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JNIV. OF CALIFORNIA

Es sind jetzt mehr als fünfzig Jahre vergangen, seit Macaulays berühmter Essay über Lord Byron'), anknüpfend an die damals von Th. Moore 2) herausgegebenen Briefe und Tagebücher Byrons, erschienen ist. An der Hand dieses unwiderleglichsten und einzig glaubwürdigen Materials hat die Beurteilung des Dichterfürsten eine wesentliche Förderung erfahren; sie hat einen gewissen Abschluss erreicht, nachdem das bahnbrechende Werk von Karl Elze3) uns ein lebensvolles und treues Bild des zugleich grossartigsten und widerspruchvollsten litterarischen Charakters gegeben.

Nur in Bezug auf die nachgerade oft und scharf genug verurteilte Wunderlichkeit und auf den ersten Blick närrisch erscheinende Kritik Byrons von der Popeschen Dichtkunst ist alles vorhandene Detail noch nicht benutzt; auch nicht von K. Elze, obgleich derselbe in einem besonderen Kapitel 4) in dankenswerter Weise dem Byronschen Verhältnis zu Pope nahe getreten ist. Desgleichen kann die Arbeit von Dr. A. Deetz3) als eine den Gegenstand erschöpfende nicht bezeichnet werden, während die meisten Litteraturgeschichten ihn nur kurzer Hand berühren.

1) Macaulay, critical and historical essays p. 141 ff.: Moore's life of Lord Byron (Juni 1831).

2) Letters and Journals of Lord B. with notices of his life by Th. Moore. London 1830.

3) Lord B., eine Biographie von K. E. Berlin 1881.

4) K. Elze, a. a. O. p. 378 ff.

5) Deetz, Alexander Pope. Ein Beitrag zur Litteraturgeschichte des 18. Jahrhunderts etc.

1876.48869

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Aus diesem Grunde halten wir es für zweckentsprechend, diese Frage nach den Briefen und Tagebüchern Byrons einer erneuten genauen Untersuchung zu unterziehen, die es sich namentlich zur Aufgabe macht, festzustellen, inwiefern Byrons Kritik der Werke Popes falsche Urteile oder übertriebenes Lob enthält, andrerseits aber soll nachgewiesen werden, dass wir in einigen Punkten dem enthusiastischen Verehrer Popes sehr wohl Zugeständnisse machen können.

Von einer kritischen Würdigung der Urteile Byrons über einzelne Popesche Dichtungen hat man bislang überhaupt Abstand genommen.

Bei der Frage, welchen Umständen wir die Briefe und Tagebücher des Dichters verdanken, sei in aller Kürze an jene Reihe aussergewöhnlicher Umstände erinnert, die Byron veranlassten, zum zweitenmal den Wanderstab zu ergreifen. Man hatte ihn zu sehr und unverständig bewundert und bestrafte ihn nun für die eigene Thorheit" 1).

Am 25. April 1816 verliess der einst vergötterte Dichter des Childe Harold, und nun für immer, sein Heimatland, um abermals in der Ferne Vergessen oder doch Linderung zu suchen. Bekanntlich ging seine Reise den Rhein hinauf durch die Schweiz, von da über den Simplon nach Mailand, Venedig, Ravenna u. S. W., die produktivste, aber für die Person des Dichters verhängnisvollste Zeit seines Lebens. Sein Thun und Denken auf dieser letzten und zugleich rühmlichsten Fahrt liegt offen vor uns.

Es ist zu oft gesagt, um es noch zu bezweifeln, dass Briefe wider unseren Willen Verräter unseres Verstandes und oft unseres ganzen Charakters sind. Das ist sicher bei der grossen Anzahl Byronscher Reisebriefe und Tagebücher, die auf uns gekommen sind, der Fall: über wenige Menschen liegen die Akten so vollständig vor, wie über Byron. Von klein auf wohnte und drängte in ihm ein unersättlicher Trieb der Mitteilung; was ihm jemals durch den Kopf schwirrte und nicht Raum fand in seinen Gedichten, das ward niedergeschrieben

1) Kreissig, Lord Byron. Preuss. Jahrbücher 1865, p. 371 ff.

in Tagebüchern und Briefen; aber nur in der Eile hingeworfene Briefe sind es, zu deren Durchsicht der Dichter keine Zeit fand. Für Byrons Pope-Verehrung ist dieser Umstand aber verhängnisvoll geworden: es sind mit nur wenigen Ausnahmen eilfertige und unter Beeinflussung äusserer Umstände hingeworfene Urteile über den Dichter Pope, die sich in den Briefen finden. Geht denn auch ein gewisser Zug der Laune, des Zufälligen durch alles, was wir hier aufgezeichnet finden, so wird doch zugestanden werden müssen, dass die Art und Weise (was man bisher übersehen hat), wie sich Byron über Pope äussert, sehr bemerkenswert ist und geeignet, manchen litterarischen Irrtum zu berichtigen; wäre es auch zunächst nur der, auf einzelne Worte eines redeseligen Mannes kein allzu grosses Gewicht zu legen. Zum Beweise unserer Behauptung mögen die wichtigsten Stellen derjenigen Briefe, in denen Byron sich über Pope äussert, in chronologischer Anordnung und nach Angabe des verdienstlichen Werkes von Th. Moore hier folgen.

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Popes Name kommt zum erstenmal vor in einem Briefe vom 15. September 1817 an Murray 1), den Freund und Herausgeber der Werke Byrons.

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With regard to poetry in general, I am convinced, the more I think of it, that he') and all of us, Scott, Southey, Wordsworth, Moore, Campbell, I are all in the wrong, one as much as another; that we are upon a wrong revolutionary system or systems, not worth a damn in itself and from which none but Rogers and Crabbe are free; and that the present and next generations will finally be of this opinion. I am the more confirmed in this by having lately gone over some of our classics, particularly Pope, whom I tried in this way. I took Moore's poems and my own and some others and went over them side by side with Pope's, and I was

1) Moore, a. a. O. compl. in 3 vol. (1780-1851), Francfort a/M. 1830, vol. II, p. 346.

2) Thomas Moore.

Die nachfolgende Erklärung knüpft Byron an

seine Lektüre von Moores Lalla Rookh“.

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