Imágenes de páginas
PDF
EPUB

Herr Plath berichtet:

,,Ueber Schule, Unterricht und Erziehung bei den alten Chinesen".

Wir haben früher schon ausgeführt, wie die Regierung der alten Chinesen vor Allem für die Ernährung des Volkes sorgen zu müssen glaubte; vom gemeinen Manne sei kein moralisches Verhalten zu erwarten, wenn er nichts zu beissen und zu brechen habe; demnächst komme es aber auf den Unterricht und die Erziehung des Volkes an. Nachdem wir in unserer Abhandlung: von der Nahrung, Kleidung und Wohnung der alten Chinesen gehandelt haben, wollen wir jetzt von dem Unterrichte und der Erziehung derselben sprechen.

Die Staatsbibliothek besitzt die beiden grossen chinesischen Encyclopädien Ma-tuan-lin's Wen-hien-thung-khao (aus dem Anfange des 14. Jahrh. n. Chr.) und den Jü-hai, das Jaspismeer, (aus dem Ende der D. Sung, das zuerst im Jahre 1340 erschien), welche systematisch und chronologisch alle Stellen, die über die innern Verhältnisse Chinas Aufschluss geben, aus den Quellen zusammenstellen. Alles, was in Europa von P. Visdelou, de Guignes, Abel Rémusat, und Klaproth über einzelne solche Verhältnisse mitgetheilt worden, ist aus dem ersten Werke, was unsern Gegenstand aber speciell betrifft, aus beiden von Biot1) geschöpft worden. Von ersterem Werke kommen hier Buch (Kiuen)

1) Essai sur l'histoire de l'instruction publique en Chine et de la corporation des lettrés depuis les anciens temps jusqu'à nos jours, par Ed. Biot. Paris 1845 und 47. 2. B. 8.

40-46, von letzterem Buch 111-15 in Betracht; die alte Zeit betreffen von jenem eigentlich nur B. 40 f. 1—13. B. 43 f. 1-7. B. 45 f. 1-9 v. und B. 46 f. 1-5 v., von diesem B. 111 f. 1—27. und B. 113 f. 1—2. B. 114 und 115 von diesem und B. 28-39 von jenem handeln von der Wahl der Beamten. Der Jü-hai hat den Vorzug, dass er die Quellen nennt, aus welchen er geschöpft hat, was Matuan-lin meistens nicht thut, der sonst kritischer ist. Wir haben beide vollständig benutzt, es aber für nöthig gefunden, immer auf die Quellen selber zurückzugehen. Diese haben nicht nur noch einige neue Nachrichten ergeben, die dort fehlen, sondern man lieset so allein die Nachrichten im rechten Zusammenhange, und da beide Werke jeden Gegenstand, z. B. von den Ministern, von den höhern Schulen, immer einzeln die ganze Geschichte von Anfang an bis zu ihrer Zeit hindurch verfolgen, statt die innern Verhältnisse jeder einzelnen Dynastie im ganzen Zusammenhange darzustellen, wodurch die Gegenstände erst in das rechte Licht treten, so schien es durchaus nöthig, auf die Quellen selber zurückzugehen.

Wir mussten bei der gebotenen Beschränktheit des Raumes in den von uns bisher herausgegebenen Abhandlungen über die innern Verhältnisse Chinas uns lediglich auf das alte China beschränken, obwohl sie interessanter geworden wären, wenn wir wenigstens einen Blick auf dieselben Verhältnisse im jetzigen China oder in andern Ländern hätten werfen können. Da diese unsere Abhandlung nur kurz ist, können wir als Einleitung einige Verhältnisse der Schule und des Unterrichtes im neuern China berühren. Der Gegensatz derselben mit denen des alten China kann zugleich zur Beseitigung des noch vielfach herrschenden Vorurtheiles, als ob die innern Verhältnisse Chinas immer unverändert dieselben geblieben wären, beitragen.

In den buddhistischen Reichen Hinterindiens ist Schule

und Unterricht der Jugend gegenwärtig ganz in den Händen der Mönche in den Klöstern. Im jetzigen China ist der Buddhaismus auch bei der Volksmasse herrschend; aber wenn auch einzelne Kaiser denselben, wie andere die Taosse, begünstigt haben, ist er dort doch nie Staatsreligion geworden, und Schule und Unterricht sind von ihm immer unabhängig geblieben, während in Europa der Kampf, die Schule von Priestern und Mönchen unabhängig zu machen, noch fortdauert, oder eben erst beginnt. Da der Buddhaismus in China erst seit 76 n. Chr. eingedrungen ist, so konnte von ihm im alten China natürlich keine Rede sein.

Das neuere China zeigt nun die merkwürdige Erscheinung, dass der Staat jetzt für das Schulwesen fast gar nicht sorgt, und doch eine gewisse Art des Unterrichts in China schon lange so allgemein verbreitet war, wie viele Jahrhunderte in Europa nicht. Wie war das möglich? Es wurde diess erreicht durch das System der Staatsprüfungen, das man in Europa seit nicht langer Zeit erst zum Theil einzuführen begonnen hat, welches in China schon länger und viel ausgebildeter als bei uns besteht. Es gibt in China jetzt keinen Adel, und keine privilegirte Classe; jeder, auch der Aermste, kann zu den ersten Stellen im Staate aufsteigen, wenn er die von diesem angeordneten StaatsPrüfungen) besteht. Wie er zu den dazu erforderten Kenntnissen gelangt, darum kümmert sich der Staat nicht, das ist seine Sache. Da aber die Beamtenhierarchie die erste Stelle im Reiche einnimmt, der Beamte allein Macht, Ansehen, Rang und ein entsprechendes Einkommen hat, so liegt es im Interesse jeder Familie, ein fähiges Glied der

2) Ausser den ältern Nachrichten über die Staatsprüfungen der Chinesen bei P. Trigaut, Semedo, Magaillans, le Comte, du Halde, P. Hyacinth u. a. S. besonders J. Doolittle,,Social life of the Chinese. London 1866. T. [1868. II. 2.]

I. P.

376-444.

14

selben in jeder Weise zu unterstützen, um die nöthigen Kenntnisse zu erwerben, und so zu einer Theilnahme an dieser Macht zu gelangen, und die Art und Weise der Prüfungen und deren Erfolge liefern, wie wir sehen werden, die Mittel dazu, so dass jedes Dorf seine Schule (Hio-kuan) hat; in den grossen Städten gibt es auch Abendschulen (Ye-hio); Soldatenschulen hält die Regierung nur in Pe-king für die Kinder der Tataren, die alle Soldaten sind.

1) Es giebt in China 3 Grade, Sieu-tsai, Kiü-jin und Tsin-sse, die man mit unsern Baccalaureus, Licenciaten und Doctor verglichen hat. In Paris hat man den chin. Codex über die Concurse (Ko-tschang-tiao-li), der alle 10 Jahre wieder aufgelegt wird, vom Jahre 1816. Morrison, Dict. T. I p. 761 s. v. hio gibt Auszüge daraus. Die Regierung sendet zu den Prüfungen nur die Examinatoren. Um einen Grad zu erlangen, muss man wiederholte Prüfungen, die alle schriftlich sind, bestehen. Zur ersten kann sich jeder, der sich für fähig hält, einen Aufsatz im litterärischen Stile (Wentschhang) über ein aufgegebenes Thema zu machen, melden. Das erste schriftliche Examen, die immer abgeschlossen vom Verkehre, ohne dass man sich eines Buches dabei bedienen darf, statt haben, wird in jeder Bezirksstadt (Hien) vom Bezirksgouverneur (Tschi-hien) vorgenommen. Zu Trigaut's Zeit meldeten sich zum ersten Examen an 4-5000, in kleinern Städten aber auch nur 800. Von diesen wurden etwa 600 zum zweiten Examen zugelassen, welches in der Distriktsstadt (Fu) vom Statthalter derselben (Tschi-fu) ebenso, nur strenger, vorgenommen wird. Von den 600 mögen etwa 400 bis zur letzten entscheidenden Prüfung durch den Ti-hio-tao, den die Regierung für jede Provinz auf 3 Jahre ernennt, und welcher zweimal in dieser Zeit jede Präfecturstadt der Provinz besucht, gelangen. Von der grossen Zahl der Candidaten erlangen aber bei dieser nur 15-20-30 den Baccalaureus-Grad; die Zahl ist für

jede Provinz fest bestimmt, und die Gesammtzahl der so beförderten Baccalaurei betrug zu Amiot's Zeit 1767: 24,701, während die Zahl der ursprünglichen Concurrenten wohl eine Million ausmacht. Die Baccalaurei haben schon besondere Auszeichnungen und Privilegien, und werden bei ihrer Rückkehr von Eltern und Freunden mit Musik feierlich empfangen.

Es genügt nun aber nicht, den Grad erlangt zu haben, sondern sie müssen sich, mit Ausnahme der ganz alten, alle 3 Jahre wieder zum Examen stellen, um ihn zu behaupten. Die Regierung sendet dazu in jede Provinz einen Akademiker (Han-lin), den Hio-yuen; diese Prüfung dient zugleich als Vorbereitung auf das folgende Licenciatenexamen. Es werden mehrere Klassen dabei gemacht, die Namen öffentlich angeschlagen, und die zuerst fertig werden, hier, wie beim Licenciatenexamen, mit Kanonenschüssen und Musik begrüsst, und von ihren Freunden beglückwünscht.

Das Licenciat en examen wird alle 3 Jahre in der Provinzialhauptstadt von 2 kaiserlichen Examinatoren nach einem vorläufigen Fähigkeitsexamen (Ko-kiu) von dem Hioyuen der Provinz abgehalten; alle neuen Baccalaurei, aber auch ältere, die es früher nicht bestanden hatten, begeben sich in der Regel zu dem Ende dahin. Es gibt dafür besondere Gebäude mit Einzelgemächern in Fu-tscheu-fu an 10,000 - worin die Examinanden abgesondert, wie bei unserm Maturitätsexamen, ihre Arbeiten, ohne sich der Bücher bedienen zu dürfen, zu machen haben. Auch hier finden 3 Prüfungen statt, die beiden ersten über je 7, die dritte über 5 Themata, und sie dauern 25-30 Tage. Die Zahl der Aspiranten beträgt in einer Provinz an 4-8000, während die Zahl der Promovirten, die für jede Provinz wieder festgestellt ist, nur gering ist; zu Ricci's Zeit in Nan-king und Pe-king je 150, in Tsche-kiang und Fu-kien

« AnteriorContinuar »