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3. Besondere Vorschriften für Schlachtvichhöfe und öffentliche Schlachthäuser.

§. 53. Auf die einer geregelten veterinärpolizeilichen Kontrole unterstellten Schlachtviehhöfe und öffentlichen Schlachthäuser und das daselbst aufgestellte Schlachtvieh finden die vorstehenden Bestimmungen dieses Gesetzes mit denjenigen Aenderungen Anwendung, welche sich aus den nachfolgenden besonderen Vorschriften ergeben.

§. 54. Wird unter dem daselbst aufgestellten Schlachtvieh der Ausbruch einer übertragbaren Seuche ermittelt, oder zeigen sich Erscheinungen bei demselben, welche nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes den Ausbruch einer solchen Seuche befürchten lassen, so sind die erkrankten und alle verdächtigen Thiere sofort in polizeiliche Verwahrung zu nehmen und von jeder Berührung mit den übrigen auszuschließen.

§. 55. Soweit die Art der Krankheit es gestattet (vergl. §§. 31, 36, 43), kann der Besitzer des erkrankten oder verdächtigen Schlachtviehs oder dessen Vertreter angehalten werden, die sofortige Abschlachtung desselben unter Aufsicht des beamteten Thierarztes in den dazu bestimmten Räumen vorzunehmen.

Diese Maßregel kann in dringenden Fällen auf alles andere, in der betref= fenden Räumlichkeit vorhandene, für die Seuche empfängliche Schlachtvieh ausgedehnt werden.

§. 56. Nach Feststellung des Seuchenausbruchs können Schlachtviehhöfe oder öffentliche Schlachthäuser für die Dauer der Seuchengefahr gegen den Abtrieb der für die Seuche empfänglichen Thiere abgesperrt werden.

Strengere Absperrungsmaßregeln dürfen nur in dringenden Fällen angewendet werden.

4. Entschädigung für getödtete Thiere.

§. 57. Für die auf polizeiliche Anordnung getödteten oder nach dieser Anordnung an der Seuche gefallenen Thiere muß vorbehaltlich der in diesem Geseße bezeichneten Ausnahmen eine Entschädigung gewährt werden.

§. 58. Die Bestimmungen darüber:

1. von wem die Entschädigung zu gewähren und wie dieselbe aufzubringen ist, 2. wie die Entschädigung im einzelnen Falle zu ermitteln und festzustellen ist, find von den Einzelstaaten zu treffen.

Die in dieser Hinsicht in den Einzelstaaten bereits bestehenden Vorschriften bleiben unberührt. Insoweit solche Vorschriften nicht entgegenstehen, sind die Landesregierungen befugt, zu bestimmen, daß die Entschädigung für getödtete Pferde und Rinder bis zum Eintritt einer anderweiten landesverfassungsmäßigen Regelung durch Beiträge der Besizer von Pferden und Rindvieh nach Maßgabe der über die Vertheilung und Erhebung der Beiträge von der Landesregierung zu treffenden näheren Anordnung aufgebracht werden.

In allen Fällen sollen jedoch die Vorschriften der §§. 59 bis 64 dieses Geseßes dabei maßgebend sein.

§. 59. Als Entschädigung soll der gemeine Werth des Thieres gewährt werden, ohne Rücksicht auf den Minderwerth, welchen das Thier dadurch erleidet, daß es mit der Seuche behaftet ist. Bei den mit der Roßkrankheit behafteten

Thieren hat jedoch die Entschädigung, bei dem mit der Lungenseuche behafteten Rindvich des so berechneten Werths zu betragen.

Auf die zu leistende Entschädigung werden angerechnet:

1. die aus Privatverträgen zahlbare Versicherungssumme, und zwar bei Roz zu drei Viertel, bei Lungenseuche zu vier Fünfteln, in allen anderen Fällen zum vollen Betrage;

2. der Werth derjenigen Theile des getödteten Thieres, welche dem Besitzer nach Maßgabe der polizeilichen Anordnungen zur Verfügung bleiben.

§. 60. Die zu leistende Entschädigung wird, sofern ein anderer Berechtigter nicht bekannt ist, demjenigen gezahlt, in dessen Gewahrsam oder Obhut sich das Thier zur Zeit der Tödtung befand.

Mit dieser Zahlung ist jeder Entschädigungsanspruch Dritter erloschen.

§. 61. Keine Entschädigung wird gewährt:

1. für Thiere, welche dem Reich, den Einzelstaaten oder zu den landesherrlichen Gestüten gehören;

2. für Thiere, welche, der Vorschrift des §. 6 zuwider, mit der Krankheit behaftet in das Reichsgebiet eingeführt sind;

3. für Thiere, bei welchen nach ihrer Einführung in das Reichsgebiet innerhalb 90 Tagen die Roßkrankheit oder innerhalb 180 Tagen die Lungenseuche festgestellt wird, wenn nicht der Nachweis erbracht wird, daß die Ansteckung der Thiere erst nach Einführung derselben in das Reichsgebiet stattgefunden hat.

§. 62. Die Gewährung einer Entschädigung kann versagt werden:

1. für Thiere, welche mit einer ihrer Art oder dem Grade nach unheilbaren und unbedingt tödtlichen Krankheit, mit Ausnahme jedoch des Rozes und der Lungenseuche, behaftet waren;

2. für das in Schlachtviehhöfen oder in öffentlichen Schlachthäusern aufgestellte, auf polizeiliche Anordnung geschlachtete oder getödtete Schlachtvieh; 3. für Hunde und Kaßen, welche aus Anlaß der Tollwuth getödtet sind (§§. 34, 37 Absatz 1, 38).

§. 63. Der Anspruch auf Entschädigung fällt weg:

1. wenn der Besißer der Thiere oder der Vorsteher der Wirthschaft, welcher die Thiere angehören, vorsätzlich oder fahrlässig, oder der Begleiter der auf dem Transporte befindlichen Thiere, oder bezüglich der in fremdem Gewahrsam befindlichen Thiere, der Besizer des Gehöfts, der Stallung, Koppel oder Weide vorsätzlich, den Vorschriften der §§. 9 und 10 zuwider, die Anzeige vom Ausbruche der Seuche oder vom Seuchenverdacht unterläßt, oder länger als 24 Stunden nach erhaltener Kenntniß verzögert; 2. wenn der Besitzer eines der Thiere mit der Seuche behaftet gekauft oder durch ein anderes Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat und von diesem kranken Zustande beim Erwerbe des Thieres Kenntniß hatte; 3. im Falle des §. 25, oder wenn dem Besitzer oder dessen Vertreter die Nichtbefolgung oder Uebertretung der polizeilich angeordneten Schußmaßregeln zur Abwehr der Seuchengefahr zur Last fällt.

§. 64. Wenn zur Bestreitung der Entschädigungen Beiträge nach Maßgabe des vorhandenen Pferde- und Rindvichbestandes erhoben werden, dürfen diese Beiträge für Thiere, welche dem Reich, den Einzelstaaten oder zu den landesherrlichen

Gestüten gehören, und im Falle des §. 62 Nr. 2 für das in Schlachtviehhöfen oder in öffentlichen Schlachthäusern aufgestellte Schlachtvieh nicht beansprucht werden.

III. Strafvorschriften.

§. 65. Mit Geldstrafe von 10 bis 150 Mark oder mit Haft nicht unter einer Woche wird, sofern nicht nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen3) eine höhere Strafe verwirkt ist, bestraft:

1. wer der Vorschrift des §. 6 zuwider Thiere einführt, welche an einer übertragbaren Seuche leiden.

Neben der Strafe ist auf Einziehung der verbotswidrig eingeführten Thiere zu erkennen, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten gehören. oder nicht.

2. wer der Vorschrift der §§. 9 und 10 zuwider die Anzeige vom Ausbruch der Seuche oder vom Seuchenverdacht unterläßt, oder länger als 24 Stunden nach erhaltener Kenntniß verzögert, oder es unterläßt, die verdächtigen Thiere von Orten, an welchen die Gefahr der Ansteckung fremder Thiere besteht, fern zu halten;

3. wer den Vorschriften der §§. 31 bis 33 zuwider an Milzbrand erkrankte, oder der Krankheit verdächtige Thiere schlachtet, blutige Operationen an denselben vornimmt, oder die Kadaver derselben abhäutet oder vorschriftswidrig eine Oeffnung derselben vornimmt, oder es unterläßt, dieselben sofort unschädlich zu beseitigen;

4. wer den zum Schuße gegen die Tollwuth der Hausthiere in den §§. 34, 35, 36 und 39 ertheilten Vorschriften zuwiderhandelt;

5. wer den Vorschriften im §. 43 zuwider die Kadaver gefallener oder getödteter rozkranker Thiere abhäutet oder nicht sofort unschädlich beseitigt; 6. wer außer dem Falle polizeilicher Anordnung die Pockenimpfung eines Schafes vornimmt;

7. wer gegen die Vorschrift des §. 50 Pferde, welche an der Beschälseuche, Pferde oder Viehstücke, welche an dem Bläschenausschlage der Geschlechtstheile leiden, zur Begattung zuläßt.

§. 66. Mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft wird, sofern nicht nach den bestehenden geseßlichen Bestimmungen3) eine höhere Strafe verwirkt ist, bestraft:

1. wer den auf Grund des §. 7 dieses Gesetzes angeordneten Einfuhrbeschränkungen zuwiderhandelt.

Neben der Strafe ist auf Einziehung der verbotswidrig_eingeführten Thiere oder Gegenstände zu erkennen, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten gehören oder nicht.

2. wer den auf Grund des §. 8 dieses Gesetzes polizeilich angeordneten Kontrolmaßregeln zuwiderhandelt;

3. wer den in den Fällen des §. 12 Absatz 2 und des §. 17 Absatz 2 von dem Thierarzte getroffenen vorläufigen Anordnungen zuwiderhandelt;

4. wer den im Falle einer Seuchengefahr polizeilich angeordneten Schußmaßregeln (§§. 19 bis 28, 38, 51) zuwiderhandelt.

5) Vgl. § 328 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich Nr. 1123 (Bd 3 S. 810) und § 134 des Vereinszollges. v. 1. Juli 1869 Nr. 324 (Bd 1 S. 743).

§. 67. Sind in den Fällen der §§. 65, 66 die Zuwiderhandlungen in der Absicht begangen, sich oder einem Anderen einen Vermögensvortheil zu verschaffen oder einem Anderen Schaden zuzufügen, so tritt, sofern nicht nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist, Geldstrafe nicht unter 50 bis zu 150 Mark oder Haft nicht unter drei Wochen ein.

IV. Schlußbestimmungen.

§. 68. Das Gesetz, betreffend die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderungen auf Eisenbahnen, vom 25. Februar 1876 (Reichs-Geseßbl. S. 163)) wird durch das gegenwärtige Gesetz nicht berührt.

§. 69. Dieses Geseß tritt mit dem 1. April 1881 in Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Bad Ems, den 23. Juni 1880.

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Gesez, betr. die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, vom 23. Juni 1880.

Bekanntmachung.
(Centralbl. 1881 S.36.)

Nachdem der Bundesrath in seiner Sizung vom 12. Februar d. J. die nachstehende Instruktion zur Ausführung der §§. 19 bis 29 des Gesetzes vom 23. Juni 1880 über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen (Reichs-Gesetzbl. S. 153)1) nebst Anlagen beschlossen hat, wird dieselbe hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht.

Berlin, den 24. Februar 1881.

Der Reichskanzler.

In Vertretung: von Boetticher.

Instruktion

zur Ausführung der §§. 19 bis 29 des Gesetzes vom 23. Juni 1880, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehsenchen.

Auf Grund des §. 30 des Gesetzes vom 23. Juni 1880, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen (Reichs-Gefeßbl. S. 153)2), wird zur Ausführung der §§. 19 bis 29 des erwähnten Gesezes das Nachstehende bestimmt:

§. 1. Die nachfolgenden Vorschriften sind bei der Anwendung der nach den §§. 19 bis 29 des Gesetzes vom 23. Juni 1880 gegen Biehseuchen zu treffenden Schußmaßregeln maßgebend, insoweit nicht durch die obersten Landesbehörden im Interesse der wirksamen Bekämpfung einzelner Seuchen weitergehende Maßregeln innerhalb der gesetzlichen Schranken vorgeschrieben werden.

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§. 2. Auf die einer geregelten veterinärpolizeilichen Kontrole unterstellten Schlachtviehhöfe und öffentlichen Schlachthäuser und das daselbst aufgestellte Schlachtvieh finden die Vorschriften dieser Instruktion nur insoweit Anwendung, als sie mit den Anordnungen der §§. 53 bis 56 des Gesetzes vereinbar sind. Insbesondere finden auf die genannten Anstalten die Bestimmungen dieser Instruktion über die öffentliche Bekanntmachung der Seuchenausbrüche und über die Verkehrsbeschränkungen in Betreff des Viches und der mit demselben in Berührung kommenden Personen keine Anwendung.

§. 3. Die in dieser Instruktion vorgeschriebenen Desinfektionen sind nach Maßgabe der als Anlage A.3) beigefügten „Anweisung für das Desinfektionsverfahren bei ansteckenden Krankheiten der Hausthiere" auszuführen.

§. 4. Die auf Grund des Gesetzes vom 23. Juni 1880 und dieser Instruktion aus

Anlage A.

zuführenden Zerlegungen von gefallenen oder auf polizeiliche Anordnung getödteten Thieren Anlage B.

"

haben nach Maßgabe der als Anlage B+) beigefügten Anweisung für das Obduktionsverfahren bei ansteckenden Krankheiten der Hausthiere" zu erfolgen.

A. Milzbrand.

§. 5. Ist der Milzbrand oder der Verdacht des Milzbrandes bei Thieren festgestellt (§. 12 des Gesezes), so hat die Polizeibehörde die Absonderung, erforderlichenfalls auch die Bewachung der milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen (§. 1 Absatz 2 des Gesetzes) Thiere anzuordnen (§. 19 des Geseßes).

§. 6. Erfolgt die Ermittelung des Seuchenausbruchs oder des Seuchenverdachts in Abwesenheit des leitenden Polizeibeamten, so hat der beamtete Thierarzt (§. 2 Absaß 3 des Gesezes) die sofortige Absonderung der milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen Thiere vorläufig anzuordnen. Von einer solchen durch ihn getroffenen Anordnung, welche dem Besizer der Thiere oder dessen Vertreter entweder zu Protokoll oder durch schriftliche Verfügung zu eröffnen ist, hat der beamtete Thierarzt der Polizeibehörde sofort eine Anzeige zu machen.

§. 7. Die Polizeibehörde und der beamtete Thierarzt haben dafür Sorge zu tragen, daß der Besitzer der milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen Thiere, beziehentlich der Vertreter des Besizers, auf die Uebertragbarkeit des Milzbrandes auf Menschen und auf die gefährlichen Felgen eines unvorsichtigen Verkehrs mit den erkrankten Thieren und der Benutzung ihrer Produkte aufmerksam gemacht wird.

Personen, welche Verlegungen an den Händen oder an anderen unbedeckten Körpertheilen haben, dürfen zur Wartung der erkrankten Thiere nicht verwendet werden.

Unbefugten Personen ist der Zutritt zu den für die franken oder der Seuche verdächtigen Thiere bestimmten Räumlichkeiten nicht zu gestatten.

§. 8. Thiere, welche am Milzbrande erkrankt oder dieser Seuche verdächtig sind, dürfen nicht geschlachtet werden (§. 31 des Gesezes).

Jeder Verkauf oder Verbrauch einzelner Theile, der Haare, der Wolle, der Milch oder sonstiger Produkte von milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen Thieren ist zu verbieten.

§. 9. Wenn in einem weniger als 20 Stück enthaltenden Rindvich- oder Schafvichbestande eines Gehöftes innerhalb acht Tagen mehr als ein Thier am Milzbrand erkrankt, so dürfen innerhalb der nächstfolgenden 14 Tage Thiere des betreffenden Bestandes ohne polizeiliche Erlaubniß weder todt noch lebend über die Grenzen der Feldmark ausgeführt

werden.

Dieselbe Vorschrift findet Anwendung auf die Thiere eines 20 oder mehr Stück enthaltenden Rindvieh oder Schafviehbestandes eines Gehöftes, sowie auf die Thiere einer aus Rindern oder Schafen mehrerer Gehöfte bestehenden Herde, wenn in dem Bestande

3) Vgl. S. 91.

Vgl. S. 96.

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