder der Feldmark

gegen den Verkehr mit Thieren und mit solchen Gegenständen, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein können.

Die Sperre des Gehöfts, des Orts, der Weide oder der Feldmark darf erst dann verfügt werden, wenn der Ausbruch der Seuche durch das Gutachten des beamteten Thierarztes festgestellt ist.

Die Sperre eines Orts oder einer Feldmark ist nur dann zulässig, wenn die Seuche ihrer Beschaffenheit nach eine größere und allgemeinere Gefahr einschließt, und Thiere in größerer Zahl davon bereits befallen sind. Die Sperre kann auf einzelne Straßen oder Theile des Orts oder der Feldmark beschränkt werden.

Die polizeilich angeordnete Sperre eines Stalles oder sonstigen Standortes, eines Gehöfts oder einer Weide verpflichtet den Besitzer, diejenigen Einrichtungen zu treffen, welche zur wirksamen Durchführung der Sperre vorgeschrieben werden.

§. 23. 5. Die Impfung der der Seuchengefahr ausgesetzten Thiere, die thierärztliche Behandlung der erkrankten Thiere, sowie Beschränkungen in der Befugniß zur Vornahme von Heilversuchen.

Die Impfung oder die thierärztliche Behandlung darf nur in den Fällen angeordnet werden, welche in diesem Geseze ausdrücklich bezeichnet sind, und zwar nach Maßgabe der daselbst ertheilten näheren Vorschriften.

Die polizeilich angeordnete Impfung erfolgt unter Aufsicht des beamteten Thierarztes oder durch denselben.

§. 24. 6. Die Tödtung der an der Seuche erkrankten oder verdächtigen Thiere.

Dieselbe darf nur in den Fällen angeordnet werden, welche in diesem Gesetze ausdrücklich vorgesehen sind.

Die Vorschrift unverzüglicher Tödtung der an einer Seuche erkrankten oder verdächtigen Thiere findet, wo sie in diesem Gesetze enthalten ist, keine Anwendung auf solche Thiere, welche einer der Staatsaufsicht unterworfenen höheren Lehranstalt übergeben sind, um dort für die Zwecke derselben verwendet zu werden.

§. 25. Werden Thiere, welche bestimmten Verkehrs- oder Nutzungsbeschränkungen oder der Absperrung unterworfen sind, in verbotwidriger Benutzung oder außerhalb der ihnen angewiesenen Räumlichkeit, oder an Orten, zu welchen ihr Zutritt verboten ist, betroffen, so kann die Polizeibehörde die sofortige Tödtung derselben anordnen.

§. 26. 7. Die unschädliche Beseitigung der Kadaver solcher Thiere, welche an der Seuche verendet, in Folge der Seuche oder in Folge des Verdachts getödtet find, und solcher Theile des Kadavers kranker oder verdächtiger Thiere, welche zur Verschleppung der Seuche geeignet sind (Fleisch, Häute, Eingeweide, Hörner, Klauen u. s. w.), endlich der Streu, des Düngers oder anderer Abfälle kranker oder verdächtiger Thiere.

§. 27. 8. Die Unschädlichmachung (Desinfektion) der von den kranken oder verdächtigen Thieren benußten Ställe und Standorte und die Unschädlichmachung oder unschädliche Beseitigung der mit denselben in Berührung gekommenen Geräthschaften und sonstigen Gegenstände, insbesondere auch der Kleidungsstücke solcher Personen, welche mit den kranken Thieren in Berührung gekommen sind.

Erforderlichenfalls kann auch die Desinfizirung der Personen, welche mit seuchenkranken Thieren in Berührung gekommen sind, angeordnet werden.

Die Durchführung dieser Maßregeln muß nach Anordnung des beamteten Thierarztes und unter polizeilicher Ueberwachung erfolgen.

§. 28. 9. Die Einstellung der Vieh- und Pferdemärkte, sowie der öffentlichen Thierschauen innerhalb des Seuchenortes oder dessen Umgegend oder der Ausschluß einzelner Viehgattungen von der Benutzung der Märkte.

§. 29. 10. Die thierärztliche Untersuchung der am Seuchenorte oder in dessen Umgegend vorhandenen, von der Seuche gefährdeten Thiere.

2. Besondere Vorschriften für einzelne Seuchen.

§. 30. Die näheren Vorschriften über die Anwendung und Ausführung der zulässigen Schutzmaßregeln (§§. 19 bis 29) auf die nachbenannten und alle übrigen einzelnen Seuchen werden von dem Bundesrath auf dem Wege der Instruktion erlassen1).

Es sollen jedoch bei den hierunter benannten Seuchen, vorbehaltlich der weiter erforderlichen Schußmaßregeln, nachfolgende besondere Vorschriften Platz greifen.

a. Milzbrand.

§. 31. Thiere, welche am Milzbrande erkrankt oder dieser Seuche verdächtig sind, dürfen nicht geschlachtet werden.

§. 32. Die Vornahme blutiger Operationen an milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen Thieren ist nur approbirten Thierärzten gestattet.

Eine Deffnung des Kadavers darf ohne polizeiliche Erlaubniß nur von approbirten Thierärzten vorgenommen werden.

§. 33. Die Kadaver gefallener oder getödteter milzbrandkranker oder der Seuche verdächtiger Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden.

Die Abhäutung derselben ist verboten.

Die gleichen Vorschriften finden beim Ausbruche des Milzbrandes unter Wildständen auf die Kadaver des gefallenen oder getödteten Wildes Anwendung.

b. Tollwuth.

§. 34. Hunde oder sonstige Hausthiere, welche der Seuche verdächtig sind, müssen von dem Besizer oder demjenigen, unter dessen Aufsicht sie stehen, sofort getödtet oder bis zu polizeilichem Einschreiten in einem sicheren Behältnisse eingesperrt werden.

§. 35. Vor polizeilichem Einschreiten dürfen bei wuthkranken oder der Seuche verdächtigen Thieren keinerlei Heilversuche angestellt werden.

§. 36. Das Schlachten wuthkranker oder der Seuche verdächtiger Thiere und jeder Verkauf oder Verbrauch einzelner Theile, der Milch oder sonstiger Erzeugnisse derselben ist verboten.

§. 37. Ist die Tollwuth an einem Hunde oder an einem anderen Hausthiere festgestellt, so ist die sofortige Tödtung des wuthkranken Thieres und aller

4) Die zur Ausführung der §§ 19 bis 29 des Ges. v. 23. Juni 1880 vom Bundesrathe erlassene und vom Reichskanzler mittelst Bekanntm. v. 24. Februar 1881 veröffentlichte Instruktion nebst Anlagen ist auf S. 70 ff. abgedruckt.

derjenigen Hunde und Kazen anzuordnen, rücksichtlich welcher der Verdacht vorliegt, daß sie von dem wuthkranken Thiere gebissen sind.

Liegt rücksichtlich anderer Hausthiere der gleiche Verdacht vor, so müssen dieselben sofort der polizeilichen Beobachtung unterworfen werden.

Zeigen sich Spuren der Tollwuth an denselben, so ist die sofortige Tödtung auch dieser Thiere anzuordnen.

Ausnahmsweise kann die mindestens dreimonatliche Absperrung eines der Tollwuth verdächtigen Hundes gestattet werden, sofern dieselbe nach dem Ermessen der Polizeibehörde mit genügender Sicherheit durchzuführen ist, und der Besizer des Hundes die daraus und aus der polizeilichen Ueberwachung erwachsenden Lasten trägt.

§. 38. Ist ein wuthkranker oder der Seuche verdächtiger Hund frei umhergelaufen, so muß für die Dauer der Gefahr die Festlegung aller in dem gefährdeten Bezirke vorhandenen Hunde polizeilich angeordnet werden. Der Festlegung ist das Führen der mit einem sichern Maulkorbe versehenen Hunde an der Leine gleich zu erachten. Wenn Hunde dieser Vorschrift zuwider frei umherlaufend betroffen werden, so kann deren sofortige Tödtung polizeilich angeordnet werden. §. 39. Die Kadaver der gefallenen oder getödteten wuthkranken oder der Seuche verdächtigen Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden. Das Abhäuten derselben ist verboten.

c. Roz (Wurm) der Pferde, Esel, Maulthiere und Maulesel.

§. 40. Sobald der Roh (Wurm) bei Thieren festgestellt ist, muß die unverzügliche Tödtung derselben polizeilich angeordnet werden.

§. 41. Verdächtige Thiere unterliegen der Absonderung und polizeilichen Beobachtung mit den nach Lage des Falles erforderlichen Verkehrs- und Nußungsbeschränkungen oder der Sperre (§§. 19 bis 22).

§. 42. Die Tödtung verdächtiger Thiere muß von der Polizeibehörde angeordnet werden,

wenn von dem beamteten Thierarzte der Ausbruch der Roßkrankheit auf Grund der vorliegenden Anzeichen für wahrscheinlich erklärt wird,

oder wenn durch anderweite, den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Maßregeln ein wirksamer Schutz gegen die Verbreitung der Seuche nach Lage des Falles nicht erzielt werden kann, oder

wenn der Besizer die Tödtung beantragt, und die beschleunigte Unterdrückung der Seuche im öffentlichen Interesse erforderlich ist.

§. 43. Die Kadaver gefallener oder getödteter rozkranker Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden.

Das Abhäuten derselben ist verboten.

§. 44. Die Polizeibehörde hat von jedem ersten Seuchenverdacht und von jedem ersten Seuchenausbruche in einer Ortschaft, sowie von dem Verlaufe und von dem Erlöschen der Seuche dem Generalkommando desjenigen Armeekorps, in dessen Bezirk der Seuchenort liegt, sofort schriftlich Mittheilung zu machen. Befindet sich an dem Seuchenorte eine Garnison, so ist die Mittheilung dem Gouverneur, Kommandanten oder Garnisonältesten zu machen.

Gejezgebung des Deutschen Reiches. V.

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d. Lungenfeuche des Rindviehs.

§. 45. Die Polizeibehörde hat die Tödtung der nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes an der Lungenseuche erkrankten Thiere anzuordnen und kann auch die Tödtung verdächtiger Thiere anordnen.

e. Pockenseuche der Schafe.

§. 46. Ist die Pockenseuche in einer Schafherde festgestellt, so muß die Impfung aller zur Zeit noch seuchenfreien Stücke der Herde angeordnet werden.

Auf den Antrag des Besizers der Herde oder dessen Vertreters kann für die Vornahme der Impfung eine Frist gewährt werden, wenn nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes die sofortige Impfung nicht zweckmäßig ist.

Auch kann auf den Antrag des Besizers oder dessen Vertreters von der Anwendung der Impfung ganz Abstand genommen werden, sofern Maßregeln getroffen sind, welche die Abschlachtung der noch seuchenfreien Stücke der Herde innerhalb 10 Tagen nach Feststellung des Seuchenausbruchs sichern.

§. 47. Gewinnt die Seuche eine größere Ausdehnung oder ist nach den örtlichen Verhältnissen die Gefahr einer Verschleppung der Seuche in die benachbarten Schafherden nicht auszuschließen, so kann die Impfung der von der Seuche bedrohten Herden und aller in demselben Orte befindlichen Schafe polizeilich angeordnet werden.

§. 48. Die geimpften Schafe sind rücksichtlich der polizeilichen Schutzmaßregeln den pockenkranken gleich zu behandeln.

§. 49. Außer in dem Falle polizeilicher Anordnung (§§. 46 und 47) darf eine Pockenimpfung der Schafe nicht vorgenommen werden.

f. Beschälseuche der Pferde und Bläschenausschlag der Pferde und

des Rindvichs.

§. 50. Pferde, welche an der Beschälseuche, und Pferde oder Rindviehstücke, welche an dem Bläschenausschlage der Geschlechtstheile leiden, dürfen von dem Besizer so lange nicht zur Begattung zugelassen werden, als nicht durch den beamteten Thierarzt die vollständige Heilung und Unverdächtigkeit der Thiere festgestellt ist.

§. 51. Tritt die Beschälfeuche in einem Bezirke in größerer Ausdehnung auf, so kann die Zulassung der Pferde zur Begattung für die Dauer der Gefahr allgemein von einer vorgängigen Untersuchung derselben durch den beamteten Thierarzt abhängig gemacht werden.

g. Räude der Pferde, Esel, Maulthiere, Maulesel und der Schafe.

§. 52. Wird die Räudekrankheit bei Pferden, Eseln, Maulthieren, Mauleseln (Sarcoptes- oder dermatocoptes Räude) oder Schafen (dermatocoptes Räude) festgestellt, so kann der Besitzer, wenn er nicht die Tödtung der räudekranken Thiere vorzieht, angehalten werden, dieselben sofort dem Heilverfahren eines approbirten Thierarztes zu unterwerfen.

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